Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

der Moldau und anderer südlicher Donaugegenden find Walachen; es gibt deren im Ganzen ungefähr 5 Millionen. Ihre Sprache ist ein Gemisch von lateinischen und slavischen Wörtern, auch viele griechische, türkische und deutsche finden sich darunter, das lateinische Element jedoch ist vorherrschend. Die Angaben über die Größe des heutigen Fürstenthums der Walachei (fie wurde früher in die große und kleine Walachei getheilt) schwanken zwischen 1120 und 1350 Meilen, Einwohner 21⁄2 Millionen, größtentheils Walachen, welche der griechisch-katholischen Confession angehören, doch auch Griechen, Armenier, Juden und Zigeuner. Die Walachei grenzt gegen Norden an Destreich (Siebenbürgen) und die Moldau, gegen Westen an Serbien, gegen Süden und Osten an türkische Landestheile. Die ganze Grenzlinie gegen Serbien und die Türkei wird durch die Donau gebildet. Hauptstadt Bukarescht, 80,000 Einwohner, Residenz des Hospodar's. Das Land verwaltet seine inneren Angelegen= heiten unabhängig von der Pforte, welcher ein jährlicher Tribut von 3 Millionen türkischer Piaster gezahlt wird, durch einen von Landesdeputirten aus den Großbojaren (hohem Adel) gewählten Hospodaren oder Fürsten, dem ein hoher Rath oder Divan zur Seite gesezt ist. Die Pforte und Rußland müssen die Wahl des Hospodars genehmigen. Gegenwärtig bekleidet diese Würde Fürst Barbo Dimitri Stirbei. Das Land ge= hörte bei den Alten zu Dacien. Es wurde im Jahr 104 nach Chr. römische Provinz, die Römer sezten viele Colonisten dahin, bauten Städte, Strassen und eine große Brücke über die Donau. Zur Zeit der Völkerwanderung wurden nach einander die Gothen, Hunnen und Alanen Herren des Landes, im vierten Jahrhundert verbreitete sich auch das Christenthum unter den Einwohnern; dann folgten die Avaren, seit 803 die Bulgaren, deren König Bogoris 866 das Christenthum annahm und in seinen Besißungen an der Donau verbreitete, weiter am Ende des zehnten Jahrhunderts die Petschenegen, sodann die Kumanen und Ungarn. Am Anfang des zwölften Jahrhunderts (1106) entstand ein bulgarisch-walachisches Königreich, das zeitweise unabhängig war, dann wieder unter griechischer oder ungarischer Lehenshoheit stand. Im Jahr 1233 fielen die Tartaren in das Land und verwüsteten es zehn Jahre hindurch; König Bela von Ungarn suchte es mit Ungarn und Deutschen wieder zu bevölkern, nach und nach schlossen sich diesen auch die in die Wälder geflüchteten Walachen an. Da aber die römischkatholischen Ungarn die Walachen, welche den griechischen Ritus nicht aufgeben wollten, sehr bedrückten, so suchten sich legtere unter dem Woiwoden Negrovot 1310 von Ungarn unabhängig zu machen, was ihnen jedoch, troz ihrer beständigen Kriege gegen Ungarn, nicht völlig gelang; fie blieben immer tributpflichtig. Unter türkischen Einfluß gerieth die Walachei zuerst 1389, wo der Woiwode Mirra, der von Ungarn abgefallen war, sich freiwillig unter türkische Oberhoheit stellte. Von jest an nehmen die Walachen an den beständigen Kriegen der Pforte gegen die christlichen Mächte Theil, kämpfen tapfer bald auf der einen,

bald auf der anderen Seite, sind aber gleichwohl entweder den Ungarn oder den Türken tributpflichtig und ihr sonst so gesegnetes Land unterliegt Jahrhunderte hindurch einer immer wiederkehrenden Verwüstung, theilweise freilich auch in Folge eigener Parteikämpfe bei streitigen Woiwodenwahlen, wozu für die unglücklichen Einwohner noch der Druck kam, den die eingebornen Bojaren selbst über das rechtlose Volk ausübten. Tribut bezahlte die Walachei an die Pforte, mit den Unterbrechungen, welche christliche Siege veranlaßten, seit dem Jahr 1417 (Muhamed I.). Als die Bojaren 1493 über eine Woiwodenwahl uneinig waren, forderten sie den Sultan auf, den Woiwoden selbst zu ernennen, und die Pforte gab nun die Vorschrift, daß für die Zukunft jeder neue Woiwode ent= weder vom Sultan ernannt oder wenigstens bestätigt werden müßte. Rußland mischte sich zum ersten Mal in die Verhältnisse der Walachei unter Peter dem Großen. Durch das Versprechen, die Fürsten der Moldau und Walachei von der Pforte unabhängig zu machen, brachte Peter dieselben auf seine Seite. Als nun Rußland 1710 der Pforte den Krieg erklärt hatte, der Woiwode der Walachei aber von dem Bündnisse wieder absprang, besezten die Russen 1711 die Walachei, mußten fich jedoch, nachdem das russische Heer am Pruth eingeschlossen war, vermöge des Friedens bei Falrin 1711 wieder zurückziehen. Der Woiwode der Moldau, Kantemir, war zu Peter geflohen, jener der Walachei aber, Constantin II., wurde von der Pforte abgesezt und nebst seinen vier Söhnen zu Constantinopel 1714 enthauptet. Sein Nachfolger Stephan II. Kantakuzenos wurde des Einverständnisses mit Oestreich beschuldigt und 1716 in Constantinopel erdrosselt. Der Sultan sezte jezt (1716), ohne eine Wahl zuzulassen, den Pfortendragoman Nikolaus Maurokordatos zum Woiwoden ein. Es ist dies der erste Grieche, der diese Würde be= kleidete; seit dieser Zeit wurde der Titel Hospodar gewöhnlich. Von nun an nahm die Pforte die Hospodare meist aus den vornehmen griechischen Familien (Fanarioten) zu Constantinopel. Zuweilen erkauften die Bojaren mit Geld bei der Pforte die Genehmigung einer eigenen Wahl; der Sultan seßte aber die Hospodare nach Belieben ein und ab; öfters wurden dieselben, mit Recht oder Unrecht, einer Verbindung mit Destreich oder Rußland angeklagt und hingerichtet. Da sie schon beim Antritt ihres Amtes an die Pforte eine halbe Million Löwenthaler zahlen mußten, so saugten sie das Land, in welchem sie völlig nach Willkühr schalten konnten, auf das Aeußerste aus. Im passarowißer Frieden 1718 wurde das Banat (circa 540 Meilen, früher zu Ungarn gehörig und als Grenzprovinz Banat genannt) von der Walachei abgetrennt und der östreichischen Monarchie einverleibt, bei welcher es geblieben. Im Jahr 1770 rückten die Russen in die Walachei ein; das Land huldigte der Kaiserin Katharina II., kehrte aber 1774 im Frieden von Kutschuk - Kainardschi wieder unter türkische Botmäßigkeit zurück. Die Bedingungen dieses Friedens zu Gunsten der Walachen, namentlich daß sie sich ihren Hospedar sollten selbst wählen dürfen, wurden von der Pforte nicht gehalten; sogleich

der nach dem Frieden erwählte Bojar Braschkowan wurde von der Pforte nicht anerkannt, fie übertrug die Hospodarenwürde dem Alerander Ypsilanti, den sie gleichwohl schon 1782 wieder abseßte. Im Jahr 1789 beseßten die Russen gemeinschaftlich mit den Oestreichern die Walachet von Neuem; im Frieden von Jassy 1792 wurde das Land jedoch der türkischen Oberhoheit wieder überlassen; 1807 rückten die Russen abermals ein, verlangten Abtretung des Landes, räumten es aber wieder im Frieden von Bukarescht 1812. Nach dem Tode des Hospodars Suzzo begann der Bojar Wladimiresko, früher russischer Officier, 1821 die Erhebung, aus welcher der griechische Befreiungskampf hervorging; er selbst hatte nur den Zweck, dem Druck der Hospodare und der Pforte auf die walachische Bevölkerung ein Ende zu machen. Der russische Generalmajor Ypsilanti, ein Nachkomme früherer Hospodare, stellte sich in Jaffy an die Spiße der Griechen und seßte die Bewegung fort. Die Walachen unterlagen völlig, ihr Land wurde fortan von den Türken besezt gehalten, die in alle Städte und größeren Dörfer Ulema's als Lehrer sezten; der neue Hospodar Fürst Grigori Ghika, völlig bevormundet von der Pforte, erlaubte sich die größten Erpressungen, um den Geldforderungen der Pforte zu dem griechischen Krieg zu genügen. Rußland nahm sich im Vertrag von Akjerman 1826 der Walachen an. Die Hospodare sollten fortan nicht mehr aus den Fanarioten ge= nommen, sondern von einem Divan der Bojaren auf fieben Jahre gewählt, von der Pforte zwar bestätigt, aber nur unter Zustimmung Rußland's verworfen oder abgesezt werden können. Die Steuern sollten unter Zustimmung der Pforte und Rußland's von dem walachischen Divan fest= gesezt werden. Auch diesen Vertrag erfüllte die Pforte nicht. Die Russen besezten daher 1828 die Walachei abermals, Graf Pahlen wurde Generalgouverneur; die Lage der Einwohner aber gestaltete sich unter der Herrschaft der Russen keineswegs besser, vielmehr vermehrte sich der Druck durch Lieferungen u. s. f. in einer Weise, daß viele ihr Besißthum ganz verließen und in die Wälder flohen. Im Frieden von Adrianopel 1829 wurde festgesezt, daß die Convention von Akjerman gehalten werden müsse, die Hospodare aber fortan auf Lebenszeit gewählt werden sollten. Alle Türken mußten die Walachei, deren Grenze gegen die türki= schen Provinzen die Donau bilden sollte, räumen. Bis zur Abzahlung der im Frieden von Adrianopel der Türkei auferlegten Entschädigungssumme, d. i. bis 1834, blieb die Walachei unter russischer Verwaltung und von den Russen besett; Commandirender war General Kisselef. In dieser Zeit wurde von den Bojaren unter Vorsiß des russischen Generalconsul's Minciaky eine Landesverfassung für die Fürstenthümer der Moldau und Walachei ausgearbeitet, welche in Petersburg einer Revision unterzogen, sodann von den beiden Schußmächten Rußland und der Türkei genehmigt und 1832 in den beiden Fürstenthümern als Landesgeseß eingeführt wurde. Auch wurde zwischen Rußland und der Pforte festgesezt, daß der Tribut des Hospodar's an die Pforte jährlich 3 Millionen

türkische Piaster betragen solle. Zum Hospodaren erwählten die Bojaren 1834 den Alerander Ghika, den Rußland und die Pforte zwar be= stätigte; er dankte jedoch schon 1842 auf Andringen der Bojaren wieder ab. Wenn es jezt auch der russischen Politik nicht gelang, einen Russen (der General Kisselef und der russische Generalconsul waren unter den Gandidaten) zur Hospodarenwürde zu erheben, so wußte sie doch die Wahl von Georg Bibesko, einem russisch gesinnten Bojaren durchzuseßen. Das immer sichtlicher hervortretende Streben Rußland's, sich in der Walachei festzusehen, rief jedoch unter der Bevölkerung, namentlich in den Ständeversammlungen, einen wachsenden Widerstand gegen den russischen Einfluß und gegen Bibesko- selbst hervor, wiewohl lezterer durch Anlage von Strassen, Erleichterung der Lasten der Bauern 2. sich um die innere Verwaltung anerkennungswerthe Verdienste erworben hatte. Im Jahr 1848 brach auch in der Walachei ein Aufstand aus, der zunächst von den Bauern ausging, sich aber bald über das ganze Land verbreitete. Die Forderungen, ausgehend von dem Saße, daß alle Einwohner gleiche Rechte haben müßten, waren ähnliche, wie sie damals in den meisten Ländern Europa's gestellt wurden; ganz besonders aber verlangte man Unabhängigkeit von Rußland. Der Fürst mußte eine in der Eile in diesem Sinn zusammengeschriebene Verfassung unterzeichnen und beschwören, legte aber am 25. Juni 1848, wo der russische Consul v. Kozebue gegen diese Verfassung protestirte, seine Regierung nieder. Auf Andringen der russischen Regierung rückte ein türkisches Heer von 23,000 Mann unter Omer Pascha in der Walachei ein. Als die Walachen sich der Anforderung, die Zustände wieder auf den alten Fuß zu sehen, nicht fügten, wurde am 26. Sept. Bukarescht von den Türken erstürmt, am 27. Sept. rückte auch eine russische Armee unter General Lüders in das Land, der Aufstand wurde jezt völlig unterdrückt und Alles wieder auf den alten Fuß gebracht. Ueber die Art und Weise, wie die Verhältnisse der Donaufürstenthümer (Walachei und Moldau) für die Zukunft geordnet werden sollten, fanden zwischen der Pforte und dem petersburger Cabinet lange Verhandlungen statt, die endlich in der Acte von Balka-Liman (1. Mai 1849) ihren Ausgangspunct fanden. In dieser Acte, die vorläufig auf sieben Jahre Gültigkeit haben sollte, nach welcher Zeit die beiden Höfe, wenn erforderlich, neue Bestimmungen treffen wollten, wurde festgesezt, daß das Staatsgrundgeseß von 1831 wieder zur Gültigkeit komme, an die Stelle der Versammlungen der Bojaren aber ein aus einer Anzahl hoher Geistlicher und Bojaren zusammengeseßter Divan trete. Das Reglement organique sollte von zwei Commissionen revidirt, die von denselben proponirten Aenderungen aber der Genehmigung der Höfe von Constantinopel und Petersburg unterworfen werden. die Ruhe in den Fürstenthümern vollständig hergestellt sei, sollten zwei Commissäre der Höfe und eine russisch-türkische Armee von 35,000 Mann in den Fürstenthümern bleiben, die Zahl der Occupationstruppen jedoch nach und nach vermindert werden. An die Stelle Bibesko's wurde

1849 der Großbojar Barbo Stirbei als Hospodar eingeseßt. Die russischen Truppen zogen erst im Jahr 1851 ab. In Folge der neuesten russisch-türkischen Differenzen rückte unter den Generalen Danneberg und Lüders am 2. Juli 1853 wieder eine russische Armee in die Wa= lachei ein, die unter dem Oberbefehl des Fürsten Gortschakoff bald zu einer Stärke von 75,000 Mann anwuchs und das Fürstenthum wie eine russische Provinz behandelte. Dem Hospodar Stirbei wurden drei russische Commissäre an die Seite gesezt, ohne deren Einwilligung er Nichts unternehmen durfte. Stirbei zog es unter solchen Verhältnissen vor, nachdem er einen Verwaltungsdivan eingeseßt, im Dft. 1853 nach Wien abzugehen. Fürst Gortschakoff dagegen seßte statt dieses Divan's ein Gouvernement ein, erklärte Ende Oktober 1853 das Fürstenthum in Belagerungszustand und bedrohte jede Verbindung mit der Pforte mit standrechtlicher Behandlung. Das zu Wien am 9. Apr. 1854 von England, Frankreich, Destreich und Preußen unterzeichnete Protokoll, welches auf die Räumung der Fürstenthümer drang, konnte diese Räumung nicht bezwecken. Erst als Oestreich wiederholte sogenannte Sommationen (3. Juni und 9. Juli 1854) an Rußland erlassen, auch die russische Armee gegen die Türken Nichts ausgerichtet, vielmehr sich veranlaßt gesehen, am 30. Juni 1854 die Belagerung von Silistria wieder aufzuheben, Destreich dagegen unter demselben Datum eine Convention mit der Pforte bezüglich der Beseßung der Fürstenthümer durch östreichische Truppen geschlossen hatte, fanden sich die Russen veranlaßt, die Fürstenthümer zu verlassen (14. Aug. 1854), wogegen sogleich die Oestreicher einrückten. Seitdem ist die Walachei von östreichischen Truppen beseßt. Möge ein günstiges Geschick den bedrängten Einwohnern dieser fruchtbaren Landstriche, die seit Jahrhunderten unter beständigen Kriegsverheerungen der Nachbarländer seufzen, endlich eine bessere und gesicherte Zukunft bereiten!

Die Moldau, so genannt von dem Flusse Moldowa, heißt bei den Türken Bogdan, hat circa 773 Meilen und 1,254,000 Einwohner, die dem walachischen Volksstamme und der griechisch-katholischen Gonfession angehören; doch gibt es auch Armenier, Juden und Zigeuner. Hauptstadt Jasch oder Jassy, 27,000 Einw. Die Moldau grenzt gegen Osten, wo der Pruth die Grenze macht, an Rußland (Bessarabien), gegen Norden und Westen an Oestreich (an die Bukowina und Siebenbürgen), gegen Süden an die Walachei. Bei den Alten gehörte die heutige Moldau zu Dacien. Zur Zeit der Völkerwanderung kam das Land in den Besiz der Westgothen, dann in den der Hunnen, später an die Magyaren, Petschenegen, Kumanen 2c. Das Christenthum fand um 1050 Eingang. Am Anfang des vierzehnten Jahrhunderts sezten sich die Walachen unter Bogdan I. in den Besiß des Landes, das in dieser Zeit seinen besonderen Namen von dem Fluß Moldowa erhielt. Sie blieben fortan in Besiß und wurden von eigenen Fürsten regiert, die den Titel Woywode oder Mirza führten, bald an Ungarn, bald an Polen, bald an beide Kronen zugleich lehnspflichtig waren, seit 1529

« PreviousContinue »