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sich schlüssig zu machen. Im Geschäftsverkehr des Goldschmieds wird eine so lange Frist nicht einmal gefordert werden können. Wenn jemand einen Ring, eine Brosche, Uhrkette usw. für eine Person kauft, die bei den Kaufverhandlungen nicht dabei ist und damit beschenkt werden soll, so wird dieselbe sich in wenigen Tagen ganz gut entscheiden können, ob sie das Schmuckstück behalten will oder nicht. Man wird nach Recht und Billigkeit, wenn nicht besondere Verhältnisse vorliegen, die eine längere Schwebe

zeit rechtfertigen, weil z. B. der Gegenstand nach auswärts gesandt wird, zu einer bevorstehenden Hochzeit geschenkt werden soll usw., daran festhalten können, daß im Geschäftsverkehr des Goldschmieds, wenn Umtausch jederzeit gestattet wird, dieser Umtausch doch innerhalb einer Woche vor sich gehen muß, widrigenfalls der Goldschmied das Recht hat, den Umtausch nunmehr zu verweigern.

Syndikus Herm. Pilz.

Kunstware und Fabrikware.

Der deutsche Schmuckwarenhandel befindet sich in einer eigentümlichen Lage. Man verlangt von ihm, daß er in der Hauptsache künstlerisch erdachte und ausgeführte Gegenstände zu einem möglichst billigen Preise auf den Markt bringe. Es gibt unter dem Privatpublikum sogar noch Leute, welche der Meinung sind, daß der Goldschmied alles das, was er in seinem Laden zum Verkauf stellt, in seiner eigenen Werkstatt von Anfang bis zu Ende selbst mit seinen Gehilfen anfertige. Jedes Stück soll, wenn irgend möglich, ein Original sein und nicht zum zweiten Male in die Welt gesetzt werden. Es gibt sogar Goldschmiede, welche diesen Ansichten des Publikums entsprechen, tatsächlich nur eigene Erzeugnisse in ihren Geschäften führen, und was sie etwa von Fabrikanten dazu kaufen, stets so auswählen, daß das Publikum der Meinung sein kann, es seien auch diese Sachen in den eigenen Werkstätten des betreffenden Goldschmiedes ausgeführt. Diese glücklichen Fachgenossen befinden sich aber in der Minderzahl, die weitaus größere Mehrzahl ist eben durch die Macht der Verhältnisse gezwungen, mehr Fabrikware wie eigenes Erzeugnis zu führen. Und damit ist der Unterschied zwischen Kunst- und Fabrikware gegeben, über den wir heute einige Worte sagen wollen.

Es hat uns oft frappiert, daß die ersterwähnten Künstlergoldschmiede vielfach so geringschätzig von der Fabrikware sprechen, daß sie es angeblich nicht begreifen können, wie ein richtiger Goldschmied sich überhaupt mit dergleichen Ware abgeben kann, anstatt mit allen Kräften an der Hebung unserer Kunst und des Geschmacks des Publikums zu arbeiten. Nun, die Sache liegt doch sehr einfach, wir könnnen nicht alle Benvenuto Cellinis sein, so viel zahlungsfähiges Publikum von gutem Kunstgeschmack gibt es ja gar nicht, und um alle nun einmal auf der Welt befindlichen Goldarbeiter zu beschäftigen, um Idem zweifellos vorhandenen Schmuckbedürfnisse der großen Masse von der sechsten Steuerstufe abwärts zu genügen, muß es eben Fabrikware geben. Natürlich ist Fabrikware und Fabrikware ein großer Unterschied. Es kann dieselbe Sache von dem einen Fabrikanten in durchaus künstlerischer Weise in die Welt gesetzt werden, von dem anderen aber in einer jedem ästhetischen Gefühle Hohn sprechenden.

bei den ersten Juwelieren aus. Die gleichwertige wie die minderwertige Konkurrenz sehen natürlich diese Waren, abends am Biertisch wird darüber gesprochen und in kürzester Frist heißt es auf der ganzen Linie: jetzt ist Empire Mode, auf laßt uns Empire

ANHÄNGER MIT AUF DER RÜCKSEITE
ANGEBRACHTEM BLUMENHALTER
DER FIRMA AUG. WALTHER
IN PFORZHEIM.

Gewöhnlich ist der Gang der Dinge folgender: Irgend ein Künstlergoldschmied in Paris oder in Berlin kommt auf die Idee, einen Gegenstand im Empirestil auszuführen und legt ihn in sein Schaufenster, ein besserer Fabrikant, der des Weges kommt, sieht ihn und geht in den nächsten Hausflur, um sich eine Skizze davon zu machen, denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Zu Hause gibt er seinem Zeichner den Auftrag, ihm einige Sachen im Empirestil zu entwerfen, und von diesen Entwürfen läßt er mehrere ausführen, und zwar in der guten Qualität, an die er gewöhnt ist. Dann gibt er diese Neuheiten seinen Reisenden mit auf die Tour, und keine sechs Wochen später liegen die Empireschmucksachen schon in einer Reihe von Städten

machen. Jetzt aber naht das Malheur. Alle alten und jungen Schmöker, in denen irgend welche Empiremotive zu finden sind, werden von den Mustermachern durchstudiert, der mehr oder weniger kunstverständige Prinzipal gibt seinen Senf auch noch dazu, und wenn die Schwalben d. h. die Reisenden wiederkommen, dann hat halt ein jeder in seinem Musterköfferle auch etwas im neuen Empirestil, und wenn dann noch einmal eine Saison kommt, dann ist die ganze Geschichte zu Tode gehetzt und auf dem denkbar niedrigsten Niveau angelangt, sowohl was den Preis als auch die Ausführung betrifft, und von Kunst ist bei dieser Ware natürlich keine Rede mehr; es ist eben Fabrikware in des Wortes schlimmster Bedeutung. Aber auch in der letzten geringsten Ausführung finden sich noch Liebhaber für diese Ware, das sind die Leute aus den unteren Schichten, die alles schön finden, was billig ist, und die Leute aus den besseren Klassen, die jede Mode mitmachen wollen, aber nichts dafür anlegen.

Es ist noch kaum ein Menschenalter her, da war von Kunst in unserem Fache überhaupt nicht viel zu spüren, da begnügte man sich mit großen, irgendwie dekorierten Flächen und mit großen Steinen. Heutigentags ist aber ein ganz anderer Zug in die Fabrikation gekommen, es wird auch in den bedeutenderen Fabriken ein großer Wert auf künstlerischen Entwurf und künstlerische Ausführung gelegt, selbst wo es sich um verhältnismäßig billigere Sachen, z. B. in der Preislage um 20 Mark herum oder noch billiger handelt. Es liegt für den unbefangenen Beurteiler der Verhältnisse gar kein Grund vor, über Fabrikware im Gegensatz zu Kunstware abfällig zu urteilen, abgesehen natürlich von dem oben geschilderten Zutodehetzen eines bestimmten Genres, des Empire oder vorher des sogenannten Darmstädter Genres. Dagegen müssen wir mit aller Entschiedenheit ankämpfen, daß ursprünglich gute und für den ersten Verfertiger auch materiell dankbare Ideen binnen kurzer Zeit vogelfrei sind und von jedermann in immer schlechterer Ausführung gemacht werden können. Auch die Fabrikation billigen Schmuckes kann sich von den bereits vorhandenen Vorbildern, die für bessere Ausführung gedacht sind, ganz gut freihalten und ihre eigenen Wege gehen; sie kann sehr wohl der herrschenden Geschmacksrichtung Rechnung tragen und braucht sich doch nicht auf die gedankenlose Nachahmung zu beschränken. Auf diese Art wird sie in ihrem Bereiche verhältnismäßig ebenso künstlerischen Gesichtspunkten Rechnung tragen können wie die in besseren Legierungen arbeitende.

Es wäre doch gewiß eine dankbare Aufgabe, für den kleinen Mann den seinem Verständnis naheliegenden Schmuck zu erfinden und zu machen, als ihm billige Auflagen von Stilarten, wie im Darmstädter Genre usw. aufzuoktroyieren, die er in ihrer Bedeutung

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gar nicht zu würdigen versteht. Erfreulicherweise gibt es schon manche große Fabriken in Doublé, die nach solchen Grundsätzen arbeiten und ihre eigenen, geschmackvollen Muster anfertigen. Hier ist die Möglichkeit für die Fabrikware gegeben, Gutes zu schaffen, sogar Kunst walten zu lassen, ohne der reinen Kunstware zu sehr

ins Gehege zu kommen; daß letztere ebenfalls fabrikmäßig hergestellt werden kann, ist ein Vorzug, der sie der reinen Handarbeit näher bringt, ohne die für letztere erforderlichen hohen Preise zu beanspruchen, was für das Gedeihen unserer Schmuckindustrie von der größten Wichtigkeit ist.

Der Kaufhandel des Goldschmieds.

Im Geschäftsverkehr des Goldschmieds spielen zwei Arten von Rechtsgeschäften die Hauptrolle, einmal der Kaufhandel (Kauf und Verkauf), das andremal die Werkverdingung bei Annahme der Ausführung von Reparaturen. Beide sollten hier einer eingehenden Betrachtung unterworfen werden. Beim Kaufhandel kommt sowohl das Einkaufsgeschäft zwischen Goldschmied und Grossisten, bezw. Fabrikanten, als auch das Verkaufsgeschäft (Detailhandel) zwischen ihm und seiner Kundschaft in Frage. Wir werden beiden Arten hier Rechnung tragen.

1. Abschluß des Kaufes. Ein Vertragsanerbieten (Offerte) muß unter Anwesenden (auch bei telephonischer Unterredung) sofort angenommen werden, sonst ist niemand daran gebunden. Unter Abwesenden ist der Antragsteller so lange gebunden, als er den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten kann. Geht die Annahme später noch ein, so muß die Verspätung sofort gerügt werden, wenn nicht gekauft werden soll. Der Antragsteller ist an seinen Antrag erst gebunden, wenn er dem anderen wirklich zugegangen ist. So lange dies nicht der Fall, kann er noch widerrufen. Hat er brieflich ein Anerbieten gemacht oder ein solches angenommen, so kann er noch telegraphieren, daß sein Angebot oder seine Annahme nichts gelten solle. Geht die Depesche eher oder zugleich mit der brieflichen Erklärung ein, so gilt dieselbe nichts. Übrigens braucht eine Offerte nicht erst ausdrücklich angenommen zu werden. Schreibt A. an den Grossisten B. um ein Dutzend Boutons, und B. schickt dieselben, so ist der Kaufvertrag perfekt. In der Absendung lag die Annahme der Offerte.

2. Abschlüsse auf Grund von Bestellscheinen. Im Verkehr mit Reisenden werden oft Bestellscheine oderSchlußscheine verwandt, in denen die Art und der Umfang der Bestellung, sowie

der Goldschmied bestellt, unter Bezugnahme auf diese Kataloge, Preisverzeichnisse usw., so ist er an die darin verzeichneten Lieferungsbedingungen gebunden. Er wird in der Regel nicht damit gehört werden, daß er sie nicht gelesen habe, denn wenn er bestellt ohne sie zu lesen, so unterwirft er sich ihnen eben blindlings. Oft werden in Bestellscheinen und Preisverzeichnissen usw. auch Vorschriften hinsichtlich des Erfüllungsortes getroffen. Darüber Näheres unter No. 4.

Praktisches Geschäfts-Handbuch

für den Deutschen Goldschmied

Umfang 570 Seiten. Aus dem reichen Inhalt
heben wir hervor: Das vollständige Verzeichnis
der Fabrikmarken. Adreßbuch der Fabrikanten
und Grossisten mit ihren Spezialitäten; der Gold-
schmiede. Karattabelle, Legierungstabelle, Legie-
rungsberechnung, Edelsteinberechnungstabelle.
Wie ist die Kundschaft zu bedienen? Kalkulation
des Goldschmieds. Rechtskunde für den Gold-
schmied: Für den Verkehr mit Gehilfen und
sonstigen Angestellten; für den Verkehr mit der
Kundschaft. Eine einfache Buchführung. Die
Punzierungs-Zeichen aller europäischen Länder
nebst kleinem Export-Handbuch etc. etc. Das
Werk hat Gültigkeit bis zum Jahre 1906. Jedes
Jahr wird der Deutsche Goldschmiede-Kalender
mit den Nachträgen zum Adreß- und Handbuch
als Ergänzung gratis geliefert! Das vorstehende
Geschäfts-Handbuch ist ein unentbehrlicher Rat-
geber für jeden Goldschmied und darf in keinem
Laden, in keiner Werkstatt fehlen. Man verlange
ausführlichen Prospekt vom Verlag:

4. Vom Erfüllungsort. Wenn über den Erfüllungsort nichts vereinbart ist, so ist er da, wo der Leistungspflichtige zu leisten hat, d. h. gesetzlicher Weise an seinem Wohnsitz oder am Ort seiner Handels- oder GewerbeNiederlassung. Der Goldschmied A. bestellt bei dem Grossisten B. in Pforzheim Ketten. Es ist über den Erfüllungsort nichts vereinbart. Dann erfüllt B. in Pforzheim. Er hat erfüllt, wenn er die Ware der Post oder der Eisenbahn übergeben hat. Die Gefahr des Transportes geht damit auf den Goldschmied A. über. Mit der Zahlung ist es ebenso. Der Goldschmied A. hat an seinem Wohnsitz zu zahlen. Daran ändert es nichts, daß er auf seine Kosten und Gefahr nach § 270 des Bürgerl. Gesetzb.das Geld dem Lieferanten B. zu übersenden hat. Wird geklagt, so hat gesetzlicher Weise B. den A. wegen Zahlung am Wohnsitz des Letzteren zu verklagen. Nun kann aber auch ein Erfüllungsortvereinbart werden. Es kann vereinbart werden: ,,Beiderseitiger Erfüllungsort Pforzheim." Dann kann B. den A. auch in Pforzheim auf Zahlung verklagen. Es kann vereinbart werden, daß der Wohnsitz des A. Erfüllungsort sein soll. Dann trägt B. die Gefahr des Transportes bis zum Wohnsitze des A. Daß B. die Kosten des Transportes übernimmt, ändert an dem Erfüllungsorte nichts. Es muß ausdrücklich vereinbart sein, daß auch für die Lieferung der Wohnsitz des A. als Erfüllungsort gelten soll. Eine Vermehrung in der Faktur: „Erfüllungsort Pforzheim" usw. ist ebenfalls belanglos. Würde A. auf Grund einer solchen Vorschrift in Pforzheim auf Zahlung verklagt werden, so würde er die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts erheben können. Eine einseitig auf einer Faktura getroffene Bestimmung ist keine rechtsgültige Vereinbarung. (Fortsetzung folgt.) Vorstehenden Artikel haben wir dem in unserm Verlage erschienenen Geschäftshandbuch für den deutschen Goldschmied entnommen.

Deutsche Goldschmiede-Zeitung, W. Diebener.

die sonstigen Konditionen aufgeführt sind. (Zahl der bestellten Stücke, Zeit der Lieferung, Preis der Ware, etwaiges Ziel usw.). Diese Bestellscheine sind für den Aussteller bindend, es sei denn, daß er nachweisen könnte, daß vorsätzlich etwas anderes geschrieben als vereinbart, und er über den Inhalt des Scheins bei der Unterschrift getäuscht wurde.

3. Abschlüsse nach Katalogen, Preisverzeichnissen, Inseraten usw. Befinden sich in Katalogen, Preisverzeichnissen, Inseraten usw. die Lieferungsbedingungen der Firma aufgeführt und

Einige öfter vorkommende Legierungsaufgaben.

Wir erhalten von einem unserer Abonnenten folgende Anfrage: „Ich kaufte heute ein 18 karätiges Uhrgehäuse, brauche aber zu einer bestellten Arbeit 14 karätiges Gold; wieviel Legierung muß ich zu je 10 g des 18 karätigen Goldes hinzuschmelzen, um 14 karätiges Gold zu erhalten?«

Zu dieser Frage äußert sich unsere Pforzheimer technische Redaktion wie folgt:

Die Anfrage ist nicht ganz vollständig gegeben, weil die Angabe, ob rote oder blasse Legierung gemeint ist, fehlt; in der Annahme jedoch, daß die übliche Legierung in Rot und Blaß die nachfolgende Zusammensetzung haben, kann die Frage beantwortet werden.

Für rote oder blasse Legierung nimmt man bei 18, 14 oder 8 Karat folgende Verhältnisse an:

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schuß gelber Legierungsbronze verwendet, um eine bessere Farbe zu erzielen, da diese sonst zu weißlich oder grau ausfällt.

Unter Zugrundelegnng dieser Legierungsverhältnisse gelangen wir nun zu folgenden Resultaten:

Um aus 10 g 18 karätigem roten Gold 14 karätiges rotes Gold zu machen, müssen wir nehmen:

so erhalten wir:

10,00 g 18 karätiges Gold,

0,50 Feinsilber,

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2,30, Kupfer,

12,80 g 14 karätiges Rotgold.

Nehmen wir eine blasse Karatierung an, so gestaltet die Lösung sich folgendermaßen:

10 g 18 Karat Blaßgold in 14 Karat Blaßgold.
10,00 g 18 Karat blaß,

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Erlebnisse eines deutschen Goldschmiedes in Amerika.
Fortsetzung von: Aus meiner Lehr- und Gehilfenzeit.

In einer amerikanischen Fabrik.

Die Fabrik, in der wir jetzt arbeiten sollten, war eine der größten Ringfabriken Amerikas und hieß Ripley Howling Jewelry Manufacturing Cie. 5 Herren waren die Inhaber, von denen 2 im Kontor tätig waren, 2 reisten und der fünfte, Mr. Bates, das Technische leitete. Mr. Bates war ein äußerst liebenswürdiger Herr, der zu unserer großen Freude geläufig deutsch sprach. In einem mächtig großen Saale saßen gegen 50 Goldarbeiter an den 10 Fenstern verteilt. In der Mitte des Saales waren die Maschinen für Schleifen, Walzen usw. aufgestellt. In einem darunter gelegenen Saale, der in verschiedene Abteilungen geteilt war, waren wiederum mächtige Maschinen zum Ausstanzen und Vorarbeiten der Ringteile aufgestellt, in einem Teile war die mechanische Werkstatt, denn es wurden die kleineren Maschinen dort angefertigt, Eine Treppe über unserem Saal waren 80 Graveure beschäftigt. Ich hatte vorher noch nie eine so große Fabrik gesehen. Das Sausen der Maschinen, die durch Dampf getrieben wurden, benahm uns fast den Atem. Wie ich später erfuhr, waren im selben Hause noch 5 Goldwarenfabriken, die aber alle zusammen nicht soviel Arbeiter beschäftigten als unsere Fabrik.

Wir hatten schon auf dem Schiffe oft darüber gesprochen, ob es uns nicht schwer werden würde, mit den amerikanischen Kollegen in der Arbeit mitzukommen. Mit Herzklopfen betraten wir den Raum. Unser Hiller I imponierte uns gewaltig, als er beim Eintritt in den Saal nur so mit dem Englisch herumwarf. Der Kabinettmeister wies uns unsere Plätze an, wobei er dafür sorgte, daß wir

Arbeitsmethoden. Lebensverhältnisse.

Wir

jeder neben einen Deutsch-Amerikaner zu sitzen kamen.
kamen auf diese Art nicht in Verlegenheit mit der englischen Sprache
und lernten sie gleichzeitig leichter. Da ich auf dem Gymnasium
Latein und Französisch gelernt hatte, so fiel mir das Englisch nicht
schwer. In allen Städten Amerikas sind Abendschulen, um den Ein-
gewanderten Gelegenheit zu geben, Englisch zu lernen. Natürlich
besuchten wir diese und nach 6 Wochen konnten wir uns sehr gut
verständigen.

Hatten wir geglaubt, daß es in einer amerikanischen Fabrik nüchtern zugeht, so hatten wir uns getäuscht, und ein Bein rissen sich die Herren Amerikaner auch nicht bei der Arbeit aus. Wir konnten sehr gut mitkommen, und als wir uns erst eingearbeitet hatten, machten wir ihnen sogar etwas vor.

Hiller hatte uns gesagt, wir müßten uns darauf gefaßt machen, daß die Herren Kollegen uns in der ersten Zeit manchen Schabernack spielen würden, er hätte es auch durchgemacht, aber am besten sei es natürlich, es mit Humor aufzunehmen. Richtig, ich ging eine kurze Zeit fort von meinem Platz. Als ich zurückkommend mich hinsetze, wird es mir so kalt an einer gewissen Gegend, ich faßte hin, haben sie Wasser auf den ausgehöhlten Stuhl geschüttet. Ich ließ mir nichts merken. Den nächsten Tag morgens fällt mir ein kalter Tropfen auf den Kopf. Ich dachte erst, es hätte jemand gespritzt, aber der Tropfen fällt mit beharrlicher Pünktlichkeit, ich schaue in die Höhe, da klebt ein Schneeball an der Decke, und der tropft. Das nächste Mal hatten sie mir ein scheußlich stinkendes

angebranntes Stück Haut von einem Flunder in die Schublade hineingelegt. Endlich hörte auch das Schabernackspielen auf und ich war bald mit meinen Nebenkollegen gut Freund. Der neben mir sitzende amerikanische Kollege Mr. Parker war ein älterer, jovialer Herr. Wir lehrten uns gegenseitig unsere Sprache. Es war spaßig, wie er sich abmühte, für ihn schwer auszusprechende deutsche Wörter nachzusprechen. Er hielt mir einen Gegenstand hin und sagte dessen englischen Namen, ich den deutschen. Ich schimpfte auf die englische Sprache, er auf die deutsche. Er zerbrach sich fast die Zunge, um „Schmirgelpapier" oder „zweiundzwanzig" oder nur das Wörtchen „ich" nachzusprechen. Dagegen konnte er schön sagen: „Do jou like Lagerbier" oder „Do jou like Sauerkraut". Die Vorzüge dieser beiden deutschen Artikel wußte er sehr zu schätzen. Er war kein Temperenzler wie ein Teil der Kollegen, die nur Kaffee und Tee tranken, im Gegenteil, er sagte, ein Glas Lagerbier schmecke besser wie alle anderen Getränke. Die verheirateten Kollegen wohnten alle außerhalb Bostons, sie benutzten die Bahn zur Hin- und Rückfahrt. Während sie in der Stadt für eine Wohnung von nur 2 Zimmern 16-20 Dollars monatlich zahlen mußten, erhielten sie draußen für 10 Dollars ein kleines Häuschen mit 5 bis 6 Zimmern und Garten. Ich besuchte Mr. Parker in seinem Heim und war erstaunt über die elegante Einrichtung seiner Wohnung. In Amerika sind alle Zimmer mit großen Teppichen versehen, die den ganzen Fußboden von einem Ende bis zum anderen bedecken, in der Küche liegt ebenso Linoleum. Diese Teppiche sind Eigentum des Mieters. Beim Umziehen müssen sie natürlich suchen, Stuben zu bekommen, in die die Teppiche, die aus meterbreiten

Sie

Streifen zusammengesetzt und an den Enden angenagelt werden, passen, andernfalls müssen sie Stücke abschneiden oder annähen. Auch sämtliche Öfen gehören dem Mieter. Es sind eiserne Öfen und man kann darin großartige Stücke, auch für die Küche, sehen. Nur ein Möbel sucht man vergebens, das sind die Spinde jeglicher Art. In jedem Zimmer befinden sich in die Wand eingemauerte Gelasse, manchmal von riesigen Dimensionen, welche die Spinde vertreten. Auch die Fenster sind anders gebaut wie bei uns. bestehen aus einem oberen und einem unteren Teil und man kann entweder den oberen Teil herablassen oder den unteren hinaufschieben, da sie in Falzen laufen, und in der Wand befindliche Gewichte sie in der gegebenen Stellung halten. Am Sonnabend brachten die verheirateten Kollegen Körbe mit, um nach Empfang des Lohnes in der Markthalle Einkäufe zu machen, denn ihren Frauen, den Ladies, würden sie es nicht zumuten, mit den Körben auf den Mark zu gehen. Wird in der Woche etwas beim Kaufmann gekauft, so schickt dieser es ins Haus.

In Boston leben im Verhältnis zu anderen amerikanischen Städten wenig Deutsche, damals an 20000. Aber in jeder Branche sind deutsche Kaufleute vertreten, selbst deutsche Apotheken, die Firmen und Warenbezeichnungen sind englisch. Ich wohnte bei einer deutschen Familie, die 2 Häuser besaß. Der Mann war preußischer Offizier gewesen, umgekippt und nach Amerika gegangen. Hier lernte er die Witwe mit den 2 Häusern kennen und sie wurden Ehegesponse. Er war im Sommer Oberkellner in einem Seebade bei Boston, wobei er ein riesiges Geld verdiente. (Fortsetzung folgt.)

Ein Tag der Freude

war es wieder, der, wie alljährlich, am ersten Montag im Mai die Goldschmiede unseres lieben, gemütlichen München vereinigt sah zu einem Ausflug, der nur der Fidelität Raum gibt, und wo alles Liebe Kollegen!

Wenn im Mai die Rosen blühen,
Will sogar der Goldschmied fliehen
Aus der Bude feinen Düften,
Sich zu sonnen und zu lüften;
Weiden will er Aug' und Nase
An den Blumen und am Grase,
Und was alles keimt und sproẞt,
Ach! das ist die feinste Kost!
Hast dich nun genug geschunden,
Armer! mit den lieben Kunden,
Die im Winter dich beehrten,

Mit den „Feinen", mit den „G'scherten"
Nimm' dir vor: von heut ab glei':
„Ausg'spant wird am 2. Mai.

Ob's dann schneit, ob's Wechsel regn't,
Ob uns a alt's Wei' begegn't.
An dem Tag is alles Wurscht,
Sorgst für'n Hunger nur und Durscht,
Und die treib'n ma drauß dann ver,
San recht lusti hinterher;
Bei Musik und frohe Liada
Zoag'n ma nus als frohe Brüda.

„Heut' kimmt koana, der uns prellt,
Heut' kann uns die ganze Welt
Selbst der Teufi, wenn er kam,

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Findt uns net zum Hol'n daham.
Traust der aba gar net raus,

No', na bleibst halt da a z' Haus!"
Nacha wünsch' ma dir von Herzen
Hundert Damen, die recht knerzen,
Die dir bis auf's Bluat segier'n,
Die dir d'War recht schö' daschmier'n,
Nach zwei Stund', mit nettem Knix,
Endlich spötteln: „Hams, sonst nix?“
Reise-Oenkel, ganze Massen,
Soll'n sich net vertreiben lassen,
Dich recht viel zu kaufen nöten,
Löcher in den Bauch dir reden.
Drei Versicherungs-Agenten
Soll'n dich mit Policen blenden.
Mit Annoncen soll'n zu zweien
Dich der Herren jed' Stund' erfreuen.
Willst du in die Werkstatt eilen,
Sollst dir d' Finger wass'rig feilen;
Wenn du lötést, soll's nicht fließen;
Schmilzst du Gold, daneb'n sollst's gießen.
Nimm an Kolb'n verkehrt in d' Hand,
Renn' vor Schmerz mit 'n Kopf an d' Wand.
Bei der Brotzeit, sei so dumm,
Stoß' dei' Quartl Bier no um!

Und wenn auch nicht all die „frommen Wünsche“ in Erfüllung gingen, so ist doch seine letzte Prophezeihung voll und ganz eingetroffen, denn es herrschte ein Frohsinn den ganzen Tag, daß selbst die Sonne nicht aus dem Lachen kam.

Von der Station Weßling, die früh 8 Uhr erreicht wurde, ging es nach kleinem Frühstück durch herrlichen Buchenwald zu dem netten Aussichtspunkt „Dellinger Höhe“, wo man so recht die Schönheit der Natur genießen konnte, da sonst weit und breit nichts erhältlich ist.

Nach kurzer Wanderung talaus jedoch empfing uns in Seefeld der recht wohlgenährte Posthalter und seine freundliche „bessere Hälfte", die für ein Mittagessen gesorgt hatten, das der verwöhnteste Goldschmieds-Gaumen nicht verachten konnte.

Man zollte daher nun auch dem Wirt durch Verschlingen seiner auch quantitativ guten Darbietungen reichen Beifall. Einer VerdauungsKegelpartie im schön gelegenen Garten folgte ein gemeinsamer Spazier

gang.

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Zurückgekehrt, kitzelte schon der Duft einer famosen Maibowle unsere zarten Riechorgane, und bald klangen die Gläser; frohe Lieder wechselten mit Vorträgen musikalischer und launiger Art, und manche Freudenträne glänzte im Auge der Alten und Jungen, denen wohl ohne Ausnahme die glücklichen Stunden nur all zu rasch entflohen. Aber die helle Freude strahlt lange noch nach in den Herzen aller, und schon auf der lustigen Heimfahrt wurde die Frage laut:

Wenn unser kleines Häuflein schon so unbändig fidel sein kann, wie wirds erst im nächsten Jahr, wenn wir recht viele unserer Brüder aus allen Teilen des Reichs zum „Deutschen Goldschmiedetag“ bei uns sehen?

Hoffentlich halten wirs aus! Kommt nur, kommt alle oder nehmt euch die Mühe, den Mittelteil obigen Gedichts in eure „Mutterdialekte" zu übersetzen - vielleicht gehts euch auch so daheim, also kommt! Wir freuen uns schon heute und rufen euch im voraus zu:

„Ein herzliches Willkommen im gemütlichen München."

Gustav Spitzbarth †.

Am 4. April d. J. verschied in Zürich im 58. Lebensjahre Herr Gustav Spitzbarth, Inhaber der von ihm vor 26 Jahren gegründeten Gold- und Silberwaren-Grosshandlung daselbst. Gustav Bernhard Spitzbarth wurde im Jahre 1846 in Erlangen geboren, wo er zuerst die Volks- und dann die Lateinschule besuchte. Im Alter von 14 Jahren kam er als Lehrling in ein Drogengeschäft in Koburg und fand nach Beendigung seiner Lehre Stellung in dem bedeutenden Drogenhause von Jobst in Stuttgart. Im Jahre 1868 trat Spitzbarth in die Silberwarenfabrik von Dominicus Kott in Gmünd als Buchhalter. Schon nach kurzer Zeit wurde ihm aber die Stelle eines Reisenden in genanntem Hause übertragen, in welcher Eigenschaft er Süddeutschland und besonders die Schweiz besuchte. Im Jahre 1878 gründete Spitzbarth sein eigenes Geschäft unter der Firma Gustav Spitzbarth in Zürich, welches sich mit dem Großverkauf von Goldund Silberwaren befaßt. Durch rastlose Tätigkeit und unermüdlichen Fleiß brachte der Verstorbene sein Geschäft in die Höhe und erfreute sich durch sein freundliches und heiteres Wesen allgemeiner Beliebtheit bei seiner Kundschaft sowohl wie bei seinen Geschäftsfreunden. Noch voriges Jahr war es ihm vergönnt, das 25jährige Bestehen seines eigenen Geschäftes zu feiern. Ein kleines Geschwür an der Hand machte im März d. J. eine Operation nötig, welche er auch gut überstand. Allein sein Körper scheint infolge der jahrelangen Üeberanstrengung doch geschwächt und nicht mehr widerstandsfähig genug gewesen zu sein, und so verschlimmerte sich sein Zustand. Am Östermontag entschlief Gustav Spitzbarth sanft. Ehre seinem Andenken! Das Geschäft wird von dem ältesten Sohne des Verstorbenen, Herrn Fritz Spitzbarth, in seinem Geiste in unveränderter Weise weitergeführt werden.

Von der Pforzheimer Kunstgewerbe-Schule.

In aller Stille wurde mit Beginn des neuen Schuljahres die Zahl der Unterrichtsgegenstände um einen weiteren vermehrt, dessen Mangel seither von vielen Schülern und Freunden der Anstalt sehr beklagt wurde. Zn den praktischen Schulfächern, die bisher allein gepflegt wurden, ist jetzt die Kunstgeschichte getreten, über welche von Herrn Kunstgewerbelehrer Rudolf Rücklin wöchentlich einmal Vortrag gehalten wird. Außerdem wurde mit Rücksicht auf die hohe Schülerzahl der Unterricht mehr als bisher auf die Nachmittagsstunden ausgedehnt.

Historische Juwelen.

Aus Paris wird berichtet: Vom 26. Mai bis zum 4. Juni findet die Versteigerung der Juwelen der Prinzessin Mathilde statt, deren Katalogisierung der Pariser Goldarbeiter Falice im Auftrage des Prinzen Louis Napoleon beendet hat. Sie umfaßt nicht weniger als 319 Nummern, die zusammen den Wert mehrerer Millionen repräsentieren. Darunter befinden sich auch eine Anzahl Juwelen, die eine historische Bedeutung haben; in erster Linie das herrliche siebenreihige Perlenkollier, das Napoleon I. der Königin von Westfalen, der Mutter der Prinzessin, überreichte. Es besteht aus 384 Perlen von schönstem Wasser, mit Maiblumen aus Brillanten und einem Schlosse aus 5 großen und 36 kleinen Perlen. Von besonderem Interesse sind außerdem die beiden Kolliers aus runden orientalischen Perlen, die aus dem Besitze der Königin Sophie von Holland stammen, eine Kette der Königin von Westfalen aus 36 großen schwarzen Perlen; eine große Brosche in Form eines Brillantsternes, ein durchbrochenes Armband aus Brillanten und Rubinen, eine dreieckige Emailbrosche, die die Königin Eugenie der Prinzessin überreichte, ein Armband mit einem Medaillon mit Haaren Napoleon III., ein Saphierarmband, ein Geschenk des Königs Viktor Emanuel II., die beiden unvergleichlichen weißen Perlenohrgehänge der Königin von Westfalen usw.

Eine neue Hofsilberkammer in Wien.

Die gegenwärtig im Leopoldinischen Trakt der Hofburg untergebrachte Hofsilberkammer, die das ganze Silber- und Goldservice und das kostbare Porzellan sowie die prachtvollen Tafelaufsätze etc. enthält, wird in den Reichstrakt nächst der Batthyanystiege (vom Rotundentrakt rechts) verlegt werden. Die Hofsilberkammer wird dann gleich wie die Schatzkammer und die Ausstellung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs an gewissen Tagen der Woche gegen Karten zugänglich sein. Fünf Zimmer wird die neue Silberkammer in Anspruch nehmen, in denen die neu angefertigten Kasten aufgestellt werden. Das Goldservice, das bei Galadiners verwendet wird, ist für 120 Personen und jenes aus Silber für 600 Personen vorrätig. Ganz besonderes Interesse dürfte nebst den kunstvollen Tafelaufsätzen das Porzellan, und zwar die gemalten Teller finden, von welchen jeder einzelne ein Unikum ist.

Wanderausstellungen im Kunstgewerbe.

In einer der letzten Ausschußsitzungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins regte Herr Bijouteriefabrikant Bauer-Gmünd den engeren Anschluß des Gewerbemuseums in Gmünd an den Württembergischen Kunstgewerbeverein in der Weise an, daß man

auch in Zukunft nach Möglichkeit die Stuttgarter Ausstellungen nach Gmünd weitergebe, wie dies in letzter Zeit mehrfach geschehen sei. Der Vorsitzende erklärte hierzu im Einverständnis mit der Versammlung, daß man hierauf um so lieber eingehe, als auch von Heilbronn ein gleicher Wunsch geäußert worden sei, und dadurch eine größere Nutzbarmachung der Ausstellungen des Vereins ermöglicht wäre.

Ausstellung.

In der Zeit vom 16. Mai bis 10. Juni dieses Jahres veranstaltet J. H. Heimerdinger, Hofjuwelier Sr. Maj. des Kaisers und Königs, zu Wiesbaden im Eckpavillon der Theater-Kolonnade eine Ausstellung moderner, von den ersten Pariser und Brüsseler Künstlern ausgeführten Schmuckgegenstände. Die Ausstellung ist nur mit einer Eintrittskarte zu besichtigen, welche auf Verlangen gern Interessenten von Herrn J. H. Heimerdinger zugestellt werden dürfte.

Vom Abendmahl.

Mit der Frage der Abschaffung des gemeinschaftlichen Kelches bei der Abendmahlsfeier hat sich auch der ev. Gemeindekirchenrat in Hirschberg i. Schl. beschäftigt. Er hielt zwar die Furcht vor Ansteckung durch Benutzung eines gemeinschaftlichen Kelches für etwas übertrieben, glaubt aber, daß man denjenigen, die gegen die Benutzung eines gemeinschaftlichen Kelches sind, die Neuerungen des Einzelkelches zugestehen kann. Andrerseits wollte man auch denjenigen entgegenkommen, die aus religiösen Gründen an der Benutzung des gemeinschaftlichen Kelches festhalten wollen. Es wurde daher beschlossen, von jetzt an in beiden Formen das Abendmahl zu spenden und die Art der Spendungen vorher bekannt zu machen, Auf diese Weise will man auch feststellen, welche Form der Abendmahlsspendung die Gemeinde in ihrer Mehrheit bevorzugt.

Fund von Kirchengeräten.

Einen goldenen Meßkelch mit der Kelchplatte fand, wie der Els. Kurier meldet, der Rebmann Krem zu Niedermorschweier in seinem Rebstücke vergraben. Der Fund wurde gereinigt, und nun stellte man fest, daß auf dem Kelch das Wappen von drei Ähren eingeprägt war und die Jahreszahl 1788. Der Kelch ist wahrscheinlich in der Revolutionszeit vergraben worden, um ihn vor Entweihung und Raub zu schützen. Der Finder hat ihn der Geistlichkeit alsbald zur Verfügung gestellt, und diese übermittelte ihn dem Bistum.

Sonntagsruhe in der Juwelierbranche.

In Karlsruhe (Baden) haben sich die ersten Geschäfte der Juwelierbranche zusammengetan und beschlossen, an Sonn- und Feiertagen in der Zeit vom 1. Mai bis 1. Oktober ihre Lokalitäten geschlossen zu halten. In einer gemeinsam abgefaßten Annonce wurde die Bürgerschaft davon verständigt.

Schenkung.

Herr Silberwarenfabrikant und Gemeinderat Bruckmann in Heilbronn übergab anläßlich der Wiederbesetzung des dortigen Oberbürgermeisterpostens der Stadtgemeinde einen prächtigen Pokal als Geschenk.

Die Stadtverordneten in Essen bewilligten für die Beschaffung der Möbel und Dekorationen im neuen Stadtgartensaal 75000 Mk., für Silber und größere Küchengeschirre 31000 Mk.

Der russische Goldschatz.

Der Goldschatz, der in der Kaiserlich russischen Reichsbank aufbewahrt wird, ist der größte der Welt: er beträgt nicht weniger als 11 Milliarde Mark. Wenn die Japaner freilich fortfahren, den Russen das Kriegführen teuer zu machen, dürfte er gar bald erheblich zusammenschmelzen. Ein Besuch der geheimen Gewölbe, in denen die riesigen Goldmassen aufbewahrt werden, ist außerordentlich interessant, allerdings wird die Erlaubnis dazu nur ausnahmsweise erteilt. Nach einem langen Marsch durch die unterirdischen Gewölbe kommt man endlich vor zwei eiserne Türen, deren jede durch drei Schlösser geschützt ist, zu denen drei verschiedene Beamte die Schlüssel haben. Drei Wachssigel sind über die Oeffnung jedes Schlosses gelegt. Eine Schildwache mit aufgepflanztem Bajonett hält hier Tag und Nacht Wache, ihre Hand ist stets im Bereiche eines Knopfes eines elektrischen Läutewerks, dessen Ton genügt, eine in der Nähe befindliche Militärabteilung herbeizurufen. Nachdem die Türen geöffnet sind, kommt man durch einen engen Korridor, der zuletzt in einen mächtigen Raum ausmündet. Dieser ist mehr als 40 Meter lang und 15 Meter breit; er wird durch vier vergitterte Fenster erhellt. Der ganze Saal wird von riesigen eisernen Gestellen eingenommen, auf denen hinter Drahtgittern Säcke in Reih und Glied stehen. Oben auf jedem Sacke sieht man einen Goldbarren matt glänzen. Auch auf dem Boden liegen derartige Säcke in genauer Ordnung. Sonst enthält der Raum nur noch einen Tisch und einen Stuhl, beide von Eisen. Die Barren sind teils französischer Herkunft und tragen den Stempel „A. C. Rothschild", teils englisch und „Charps and Wilkins“

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