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starb den 21. September 1054 und ward in der Familiengruft zu Altschhausen beigeseßt.

Von den liturgischen Dichtungen Herimans ist uns nur wenig unter seinem Namen überliefert. Die Sequenzen, die wir von ihm kennen, zeichnen sich durch weit getriebene Mystik, sowie durch die Unart aus, griechische Worte in den lateinischen Tert zu verweben. Am freiesten von dieser Manier erscheint die verbreitetste und gesungenste der Sequenzen Herimans, das Ave, praeclara maris stella.* Ferner sind von ihm aller Wahrscheinlichkeit nach die beiden schönen, noch heute in kirchlichem Gebrauch befindlichen Antiphonen Alma redemptoris mater und Salve, regina. Die erstere Antiphon ist in Herametern abgefaßt und lautet in der Übertragung:

Nr. 23.

Hehre Mutter des Herrn, zugängliche Pforte des Himmels,
Hilf, o Meeresgestirn, hilf deinem gefallenen Volke,
Das sich erhöbe so gern, o hilf ihm, die du geboren,
Wie die Natur mit Staunen gesehn, den, der dich erschaffen!
Die du Jungfrau gewesen und bleibst, aus Gabriels Munde
Nimm jenes „Sei mir gegrüßt“ und schenk uns Sündern
Erbarmen!
(L. D.)

Obgleich als Musiker weit höher stehend und weit berühmter, wird Heriman, wenn wir nach dem urteilen, was uns von ihm erhalten ist, als Sequenzendichter von Gottschalk von Limburg übertroffen. Außer Notker von St. Gallen wissen wir keinen Sequenzendichter der ersten rhythmischen und reimlosen Epoche, von dem wir eine größere Anzahl von Prosen kennten als von Gottschalk. über seine Lebensumstände sind wir nur sehr un

* Vgl. über die Sequenz Anal. hymn. I., S. 309.

genügend unterrichtet. Aus seinen eigenen Werken erfahren wir, daß er Mönch von Limburg a. d. Hardt war, daß er zum Lehrer einen Mönch, Heinrich mit Namen, hatte, der gleichfalls Komponist war und ein Responsorium mit dem Anfange Omnis là pis pretiosus verfaßt hatte. Wir erfahren, daß Gottschalk in seinem Kloster das Predigtamt ausübte, und daß seine Predigten seinen Mitmönchen Anlaß zur Kritik gaben; daß er eine Historia, d. h. ein Festoffizium auf die Patrone seines Stiftes, die hl. Frenäus und Abundius verfaßt und vertont hatte; endlich, daß er Dichter von Sequenzen war, von denen er vier mit den Anfangsworten zitiert, von einer den vollen Tert mitteilt.

Wir erfahren dann aus anderer Quelle, einem Werkchen des bekannten Humanisten Jakob Wimpheling vom Jahre 1499, daß Wimpheling, Wacker und Reuchlin in dem pfälzischen Kloster Klingenmünster eine handschriftliche, Kaiser Heinrich IV. gewidmete Sequenzensammlung sahen, welche deffen Hofkaplan Gottschalk, zugleich Propst des Liebfrauenmünsters zu Aachen, zum Verfasser hatte. Aus den Sequenzen, welche dieselbe enthielt, teilt der Humanist fünf mit; da zwei derselben identisch sind mit solchen in den Werken Gottschalks von Limburg aufgeführten, so folgt, daß der Mönch Gottschalk und der Propst Gottschalk eine und dieselbe Persönlichkeit ist.

Wir erfahren endlich aus einem mittelalterlichen Schriftsteller, dem f. g. Anonymus Mellicensis, daß Gotts schalk auch Mönch von Klingenmünster war, ohne daß wir wüßten, ob wir seinen Aufenthalt in diesem Kloster vor oder nach seiner Limburger Periode anzusehen haben.

Gottschalk schreibt einen sehr eigenartigen Stil. An der Hand der zweifellos echten Sequenzen ist es daher nicht allzu schwierig, ihn als den Verfasser einer Reihe anderer ähnlicher Dichtungen nachzuweisen. Als Beispiel

seiner Dichtungsart mag die kleine Mariensequenz Fecunda verbo dienen, als deren Verfasser er sich selbst bekennt.

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2 b. Würd'ge uns,

Dein' nicht würd'ge Diener, dich

zu erheben,

des Himmels Herrin.

3 a. Mittlerin du

und unsers Mittlers
Gebärerin,

3 b. In der mit Gott
der Mensch verbunden,
mit dem Menschen Gott.

4 a. Drei Werke sind der einigen
Dreifaltigkeit geschehn

im Fleische, dir entnommen,

4 b. Daß nicht der Engel fall', der Mensch
erstehe, der da fiel,

fich Satan nicht erhebe.

5 a. Der sich dem Höchsten gleichgestellt,
ist dem Niedrigsten nicht gleich,
dieweil erlöst der

Mensch nun lebet.

6 a. Unsterblich ist das Sterben, dem
dieser Lügengeist verfiel,

den deines Leibes Frucht erwürget.

Dreves, Die Kirche der Lateiner. (S. K.)

6

7 a. Uns beruft zum Leben er,
festigt den Engel,

und ihn und uns verbindet er.

7 b. Also, Herrin aller du,
söhne den Sohn aus,

Hilf denen, welche zu dir flehn,

8. Eine, durch die der Eine
allen

Erwählten Leben schenkt.

(G. M. D.)

Noch eines andern dichtenden Zeitgenossen müssen wir erwähnen, Wipos, eines Burgunders, der Hofkaplan der Kaiser Konrads II. und Heinrichs III. war und laut Marginalnote einer Einsiedler-Handschrift Verfasser der berühmten, noch heute gesungenen Ostersequenz Victimae paschali laudes ist. Diese ist für uns aber auch deshalb von Interesse, weil sie uns an einem Beispiele den übergang von der älteren zur neueren Sequenz vor Augen stellt, indem sie von jener die Form, von dieser den Reim entlehnend ein Zwitterding zwischen beiden bildet:

Nr. 25.

1. Dem Osterlamme sei geweiht
Des Dantes Opfer, o Christenheit!

2 a. Ein Lamm hat von Strafe
Erlöset die Schafe,

Da Christus unschuldig die Sünder
Dem Vater zuführte als Kinder.

2 b. Ein Kampf, o Wunder, begeben
Hat zwischen Tod sich und Leben;
Der Lebensfürst, gestorben,
Hat lebend das Reich erworben.

3 a. Maria, was hast du gesehen,
Sag an, unterweges geschehen?
Christum in Herrlichkeit habe
Ersteh'n ich gesehen vom Grabe.

3 b. Maria, was hast du gesehen,
Sag an, unterweges geschehen?
Auch himmlische Boten

Samt dem Schweißtuch des Toten.

3 c. Maria, was hast du gesehen,
Sag an, unterweges geschehen?
Erstanden ist Christ, mein Verlangen,
Nach Galiläa vorangegangen.

4. Mehr ist zu glauben, Maria, der wahren,
Als den trüglichen, jüdischen Scharen.

Ja, wir wissen, Christ ist erstanden wahrhaftiglich;
Siegreicher König, unser erbarme dich.

(L. D.)

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