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Deutsche GoldschmiedeZeitung

DAS FACHBLATT DES GOLDSCHMIEDS

Leipzig

Nachdruck aus dem Originalinhalt nur mit Genehmigung der Schriftleitung gestattet

10. Januar 1920

Die Aufstellung der Lagerwerte und des Betriebsvermögens im Uhren- und Edelmetallgewerbe.

Von Wilhelm Diebener.

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Diese Abhandlung ist richtunggebend für die brennendste Tagesfrage unseres Kleingewerbes; dieselbe ist zugleich in der „Ührmacher-Woche“ erschienen und im Auftrag der vereinigten Reichsverbände: Zentralverband der deutschen Uhrmacher - Innungen und Vereine E. V. in Halle a. S. verbunden mit der Deutschen UhrmacherVereinigung E. V. in Leipzig geschrieben, wodurch der Inhalt an Wert und Klarheit für zwei sich ergänzende Berufsstände gewinnt. er deutsche Staatsbürger hat für das Jahr 1919 zwei Vermögensausrechnungen zu machen. Eine auf den 30. Juni 1919 für die Vermögenszuwachssteuer und eine auf den 31. Dezember 1919 für das Reichsnotopfer. Der Geschäftsmann kann auf vor dem 30. Juni liegende regelmäßige Jahresabschlüsse nicht ohne weiteres zurückgreifen, er kann aber bei der Vermögenszuwachssteuer einen Jahresabschluß zugrunde legen, der zwischen dem 31. März 1919 und dem 29. Februar 1920 aufgestellt ist. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, für beide Steuern mit nur einer Vermögensaufstellung auszukommen. Wie weit das für den einzelnen zweckmäßig ist, richtet sich danach, zu welchen Werten, d. h. zu welchem Valutastande seine Einkäufe erfolgten. Während früher die Preisschwankungen, wenn auch in steigender Richtung, sich in geregelten Grenzen bewegten und einen Überblick innerhalb der normalen Lagerumsatzzeit gestatteten, ist dies seit bald einem Jahre völlig anders geworden. Statt ruhiger friedlicher Entwicklung sind unserem tief darniederliegenden Wirtschaftsleben immer neue Stürme beschieden gewesen und eine Preissteigerung ist eingetreten, die man dem Kunden kaum noch zu unterbreiten wagt. Jeder hat sich schon gefragt, wohin das noch gehen soll. Andererseits beschleicht uns aber auch die bange Frage, welche Folgen für unser teures Warenlager eintreten, wenn der unfehlbar kommende Sturz aus dieser schwindelnd hohen Preislage einmal zur Tatsache wird. Die Lage unseres Großhandels ist gleich mißlich, die Fabrikanten, bei denen der Preis für Fertigware seinen Ursprung nimmt, erklären, daß die von ihnen geforderten hohen Preise, auf die sie durch kurzfristig gestellte, uns wegen ihrer Höhe unbegreiflich erscheinende Aufschläge gekommen sind, von zwingenden Verhältnissen diktiert werden. Das sind die stetigen Preissteigerungen für Rohmaterialien, Unkosten und Arbeitslöhne. Verschärft werden diese belastenden Positionen durch die Mindergüte der Rohstoffe, beispielsweise der auf zwei Drittel Heizkraft gesunkenen Kohle, sowie durch die Minderleistung der Arbeiter, die neben der allgemeinen Ursache auch darauf zurückzuführen ist, daß durch die schwierige Beschaffung der Rohmaterialien, besonders durch ihren unregelmäßigen Eingang, eine scharfe Arbeitsdisposition nicht möglich ist, was auch einer wirkungsvollen Akkordarbeit hindernd im Wege steht. Das Gesagte gilt in erster Linie für die deutschen Fabrikate. Ohne Zweifel liegen aber auch die Verhältnisse in der Schweiz, woher wir unsere Taschenuhren beziehen, nicht

besser, denn auch dort sind die Herstellungspreise ungeheuer gestiegen. Bei dieser Einfuhrware kommt indessen für uns noch hinzu, daß auf dem gesamten Preis der von dort bezogenen Waren der Valutazuschlag liegt, der dieselben um das Vielfache verteuert.

Die Lebensführung in Deutschland wird ohne Zweifel durch den Preiswucher bei allen Artikeln des täglichen Bedarfs, besonders der Lebensmittel, auf das ungünstigste beeinflußt. Wir sind uns aber darüber klar, daß der gegen uns geführte Wirtschaftskrieg, welcher in dem gewaltsamen Niederdrücken unserer Valuta

seinen Ausdruck findet, die größte Schuld an allem Elend trägt und daß eine Senkung der Preise nur von dem Wiederemporsteigen unserer Valuta und der Wertbemessung unserer Zahlungsmittel abhängt.

Hier spielt die Frage herein, sollen wir auch unter diesen ungünstigen Verhältnissen noch Ware kaufen? Wenn dies heute auch für deutsche Fabrikate in Uhren und Bijouterien noch bejaht werden kann, wenigstens insoweit, daß man für Ergänzung der durch Verkauf entstandenen Abgänge sorgt, so türmt sich doch die Gefahr vor uns auf, daß unser Lager eines Tages gerade durch die Besserung des Markkurses, den wir im allgemeinen sehnlich wünschen, stark entwertet wird. Man nehme nur einmal an, die wirtschaftlichen Verhältnisse würden bei uns so unhaltbar, daß zur zwangsweisen Senkung der Preise der Zehnstundentag eingeführt werden müßte. Die dann einsetzende Valutabesserung würde für uns ungeheure Verluste am Werte unserer Lagerware bedeuten. Eine ähnlich wirkende Valutabesserung kann auch schon entstehen, sobald die Friedensratifikation zur Tatsache wird. In diesem Paradaxon, daß also mit dem Steigen des Markkurses der Wert des teuer eingekauften Lagers sinkt, liegt die Sorge der Zukunft

um unsere im Lager steckenden Vermögenswerte, die um einen beträchtlichen Teil zusammensinken werden.

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1 Frank galt bis 1914 80 Pfennige im November 1919 720 Pfennige DEUTSCHE GOLDSCHMIEDE-ZEITUNG Nr. 1

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Anschaffungs- Valuta-
Pariwert
preis
Risiko
Mk. Pfg. Mk. Pig. Mk.

50

42

Pfg.

8

1 Herrenuhr Metall z. Kurs 500 Die Wertspannung bei unseren gewählten Beispielen der Taschenuhr liegt also zwischen 8.- Mk. und 72. — Mk. Die Einstellung des Wertes von 8. Mk. wäre ebenso falsch wie jene mit 72. Mk.; der niedrige Preis von 8.- Mk. läßt sich nicht rechtfertigen, weil wir ja noch auf der tiefen Valuta stehen, und der hohe Preis von 72. — Mk. ist nur dann richtig, wenn wir das Stück verkaufen können, bevor also der Einkaufsprefs für die 2 DEUTSCHE GOLDSCHMIEDE-ZEITUNG Nr. 1 ·

Lagerergänzung niedriger geworden ist. Die Frage ist außerordentlich schwierig, da die

Besserung der Valuta, also der Sturz der Einkaufspreise, ja doch nur eine Frage der Zeit sein kann. Das Handelsgesetzbuch schreibt über die Warenbewertung in § 40 ganz allgemein vor, daß die Vermögensgegenstände „nach dem Werte anzusetzen sind, der ihnen in dem Zeitpunkt beizulegen ist, für welchen die Aufstellung stattfindet." Und § 261 des Handelsgesetzbuches, der nähere Vorschriften über die Bilanzierung (für die Aktiengesellschaften) bringt, bezieht sich auf § 40 und fährt fort: „Waren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, dürfen höchstens zu dem Börsen- oder Marktpreise des Zeitpunktes, für welchen die Bilanz aufgestellt wird, sofern dieser Preis jedoch den Anschaffungs- oder Herstellungspreis übersteigt, höchstens zu letterem angesetzt werden". Ganz offenbar liegt in diesen Bestimmungen die

Vorschrift der möglichst niedrigen Bewertung, um solide Bilanzen sicherzustellen und die Vorschrift: den Wert anzusetzen, der den Waren zum Inventurzeitpunkte beizulegen ist, gestattet zweifellos eine weitgehendere Würdigung aller wertvermindernden Einflüsse. Dabei ist wiederum zu beachten, daß der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Handelsgesetzbuches (1897) nicht entfernt an einen Weltkrieg und an eine große Geldentwertung dachte, und darum werden auch diese Bestimmungen den Umwälzungen auf wirtschaftlichem Gebiete nachträglich Rechnung tragen müssen.

Andererseits haben wir die

nationale Pflicht der ehrlichen Einschätzung, denn wo sollte es hinaus, wenn nun alle Kaufleute ihre Warenwerte herabsetzen wollten, um beispielsweise bei dem bevorstehenden Reichsnotopfer billig wegzukommen. Wir haben sonst bei jeder Gelegenheit betont, daß Goldschmiede und Uhrmacher auf nationalem Boden stehen, und ihrerseits mithelfen wollen, dem Staat, unter dessen Schutz sie ihr Vermögen erworben und ihr gutes Einkommen haben, mit allen Kräften aus seiner tiefsten Not wieder aufzuhelfen, um zu erreichen, daß wir wieder zu gesunden Erwerbsverhältnissen kommen. Dies ist aber nur durch die ehrliche Gesinnung eines jeden Bürgers inbezug auf seine Arbeit und Opferfreudigkeit zu erreichen. Wenn diese Zeilen auch geschrieben werden, um unsere Fachgenossen vor unbilligen Abgaben zu schützen, so wird von der ehrlichen Gesinnung eines jeden einzelnen verlangt, daß er nicht ausklügelt, wie er zum Schaden seiner Mitbürger und vor allem des Staates von gerechten Abgaben sich drücken kann. Das Schicksal unseres Landes ist gerade durch die Betätigung dieser Gesinnung in die Hände des einzelnen gelegt; wer gerecht handelt, erfüllt damit eine Ehrenpflicht, die dem Staate die notwendige Hilfe bringt, die aber auch das eigene Selbstbewußtsein stärkt, das gewichtiger ist, als der von uns verlangte Tribut. In diesem Bewußtsein ruht zuguterletzt die Errettung deutschen Wesens vor dem Untergange. Im Buchhandel ist die Vereinbarung getroffen worden, den Franken mit 2 Mk. als

Durchschnittskurs

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für die Zwischenzeit zu bewerten. Zu diesem Satze sollen deutsche Bücher nach der Schweiz verkauft werden. Dieser Satz bedeutet eine Festlegung des Markkurses auf 40%, also eine Minderung des Markwertes um 60%. Die Uhr, die wir früher mit 8 Mk. bezahlten und für die wir heute 72 Mk. ausgeben müssen, stände demnach im Werte von 28.80 Mk.

Nun muß zugestanden werden, daß diese Wertbemessung der Mark gegenüber dem Franken für unsre Ausfuhr eine

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72

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Valuta-Risiko Inventurwert Pfg. Mk. Pig. Mk. Pfg.

25

25

25

36

36

1 Herrenuhr (früh. Preis Fr. 10.-) Valuta 720. Wollte man nun ganz korrekt verfahren, so müßte bei jeder eingekauften Ware, wie aus vorstehendem Beispiel ersichtlich, der Kursstand zur Zeit des Einkaufes notiert werden, oder bei deutschen Fabrikaten die Höhe des beim Einkauf geltenden Aufschlages, um alsdann hierdurch den Inventurwert feststellen zu können. Die Durchführung dieser Maßnahme ist aber praktisch kaum möglich, auch ist sie von keiner großen Bedeutung, denn es gibt nur wenige Geschäfte, die über Warenbestände aus früherer Zeit verfügen, und was von diesen gegenüber dem heutigen Bestand billiger eingekauft worden ist, wurde durch den vielfach zu niedrig gestellten Verkaufspreis verloren. Ob selbst bei der vorgeschlagenen Bewertung mit 50 % pauschal ein sicherer Schutz vor Vermögensverlusten liegt, bleibt natürlich eine offene Frage, denn wir stehen in fließenden Verhältnissen und werden noch auf Überraschungen gefaßt sein müssen, die alle Voraussehungen über den Haufen werfen.

Eine früher auch undenkbare Bilanzierung werden die künftigen

Sparkassenabschlüsse

zeigen. Bekanntlich haben die Sparkassen sich um die Unterbringung der Kriegsanleihen ungeheure Verdienste erworben, und sie haben für eigene Rechnung Beträge gezeichnet, die erst durch noch zu erwartende Einzahlungen gedeckt werden sollten. Durch den Kurssturz der Kriegsanleihen sind nun Kursverluste entstanden, die viel größer sind als die besonderen Sicherheitsrücklagen. Um nun zu verhüten, daß die Sparkassen am Jahresschlusse mit Unterbilanzen abschließen, bestimmt die ministerielle Verfügung vom 22. Oktober 1919, daß die Wertpapiere zwar zum tatsächlichen Kurse vom 31. Dezember 1919 in die Bilanz einzusetzen sind, daß aber der Verlustbetrag, der abzuschreiben nicht möglich ist, als besonderer Posten (als garantierter Kursrückgang) in den Aktiven der Bilanz stehen bleibt und aus künftigen Jahresüberschüssen mit mindestens 3% des Anfangsbetrages getilgt werden muß. Dieser Weg läßt sich auch in unserem Falle der drohenden Wertminderung beschreiten.

Für diejenigen Geschäfte, die ihren Abschluß nicht kaufmännisch machen, lassen sich die Summen der Inventurliste, wie an vorstehenden Beispielen gezeigt,

10000

Auf diese Weise wird in der Bilanz der Einkaufspreis in zwei getrennten Berechnungen als Gesamtbuchwert festgestellt, aber durch den Wertminderungsposten in der Passivaseite auf den

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zum Teil als maßgebend gelten, denn dort haben wir Valutazuschläge, hier Preiszuschläge. Es besteht ein unverkennbarer Zusammenhang zwischen der Entwertung unserer Mark, (also dem Niedergang unserer Valuta im Ausland) und dem Preisaufschlag auf deutsche Fabrikate. Bei Taschenuhren steht der gesamte Wert derselben, also Rohmaterial, Arbeitslohn, Unternehmergewinn, unter dem Druck unserer Valuta. Also alle Herstellungskosten müssen mit der entwerteten Mark bezahlt werden. Bei den deutschen Fabrikaten kommt in der Hauptsache bei Uhren Messing, Firnis usw., bei Bijouteriewaren Gold, Silber, Platin, unedles Metall, also nur ein Bruchteil der Ware unter die Einwirkung des ungünstigen Valutastandes. berücksichtigen ist hierbei jedoch, daß alle Artikel des täglichen Bedarfes, wie Nahrungsmittel, Kleidung usw. auch zu den Rohmaterialien unserer Fabrikation gehören, denn sie kommen indirekt in den hohen Arbeitslöhnen und in den höheren Unternehmergewinnen zum Ausdruck. Immerhin steht unsere Arbeitsleistung, also das Herstellen der Ware, die gesamte Verfeinerungsindustrie, nicht unter dem vollen Einfluß der Valuta. Sicher ist aber, daß auch die ungeheuer hohen Preise der deutschen Fabrikate eine entsprechend

Zu

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niedrigere Inventurbewertung erfahren müssen, und wenn für die Einfuhrware (Taschenuhren) 50% als angemessen gelten können, so dürften bei deutschen Waren etwa 30% das Zutreffende sein. In der Inventurliste würde also die Aufführung wie folgt zu geschehen haben:

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Die Richtigkeit dieser Ausführungen dürfte jedem Kenner der Verhältnisse einleuchten. Die Gesetze lassen auch ein Wertverminderungskonto

zu (siehe Sparkassen), indessen bleibt es noch eine offene Frage, wie die Steuerbehörden auf die vorgeschlagene Höhe eingehen werden. Es wird hartnäckiger Kämpfe bedürfen, um der vollen Berechtigung einer solch klaren und sachlich richtigen Bewertung zur Anerkennung zu verhelfen. Es zeigt sich auch hier wieder, welch schweres Risiko der Kaufmann zu tragen hat. Um es zu mildern, waren die vorstehenden Ausführungen notwendig, und die Nachdrücklichkeit derselben soll nachstehend noch weiter betont werden.

Die Qualität unserer Uhren ist gegenüber der Friedensware ohne Zweifel stark gesunken inbezug auf die Vollendung des Werkes, aber auch auf die Bearbeitung des Materials für Gehäuse usw. Das trifft für Taschenuhren wie Großzuhren zu, bei letzteren in prozentual höherem Maße, welcher Schaden aber bei Taschenuhren durch die schlechtere Auslandsvaluta wieder ausgeglichen wird.

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Bei Gold-, Silber- und Metallwaren und bei den anderen Nebenartikeln kommt ja eine Qualität in der Mechanik, von der die Gebrauchsfähigkeit und die Dauer der Leistung abhängt, nicht in Frage, vielmehr neben dem Materialwert nur die Haltbarkeit, besonders aber die Schönheit. Schwer wiegend ist hier die Minderung in der Qualität des Materials, die für die Wertbemessung des Lagers ausschlaggebend ist. Man kann für beide Gruppen das Resultat ziehen: den Waren fehlt die Güte der Herstellung, und sie sind im Einkauf zu teuer bezahlt.

Wie man auch die Gestaltung der Wirtschaftslage in Gegenwart und Zukunft beurteilen möge, so kann der Einsichtige nicht verschweigen, daß wir beim Einkauf und Verkauf zu

Phantasiepreisen

gekommen sind, die der realen Grundlage vollständig entbehren. Das Phantasiebild ist aber nicht durch die Preiskalkulation des Detail- und Großhandels begründet, die in unserem Fache trotz der heutigen allgemein verwilderten Handelsgebräuche aufrecht erhalten werden, sondern auch durch die hohen Lohnforderungen und durch die Preise für Rohmaterialien. Die heutige Preisstellung übersteigt eben das Begriffsvermögen des Verkäufers und des Käufers, und der gesunde Menschenverstand sagt uns schon, daß bei Einkehr einer geregelten Wirtschaft eine Preissenkung eintreten wird, und es ist auch zu befürchten, - die Kursschwankungen in unserer Valuta beweisen dies, - daß nicht ein allmählicher Abstieg, sondern ein ruckweises, einem Zusammenbruch

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Es könnte dem entgegengehalten werden, daß auch zu den Höchstpreisen alles gekauft wird, hier ist aber schon über eine hinter uns liegende Hochkonjunktur zu sprechen, die bald einen neuen Stoß erhalten wird nach Erhebung des Reichsnotopfers, mit der Einschränkung der Arbeitslosenunterstützung, mit der gesamten zum Bewußtsein kommenden Verarmung, der wir nicht mehr zuzustreben brauchen, da wir uns mitten in ihr befinden.

Es ist also ein Kaufrückgang in hohem Maße zu befürchten, und dieser würde ohne weiteres in erheblichem Umfange Lagerentwertungen zur Folge haben. Ein weiteres ist zu befürchten: sobald wir auf wirtschaftlich reiner Bahn sind, werden einzelne Spezialitäten in Massen auf den Markt geworfen werden, man wird, wie vielleicht vor 60 Jahren, Vertriebskompagnien seitens einzelner Fabrikanten gründen, eine bestimmte Gattung zum billigstmöglichen Preise dem Publikum anbieten, und die Folge davon wird sein, daß der Kleinhändler mit seinem teuer eingekauften Warenlager den Konkurrenzkampf aufzunehmen gezwungen ist, indem er seine Vorräte auch billiger verkauft, vielleicht sogar unter dem Stand des Einkaufspreises. Diese Erscheinung dürfte sich sicherlich auch bei uns zeigen, und der ehrliche Geschäftsmann kann sich vor dieser Gefahr nur dadurch schützen, daß er jetzt schon einen

guten Teil seines Lagerwertes abschreibt,

ja er hat die Pflicht dazu, gegen sich und seine Familie und auch gegenüber dem Staate, damit er seine Existenz erhält und dem Staate Steuern zu zahlen in der Lage bleibt. Hier hat also die Kaufmannseigenschaft einzusetzen, und die Minderbewertung ist darum nicht als eine geheuchelte Gefahr hinzustellen, sondern als ein notwendiges Mittel. Immerhin aber dreht sich die Frage um die Höhe des Wertminderungssatzes. Man wird also am besten daran festhalten, der Inventuraufnahme die Einkaufspreise zugrunde zu legen, bei schwerverkäuflichen Artikeln die reguläre Abschreibung von etwa 10% vorzunehmen und außerdem einen Valutarisikobetrag oder einen Wertminderungsetat für die Gefahr der Entwertung bei der Überleitung in normale Wirtschaft einzustellen.

Bezüglich der Bewertung des Inventars ist folgendes zu berücksichtigen: Das' Instandhalten des Ladens ist während der letzten sechs Jahre vernachlässigt worden. Die Beschaffung der Schaufenstereinrichtungen wurde hinausgeschoben. Der gute Zustand von Laden und Schaufenster gehört aber zur Aufrechterhaltung des Renommees. Es kommt hier eine ziemlich hohe Summe für die Wiederherstellung in Frage, die doch aus den Waren herausgewirtschaftet werden muß und darum in gewisser Hinsicht wiederum das gegenwärtige Inventar und Warenlager, weil es zu stark belastet ist, entwertet.

Jeder Steuerbeamte möge sich doch einmal selbst eingestehen, daß er mit seinem Kauf von Uhren und Goldwaren gegenwärtig zurückhält, um billigere Preise und bessere Qualitäten abzuwarten. Tut er dies, dann wird er die Wertminderung ohne weiteres gutheißen müssen. Es möge nun ein jeder mit sich selbst ausmachen, wieviel er als Wertminderung einzusetzen hat, diese Frage müßte in den Innungs- und Vereinssitzungen eingehend besprochen werden.

Die auf 15% erhöhte Luxussteuer wird im Kleinhandel vom 1. Januar 1920 ab nur noch auf Edelmetall- und Edelsteinwaren erhoben.

Endlich ein wahres Perlenerhaltungsmittel. – Ein Kursus über galvanische Bäder beginnt. Arbeitskalender „Was sein muß“ und der übrige wichtige Inhalt.

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Die Lage, die sich bei etwas stabileren Verhältnissen vorfinden wird, dürfte für uns wichtiger sein. Die Kunst tritt in Hinsicht auf Verkauf stark zurück, einerseits, weil feste Werte in festen Händen gehalten werden, andererseits, weil das flüssige Geld stark reduziert ist und endlich, weil wir bis zu einem gewissen Grad durch das Ausland ausgepowert sind. Aus diesen Gründen ist, da das Bedürfnis nach Schönheit nie zu unterdrücken ist, und noch niemals durch irgendwelche sozialpolitische Hemmungen unterdrückt werden konnte, die Annahme berechtigt: 0 das Kaufinteresse wird sich mehr dem Kunsthandwerk zuwenden.

Diese Tendenz findet noch darin eine Unterstützung, daß das „billigste" Land der Erde, Deutschland, ungeachtet politischer Erwägungen, einen Reisestrom von Fremden aufnehmen wird, der wieder als Käufer auftritt. Wenn die Preise etwas niedriger gehalten werden als im Ausland, im übrigen aber den Ausgleich suchen, so dürfte die Konjunktur im Kleinkunstgewerbe

in Zukunft vielleicht gerade keine glänzende, aber doch eine

noch stärker herausgearbeitet werden müssen als in vergangenen Tagen. Die Zukunft stellt

ungeheure Anforderungen

an alle, die im Räderwerk der deutschen Edelmetallindustrie tätig sind. Ein Überblick über die früheren Leistungen der Industrie legt eine Unsumme von Wertarbeit, Gedankenfülle, Wagemut und Geschicklichkeit bloß, allein man wird nicht umhinkönnen, alle diese Eigenschaften noch weiter zu vertiefen, um den Vorsprung einzuholen, den die auswärtige Industrie hinter sich gebracht hat. Es gilt, die Preisunterschiede auszumerzen durch eine qualitative Bearbeitung unserer Erzeugnisse, die zu erreichen das Ausland nicht imstande ist. Diese Arbeit muß das höchst Erreichbare an Wirkung des Materials und die raffinierteste Ausbildung des technischen Ausbaues herausholen. Wir wollen daher versuchen, in Beispielen und Aufsätzen diesen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Theorie und Praxis soll zu Worte kommen, das Streben nach diesen Zielen wirkungsvoll zu unterstützen. Auch der Lehrlingsausbildung in den Schulen und Werkstätten, die dem Auslande, wie aus verschiedenen französischen Äußerungen der letzten Zeit hervorgeht, ein starker Dorn im Auge sind, werden wir in ihrer Entwicklung und Leistung zu folgen suchen. Der stärkste Gesichtspunkt, der uns im neuen Jahr zu leiten hat, ist die qualitative Arbeit.

Die neue Umsatzsteuer.

Von unserem parlamentarischen Berichterstatter. Eilzugstempo ist noch vor

Anzahl

auskömmliche bleiben. Weit schlimmer wirkt offenbar die Steuergesetze angenommen worden. Die Einkommen

teure Lebenshaltung, die Steigerung der Rohstoffpreise u. a. Aus diesen Gründen kommen wir von selbst dazu, den Hauptwert der Erzeugung auf Erfindung, Form, Güte, kurzweg auf Durcharbeitung,

weniger auf Materialwert zu legen. Daß in dieser Hinsicht auch die Edelschmiedekunst eine Vertiefung und Erweiterung erfahren kann, ist ohne Zweifel. Viele Dinge

wurden in historischen Zeiten in den Bereich der Goldschmiedearbeiten gezogen, die in der Gegenwart fast nie mehr Beachtung finden. Manche Anregung neuzeitlicher Meister unseres Gebietes wurde in der Form einer Neugestaltung nicht aufgegriffen. Wir werden daher

als Fachzeitung unsere vornehmste Aufgabe darin erblicken, die Leser aus den Kreisen der Goldschmiede und Industriellen raschest über alle vorbildlichen Neuerscheinungen in einer eigenen Abteilung zu orientieren. Besonderer Wert wird auch auf technische Möglichkeiten gelegt werden, wodurch vielleicht mancher Weg sichtbar werden wird, der bisher nicht oder wenig begangen wurde. Wie stets werden in Bezug auf die Industrie andere Verhältnisse obwalten, wie im Kunsthandwerk. Noch mehr wie früher wird es ganz besonders

der Export

sein, der die vollste Beachtung erheischt. Je näher wir geordneten ökonomischen Verhältnissen kommen, desto lebhafter wird der Konkurrenzkampf einsetzen. Es wird noch bedeutend mehr an Erfindung, rationeller Ausnützung, Anpassung geleistet werden müssen, der Qualitätsgedanke

zuwachssteuer, die Vermögenszuwachssteuer, das Reichsnotopfer und vor allem die Umsatzsteuer. Wer den Verhandlungen im Plenum am 16., 17. und 18. Dez., der Generalund Spezialdebatte beigewohnt hat, kann den Eindruck nicht los werden, daß niemand und auch keine Partei mit dem Umsatzsteuergesetz zufrieden ist. Mächtige Interessenvertretungen versuchten während der ganzen Zeit der Beratungen, ihre Spezialwünsche bei den gesetzgebenden Körperschaften durchzusetzen. Noch nie ist ein Gesetz beschlossen worden, das eine so gewaltige indirekte Steuerbelastung im Gefolge hat. Einige Zahlen zur Kennzeichnung. Der letzte Friedensetat betrug 3497 930 000 Mk. Die Umsatzsteuer soll 41/2 Milliarden Mark bringen, das ist 1 Milliarde mehr als die Gesamteinnahme des Staates aus allen Steuern, Zöllen, aus den Erträgnissen der Eisenbahn, Post usw. im letzten Friedensjahre betrug. Nach sorgfältigen Berechnungen eines Fachmannes beträgt die Belastung eines Einkommens von 7200 Mk. 900 Mk. durch die Einkommensteuer und 1400 Mk. durch die Umsatzsteuer jährlich. Die letzte Reichstagung der deutschen Uhrmacher wählte eine parlamentarische Kommission und erteilte ihr den Auftrag, alle Mittel anzuwenden, um eine Ausnahmebesteuerung von den verwandten Berufsständen abzuwenden oder sie doch zu mildern. Im einzelnen sollte sie folgende Forderungen vertreten:

1. Besteuerung auch der Uhren beim Kleinhändler. 2. Mindestentgeltgrenze (Freigrenze) für Uhren 300 Mk., 3. Freigrenze von 50 Mk. für Gold waren und Bijouterien,

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