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Diebeners Kunft u Werkblätter

Die abgebildeten Arbeiten von Karl Johann Bauer in München zeigen eine freie Steigerung des ornamentalen Ausdrucks. Die Zierfreudigkeit unter Verwendung von Email ist stark geworden, der Formausdruck besitzt reizvolle Phantasie, ohne irgendwelche Vorzüge hinsichtlich der technischen Anforderungen aufzugeben. Wie schon früher tritt auch jetzt die Werkstätte hinsichtlich der modernen Schmuckgestaltung unter die Reihe der Weggestalter.

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HANDEL INDUSTRIE+EXPORT Internationales Edelmetallgewerbe

Leipzig

Α'

Nachdruck aus dem Originalinhalt nur mit Genehmigung der Schriftleitung gestattet

Zur Lage in England.

us den letzten Monatsheften des englischen Fachblattes: "The Watchmaker, Jeweler and Silversmith" wollen wir in Nachstehendem unsern Lesern wieder eine kleine Blütenlese geben, die in ihrer Gesamtheit zeigen wird, daß das „siegreiche" England keineswegs auf Rosen gebettet ist, sondern sehr ernsthafte Sorgen hat.

Obenan steht die Sorge um die Lasten, die durch die Verschuldung Englands an Amerika auch dem britischen Steuerzahler durch den Staatshaushalt auferlegt werden. Im Leitartikel der Mai-Nummer heißt es darüber, daß die Veröffentlichung des Staatshaushaltes nicht geringe Bestürzung im Volke dadurch erregt habe, daß darin keinerlei Erwähnung der Kriegsentschädigungen vorkomme, welche die Mittelmächte an die Entente zu zahlen hätten, obgleich der Finanzminister versprochen hätte, daß die ersteren bis zum Außersten würden bezahlen müssen". Nichts sei ferner gesagt von Ersparnissen bei den Regierungsstellen, noch immer werde das Geld dort vergeudet, während der Steuerzahler sich immer mehr einschränken müsse, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Man solle nicht von Seiten der Regierung immer fordern: Zahle, zahle, zahle! und selbst mit dem Gelde verschwenderisch umgehen. Das bei der Kriegsgewinnsteuer erzielte Mehr habe nur bewiesen, daß diese Steuer auf den Verbraucher abgewälzt würde und viel dazu beigetragen, daß alle Preise für Lebensmittel usw. auf ihrer riesigen Höhe zum Schaden des Publikums geblieben seien. Eine weitere Erhöhung der schon jetzt beträchtlichen Steuern bedeute eine große Gefahr für den Geschäftsmann,

der ohnehin bei den stetig steigenden Löhnen eines immer größeren Betriebskapitals bedürfe. Ebenso bedeute die Erhöhung der Postgebühren zwar für den Privatmann eine nur unwesentliche Mehrausgabe, aber für den Geschäftsmann ebenso wie die erhöhten Telephongebühren (und für welch' schlechten Dienst) eine unerträgliche Belastung. Die eine Regierungsstelle sagt: Vorwärts, arbeite und hilf die Valuta aufbessern! und andere Stellen tun ihr möglichstes, um jede Tätigkeit zu hemmen.

Das Geschäft ist in den letzten Monaten in England in unseren Artikeln auch sehr flau gewesen, allem Anschein nach unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Als Gründe dafür werden angegeben: die ständig steigenden Lebensmittelpreise, die fortwährend drohenden Streiks und die allgemeine Unsicherheit der Verhältnisse, wodurch das Publikum veranlaßt wird, seine Ausgaben auf das Notwendigste zu beschränken. Die früheren Munitionsarbeiter verdienen jetzt auch nicht mehr so viel, um Schmucksachen kaufen zu können, und so hat namentlich das Geschäft in billigeren Waren bedeutend nachgelassen. Bezüglich der. Streiks ist das englische Fachblatt der Ansicht, daß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein besseres gegenseitiges Verständnis Platz greifen sollte. Während des Krieges hätten die Arbeiter fordern können, was sie wollten, aber gegenwärtig sei die Grenze der Lohnsteigerungsmöglichkeiten erreicht, und für anständige Tageslöhnung müsse nunmehr auch eine entsprechende Tagesarbeit geleistet werden. Dabei wird anerkannt,

26. Juni 1920

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Nachahmung der Leipziger Messe haben im Februar und März in London zwei Veranstaltungen stattgefunden: eine nur für Engländer bestimmte „London Fair and Market" in der Agricultural Hall und eine Internationale British Industries Fair" im Crystalpalace, zu welch' letzterer auch Franzosen, Italiener, Spanier, Belgier usw. eingeladen waren, aber dieser Einladung nur in sehr bescheidenem Maße Folge geleistet haben. Auf beiden Messen waren außerdem die Erzeugnisse unserer Industrie so versteckt und unübersichtlich untergebracht, daß von irgendwelchem nennenswerten Erfolg für die Aussteller nicht die Rede sein konnte. Auch fehlte es vollständig an ausländischen Besuchern, und die britischen Einkäufer selbst waren nicht allzu zahlreich. Dazu kommt, daß der Kristallpalast von seiner früheren Pracht schon sehr viel eingebüßt hat; vor dreißig Jahren sah er schon ziemlich schäbig aus und seitdem wird er nicht besser geworden sein. Er ist in der Hauptsache ein großes Vergnügungslokal, eine Art Hasenheide oder Wurstlprater für die großen Londoner Volksmassen der unteren Klassen und für ernsthafte Ausstellungen wenig geeignet. Daß der König und die Königin die Messe besuchten, war sehr nett, konnte aber über den Miferfolg nicht hinwegtäuschen, und der Zweck der Übung, den deutschen Vorsprung in der Abhaltung von Mustermessen einzuholen, kann als gescheitert betrachtet werden. Die Leipziger Messe zu bekämpfen ist doch nicht so leicht, wie unsere früheren Feinde es sich denken.

Vor Deutschlands Tatkraft haben sie trotz alledem immer noch einen mächtigen Respekt. Wir lesen in einem „Irischen Briefe" des Watchmaker and Jeweler, daß deutsche Waren in so großer Menge und zu so billigen Preisen nach Irland kommen, daß es für englische Fabrikanten nahezu unmöglich ist, ihre Waren dort abzusetzen. Bei dem niedrigen Stande der deutschen Währung und bei den hohen Löhnen und nur dreißigstündiger Arbeitszeit in England hat Deutschland natürlich einen großen Vorteil für den Verkauf seiner Waren, und deshalb beschwört der Briefschreiber die englischen Arbeiter: sie möchten mehr leisten zum Nutzen des Vaterlandes und zu ihrem eigenen.

Auch die deutsche Propaganda in Spanien, an der die Exportausgabe der Deutschen Goldschmiede-Zeitung einen so großen Anteil hat, erweckt bei unseren früheren Gegnern große Besorgnisse. Spanien werde, schreibt der Pariser „,,Moniteur de la Bijouterie", mit deutschen Angeboten und Prospekten überschwemmt; deutsche Kapitalisten vereinigten sich mit spanischen zur Begründung von Handelshäusern und Fabriken, und wenn sich

die Franzosen nicht aufrafften und ähnlich energisch vorgingen, würde ihnen das spanische Absatzgebiet mit der Zeit gänzlich verioren gehen.

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Über Einkaufsgenossenschaften" ist auf dem letzten Pariser Kongreß der Uhren-Ladengeschäfte gesprochen worden. Es wurde auf das Beispiel der Belgier verwiesen, die mit solchen Genossenschaften Erfolg gehabt hätten. Doch hat man insofern Bedenken, als man es nicht für wünschenswert oder möglich hält, daß vorwärtsstrebende Händler ihre Individualität aufgeben oder die bisherigen guten Beziehungen zwischen Groß- und Kleinhandel opfern, denn eine Einkaufsgenossenschaft bedeute mehr Beschränkung der persönlichen Freiheit als Vorteile. Man könne wohl sagen, daß man durch gemeinschaftlichen Einkauf die Waren billiger und besser beziehen könne, aber das würde nur bei gangbarer Marktware der Fall sein, während die Pflege individuellen Geschmacks, die in unserem Fache eine so große Rolle auch beim Verkehr mit dem Publikum spielt, starke Not leiden würde. Immerhin soll eine Einkaufsstelle in Paris eröffnet werden, und die Uhrmacher haben Gelegenheit, ihre Ersparnisse dort anzulegen.

Englische Warnrufe vor der deutschen Edelmetall-Industrie.

I'

In diesen Tagen, wo die meisten Berichterstatter der Pariser Zeitungen zwar sich bemühten, objektiv über den in Frankfurt abgehaltenen Internationalen Wirtschaftskongreß zu berichten, das „Echo de Paris" aber blindwütig gegen die deutsche Metallindustrie weitereifert, mag es interessant sein, zu hören, wie man in England gegenüber den Bemühungen unserer Edelmetall-Industrie, wieder ausländische Beziehungen anzuknüpfen, denkt. Das „Echo de Paris" meinte: wir seien eine Leiche, die man nur noch auszuziehen brauche. „Wir sind im Begriff, die deutsche Metallindustrie zu ruinieren, die bereits um den Gnadenstoß fleht, und im Saargebiet alles aufzukaufen, was uns noch im Wege stand. Die deutsche Industrie kann fast nichts mehr exportieren. Wir binden jedenfalls unser Schicksal nicht an dasjenige des deutschen Kadavers." Es wäre verlorene Liebesmüh, das französische Hetzblatt darauf hinzuweisen, daß Frankreich sich bei der Ausplünderung des „deutschen Kadavers" doch selbst tödliche Blutvergiftungen zuziehen könnte. Ein Volk, das sein finanzielles Genesungswunder nur von unbegrenzten Zahlungen eines unterlegenen Nachbars erwartet und Renten von einen Bankerotteur ziehen will, ist nur durch krasse Erfahrungen am eigenen Leibe zur Vernunft zu bringen.

Die englische Fachzeitschrift „The Watchmaker, Jeweler, Silversmith and Optician" vom März 1920 läßt ihren Lesern in ihrem „Pariser Brief" eine Warnung zurufen vor der deutschen Luxusindustrie und ihren Bemühungen, den verlorenen Boden wiederzugewinnen. Nach der „Mustermesse“, dem Organ der Leipziger Messe, bestehe volles Vertrauen auf die Zukunft und auf den Welterfolg der deutschen Industrie auf Grund ihrer Fähigkeit, gut und billig zu produzieren. Schon habe Holland außergewöhnliche Einkäufe an Erzeugnissen der Uhrmacherei, Edelmetallverarbeitung und an Luxusartikeln getätigt. Holländische Kaufleute seien an der Oldenburger Börse eingetragen. Das bedeute eine Assoziation oder Teihaberschaft mit dem Ziel, Holland zum Auspuffrohr für deutsche Waren zu machen, die sonst wissentlich nicht von Deutschland gekauft werden würden. Darauf sei zu achten. „Uns aber liegt es ob, das richtige zu tun, dann wird Herrn Boche der Sieg nicht leicht werden. Er hat, wie er stolz feststelt, gute technische und Kunstschulen und deutet mit Bewunderung auf eine Einrichtung wie die in Pforzheim. Ich erkenne an, daß er in dieser Hinsicht wohlgerüstet ist. Aber sowohl Paris wie London sind in ihren Kunst- und Gewerbeschulen gleichwertig, und wenn die Arbeiterschaft, unterstützt von ihren Arbeitgebern, guten Gebrauch davon macht, brauchen wir keine Furcht vor Pforzheim, Hanau oder Berlin zu haben."

An anderer Stelle klagt die Fachschrift über die Überflutung des irischen Marktes mit deutschen Waren, die zu so billigen

Preisen angeboten würden, daß die britischen Erzeugnisse schlechterdings nicht dagegen aufkommen könnten. Den Deutschen helfe natürlich der schlechte Wechselstand. Dazu kämen aber die hohen Löhne und die verkürzte Arbeitszeit in England. Der Artikel schließt mit einem Appell an die Arbeiter, mehr zu produzieren zum eignen und zum Vorteil des Landes, dessen Heil beim Arbeiter liege. Daß in Deutschland die Löhne noch höher sind als in England, übersieht das englische Organ (Den Appell selbst können auch wir uns ad notam nehmen!). In einer weiteren Notiz „Deutschland und seine Auslandsmärkte" weist das Blatt daraufhin, daß angesichts der „psychologischen Epidemie der Abneigung ganzer Nationen gegen alles Deutsche die deutsche Industrie mit Erfolg bemüht gewesen sei, dieses Vorurteil zu überwinden. Die Idee, deutsche Waren unter neutraler Flagge zu verkaufen, sei verlassen worden. Man arbeite jetzt mit Zweigniederlassungen in neutralen Ländern. Die Schweiz habe schon Maßnahmen dagegen ergriffen, indem sie solche Artikel auf der Baseler Mustermesse nicht zulasse. Die französische und englische Gesetzgebung müsse folgen. Aber auch dagegen hofften die Deutschen einen Ausweg zu finden durch neutrale Vertreter, die deutsche Güter verkaufen, welche natürlich für sich selbst sprechen.“ Dieses letzte Wort ist ein wertvolles Zugeständnis! Daß nur auf dem Wege „des Exports und der Wechselbalanzierung wirkliche internationale Beziehungen auf dem Geldmarkte wiederaufgerichtet" werden können, gibt sogar der frankophile Pariser Korrespondent des englischen Journals zu. Daß ins

besondere Deutschland exportieren muß, und wäre es nur, um seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen zu können, das kann nur die gröbste Kurzsichtigkeit vom Schlage des „Echo de Paris" verleugnen, das den blindesten Wirtschaftskrieg mit militärischen Zwangsmitteln predigt. Der „psychologischen Epidemie" im Auslande gegen uns aber brauchen wir wirklich nicht mit verhüllten Mitteln zu begegnen, wie das englische Fachblatt meint, denn die deutschen Waren werden -„für sich selbst sprechen!"

Wir

Que viva Alemania!

ir hatten in unserer letzten Nummer in dem Aufsatz: „Was geschieht zur Hebung unseres Ausfuhrhandels ?" auf die Interesselosigkeit und Lässigkeit der deutschen amtlichen Institute hingewiesen, die den deutschen Kaufmann im Auslande vollkommen ohne Unterstützung lassen. Wir können heute demgegenüber feststellen, daß in den neutralen und auch in den bisher feindlichen Ländern in weiten Kreisen nur auf uns gewartet wird, und daß man uns gern die Hand reichen möchte, wenn wir sie nur ausstrecken. Auf die erste Exportnummer der „Deutschen Goldschmiede - Zeitung", die unter dem Titel Periodico para el comercio de la Joyería y relojería al por mayor" in alle spanisch sprechende Länder der Erde gesandt wurde, sind uns zahlreiche Zuschriften zugegangen. Aus allen spricht die Freude, daß endlich der deutsche Kaufmann wieder auf dem Plane erscheint. Schon seit Abschluß des Waffenstillstandes hatten wir durch die Rubrik: „Neue Exportverbindungen" den Interessen unseres Ausfuhrhandels zu dienen gesucht, indem wir die an uns gelangenden Anfragen auswärtiger Firmen unserer Leserschaft zur Kenntnis brachten. Aber das konnte und sollte natürlich nur ein Notbehelf sein. Immerhin ist es von Interesse, sich einen Überblick über die Orte zu verschaffen, die mit Hilfe der „Deutschen Goldschmiede-Zeitung" wieder mit dem deutschen Edelmetallgewerbe in Verbindung zu treten suchten. In diesem Überblick sind nur die überseeischen Länder berücksichtigt, denn Anfragen aus dem europäischen Ausland kommen täglich. Wir erhielten Zuschriften aus: Aleppo, Beirut, Cuba, Johanrisburg, Kalkutta, Manila, Melbourne, Mexiko, New-York, Pretoria, Rio de Janeiro, San Franzisko, Sidney, Smyrna. Das spricht deutlich für den, der lesen kann. So ist die Anerkennung, die als Antwort auf unsere spanische Exportausgabe herüberschallt, nicht überraschend. Wir bringen hier nur drei Sätze zum Abdruck: "... Hier in Spanien wurde die Zeitung überall mit größter Freude aufgenommen..." Das deutsche Konsulat in Mexiko schreibt: Das hiesige bedeutende Uhren- und Goldwarengeschäft . . . teilt mir unter dem Ausdrucke des Dankes mit, daß die Zeitschrift für die hiesigen in Frage kommenden Geschäfte von großem Interesse

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Sonstige Waren, ganz oder teilweise aus Platin und den sogenannten Platinmetallen, soweit sie nicht durch die Verbindung mit andern Stoffen unter andere Nummern fallen. 2

In den Abänderungsbestimmungen sind zunächst die,,nach Gewicht" gehandelten Warengattungen zusammengefaßt. Die Befreiung ist hier wohl mit Rücksicht auf den geringen Fasso-nbetrag, den derartige Waren erzielen, erfolgt. o Eine Erleichterung sollte ferner für die Juwelenwaren geschaffen werden. Sie ist in der Tat nun nach dem neuen Wortlaut der Bestimmung nur in ganz beschränktem Maße erfolgt, da nur die ganz aus Platin oder ganz aus Gold hergestellten Waren, sofern sie mit Edel- oder Halbedelsteinen verbunden sind, von den Abgaben befreit sind. Die ganz aus Gold oder ganz aus Platin hergestellten Waren sind mit 20% abgabepflichtig, wenn sie nicht mit Edel- oder Halbedelsteinen verbunden sind.

Die teilweise aus Gold oder teilweise aus Platin hergestellten Waren sind in jedem Falle abgabepflichtig. Diese geringen Zugeständnisse sind für die Interessen der Gesamtindustrie natürlich unzulänglich.

Der vorläufige Reichswirtschaftsrat.

Von A. Zorn.

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zwei Monaten (also bis spätestens 4. Juli) einen Reichswirtschaftsrat mit dem Sitz in Berlin ein. Neuerdings wurde bekannt, daß der Zusammentritt am 30. Juni bereits erfolgen soll. Der Rat hat 326 Mitglieder, deren Namen zum Teil schon genannt worden sind und als vollständiges Verzeichnis demnächst erscheinen. Davon sind 68 Vertreter der Land- und Forstwirtschaft, 6 der Gärtnerei und Fischerei, 68 der Industrie, 44 des Handels, Bank- und Versicherungswesens, 34 des Verkehrs und der öffentlichen Unternehmungen, 36 des Handwerks, 30 der Verbraucherschaft, 16 der Beamten und freien Berufe, 12 mit dem Wirtschaftsleben der einzelnen Landesteile besonders vertraute Persönlichkeiten, 12 von der Reichsregierung zu ernennende Vertreter. Die 36 Handwerksvertreter, die also 11 Prozent des ganzen Rates darstellen, setzen sich zusammen aus 16 des selbständigen Handwerks (Reichsverband des Deutschen Handwerks), 16 der Arbeitnehmer (Arbeitnehmer

seite der Zentralarbeitsgemeinschaft, unter Berücksichtigung der einzelnen Handwerkszweige) und 4 der Handwerkergenossenschaften (Deutscher Genossenschaftsverband). Der Reichswirtschaftsrat ist die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen des ganzen Volkes. Sachverständige können zugezogen werden. Alle Beteiligten sind verpflichtet, was ihnen bei den Beratungen zur Kenntnis gelangt, nicht mißbräuchlich zu verwenden. Sozialpolitische und wirtschaftliche Gesetzentwürfe von grundlegender Bedeutung sind dem Rat zur Begutachtung vorzulegen. Dieser kann auch selbst Anträge stellen. Auskünfte über wirtschaftliche Verhältnisse, die der Rat für notwendig hält, sind von der Reichsregierung einzuziehen und dem Rat vorzulegen. Sobald die Körperschaften zusammengetreten sind, wird der endgültige Reichswirtschaftsrat gewählt werden.

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Ob der Einfluß des neuen Rates ein durchdringender sein wird, steht ja noch dahin. Die seitherige Regierung zeigte wenig Neigung, ihn zu einem Wirtschaftsparlament mit maßgebender Beschlußkraft auszubauen. Die weitere Entwicklung dieser wichtigen Frage wird sehr davon abhängen, was für eine Koalition in der neuen Regierung zustande kommen wird und sich halten kann. Der Vorstand des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks hatte dem Reichskabinett den Antrag unterbreitet: 1. mit möglichster Beschleunigung im Zusammenwirken der gesetzgebenden Körperschaften des Reiches den § 165 der Reichsverfassung dahin zu erweitern, daß der hierin vorgesehene Reichswirtschaftsrat zu einem ReichswirtschaftsParlament ausgebaut wird, und 2. die alsbaldige Einberufung dieses Reichswirtschafts- Parlamentes zu veranlassen. Damit sucht auch das Handwerk den Weg des Rätegedankens auf und will sich die Mitwirkung am Produktionsprozesse sichern. Es wünscht, daß der Reichswirtschaftsrat nicht bloß GutachterKammer, sondern eine „Kammer der Arbeit" werde. Wenn nach dem Kapp-Putsch den Gewerkschaften das Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen zugesichert worden sei, so müsse jetzt den anderen Wirtschaftsgruppen das gleiche Recht zugebilligt werden. Ziel eines WirtschaftsParlamentes sei das Zusammenwirken der Arbeitnehmer und 0

Arbeitgeber der verschiedensten Berufsschichten.

Dieses Verlangen nach sinngemäßer Anwendung des § 165 der Reichsverfassung ist ein demokratisches und kennzeichnet sich als Streben nach „staatlicher und wirtschaftlicher Selbstverwaltung". Der Berliner Schriftsteller und Industrielle Robert Precht hat den Satz geprägt: „Die Wirtschaft muß die Politik bestimmen, nicht wie bisher die Politik die Wirtschaft." Eine solche Forderung erscheint zunächst um so berechtigter, als die Not, in der heute die ganze Welt steckt, eine internationale Wirtschaftsnot ist. In Amerika und England hat man dies auch längst eingesehen, in Frankreich bestimmt die Prestigepolitik noch immer auch die Wirtschaftspolitik. Zu weit gehen würde eine Auslegung dieses Sates nur, wenn Unternehmer und ihre Arbeiter sich zu ganz einseitiger Bestimmung der inneren Politik zusammenfinden und den Konsumenten auf diese Weise zwingen könnten, ihrem in diesem Falle gemeinsamen Interesse allein zu dienen. Eine solche Gefahr ist nicht nur theoretisch an die Wand zu malen, sondern sie war gerade in der letzten Zeit tatsächlich vorhanden, ist es noch vor allem in der Kohlenwirtschaft, wo stets erhöhte Lohnforderungen der Arbeitnehmer und mit deren Bewilligung fortgesetzt steigende Kohlenpreise zu einer anderen, von der Kohle abhängige Wirtschaftszweige lähmenden Kohlen-Diktatur führten, die nicht zuletzt die jetzige Krise mitverschuldet hat. Es ergibt sich daraus, daß eine rein fachliche Bestimmung der Wirtschaftspolitik ebenso vom Übel werden kann wie eine rein verwaltungsmäßige vom Regierungstische aus. Die (unfachliche) Verwaltungs-' politik muf über dem Ganzen stehen und darüber wachen, daß nicht Vergewaltigungen einzelner Wirtschaftszweige durch einen oder mehrere andere vorkommen. Mit anderen Worten: eine reine, nicht einseitig beeinflußte Staatspolitik muß zur Sozialwirtschaft erziehen, d. h. zu einer Wirtschaft, die diktatorische Übergriffe eines Zweiges über die anderen verhindert und eine wohlabgewogene,gleichmäßige Hebung der Gesamtwirtschaft gewährleistet. Es darf also weder einseitige Konsumentennoch Produzenten- oder Handelspolitik getrieben werden. Wie sehr sich alle Übergriffe von einer oder der anderen Seite rächen, das zeigt sich ja heute.

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