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diente, 26 240 Mk. in Doppelkronen, 190 Mk. in Kronen, 2 Tausendmarkscheine, 10 Hundertmarkscheine, 5 Fünfzigmarkscheine. Ausserdem wurden bei ihm 127 goldene und silberne Herrenuhren sowie 44 Damenuhren vorgefunden, alle aus verschiedenen in RheinlandWestfalen verübten Einbruchsdiebstählen herrühren. Weiterhin fand man noch zahllose goldene und silberne Schmuckgegenstände, Halsketten, Brochen etc. etc. im Gesamtwerte von ca. 1000 Mark vor. Durch polizeiliche Ermittelung ist bereits festgestellt, dass eine Anzahl der Uhren und Schmucksachen aus Einbruchsdiebstählen herrühren.

Verurteilte Falschmünzer. Das Schwurgericht in Elbing verurteilte den Goldschmiedegehilfen Jochim und die Lehrlinge Blenski und Persion, welche in der Werkstätte ihres Meisters Silbergeld hergestellt und dann verausgabt hatten, wegen Falschmünzerei zu Gefängnis.

Ausfuhrhandel.

Deutsche Ausfuhr in Goldwaren nach Österreich. Die soeben erschienene Aufstellung über den Aussenhandel Österreich-Ungarns für das Geschäftsjahr 1898 ergiebt folgendes Resultat: Die Einfuhr aus Deutschland in Goldwaren stellte sich auf 2306 700 Gulden gegen 2699 200 Gulden im Jahre 1897. Vergleicht man diese Zahlen mit der Einfuhr im Jahre 1894 mit 5004000 Gulden, so ist ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Silberarbeiten dagegen nehmen zu gegen die Vorjahre. 1893 wurden eingeführt für 1032900 Gulden, 1898 für 2041 000 Gulden. Gleichfalls zugenommen hat in Österreich die deutsche Einfuhr von hochwertigen Juwelierwaren in Verbindung mit Edelsteinen oder Perlen (634 800 Gulden gegen 586 554 im Jahre 1893, aber 857500 Gulder im Jahre 1897). Weiter hat zugenommen die Einfuhr von Waren aus unedlen Metallen, vergoldet, versilbert oder belegt (627000 Gulden gegen 375 500 Gulden im Jahre 1893,) sowie von Blattgold und vergoldeten und versilberten Schmuckwaren. In den letzteren Artikeln steht Deutschland obenan. Einen Rückgang haben minderwertige Juwelierarbeiten zu verzeichnen. Es wurden aus Deutschland nur für 26300 Gulden eingeführt, gegen 33900 Gulden im Jahre 1893. Österreichs Ausfuhr an Goldwaren betrug 639 000 Gulden, nach Silberwaren 360000 Gulden, wovon der grösste Teil an Deutschland kam.

Frage- und Antwortkasten.

Frage 96. Ich habe kürzlich irgendwo eine Anweisung gelesen, Elfenbein mit Gold zu verzieren. Ich bin heute in der Lage, dies bei einer Elfenbeindose ausführen zu müssen und wäre für gefl. Mitteilung, wie dies am besten gemacht wird, sehr dankbar. F. D. in R.

Frage 97. Ich bin nicht Fachgenosse, möchte aber gerne von fachmännischer Seite Aufklärung über Folgendes erhalten: Vor Kurzem kaufte ich bei einem Versandgeschäft einen Diamantring. Ich war bei dessen Ankunft überrascht von dem herrlichen Feuer des Steines und glaubte einen guten Kauf gethan zu haben. Schon nach einigen Tagen jedoch bemerkte ich, dass der Glanz des Diamant verloschen war. Wie ist das möglich? R. S. in H.

Zu Frage 93. Beim Löten schwarz gewordene Metallgegenstände müssen in der sog. Brenne (Salpetersäure etc.) wieder gelb gebeizt werden. Die Zusammensetzung der Brenne ersehen Sie aus den betr. Fachbüchern und empfehlen wir Ihnen das Werkchen von Joh. Pritzlaff, Preis Mk. 3.-, welches Sie durch uns beziehen können. Goldinegehäuse müssen wieder vergoldet

werden.

Zu Frage 94. Die ges. geschützten Gutenberg-Ringe und -Nadeln mit Bildnis liefert Louis Arnold, Pforzheim.

Zu Frage 95. In brillantierten Freundschaftsringen hält grosses Lager Aug. Kaesser, Schwäb. Gmünd.

Zu Frage 95. Gewünschte brillantierte Artikel können Sie stets finden bei Martin Mayer, Bijouteriefabrik, Pforzheim.

Korrespondenzen.

A. J. in L. Einen branchekundigen soliden Pariser Vermittler für den Export nach Frankreich können wir Ihnen nachweisen. Ev. sind wir bereit demselben Ihre diesbezügliche Korrespondenz zuzuleiten. Wir können überhaupt etwaigen Interessenten genannten Herrn zur Vermittelung und Vertretung in Paris bestens empfehlen und bitten sich gegebenen Falls an uns wenden zu wollen. D. Red.

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44. 106 362. Sicherheitsverschluss f. Ohrringe. - O. Buchert, Berlin, Kanonierstrasse 26 a. Vom 15. 4. 98 ab.

49. 106 584. Verfahren und Vorrichtung zum Ziehen beliebig profilierter Ringe und Reifen für Uhrgehäuse, Serviettenringe u. dgl. Georg Müller & Co., Schwäb. Gmünd. Vom 23. 9. 97 ab. 44. 106 627. Mit Schneide- oder Stichwerkzeug versehener Fingerring. O. Bergman, Säfsjö, Schweden; Vertr.: E. Schmatolla, Berlin, Kanonierstr. 26 a. Vom 21. 1. 99 ab. 49. 106 641. Graviermaschine. N. Dedrick, Manitowoc, Wisconsin, V. St. A.; Vertr.: Ottomar R. Schulz und Otto Siedentopf, Berlin, Leipzigerstr. 131. Vom 30. 11. 98 ab.

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44. 120 715. Kettenring aus zwei scharnierförmig verbundenen Segmenten und drehbarer geschlitzter Verriegelungshülse. G. Rau, Pforzheim. 2. 8. 99. R. 7120.

44. 120 814. Mit Haken, Feder oder Krammer am Ohr zu befestigendes Sicherheitskettchen für Klemmer dgl. Wilhelm Wilz, Rathenow. 8. 7. 99. - W. 8748.

44. 120 964. Knopf mit hohlem Schaft und in diesem durch eine Feder festgehaltenem Kravattenhalter. Carl Sondermann, Berlin, Wienerstr. 58 b. 31. 7. 99. — S. 5584.

44. 121 028. Natürliche, widerstandsfähig gemachte Käferschale mit Edelmetallbeschlag als Schmuck. Ernst Paltscho, Wien; Vertr.: J. Leman, Berlin, Elisabeth-Ufer 40. 29. 7. 99. – P. 4694.

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Inhalt: Das durfte nicht kommen!

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Das Jubiläum des Kunstgewerbe museums und die Ausstellung Pforzheimer Schmuckwaren und Kleingeräte im GrassiMuseum in Leipzig. Freie Vereinigung des Gold- und Silberwaren-Gewerbes zu Berlin. Der Silberfund von Bernay (Fortsetzung). Warum inserieren die Goldschmiede so wenig? Schmuck und Mode während der grossen Revolution 1789. Schmuck und Mode. Volkswirtschaft. Handelspraxis. Gesetzgebung. Personalien und Geschäftsnachrichten. Vereine. Versammlungen. Handwerk und Innung. Handel und Verkehr. Kunstgewerbliches. Schulwesen. Geschäftliche Mitteilungen. Vermischtes. Büchertisch. Frage- u. Antwortkasten. Eingesandt. Arbeitsmarkt. - Inserate.

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Einbruchsdiebstähle etc. Ausfuhrhandel. kurse u. Insolvenzen.

Silberkurs.

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Kon

Das durfte nicht kommen!

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Wir veröffentlichen nachstehend zwei Schriftstücke, welche die Zwangsinnung, die in Berlin mit dem ersten Januar 1900 in Wirksamkeit treten soll, betreffen.

Dieselben lauten:

Gewerbe-Deputation

des Magistrats.

Berlin,

den 17. Oktober 1899. Anliegend übersenden wir ihnen Abschrift einer Anordnung des Herrn Ober-Präsidenten vom 5. d. Mts., betreffend die Errichtung einer Zwangsinnung für das Juwelier-, Gold- u. SilberschmiedeHandwerk, zur gefälligen Kenntnisnahme und mit dem Ersuchen, die Beteiligten hiervon gefälligst in geeigneter Weise, insbesondere durch Abdruck in den Fachzeitschriften in Kenntnis zu setzen. Wir weisen darauf hin, dass, während bei der Abstimmung nur die personalbeschäftigenden Handwerker beteiligt waren, die Zwangsinnung für sämtliche Gewerbetreibende angeordnet worden ist.

An

den Vorsitzenden der freien Vereinigung des Gold- und

Silberwaren-Gewerbes.

Bekanntmachung.

Nachdem bei der Abstimmung sich die Mehrheit der beteiligten Gewerbetreibenden für die Einführung

des Beitrittszwanges erklärt hat, ordne ich hiermit an, dass zum 1. Januar 1900 eine Zwangsinnung für das Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Handwerk in dem Bezirke der Stadtgemeinde Berlin mit dem Sitze in Berlin und dem Namen Juwelier-, Gold- und Silberarbeiter-Innung in Berlin errichtet werde.

Von dem genannten Zeitpunkte ab gehören alle Gewerbetreibende, welche das Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Handwerk betreiben, dieser Innung an. Zugleich schliesse ich zu demselben Zeitpunkte die zur Zeit bestehende Goldschmiede-Innung in Berlin. Potsdam, den 5. Oktober 1899.

Der Oberpräsident.

In Vertretung: gez. v. Neussel.

Der Inhalt dieser Bekanntmachungen dürfte sowohl den Anhängern der Zwangsinnung wie auch den Befürwortern einer freien Innung recht überraschend gekommen sein. Nachdem zu der Abstimmung über die Errichtung einer Zwangsinnung nur diejenigen Goldschmiede, Juweliere und Silberarbeiter zugelassen worden waren, welche Gehilfen und Lehrlinge beschäftigen, bestimmt der Herr Oberpräsident nunmehr einfach, dass der am 1. Januar 1900 ins Leben tretenden Zwangsinnung alle Gewerbetreibende der Branche angehören müssen,. gleichviel ob sie Gehilfen und Lehrlinge beschäftigen oder nicht.

Die Freunde der Zwangsinnung hatten diese hauptsächlich deshalb befürwortet, um einerseits zu ihren Mitgliedern nur gelernte Goldschmiede zu zählen, andererseits hauptsächlich das sehr im Argen liegende Gehilfen- und Lehrlingswesen auf eine neue, gesunde und zeitgemässe Grundlage zu stellen. Durch die Be

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Die Berliner Goldschmiede, die für dieselbe gestimmt haben, haben sich recht unbedachter Weise. ihres Selbstbestimmungsrechtes entäussert und müssen. nun den gesetzlich festgelegten Zwang über sich ergehen lassen, dürfen nicht mehr als freie Männer über ihre eigenen Angelegenheiten bestimmen, sondern müssen es sich gefallen lassen, dass die Behörde ihnen einfach vorschreibt, was sie thun sollen. Bei allem Wohlwollen, das man bei der Behörde voraussetzen darf, kann man doch von derselben nicht gut erwarten, dass sie genau weiss, wo die Goldschmiede der Schuh drückt und welche Einrichtungen zur Hebung

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unseres Gewerbes notwendig und zweckdienlich sind; das wissen die Goldschmiede wohl selbst am besten. Deshalb wäre es auch sicher richtiger gewesen, wenn die Berliner Goldschmiede die Streitaxt begraben und sich zu einer freien Innung zusammengefunden hätten, in der es ihnen ein leichtes gewesen wäre, unerwünschte Elemente fernzuhalten und gemeinsam für die gemeinsamen Interessen zu arbeiten.

Auffallend ist es ja, dass nur diejenigen abstimmen durften, die Gehilfen und Lehrlinge beschäftigen und dann die anderen, die ihre Meinung garnicht bei der Abstimmung haben aussprechen dürfen, nun auch zwangsweise in die Innung hinein sollen. Es wäre doch nur billig gewesen, wenn alle ohne Unterschied, ob sie Personal haben oder nicht, zur Abstimmung zugelassen worden wären, vielleicht wäre das Ergebnis

doch ein anderes gewesen. Was haben denn die Freunde der Zwangsinnung nun erreicht? Jedenfalls nicht das, was sie erreichen wollten, dass sie unter sich bleiben und die Welt nach ihren Anschauungen neu einrichten konnten. Die zwangsweise in die Innung eintretenden Mitglieder werden ihr sicher von vornherein keine Sympathien entgegenbringen und es wird gleich von Anfang an dem Unfrieden und der gegenwärtigen Befehdung aus kleinlichen Anlässen, wie wir dies in Berlin leider Gottes schon genug erlebt haben, Thür und Thor geöffnet sein, und an die Stelle gemeinsamer Arbeit zum besten des Faches werden alle jene Gehässigkeiten treten, denen die Freunde der Zwangsinnung durch Beschränkung der Beitrittsberechtigung auf eine bestimmte Gruppe von Goldschmieden entgehen wollten.

Unwidersprochen dürfte die Bekanntmachung der Behörde nicht bleiben und, wie wir hören, wird zunächst die Gewerbedeputation des Berliner Magistrats

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um Aufklärung ersucht werden, wie die erwähnte Bekanntmachung auszulegen sei. Es scheint fast, als ob selbst in den Kreisen, die das neue Handwerkerschutzgesetz geschaffen bezw. dessen Ausführung in die Hand genommen haben, über die Bestimmungen desselben noch nicht genug Klarheit herrscht; sicher ist aber, dass in den Kreisen der zunächst Beteiligten, der Handwerker selbst, über das Gesetz noch recht unklare Begriffe verbreitet sein müssen, was auch aus zahlreichen Wiederauflösungen von Zwangsinnungen hervorgeht, sonst hätten die Freunde der Zwangsinnung in ihren Bestrebungen nicht durch die behördliche Bekanntmachung eine solche Enttäuschung erfahren können, wie dies jetzt geschehen ist.

Sei dem nun, wie ihm wolle, soviel wird wohl jetzt auch den Befürwortern der Zwangsinnung klar geworden sein, dass sie die Geister, die sie gerufen haben, nun so bald nicht wieder los werden. Unsere Handelszeitung, die wegen ihres Artikels vom 15. Sep

tember ds. J. über die beiden Berliner Interessenver- Das Jubiläum des Kunstgewerbetretungen von gewisser Seite so heftig angegriffen worden ist, wird die Entwicklung der Dinge, wie bis

her, unparteiisch und mit Ruhe verfolgen und wird auch ferner in ihren Spalten die Meinungen der beiden Parteien, der Zwangsinnungsfreunde und der Anhänger der freien Innung, zu versöhnen suchen, denn Friede ernährt und Unfriede verzehrt.

Das Jahrhundert geht zu Ende, möchten doch die Berliner Goldschmiede ein Einsehen haben und ihre Zwistigkeiten nicht mit in das neue Jahrhundert hinüber nehmen. Auf beiden Seiten finden wir tüchtige Männer,

die das Herz auf

dem rechten Flecke und das wärmste Interesse für das Gedeihen unseres schönen Faches haben, könnten sie sich denn wirklich nicht zu gemeinsamer Arbeit zusammen finden? Ohne behördliche Bevormundung, ohne Zwang, als freie Bürger, denen es doch das höchste Gut sein müsste, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen?

Zu spät ist es dazu noch nicht, denn wenn auch die Errichtung einer Zwangsinnung schon behördlich bekannt gegeben ist, sie kann immer noch in eine freie Innung umgewandelt werden, und wir glauben, dass viele, die für die Zwangsinnung gestimmt haben, ohne sich der Folgen recht bewusst gewesen zu sein, nach den neuesten Ereignissen anderen Sinnes geworden sind.

Museums

und die Ausstellung Pforzheimer Schmuckwaren und Kleingeräte im Grassi-Museum in Leipzig.

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K

unst und Kunstgewerbe, die so lange zu gegenseitigem Schaden einander fremd gewesen waren, haben sich im Verlaufe der modernen Kunstbestrebungen wieder gefunden. Mancherlei Anzeichen. deuten darauf hin, dass auch die Kunstindustrie, dieses Kind unseres maschinenerfüllten Jahrhunderts, sich als drittes diesem Bunde anzuschliessen gewillt ist, und eines der deutlichsten ist wohl das Zustandekommen

der Ausstellung von Pforzheimer Fabrikerzeugnissen im Grassi-Museum in Leipzig. Eine Anzahl dieser Pforzheimer Kunsterzeugnisse sind wir in der Lage, unseren Lesern heute im Bilde vorführen zu können.

Nicht als ob wir dabei lauter ausgereifte Früchte idealer Kunstbestrebungen erblicken dürften. Ideale Bestrebungen haben ein hartes Dasein in unsern Fabriken, und ihre Früchte können sich nur in Ausnahmefällen so auswachsen, wie sie möchten und sollten. Auch als eine Darstellung der Leistungsfähigkeit Pforzheims auf diesem Gebiete darf die Kollektion nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen betrachtet werden. Ich will nicht davon reden, dass nur ein kleiner Bruchteil der in Frage kommenden Firmen überhaupt vertreten ist. Deswegen könnte ja doch gezeigt werden, was in Pforzheim zu machen möglich ist. Die Sache liegt tiefer. Der Schmuckindustrielle hat leider nicht die ehrenvolle Aufgabe, nur für Kunstliebhaber und Kunstverständige zu arbeiten; seine beste Kundschaft ist der Protz und seine zahlreichste die grosse Masse mit dem ungeschulten Blick, dem mageren Geldbeutel und der kindlichen Freude an glitzerndem Tand. Das ist nicht zu schroff ausgedrückt, leider nicht. Wie viel Geld wird wohl von Privaten jährlich in Deutschland für die Erwerbung von Kunstwerken ausgegeben, und ein wie grosser Prozentsatz entfällt davon auf die Kunst im Schmuck? Wieviel deutsche Kunstgewerbemuseen haben wohl künstlerisch durchgearbeiteten,modernen Schmuck im Besitz?

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Die

Anzahl kunstverständiger Käufer in unserer Branche ist vorläufig noch erstaunlich gering.

Und mit dem Geschmack des Käufers muss der Kunstindustrielle, auch bei den edelsten Absichten und eigenem feinsten Geschmack, in Fühlung bleiben, wenn er prosperieren will; er kann sich nicht mit einer kleinen Gemeinde,,feinsinniger Verehrer" begnügen, sondern die Kundschaft, der Grosshandel, der Export sind seine Kritiker, die ihm gegebenen Falles nicht nur seinen Künstlerlorbeer, sondern auch seinen Geschäftsgewinn aufs bösartigste zurückschneiden. Wenn wir also nach einem Kennwort suchen für die Schmuckausstellung, die uns beschäftigt, so können wir sie etwa bezeichnen als das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den künstlerischen Bestrebungen der betreffenden Kunstindustriellen und dem Geschmack unseres heutigen Publikums.

Die ganze Ausstellung besteht aus zwei Gruppen: Aus ausgewählten Stücken aus der Vorbildersammlung der Grossh. Kunstgewerbeschule in Pforzheim und aus. den Arbeiten einzelner Fabrikanten. Die von der Kunstgewerbeschule ausgestellten Arbeiten sind zum grössten Teile nach den Entwürfen von Prof. E. Riester und einige von Fabrikant W. Stöffler in verschiedenen Pforzheimer Werkstätten unter besonderer Leitung der Schule hergestellt. Diese Arbeiten reichen zum Teil bis zum Jahre 1894 zurück und zeigen, in welcher Weise man damals schon an dieser Fachschule durch intimes Naturstudium und selbständige Handhabung der Technik zu neuen und originellen Schöpfungen zu gelangen wusste. Ein hieraus hervorgegangenes Vorlagenwerk für modernen Schmuck und Ziergeräte, von Prof. E. Riester*) hat, namentlich auf die jüngeren Kräfte unserer Industrie, einen tiefgehenden Einfluss in dieser Richtung ausgeübt. Auch wird nicht geleugnet werden können, dass auch der grösste Teil der anderen von den einzelnen Firmen herrührenden Arbeiten, sei es mit, sei es ohne bewusste Absicht, in der hierdurch gegebenen Richtung geschaffen sind.

So ver

Ein Ueberblick über alle diese Gegenstände, welche von den verschiedenen selbständigen Werkstätten ausgestellt sind, zeigt die grosse Mannigfaltigkeit des Pforzheimer Industriebetriebes. Ausser dem eigentlichen Schmuck in seinen verschiedenen Spezialitäten, als Ringe, Ketten, Hals- und Armbänder, Anhänger, Haarstecker u. s. w., sehen wir auch die verschiedenartigsten Kleingeräte, Dosen, Ziergefässe und kleine Standuhren. schiedenartig sie alle ausgebildet sind, so geht doch ein gemeinsamer Zug, ein erfreuliches Streben durch die ganze Ausstellung. Das Material soll nicht in seiner Kostbarkeit, sondern in seiner Schönheit gezeigt werden; das einzelne Werk lockt zunächst nicht zum Taxieren seines Geldwertes, sondern zum Genuss der darauf verwendeten Kunstarbeit. Und noch etwas anderes fällt auf: Die von den verschiedenen Firmen dargebotenen Kollektionen zeigen in ihren einzelnen Stücken einen deutlich erkennbaren formalen Zusammenhang; jede einzelne Firma zeigt, wenn ich mich so ausdrücken darf, einen gewissen künstlerischen Charakter. Das ist ein bedeutsames Symptom, wenn man die Sache freilich auch vorläufig noch nicht überschätzen darf. Selbstständige Kunst wird sich in der Industrie erst entwickeln können, wenn wir unter unseren leitenden Geschäftsleuten künstlerische Persönlichkeiten nicht ausübende Künstler, das ist damit nicht gesagt

*) Pforzheim, Verlag Otto Rieckers Buchhandlung.

werden erwachsen sehen. Dann werden die Erzeugnisse unserer Kunstindustrie jene entsetzliche, industrielle Uniform loswerden, unter der jetzt jede selbständige künstlerische Form, jede eigenartige Wirkung erstickt und verkümmert. Hoffen wir, dass unser Publikum dann so weit ist, um in seinem Schmuck etwas nach seinem Kunstwert zu schätzendes, und nicht blos etwas glänzendes zu erblicken.

Dass Glanz und Kostbarkeit nicht mehr die Rolle in der Edelschmiedekunst spielen wie bisher, wird dem aufmerksamen Beschauer ohne weiteres bei der Durchmusterung der Ausstellung klar werden. Die Steine spielen entfernt nicht mehr ihre gewohnte dominierende Rolle. Reiner Brillantschmuck ist gar nicht vertreten, das künstlerisch geformte Edelmetall tritt überall hervor. Demgemäss ist die Ciselierarbeit bedeutsam vertreten, so bedeutsam, dass man hoffen darf, diese edelste aller Goldschmiedetechniken werde nunmehr auf die Dauer ihre Stelle in der Schmuckfabrikation inne behalten. Wie die Steine, so hat auch die Hochglanzpolitur an Terrain verloren und sich hauptsächlich auf glatte Flächen zurückgezogen, wohin sie gehört, und wo sie ihren spielenden Glanz, ihre spiegelnden Lichter frei entfalten darf, ohne irgendwelche feinere Modellierung zu zerstören. Die Behandlung mit den verschiedenen Goldfärbungen beweist ihre unverwüstliche Anziehungskraft auch an den hier vereinigten Stücken.

Die Anwendung des Emails ist eine sehr reichhaltige und gegen früher erweiterte zu nennen. Neben rein dekorativ und flächenhaft gehaltenen, breit behandelten Darstellungen treffen wir auf überaus duftiges, hauchartig zartes Reliefemail in zerfliessenden Tönen, welches die Wirkung der damit polychromierten, plastischen Darstellungen sehr hebt. Bei dem transparenten Email ist die feine Gravierung des durchschimmernden Metallgrundes zwar nichts neues, aber doch in dieser feinen Art der Ausführung wohl noch nicht häufig zu sehen gewesen. In stumpfen, verhaltenen Tönen präsentiert sich das matte, deckende Email auf plastisch behandelten Blumen und ähnlichen Formen. Eine besonders interessante Arbeit, eine Dose, zeigt eine Vereinigung plastischer und farbiger Effekte, wie wir sie bisher nur an Genfer Arbeiten zu sehen gewohnt waren: Der Grund in feiner Gravierung und Ciselierung behandelt; darüber ein teils durchsichtig schillernder, teils dicker, plastisch wirkender, deckender Farbenauftrag mit einzelnen ausgesparten, glatten Goldpartien; die Einzelheiten sind in Emailmalerei mit dem Pinsel eingetragen.

Von besonderem Interesse ist es, die sämtlichen Arbeiten in Bezug auf ihre Komposition zu durchmustern. Viele sind einfach naturalistisch. Nicht wenige aber zeigen eine Stilisierung der Naturform, die sich besonders in der modernen Ausprägung des Linienzuges kundgiebt, welche zu den besten Hoffnungen berechtigt. Dass bekannte Meister unserer Zeit mit ihren Werken nicht ohne Einfluss geblieben sind, wird man einer Kunstindustrie nur zum Lobe anrechnen dürfen. Zu einzelnen Emaildarstellungen haben die bekannten Maler Christiansen und Mucha direkt die Entwürfe geliefert.

Die beigegebenen Abbildungen sprechen zur Genüge für sich selbst. Möchte der Erfolg dieser Ausstellung Pforzheimer Kleinkunstwerke ein solcher sein, dass er zum Ausharren in der eingeschlagenen Richtung, zum Höherstecken der künstlerischen Ziele ermutigt!

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