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Bolts, die sich auch viele Jahrhunderte hinaus erhalten, die fich ganz vorzüglich in die schwäbischen,*fränkischen und rheis nischen Gegenden ausgedehnt haben.

7) Daß alles dieses so war, und nach der Karolingis fchen Epoche viele Veränderungen erlitten hat, findet man in den Werken eines Gregors von Tours, wenn man sie mit späteren Werken, die eben in dieser Hinsicht geschrieben Find, vergleicht.

S. 3.

Sobald nun der Karolingische Mannsstamm verblühet, and bevor noch ein anderer Regent gewählt war, war auch das Band zwischen Regenten und Volk zerrissen. Daß sich In einem solchen Zustande die 3 Volksklassen eine Konstitution nach Belieben geben konnten, daran wird wohl kein Vers nünftiger zweifeln; und wenn sie sich eine gegeben hätten, worin würde wohl ihr Geist bestanden haben? Sicher würs den sie von nachstehenden Grundsähen ausgegangen seyn. Der Mensch, der sich in einen Staat begiebt, der sich einem Res genten unterwirft, will für sich, die Seinigen und das Seis nige ruhig seyn. Die Möglichkeit, dergestalt mit möglichster Bequemlichkeit zu existiren, die Freiheit, sein Eigenthum zu vermehren und zu erhalten, die Leichtigkeit des Erwerbs der nothwendigen nüßlichen und angenehmen Dinge, der Ges danke, in keinem dieser Stücke gekränkt zu werden, und das daraus entstehende Vertrauen auf eine nur dahin zies lende Gesetzgebung, dann auf Handhabung darin durch Ober: und Unterobrigkeiten, nur solche Stoffe würden den Maaßs stab zur Konstitution hergegeben haben, und diese Stoffe würden nur allein von dem Gedanken, den man sich unter Gemein unter. Staatswohl denkt *), abgeleitet worden

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1) Der Begriff, den ein heidnischer Schriftsteller vom Gemeinwohl hatte, erhellet aus nachstehendem: > Quidam sibi nihil juris et nullam societatem, communis utilitatis

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feyn. Die Geschichte, meldet zwar nicht, daß sich die 5 deutschen Volksklassen 2) zu Anfang des 10ten Jahrhunderts mit einer solchen Konstitution befaßt haben. Daß es aber zu wünschen ist, es möchte geschehen seyn, und daß sich, da es nicht geschehen ist, ein Mann mit der Idee abgiebt, wie ungefähr nach seiner Meinung die Konstitution håtte abges faßt werden sollen, das, denke ich, ist ein Unternehmen, wenn es auch nicht des Lobes würdig geachtet werden sollte doch wenigstens keinen Tadel verdienen wird. Hier dann eine Skizze einer deutschen Konstitution, einer solchen nåm: lich, wie sie zu Anfang des 10ten Jahrhunderts, noch vor der Wahl eines deutschen Regentens håtte gemacht werden können und sollen.

causa, statuunt esse cum civibus, quae sententiae omnem societatem distrahit civitatis. Cicero de off. 3. 28. An eis nem andern Orte sagt er: constat praefecto ad salutem civium, civitatumque incolumnitatem, vitamque hominum quietam et beatam inventas esse leges. Glauben darf man doch wohl, daß das christliche Volk ohne Unterschied so viele Jahrhunderte hernach (zu Anfang des 1oten Jahrhunderts) den Begriff von Gemeinwohl eben so rein aufgefaßt haben ivers de, wie ihn der Ritter Filangieri im 18ten Jahrhundert gei faßt hat. Das sieht man in seinem System der Geseßgebung B. 1. Frit. und Leipz. 1794 S. 24. — Ein sehr sauberes Ges meinwohl würde es in einem Staate seyn, in welchem 20 und mehr Millionen Menschen nur dazu geschaffen wären, um das Interesse einiger gefühlloser Fürsten zu befördern, die gleichwohl zu Anfang des 10ten Jahrhunderts auch nur zur Kategorie dez Volks gehörten.

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2) Ich weiß es gar wohl, daß es um diese Zeit, von wel‹ cher die Rede ist, neben den 3 Volksklassen noch sehr viele Mens schen in Deutschland gab, die unter verschiedenen Namen bes fannt waren, Leibeigene nämlich. Das Volk lößet aber diese entehrende Bande auf.

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Art. 1. Ganz Deutschland wird in 24 Kreiße getheilt, von denen der zu wählende Kaiser acht und zwar ihrer fünf in einem Zummenhange, drei aber in verschiedenen Gegens ben Deutschlands gelegen, erhält. Jedem Kreise stehet ein aus dem hohen Adet zu nehmender Kreisfürft vor, worin er die Gesetzgebung, die Gerichtsbarkeit, die Polizei, den Milißenzug (Heerbann, Heeresfolge, Recht der Muste: rung) und das Steuerrecht ausübt, alles dieses aber unter bem Einflusse des künftigen Regenten Deutschlands. Das Kreisfürstenrecht ist erblich, geht nur auf die Mannsstämme, und zwar nur nach dem Rechte der Erstgeburt. Der Kreis fürst behält seine Patrimonialbesitzungen in seinem eigenen oder auch andern Kreisen gelegen, als allodial, kann aber nur über die in seinem eigenen Kreise gelegenen, Kreisfürs ftenrechte ausüben. Er bekömmt den Genuß über alle durch sein Kreisgebiet laufende kleinere Flüsse, deren Größe mit dem Volk ausgemittelt wird, wogegen er aber auch weder etwas vom Fürstengut z. B. durch Heurathsgut an Prinzess Finnen veräußern, noch etwas in einem andern deutschen Kreis, noch weniger außer den deutschen Gränzen, weit we niger aber fremde Hoheitsrechte', gar Kronen, erwerben darf.

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Art. 2. Der niedere Adel behålt alle Freiheiten, die er zu Anfang des 10ten Jahrhunderts gehabt hat, und hat Haben können, nur mit den zwei einzigen Ausnahmen, daß er

a) zu Kreis und Reichssteuern in Friedenszeiten ein Drits tel, in Kriegszeiten die Hälfte desjenigen versteuert, was das Bolt, seine Mitbürger, in beiden Fällen ver: Steuert, daß er

b) in Betreff der Staatsämter vor dem bürgerlichen nur

dann einen Vorzug genießt, wenn ihm sein Verdienst den Vorrang giebt 1).

Art. 3. Der Begriff des Volkes schließt. Alles in sich, was Menschen im Staate heißt, es hat mi, allen gleiche Rechte, gleiche Pflichten, Vortheile und Schäden, und wenn die lehtern zu drückend sind, werden sie mit Zuziehung der Kreisfürsten, des Adels, und der übrigen aus dem Volke gemildert, denn nur alle diese zusammen konstituiren, ihrer Klasseneintheilung ohngeachtet, das Volk ).

Art. 4. Das Volk regulirt die ndthigen Beiträge für die Kreis und Reichsregierungsbedürfnisse. Sie umfassen alle Immobilien eines jeden Kreises, alle gewerbtreibende Stånde in Rücksicht des Nußens, den das Gewerb mit sich bringt. Der einmal angenommene Fuß bleibt für Friedenszeiten uns veränderlich, in den Kriegs und Nothzeiten wird noch jedes andere Nußen bringende bewegliche Vermögen mit zur Steuer gezogen. Bon der sowohl gewöhnlichen als außerordentli? Steuer ist nur der Kreisfürst mit seinen noch in seiner vås terlichen Gewalt stehenden Descendenten frei, im umgekehrs 'ten andern Falle sind sie parallel mit dem niedern Adel, doch nur in Kriegs und Nothzeiten. Erfordern die Zeitumstände sowohl für den Kreis als das Neich eine Steuerabånderung,

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1) Die Natur und Erziehung giebt nur dem Herzen und dem Kopf das, was wir del nennen, aber ohne Diplom. Erthei et nun der Regent auch ein Diplom darüber; so ist er im Grunde nur Interpret der Natur, oder sein Diplom gilt nur für ein Attestat, was Natur und Erziehung an diesem Menschen geleister haben. Ein guter Mensch ohne ein solches altes Attestat kann mehr gelten, als ein Mensch mit einem, mehrere hundert Jahre alten Diplom. Man wird nicht gut, wenn man ein altes Diplom þat, man ist nicht schlecht ohne dasselbe.

2) Welcher Regent dieses vergessen kann, hat über die Urs fachen seines Daseyns keine Betrachtungen angestellets

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fo gilt die Stimme der zwo leßten Volksklassen so viel als die 24 Stimmen (deren Zahl nie erhöhet oder vermindert wird) der Kreisfürsten, und sie alle vereinigt der Kaiser.

Art. 5. Trifft im Kriege die Last vorzüglich nur den einen oder den andern Kreis, mit Einquartirungen, Verpflegungen, Frohnden, Fouragelieferungen; so werden diese Lasten zusammen unter alle Kreise nach dem Steuerfuße repartirt 3).

Art. 6. In allen Kreisen ist nur einerlei Gesetzbuch, einerlei Grundsaß über Auflagen, über Handel und Wändel, in so weit er dessen Freiheit bezielt, einerlei Münze, einerlei Maaß und Gewicht 4).

Art. 7. Kein Kreisfürst hat das Recht, sich von dem Kaiser ein Privileg zu erbitten, welches nicht ein jeder seis ner Mitkreisfürsten hat. Ein jeder hat zwar das Recht, zur Belohnung der Verdienste, Orden und andere Auszeich nungen zu ertheilen, aber keinen Adel 5).

Avt. 8. Jeder Kreisfürst hat das Recht, außer der christlichen Religion, alle andere, nur nicht Staatsschädliche Religionssekten, und zwar mit allen bürgerlichen Rechten, die zu den Staatsåmtern allein ausgenommen, anzus nehmen.

3) 3. B. Wenn nicht dermal auch noch der Krieg in Nors den entstanden wäre, so hätte blos Süddeutschland. die schweren Kriegslasten getragen. Was ist das für eine Verfassung, in wels cher es blos Zufall entscheidet, ob ein Theil der Unterthanen verhungern soll, während der andere nichts vom Ungemach des Krieges empfindet?

4) Nur Einheit in einem Staate bildet das Glück des Staates.

6) Deswegen nicht, damit hierin allem Mißbrauche vorges bogen werde.

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