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gegenüber. Der mittelalterliche Dichter wußte, selbst wo er seinen Virgil, seinen Horaz plündert, sich die geistige Eigenart, die eigene Physiognomie zu bewahren; der humanistische Dichter erscheint in der Regel auch innerlich so abhängig von seinen Sternen, daß diese Abhängigkeit uns nicht nur auffällig wird, sondern abstößt.

Diese Dichtungsart, die seit dem 14. Jahrhundert zunächst in Italien auftritt, aber schon bald nach DeutschLand hinübergreift, wendet sich in der ersten Zeit nur felten dem geistlichen Liede, dem Hymnus zu. Je mehr sie erstarkt, um so häufiger wird dies der Fall, so daß wir in späterer Zeit neben der rhythmischen eine humanistische geistliche Lyrik herlaufen sehen, deren Produkte indes nur in seltenen Fällen in die Liturgie einzudringen vermögen, für deren Bedürfnisse die Zeit der Rhythmik ausgiebig gesorgt hatte. Diese humanistische Nebenströmung ist in unserer Geschichte der mittelalterlichen Dichtung unberücksichtigt geblieben. Es gehen hier die Anfänge einer neuen Art, die dem Mittelalter fremd und feindlich ist, eine Zeitlang neben den Ausläufern einer anderen Kultur, einer anderen Weltanschauung her, bis diese absterben, jene die Oberhand gewinnen. Diese disparaten Dinge, die sich nur zeitlich berühren, während sie innerlich divergieren, in Berührung zu bringen, hieße den einheitlichen Charakter, der die mittelalterliche Dichtung kennzeichnet, verdunkeln.

Obschon diese in ihren Ausläufern noch über das Konzil von Trient hinüberreicht, jene mit ihren Anfängen tief in das ausgehende Mittelalter hineingreift, kann man gleichwohl das Trienterkonzil als den großen Strich bezeichnen, der sich, ich möchte sagen, zwischen die geistige Welt des Mittelalters und einer neuen Zeit hindurchzieht, der auf jeden Fall die frei sich entfaltende liturgische Dichtung des Mittelalters von der auf Bestellung -ar

beitenden der nachtridentinischen Zeit scheidet. * Durch die Zentralisation, welche dem römischen Ritus die Alleinberechtigung zuspricht, neben welchem die verschiedenen Diözesanriten kaum anders denn als Unkraut zwischen dem Weizen geduldet erscheinen, werden der liturgischen Dichtung die Lebensbedingungen entzogen. Sie muß absterben, weil in der Liturgie kein Plah mehr für sie ist. Diese selbst ist als etwas Abgeschlossenes erklärt, als etwas Vollendetes, etwas Totes. Für die etwaigen neuen Bedürfnisse, die sehr gering sind, sorgt eine römische Kongregation, die wohl Aufträge, einen Hymnus zu dichten, erteilen, dichterische Inspiration aber nicht geben kann. Noch einmal hat sich das nationale Kirchentum, namentlich das gallikanische, diesen Fesseln entrafft, Liturgien und auch liturgische Dichtungen geschaffen. Für jene wird man sich schwerlich begeistern können; diesen hat es an Bewunderern nicht gefehlt. Doch verdient diese Bewunderung im Grunde nur ein Dichter, J. B. Santeul, und auch er wohl nur halb. Eigentliches liturgisches Leben pulsiert auch in den gallikanischen Dichtungen nicht. Auch sie waren bestellte Arbeit; es bleibt sich aber gleichgültig, ob der Besteller in Rom, Paris oder Lyon wohnt; auch sie sind gemacht, nicht geworden; auch sie haben den Beweis erbracht, daß, was einmal ertötet ist, durch kein Machtgebot wieder zum Leben zurückgerufen wird. Und da Geschichte stets die Darstellung des Lebens ist, so können wir auch ohne Übertreibung behaupten, die Geschichte der Liturgie und der liturgischen Dichtung schließt mit dem Tridentinum; von da an tritt Register und Aktenfaszikel an die Stelle

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Ante saecula qui manens
Semperque nate, semper ut est pater,
Namque te sine quomodo

Dici, ni pater est, quod pater sit potest?

Bis nobis genite Deus,
Christe, dum innato nasceris a Deo,
Vel dum corporeum et Deum
Mundo te genuit virgo puerpera.

Credens te populus rogat
Hymnorum resonans, mitis ut audias
Voces, quas tibi concinit
Aetas omnigena, sancte, gregis tui.

Dum te tida rogat, sibi
Clemens ut maneas, plebs tui nominis,
In te, innascibilem Deum,

Orat, quod maneat alter in altero.

Extra quam capere potest

Mens humana, manet filius in patre,
Rursum quem penes sit pater,

Dignus qui genitus (est) filius in Deum.

Felix, qui potuit fide

Res tantas penitus credulus assequi,
Ut incorporeo ex Deo
Profectus fuerit progenitus Dei,

Grande loquimur, et Deum
Verum ut genitor, quidquid inest sibi
Aeternae decus gloriae,

Totum in unigenitum ediderit Deum.

Hinc unus meritò bonus

Ipsum, quod Deus est, extra invidiam sui
Gigni vellet in alterum

Transformans se, ut est, vivam in imaginem.

Istis vera patet Dei

Virtus, cum dederit omnia, non tamen
Ipsis, quae dederit, caret,

Cuncta, quae sua sunt, cum dederit, habens.

Kara progenies Dei,

Cognatum cui sit omne decus patris,

Nil naturae eguit dari,

Sed natum simul est, quidquid erat Dei.

Lumen fulsit a lumine Deusque verus substitit ex Deo

Vero, non aliud habens

Ortus unigena quam innascibilis pater.

Mirum hoc opus est Dei, Aeternus ut incorruptibilis Deus, Ortu qui careat, quia

Sit sempiterna virtus, quod est Deus,

Non natis quibus (est) in bonis Ex sese placidus gigneret in Deum, Ac sic in unigena Deo

Hoc ipsud ortu, quod genitum est, caret.

O felix duum unitas!

Alter quod cum sit mixtus in altero,

Unum sic faciunt duo,

Sit in duobus cum, est quod in altero.

Patri sed genitus paret

Omnemque ad nutum attonitus manet,
Et scire non est arduum,

Quid velit se sequi, quem penes est pater.

Quanta est genitus in bona!

Nam constitutus in cunctorum exordia,
Condens qui primum saecula⚫
Aeternum in motum tempora protulit.

Rebus anterior Deus

Cunctis, nam per eum omnia facta sunt,
Esset cum nihilum modo,
Mundum corporeo condidit in statu.

Sed nos littera non sinit,

Per quam te genitum concinimus Deum,
Gesta, quae tua sunt, loqui
Carmenque natum, iam qui eras Deus.

Ambrosius.

Nr. 2.

Aeterne rerum conditor,
Noctem diemque qui regis
Et temporum das tempora,
Ut alleves fastidium.

Praeco diei iam sonat,
Noctis profundae pervigil,
Nocturna lux viantibus.
A nocte noctem segregans.

Hoc excitatus lucifer
Solvit polum caligine,

Hoc omnis erronum chorus
Vias nocendi deserit.

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