Produktivität ist er wie Isidor von Sevilla ober Rabanus von Fuld ein rezeptiver und reproduzierender Charakter. Hier beschäftigt uns die Frage nach seinen Hymnen. Von Beda selbst erfahren wir in seiner Kirchengeschichte Englands, in die er eine Synopse der von ihm verfaßten Werke eingeschaltet hat, daß er u. a. auch mein Buch Hymnen, in verschiedenen Versmaßen oder Rhythmen" geschrieben. Dies Hymnenbuch als ein Ganzes müssen wir als verloren beklagen. Elf Hymnen sind uns indes unter Bebas Namen von Georgius Cassander in seinen Hymni ecclesiastici (Köln 1556) überliefert worden. Wie Cassander in der Widmung seines Werkes mitteilt, waren sie ihm von dem kaiserlichen Rate Raspar von Nydbruck zur Veröffentlichung übergeben. Über die Echtheit dieser von Cassander an das Licht gezogenen þymnen sind die verschiedensten Ansichten laut geworden. Einige verwarfen alle, andere nach subjektivem Empfinden oder Gutdünken einen Teil, dieser diese, jener jene. Ich glaube, daß ich den Streit der Meinungen (Anal. hymn. L, 96 ff.) zu Gunsten Bedas entschieden habe. Außer diesen Hymnen befißen wir noch einen abcdarischen Hymnus auf die hl. Edilthrida, den Beda selbst als sein Werk bezeugt und in seine Kirchengeschichte aufgenommen hat, sowie zwei Psalmenparaphrasen, die in verschiedenen Handschriften unter Bebas Namen überliefert sind. Die Hymnen Bebas sind, der Gesamtanlage ihres Verfassers entsprechend, von nicht zu verkennender Nüchternheit. Am meisten Stimmung finden wir in der Umschreibung des 41. Psalmes. Um auch eine Probe Beda'schen Hymnengesanges zu geben, lasse ich einen Teil des Hymnus über die sechs Schöpfungstage hier folgen: Nr. 11. Vertrieben und das Licht erweckt Zum drittenmal herabgesandt Hernieber kam zum vierten mal Der Mensch, das Werk von Gottes Hand, Der ew'ge Schöpfer, auszuruh'n (2. D.) An die zuleßt genannten Dichter, an Eugen von Toledo und an den Angelsachsen Beda, fönnen wir eine doppelte Dichtung anreihen, die, wenn sie gleich mit ihren Ausläufern weit über die uns beschäftigende Periode hinausgehen, doch ihren Ursprung in dieser Zeit haben, die irische und die mozarabische Poesie. Soweit wir sie kennen, ist die erstere vorwiegend außerliturgisch, die Teştere ausschließlich liturgisch. Sehen wir von wenigen, sehr vereinzelten und zers streuten Gedichten ab, so wird uns, was wir an Trümmern der altirischen Lateindichtung noch besißen, von drei handschriftlichen Quellen aufbewahrt, nämlich von zwei jekt in Dublin befindlichen s. g. Hymnarien, bem von Trinity-Kollege, Dublin und dem im dortigen Franziskanerkloster aufbewahrten, einst zu San Jsidoro in Rom befindlichen, sowie von dem Antiphonar von Bangor (Antiphonarium Benchoriense) in der irischen Provinz Ulster. Das Alter dieser in irischer Nationalschrift geschriebenen Hymnare wird sehr verschieden eingeschäßt. Während einige sie ins achte oder auch siebente Jahrhundert hinaufrücken, möchten andere (H. Zimmer) mit ihnen bis ins 11. Jahrhundert herabgehen. Die Anzahl der Hymnen, welche die drei Handschriften enthalten, ist keine große. Sie sind aber dadurch interessant, daß die ersten beiden Handschriften in halb lateinisch, halb irisch geschriebenen Einleitungen über Verfasser und Umstände der Dichtungen berichten, die zum Teil von historisch hervortretenden Persönlichkeiten wie Patricius, Seachnall, Columcille u. a. herrühren. Die meisten Dichtungen des Hymnars find ziemlich umfangreich, zum Teil Abebare. Als Muster dieser irischen Dichtung möchte sich ein Lied aus dem Antiphonar von Bangor empfehlen, das Kommunionlied Sancti venite, geschrieben in rhythmisch umgemodelten jambischen Senaren: Nr. 12. Ihr Frommen, naht euch, nehmet Christi Leib und trinkt Ihr Gläub'gen alle, reinen Herzens nahet euch (2. D.). Weit bedeutender als bie altirische Lateinpoesie ist die mozarabische Hymendichtung, d. h. die in der mozarabischen Liturgie vorfindlichen Hymnen. Diese Liturgie, die sich von der römischen kaum weniger weit entfernt als die ambrosianische, wird bald die alt-spanische, bald infolge der Gotenherrschaft die gotische, endlich nach der Eroberung Spaniens durch die Araber (711) die mozarabische genannt, $. h. die Liturgie der unter Arabern wohnenden Christen. Isidor von Sevilla steht zu ders felben in einem ähnlichen Verhältnisse wie Gregor der Große zur römischen Liturgie; beide haben alter Überlieferung zufolge auf die Umgestaltung derselben entscheidenden Einfluß geübt, ohne daß wir uns Rechenschaft darüber zu geben vermöchten, welches im einzelnen und besondern ihr Anteil an dem vor ihnen, durch sie und nach ihnen Gewordenen sein mag. Die beiläufig 200 Hymnen, die wir aus alten mozarabischen Brevieren noch zu sammeln in der Lage sind, sind keineswegs das Produkt einer Seit; es finden sich vielmehr unter ihnen solche, die sich durch ihre klaffische Metrik als Kinder der altchristlichen Muse ausweisen, wieder andere, in denen die allmähliche Überleitung von der metrischen zur rhythmischen Dichtung in die Erscheinung tritt, wieder andere endlich, in denen sich die ganze sprachliche Barbarei des |