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der geistigen Arbeit und ihrer Ausgestaltung im Stoff. Wird die Form modern, so prägt sie sich bald dem allgemeinen Bewußtsein dergestalt ein, daß sie nicht mehr als Folgeerscheinung auftritt, sondern bestimmend wirkt, daß sie schließlich die anderen Formen geradezu beherrscht.

Wer diese Grundlage des Begriffs der Mode richtig erkennt, wird sofort einsehen, daß von der Mode nicht nur das kleine Gebiet der Erscheinungen betroffen wird, welches man gemeinhin hinter diesem Begriff zu suchen gewöhnt ist, sondern daß ihr Einfluß ein außerordentlich umfassender sein kann. Tatsächlich ist in jeder Periode alles modern, was der künstlerischen und geistigen Anschauung der Zeit entspricht, was die Formen enthält, die sich dem Bewußtsein der Entwicklung eingeprägt haben. Mode in diesem Sinne erstreckt sich über fast alle Gebiete des menschlichen Bedürfnisses. Was modern ist, wird sehr bald als gute Form angesehen, und woran viele Geschmack gefunden haben, das gilt sehr bald als Objekt des guten Geschmacks.

Naturgemäß tritt die Begierde nach dem Modernen, die Bevorzugung moderner Formen nicht überall gleichmäßig hervor. Gegenstände, die man nur selten gebraucht, und die man selten sieht, oder die nur von wenigen Personen gesehen werden, werden der Mode später unterworfen werden als solche, welche sich täglich und vor aller Augen zeigen müssen.

SCHMUCKENTWÜRFE

Nicht mit Unrecht hat man die Frau bald die Schöpferin bald das hauptsächlichste Objekt der Mode genannt. Warum? Nun, weil die Frau im Mittelpunkt aller derjenigen Empfindungen und Gedanken steht, welche aus der Freude an schöner Form ihren Ausgangspunkt nehmen. Sicherlich ist die Mode in diesem Sinne etwas Sensitives und trägt gewissermaßen einen weiblichen Charakter. Die Frau ist zahlreich; sie steht überall im Mittelpunkt des Interesses; sie ist, wenn man so sagen darf, der begehrteste Schmuck des Hauses; an sie und ihr Leben kettet sich deshalb in erster Linie alles das, was geeignet ist, der schönen Form Gesetze zu geben. So ist der Mode unterworfen in erster Linie die äußere Erscheinung der Frau selbst. Hierher gehört ihre Kleidung, ihre Wäsche, alles das, was der französische Modeausdruck,,Toilette" umfaßt; es ist dies vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus betrachtet an sich schon ein ziemlich weites Gebiet. Verschiedene Zweige der Textilindustrie, der Lederindustrie und ihrer Hilfsindustrien kommen in Betracht; daneben die Industrie der Schmuckwaren, in Gold, in Silber, in unedlen Metallen; die Industrie der Edelsteine, der Glasschliffe und andere; es tritt hinzu das große Gebiet der Manufaktur, die alte Industrie der Spitzen, welche die Frauenwelt auf ihrem historischen Siegeszuge stets begleitet hat. Eine große Reihe kleiner Industrien kann nicht übergangen werden; so die Industrie der Bänder und Litzen, der Knöpfe, der Passementerien, der Kurzwaren überhaupt. Zur Toilette der Frau gehört die Schmuckfeder, gehört die Schnitzerei in Perlmutt, in Holz, in Elfenbein; gehört die Malerei, die Stickerei, die Applikation; hunderte und tausende von Gebrauchsgegenständen und Hilfsmitteln der Toilette treten hinzu; die Industrie der Seifen, der Parfüms, der Schönheitsmittel, das ganze Gebiet der Kosmetik gehört hierher. Welch einer Fülle der Apparate bedarf es, um die Pflege und Aufmachung des köstlichen Frauenhaars auf der Höhe zu halten; Apparate und Werkzeuge gröbster und zierlichster Form dienen dem Reinlichkeitsbedürfnis, der Pflege der Nägel, der Zähne. Der Toilettetisch einer Dame von Stand zeigt heute Produkte zahlloser Zweige des Gewerbefleißes. Noch ehe die Frau das Toilettezimmer verläßt, ist ihr Geschmack maßgebend gewesen nicht nur für die Fasson ihrer Leibwäsche, ihrer Dessous sondern auch für die Form, für die Aufmachung der Bestandteile ihres Bettes; auch das Bad und alles, was zu ihm gehört, ist in Betracht zu ziehen.

Die Frau tritt heraus und durchschreitet ihr Boudoir. Auch hier finden sich hunderte von Artikeln, deren Form und Material ihr Geschmack bestimmt; wie sie selbst modern sein will vom Kopf bis zu Fuß, fordert sie entsprechende Formen für ihre Umgebung, für die Räume, die ihrem speziellen Gebrauch überwiesen sind,

über alles dasjenige, was sie mit dem Charakter ihrer Individualität zu versehen wünscht; so wird der Schreibtisch der Dame und alles, was für ihn nötig, nützlich und hübsch ist, in Mitleidenschaft gezogen; das Briefpapier, seine Form, seine Verpackung, das Petschaft, das Tintenfaß, die Schreibmappe, das Siegellack, kurzum jeder Gebrauchsgegenstand, der sich da vorfinden muß.

Kann ein Zweifel darüber bestehen, daß die Form, welche an solcher beliebten und beachteten Stelle geschätzt ist, wie die Umgebung einer Dame von Welt genannt werden muß, auch auf weitere Gebiete sich überträgt? Zunächst auf den Mann. Auch seine Toilette bildet für die Mode einen Anknüpfungs- und Ausgangspunkt; Gebrauchsgegenstände folgen auch hier, und weite Gebiete, welche für Frau und Mann gemeinsam sind, werden in Mitleidenschaft gezogen, immer zunächst an solchen Stellen, wo man einer gewissen Öffentlichkeit ausgesetzt ist, wo Hunderte und Tausende vorübergehen und hineinblicken, wo man sich etwas darauf zugute tun will, die Formen sich dienstbar zu machen, die anderwärts als ausgezeichnet erkannt sind. Als Form ist hier überall der weitere ästhetische Begriff verstanden, in den beispielsweise auch die Farbengebung einbezogen werden muß. Man sucht die modernen Formen innerhalb und außerhalb des Hauses. Innerhalb des Hauses im Salon und im

Eẞsaal, wo man Freunde und Fremde empfängt und bewirtet. Die

Mode verbreitet sich langsam auch über die schweren Gegenstände der Einrichtung: da heißt sie Stil und nimmt ein etwas ernsteres Antlitz an. Rasch aber kräuselt sie über die kleinen Gegenstände der Ausschmückung hin, über die Nippes, Vasen, Figürchen, Bronzen, Girandolen, Bilderrahmen, Stehbilder, Ofenvorsätze, Wandschirme, Tapetenmuster, Teppiche, Kissen, Blumentöpfe, Blumentische. Sie tritt gebieterisch an den Tisch, an welchem der Gast bewirtet wird; hier bestimmt sie das Muster und den Umfang des Tafeltuchs und der Serviette, die Form des Geschirrs, das Silberzeug, die Lustres auf dem Tisch und an der Decke, die Ausschmückung der Tafel, die Art, die Farbe und die Zusammenstellung der Blumen. Sie springt hinüber auf die Kredenz und bestimmt Schliff und Färbung der Kelche und Gläser, der Krüge und Humpen. Und je reicher ein Haus und je rascher sein Verbrauch desto rascher die Anpassung an die wechselnde Mode. Die Mode dringt ein bis in die ernstesten Stätten des Familienlebens; sie bestimmt schließlich sogar die Form und Farbe des Liebhabereinbandes, der den Roman in der Hand der Hausfrau oder den wissenschaftlichen Folianten in der Bibliothek des Hausherrn salonfähig macht.

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H. POETZ, HEILBRONN.

Mit der Livree des Dieners, des Kutschers, der Hausoffizianten geht die Mode bis vor die Tür. Sie steigt mit auf den Bock der Equipage; sie bestimmt deren Form, Bauart und Einrichtung; sie macht nicht Halt vor dem Zaumzeug der Pferde, des Sattels, und von da bis hinüber zum Sport und allen den Gegenständen, welche seiner Ausübung dienen, ist nur noch ein kleiner Schritt. Die Mode geht mit auf die Reise, sie wünscht ihresgleichen in den Gasthöfen vorzufinden; sie verlangt Berücksichtigung im Speisewagen und im Coupé, ebenso wie im Antomobil oder im Rennstall oder auf dem Rennplatz.

Glänzend schreitet die Mode einher durch die Häuser, das Leben der Reichen, und gleißend und glitzernd breitet sie daneben ihr Einflußgebiet auf die breiten Klassen der Ärmeren aus. Beim Echten beginnt sie, beim schwächsten Surrogat ist sie noch immer zu spüren. Auch das Halbechte, das Unechte folgt ihrer Form, und je mehr die Entwicklung fortschreitet, je mehr die Kultur in weitere Kreise dringt, immer folgt die Mode und dehnt und streckt sich und übt eine Herrschaft aus, die jedem zu Reichtum verhilft, der ihr seinerseits zu gebieten weiß.

Wer aber ist der Gebieter der Mode? Ist es wirklich die Frau, die sich ihr doch scheinbar willig und willenlos hingibt? Ist es wirklich die Lebewelt, die gedankenlos aufnimmt und weitergibt, was ihr die Göttin bietet? Ist es nicht vielmehr die schaffende, nimmermüde Arbeit des Volks, die zuerst im geistigen Ringen Geschmack und Formen und Farbensinn schafft, und die nachher in

treuer gewerblicher Arbeit dem Gedanken, der Auffassung, die alle oder die Mehrzahl beherrscht, Ausdruck verleiht?

Man kann von keinem sagen, daß er die Mode macht. Alle wirken zusammen, daß sie werde, und daß sie herrschen kann. Sie unterjocht nicht nur, sondern sie befruchtet auch; das Gewerbe, die Industrie, die Kunstfertigkeit wissen davon ein Lied zu singen. Wer die Mode beherrscht, hat den Gewinn, der von ihr ausgeht, und wenn die Hauptquellen modernen Reichtums heute in der Arbeit des Handels und der Industrie gefunden werden, sollte es nicht auch dieser Arbeit möglich sein, die Herrschaft und den Gewinn der Mode zu sich herüberzuziehen?

Die Dame der Welt und der Halbwelt, der Dandy, der Sportsmann, der Flaneur, alle sie sind wenig mehr als

Sklaven der Mode. Wer aber die Arbeit leistet, der hat, wenn er seinen Vorteil richtig wahrnimmt, das Heft in der Hand. Wer der Mode folgt und sich ihr unterwirft, wird von ihr ausgenutzt; wer ihr die Mittel zum Zwecke liefert, ist ihr wirklicher Herr und Meister.

Also finden wir als die wirklichen Interessenten und Gebieter der Mode Handel und Industrie. Wie viele Zweige des Handels, wie viele der Industrie unmittelbar an ihrer Gestaltung beteiligt und interessiert sind, liegt klar vor jedem, der ihrem Siegeszug mit den Blicken zu folgen weiß. Es ist nicht die Frau allein und ihre Flitter, welche von der Mode beherrscht und ausgebeutet werden; zahlreiche, höchst ernsthafte Gewebe und Industriezweige finden in ihr Anregung und Quellen des Reichtums.

Was heisst:,,Unter dem Wert kaufen?"

Beim Einkauf oder der Annahme von Altgold in Zahlung ist bekanntlich Vorsicht geboten. (Vergl. Adreß- und Handbuch für das deutsche Goldschmiedegewerbe, Verlag von Wilhelm Diebener, S. 388.) Nicht nur, daß der verkaufte oder „angenommene" Gegenstand veruntreut sein kann, und der Goldschmied deshalb in die mißliche Lage kommt, ihn an den Eigentümer herausgeben zu müssen, ohne von diesem entschädigt zu werden, nein, es liegt auch die Gefahr nahe, in einem solchen Fall wegen „Hehlerei" in Untersuchung gezogen zu werden. Ist ein nicht ganz angemessener sondern etwas niedriger Preis bezahlt worden, so heißt es gleich, der Goldschmied hat, unter dem Wert" gekauft, er hat also gewußt, daß der Verkäufer unmöglich Eigentümer oder redlicher Besitzer sein konnte, daß es sich vielmehr nur um die schnelle Losschlagung eines gestohlenen oder sonst auf unredliche Weise erworbenen Gutes handelt, denn sonst würde er nicht einen so niedrigen Preis geboten, jener nicht um diesen die Ware verschleudert haben, und flugs ist der Staatsanwalt bei der Hand und tritt in „Erörterungen" ein! In den Anklageschriften, die wir bislang zu Gesicht bekamen, und man hat unseren Rat in so zahlreichen Fällen eingeholt, daß wir uns für verpflichtet fühlen, hier auf die Sache noch einmal näher einzugehen, kommt immer wieder die stereotype Beschuldigung vor, daß unter dem Werte" verkauft und gekauft worden sei.

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gebend sein? Die Gerichte haben sich bislang nicht auf den Standpunkt gestellt, daß der Goldwert entscheidend sei, wenn das betreffende Stück nicht alsbald behufs Einschmelzung zerschnitten wurde. Dann soll der reelle Wert oder der Verkaufswert in Betracht kommen, und wer unter diesem kauft, bei dem soll der Verdacht der Hehlerei vorliegen, weil er nach § 259 des Strafgesetzbuches ,,den Umständen nach annehmen muß, daß die Sachen mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind". Das Reichsgericht hat zwar ausgesprochen, daß in der Feststellung, daß eine Sache weit unter dem wahren Werte gekauft wurde, noch nicht zugleich die Feststellung gefunden werden kann, daß der Käufer, wie es beim Hehler der Fall sein muß, sie seines Vorteils wegen" an sich gebracht habe (Entsch. des Reichsger. v. 21. 2. 1881, Rechtspr. III, 61), denn er muß ja eben damit rechnen, daß er vielleicht selbst nicht mehr daraus erlöst, aber es existiert keine Reichsgerichtsentscheidung dahin, daß auch in dem „Unter dem Wert kaufen" nicht die Feststellnng gefunden werden kann, daß der Käufer wußte oder anzunehmen hatte, daß die Ware durch eine strafbare Handlung des Verkäufers erlangt sei. Das aber nehmen die Staatsanwaltschaften und die Richter heute oftmals, so widersinnig es ist, an. Hat einer einmal billig eingekauft und zufällig gut wieder verkauft, so wittert man dann seine mala fides, seinen bösen Glauben. Als ob nicht auch beim Einkauf und Wiederverkauf von Altgold ein „Verdienst" erlaubt wäre! Als ob nicht ein ,,guter Verdienst" auch bei solchen Geschäften zulässig sein dürfte! Dabei wird gerichtlicherseits viel zu wenig darauf Rücksicht genommen, daß, wenn z. B. der mögliche „Verkaufswert" festgestellt werden soll, vom Goldschmied auch in Abzug zu bringen ist, was er für Aufwendungen an Arbeitszeit und Material etwa nötig hat, um das alte getragene Schmuckstück wieder in einen guten Zustand zu setzen. Handelt es sich aber um einen großen, wertvollen Gegenstand, ein altes Erbstück usw., das nur gelegentlich einmal abzusetzen und dessen Verkauf ein Glücksumstand ist, so werden auch Zinsen, die das tote Kapitalstück frißt, mit zu berücksichtigen sein, mit einem Worte, es ist überaus gefährlich und kann zu ganz ungerechten Maßnahmen gegen einen Goldschmied führen, wenn man daraus, daß unter dem reellen und gegenwärtigen Verkaufswerte angekauft wird, eine strafbare Handlung folgern will. Soll das „Unter dem Werte kaufen" als ein Moment bei der Beurteilung, ob eine Hehlerei vorliegt, überhaupt Verwendung finden, so kann nur „der Gold wert" in Frage kommen, und auch dann wird immer noch erst aus den anderen begleitenden Umständen ein weiterer Anhaltepunkt geholt werden müssen, ehe ein Einschreiten gegen den Goldschmied wegen Hehlerei der Gerechtigkeit entspricht.

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SCHMUCKENTWÜRFE

VON H. FEY, PFORZHEIM.

Was heißt aber: „Unter dem Werte kaufen?" Jeder Goldschmied wird uns Recht geben, wenn wir behaupten, daß das ein sehr unsicherer, dehnbarer, vieldeutiger Begriff ist. Welcher Wert soll maßgebend sein? Der Wert, den das betreffende angebotene Schmuckstück, die zum Kauf offerierte goldene Uhr usw. an sich zur Zeit besitzt? Das wäre also der Wert, den etwa der Lokalrichter, der bei einer Erbregulierung die Gold- und Silberwaren behufs Aufstellung eines Nachlaßverzeichnisses bei seiner Abschätzung feststellen würde, der sogenannte reelle Wert. Oder soll der Verkaufswert in Frage kommen, also der Wert, zu dem das betreffende Schmuckstück im Geschäftsverkehr des Goldschmiedes wieder an den Mann gebracht werden kann? Hier wird die Wertbestimmung dem Goldschmied große Schwierigkeiten bereiten. Er wird seine Hoffnung, den Gegenstand zu einem bestimmten Preise abzusetzen, nur allzuoft getäuscht sehen, wenn er diesen Preis nicht von vornherein eben niedrig genug bemessen hat. Tut er dies aber, so muß er sich, wie wir erst kürzlich wieder in zwei Fällen erlebten, gefallen lassen, daß das Damoklesschwert der Hehlerei über ihm aufgehängt wird. Und tut er es nicht, so bleibt er vielleicht mit dem Gegenstand sitzen und muß ihn schließlich mit Verlust zerschneiden und einschmelzen. Oder soll der Goldwert maß

Es ist daher nach unserem Dafürhalten der Goldschmied nicht in den Verdacht der Hehlerei zu stellen:

1. Wenn er Altgold zum Einschmelzen kaufte und dabei von dem Goldwert einen anteiligen Abzug machte für die Kosten des Einschmelzens und die Handelsunkosten, dafern dieser Abzug sich in angemessenen Grenzen hält, sowie sich einen angemessenen Gewinn zugute rechnete.

2. Wenn er Altgold zum Weiterverbrauch ankauft und dabei sich ebenfalls einen nur angemessenen Verdienst berechnet hat. Dieser Verdienst ist bei nicht leicht verkäuflicher Ware stets höher zu bemessen, als bei einem täglich begehrten Artikel.

Diese Grundsätze sollten auch die Sachverständigen, an die sich unser Artikel in erster Linie mit richtet, festhalten.

Aus dem Gablonzer Industriebezirke.

Von Dr. Iwan Weiskopf.

Seit länger als 250 Jahren beschäftigt sich die deutsche Bevölkerung des Kamnitz- und Neißetales mit der Herstellung mannigfaltiger Artikel der Glaskleinindustrie und der Gürtlerei. Ihre Erzeugnisse sind im Kurzwarenhandel weltbekannt unter dem Namen ,Gablonzer Artikel".

Wie lange noch?!

Diese Frage drängt sich dem unvoreingenommenen Beobachter der Vorgänge, die sich in den letzten Jahren in dieser Industrie abspielen, ganz von selbst auf. Seit um die Mitte des vorigen Jahrhunderts unsere Industrie einen außerordentlichen Aufschwung genommen, ist dieselbe, einzelne längere und kürzere Krisen abgerechnet, in fortdauerndem Aufblühen, andauernder Vergrößerung begriffen. Die Geschicklichkeit, der Fleiß und Geschmack unserer Arbeiter, der Unternehmungsgeist unserer Kaufleute, hat aus einer der ärmsten eine der wohlhabendsten Gegenden des Landes gemacht. Der zunehmende Wohlstand und das Fehlen von Händen sind es wohl vornehmlich gewesen, die einerseits die begehrlichen Blicke, anderseits die Arbeitskraft unserer Landesbrüder tschechischer Zunge anzogen. Wer die Lebensbedingungen unserer deutschen Orte kennt und sie mit denen unserer näheren und weiteren tschechischen Nachbarorte vergleicht, wird es begreiflich und natürlich finden, daß jene Artikel, deren Erzeugung minder lohnend geworden war (wir wollen hier unerörtert lassen, wodurch die Preise so sehr herabgedrückt wurden), nach und nach ins Tschechische wanderten, so das Sprengen, das Schleifen, das Fädeln der Perlen, das Säumen der Knöpfe und vieles andere. Solange dies nur Artikel und Arbeiten betraf, die wir oder unsere Arbeiter und Erzeuger freiwillig deshalb aufgaben, weil deren Herstellung bei uns nicht mehr lohnte, ließ sich ja so viel dagegen nicht einwenden. Doch es sollte anders kommen, und immer mehr geben die Tatsachen denen recht, welche vor der Gefahr, die uns von Seite der Tschechen droht, d. h. unserer Industrie droht, seit langer Zeit warnten.

„Noch einmal in zwölfter Stunde halten wir es für unsere Pflicht, den Warnungsruf zu erheben und alle Kreise, denen am Wohl und Wehe unserer Industrie und Bevölkerung gelegen ist, auf die eminente Gefahr, welche unserer Gegend von tschechischer Seite droht, aufmerksam zu machen“.

Mindestens soll uns, die wir die Gefahr erkannt haben, der Vorwurf erspart bleiben, unsere Stimme nicht erhoben und rechtzeitig gewarnt zu haben. Das Schleifen von Edelsteinimitationen, ganz besonders die Nachahmung des Brillanten (Similisteine) war bis vor wenigen Jahren ausschließlich in deutschen Händen; und jetzt! nur noch die feinen und größeren Schliffe, das Versilbern, sind lohnend und auch nur solange, als die Tschechen sich derselben nicht bemächtigen; wenn auch die Qualität in der ersten Zeit viel zu wünschen übrig läßt, der billige Preis und die deutschen Exporteure tun ein übriges; findet doch der tschechische Schleifer von Rovensko, und wie die Orte alle heißen, mit dem dritten Teil des Lohnes seines deutschen Konkurrenten sein Auskommen! Nicht die maschinelle Konkurrenz in Frankreich und der Schweiz hat die Hungerlöhne für die Reichenauer und Dalleschitzer Steinelschleifer gezeitigt, sondern die tschechische Handarbeit!

Man wird mir einwenden, die Konkurrenz am Weltmarkt bringt dies mit sich und zwingt den deutschen Erzeuger und Exporteur, beim Tschechen arbeiten zu lassen, bei ihm zu kaufen. Mit nichten! Heute allerdings ist er hiezu vielfach schon gezwungen; denn bereits bestehen tschechische Exporteure in Turnau, Eisenbrod usw., aber wer hat sie groß gezogen? Wer ihre Existenz ermöglicht? Die Kurzsichtigkeit, der momentane Vorteil, den ein Teil der deutschen Exporteure

von Gablonz und Umgebung darin fanden und finden, indem sie sich der billigeren, wenn auch vielfach qualitativ minderen tschechischen Arbeitskräfte bedienten. Man wird mir mit dem Einwand kommen, Handel und Geschäft sind nicht national; und doch, in diesem eigenartigen Falle sind sie national und nur zum eigenen Vorteil müßte und würde es unserer Hausindustrie gereichen, stellte man sich auf den streng nationalen Standpunkt: denn dadurch und nur dadurch ließe sich unsere eigenartige Industrie unserm deutschen Volkstume erhalten.

Unsere Ringindustrie sie gab bis vor kurzem 1500 Arbeitern und deren Angehörigen reichliches Brot, und heute?! Sie ist schon zum Großteil in tschechischen Händen und durch wen?!*) So sehe ich einen Artikel nach dem andern von uns ins Tschechische wandern und apathisch ins unabwendbare Schicksal ergeben sollen wir zusehen, wie uns und unseren Kindern das Brot genommen wird, wie wir auf den Aussterbeetat gesetzt werden! Nein, und tausendmal nein!

Und was gibt mir eigentlich den Anlaß zu vorstehenden Ausführungen?

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Seit Wochen und Monaten schleicht eine Verführung für unsere Arbeiter und Lieferanten, halb offen, halb im dunklen, sie späht und lockt. Bald finden wir ein Inserat in den lokalen Blättern, das Spezialarbeiter sucht, und nie fehlen die Worte: „bei lohnendem oder hohen Verdienst", bald sucht man durch Mittelsmänner (die Wahl ist allerdings häufig für den Sucher oder besser Versucher nicht immer eine glückliche) derartige Arbeiter unter Versprechung außergewöhnlich hoher Löhne ins Tschechische zu locken. So teilt man uns mit, daß man Perlenfärbern, Irisierern und ähnlichen Facharbeitern Wochenlöhne von 50 K und mehr bot.

Soweit uns bekannt, und zur Ehre unserer Arbeiter sei es gesagt, waren diese Lockrufe bisher umsonst, ja uns ist ein Fall zu Ohren gekommen, der nicht unerwähnt bleiben soll. Unsere nächsten tschechischen Nachbarn bemühen sich derzeit außerordentlich, die Feuerdekoration der Schmelzperlen einzuführen; hiezu bedürfen sie eigenartiger Muffelöfen und verlangten von einem in Morchenstern ansässigen Ofenbauer (Kaulfuß heißt der Ehrenmann), er möge ihnen einen derartigen Muffelofen bauen. Der Mann hat dies Ansinnen, trotzdem man ihm hohen Lohn bot, entschieden zurückgewiesen, indem er sagte: „Ich helfe für einen Judaslohn nicht dazu, daß unseren Leuten die Arbeit verschleppt werde!" Ehre sei dem einfachen Manne! Ob er nun damit die Verschleppung verhindert oder nicht, jedenfalls hat er in den Augen jedes schlicht und recht denkenden deutschen Mannes seine Pflicht gegen sein Volkstum und seine Mitbürger erfüllt.

Ebenso sucht man Perlengläser, Glasspinner, Formschlosser usw. zu verführen. Wie lange werden sie diesen Lockungen noch widerstehen?

Haben sich doch schon einzelne unserer Perlenfärber verführen lassen, an tschechische Exporteure zu liefern und die Folge davon ist, daß der Tscheche sich nicht mit dem Gewinn, den ihm die deutsche Arbeit abwirft, begnügt, sondern er sucht nunmehr auch die Arbeit seinen Konnationalen zuzuwenden, in der ganz richtigen Voraussetzung, daß sie dann um billigeren Lohn geleistet würde. Und wenn dies auch in der ersten Zeit nicht deshalb sein sollte, wird der tschechische Exporteur seinen Stolz darein setzen, nur

*) Wie es heißt, hat der Streik in Johannesberg den Hauptanlaß zur Verschleppung ins Tschechische gegeben. Der Preisdruck in diesen Armringen grenzt übrigens ans Fabel- und Sagenhafte.

von seinen Landsleuten hergestellte Ware zu kaufen und in den Handel zu bringen.

Doch genug der Beispiele, die uns zeigen, welchem Schicksale die hiesige Industrie und alle jene, die von ihr leben, das aber sind ja nicht nur die Industriearbeiter, sondern sämtliche Bewohner unserer Gegend, entgegengeht, wenn diese Verschleppung weiter andauert, ja, wie es den Anschein hat, in größerem Maße fortgesetzt werden soll.

Ganz von selbst wirft sich uns die Frage auf, läßt sich gegen diese Verschleppung ankämpfen? In welcher Weise und endlich ist voraussichtlich auf einen Erfolg zu rechnen?

Wir glauben ja.

Wenn wir uns ein Beispiel an unseren Landesbrüdern tschechischer Zunge nehmen, zusammenhalten, unsere Arbeiter und Lieferanten durch das gesprochene Wort in Versammlungen, die zu diesem Zwecke einberufen werden müssen, und durch das gedruckte Wort in Flugblättern, denen die größte Verbreitung zu geben wäre, über die Gefahr der Verschleppung aufklären. Aber auch unsere Exporteure müssen uns unterstützen, indem sie es als Pflicht und Ehrensache ansehen, den tschechischen Lieferanten fallen zu lassen,

ja Artikel, die nur von solchen geliefert werden, ganz aus ihrem Handel auszuschalten.

Dagegen sollen sich die deutschen Arbeiter und Lieferanten verpflichten, keinem tschechischen Exporteur in Turnau, Eisenbrod usw. zu liefern. Noch sind die letztgenannten Exporteure nicht in der Lage, mit ausschließlich von Tschechen erzeugten Waren auf dem Weltmarkte leistungsfähig aufzutreten; noch hängen sie und ihre Entwicklung von unseren deutschen Arbeitern und Lieferanten ab. Versagen diese die Mithilfe, dann wird die tschechische Konkurrenz, kaum aufgetaucht, auch wieder verschwinden.

Nur in der Vereinigung liegt unsere Stärke. Sind Arbeiter, Lieferanten und Exporteure nur einmal zur Erkenntnis der Gefahr gekommen und dann auch einig in der Abwehr, so ist ihnen der Erfolg sicher! Wir haben in vorstehendem gesagt, wozu uns unser Gewissen gedrängt, den Finger in die offene Wunde gelegt und auf die drohende Gefahr hingewiesen. Mögen alle anderen Beteiligten Einkehr halten und helfen, das, was unsere Väter und auch wir geschaffen, unserer Gegend zu erhalten, soll nicht dort, wo heute emsige Arbeit Wohlstand schafft, in absehbar kurzer Zeit Arbeitslosigkeit und Not ihren Einzug halten!

Einiges über Handpflege.

Von Elisabeth Rocke.

Eine tadellose Handpflege ist nicht nur Pflicht jedes Gebildeten, sie ist auch in bezug auf die Gesundheit durchaus wünschenswert und unerläßlich. Für die Arbeit im Goldschmiedeberuf ist Pflege der Hände von großem Werte. In erster Linie ist dabei größte Sauberkeit zu beobachten, aus der Unterlassung derselben entspringen die meisten Übel, die nicht selten recht schmerzhafter Art sind. Die Haut wird spröde oder rissig und wenn sich erst in diese Risse der Schmutz hineingesetzt hat, dann ist er nur durch sehr umständliche Manipulationen wieder zu entfernen. Dem Metall, den Steinen, sowie feineren Werkzeugen, wie sie in den Goldschmiedewerkstätten gebraucht werden, ist die Berührung mit unsauberen Händen bekanntlich von Nachteil. Durch zu häufiges Waschen mit entweder zu kaltem oder zu heißem Wasser wird die Haut trocken und spröde, dasselbe geschieht, wenn die Hände nicht genügend abgetrocknet, der rauhen, kalten Luft ausgesetzt werden. Die Haut zerspringt auf dem Handrücken, gewährt dadurch ein unangenehmes Aussehen und verursacht obendrein beträchtliche Schmerzen, zumal wenn sich der Zustand bis zum Bluten steigert. Ein sehr schnell wirkendes, ausprobiertes Mittel dagegen ist folgendes: Man wäscht die Hände sehr gründlich mit Wasser und milder Seife, gießt dann wenige Tropfen gereinigtes Glyzerin in die hohle Hand, verreibt dieses tüchtig auf den wunden Stellen und trocknet dann erst mit einem weichen Handtuche nach. Die Haut wird nach überraschend kurzer Zeit ganz weich und weiß, bei unbedeutenderen Rissen schon nach zwei- bis dreimaligem Gebrauche. Man versäume die Anwendung dieses bequemen Mittels hauptsächlich nicht vor dem Schlafengehen. Als Vorteil ist ferner zu verzeichnen, daß das unerträgliche Brennen wegfällt, welches das Glyzerin, wenn es auf die trockene Haut verrieben wird, verursacht; auch schmiert und klebt es nicht.

Etwas sehr Lästiges sowohl vom allgemein menschlichen als vom Geschäftsstandpunkte des Goldschmieds aus ist bekanntlich der Handschweiß; wir haben schon in unserer Zeitung Gelegenheit genommen, verschiedene Mittel dagegen anzuführen, weshalb wohl heute auf dieses Kapitel nicht nochmals eingegangen zu werden braucht. Für rote Hände, die unschön wirken, sind Einreibungen mit Lanolin zu empfehlen, sowie möglichste Schonung vor Kälte.

Der Goldschmied, der mit dem Publikum verkehrt, ist besonders verpflichtet, seine Hände zu pflegen. Die Käufer sind so anspruchs

voll und können durch eine häßliche, unsaubere Hand abgestoßen werden. Bei erfrorenen Händen ist es das beste, sich den Rat eines Arztes einzuholen, durch Anwendung von Hausmitteln kann leicht das Gegenteil einer Heilung erzielt werden. Bei leichteren Erscheinungen sind jedoch die oben angeführten Mittel mit Vorteil zu verwenden. Ferner ist Einreibung mit frischem Zitronensaft gut, was am besten so geschieht, daß man eine Zitrone in der Mitte durchschneidet, die sichtbaren Kerne entfernt und dann mit der Schnittfläche die Hände einreibt; dasselbe Verfahren entfernt den Schmutz sehr leicht und ersetzt zu häufiges Waschen.

Was die Nägel anbetrifft, so müssen diese ebenfalls sehr sauber gehalten werden. Die Reinigung geschieht am besten mit Wasser, Seife und Bürste. Läßt sich damit der Schmutz unter dem Nagel nicht entfernen, so benutze man die bekannten Nagelreiniger aus Horn, niemals jedoch scharfe, spitze Gegenstände, welche leicht Verletzungen hervorrufen. Dr. med. S. Scherbel schreibt in einem Aufsatze im „Universum" folgendes: „Schon aus Gesundheitsgründen sollte man der Pflege der Nägel mehr Aufmerksamkeit schenken, denn ungepflegte Nägel werden leicht spröde, spalten sich und verdicken sich und können Sitz von allerhand Pilzkrankheiten werden, welche ärztliche Hilfe notwendig machen.“

Als schön gelten Nägel von länglicher, leicht gebogener Form mit an der Wurzel sichtbarer Zeichnung eines Halbmondes. Wo dieser nicht zu sehen ist, muß die Haut vorsichtig mit einem Plättchen ringsherum zurückgeschoben werden; dasselbe Verfahren verhindert auch das Entstehen von Niet- oder Neidnägeln. Arbeitshände dürfen nie zu lange Nägel haben, die richtige Länge soll die Fingerkuppe um höchstens ein Millimeter überragen, denn einesteils soll der Nagel schützen, andernteils erscheinen die Finger bei zu kurz geschnittenen Nägeln leicht klobig und sind bei Verrichtung von feineren Arbeiten, namentlich in unserem Fache, ungeschickt. Zum Schneiden bediene man sich einer scharfen Nagelschere. Eine Feile wird alle Unebenheiten ausgleichen, man feilt von den Seiten nach der Mitte zu.

Wer nun nicht nur die Nützlichkeit im Auge hat, sondern auch noch für die Schönheit ein übriges tun möchte, der bekommt in den Parfümerien ein Pulver für die Nägel, um sie glänzend zu machen. Einfacher und ebenso wirksam sind Einreibungen mit Zitronensaft und darauf folgendem Polieren mit einem Leder. Bei spröden Nägeln wird feinstes Provenceröl mit Vorteil verwendet.

Moritz Stumpf & Sohn, Danzig.

Ein Erinnerungsblatt zum 100jährigen Geschäftsjubiläum.

Das weitbekannte und angesehene Juweliergeschäft der Firma Moritz Stumpf u. Sohn hat am 1. April ein voll hundertjähriges Bestehen in Danzig erreicht. Ist ein solches Jubiläum in der heutigen Zeit des raschen Wechsels an sich schon ziemlich selten, so kommt hier als noch größere Seltenheit hinzu, daß sich das Unternehmen stets vom Vater auf den Sohn vererbt und so ein Jahrhundert lang im Besitze einer Familie unter demselben Inhabernamen erhalten hat. Durch vier Generationen hat sich die Firma fortgepflanzt und ist demselben Gewerbe treu geblieben. Es ist unerheblich, wenn zu Anfang der Wortlaut der Firma, die erst Karl Stumpf, dann Karl Stumpf Witwe, dann Moritz Stumpf, endlich Moritz Stumpf u. Sohn lautete, in den Vornamen geändert wurde.

ERICH STUMPF.

Karl Stumpf ist der Begründer des Hauses. Seine Voreltern waren im 16. Jahrhundert in Böhmen ansässig und kamen in der Zeit der Hussitenverfolgungen nach Schlesien. Karls Vater war Kupferstecher, ein Gewerbe, das in damaliger Zeit mit dem des Graveurs und Goldschmiedes meist Hand in Hand ging. Karl kam im Januar 1804 als Goldschmiedgeselle nach Danzig und wurde von der Witwe Raths als Geselle aufgenommen. Schon April 1805 machte er sich selbständig, indem er in eigener Rechnung für andere Meister Arbeiten in seiner Werkstatt ausführte. Bald wurde er Meister und Bürger der Stadt. Er eröffnete einen kleinen Laden und heiratete die Tochter seiner Meisterin, Fräulein Raths. Der am 2. September 1810 geborene Sohn Moritz, der Großvater des heutigen Geschäftsinhabers, erlernte das väterliche Handwerk und erwarb sich auf längerer Wanderschaft, namentlich in Wien, wo die Goldschmiedekunst in hoher Blüte stand, hervorragende Kenntnisse für seinen Beruf.

Nach dem im Januar 1830 erfolgten Tode des Vaters, kehrte Moritz heim, er führte das Geschäft zunächst für die Mutter, dann

nach seiner Verheiratung mit der Tochter des Kreisphysikus Dr. Otto für eigene Rechnung. Im Jahre 1861 nahm er seinen Sohn Albert mit in die Firma auf. In seltenem Einvernehmen haben beide miteinander die Firma zu der Höhe gebracht, auf der sie heute steht. Zahlreiche Proben ihrer Kunst künden ihren Ruhm, wie z. B. der im Auftrage der Stadt gefertigte Neptun-Brunnen, eine Nachbildung des Rathauses und ein Alt-Danziger Schiff, welches Kaiser Friedrich III. als Hochzeitsgeschenk überreicht wurde. Am 12. Mai 1862 verlieh der König den damaligen Inhabern das Prädikat „Königliche Hofjuweliere", auch sind Arbeiten der Firma auf verschiedenen Ausstellungen prämiiert worden. 1884 zog sich Moritz Stumpf von der Geschäftstätigkeit zurück, Albert Stumpf verblieb als Alleininhaber. Moritz Stumpf starb 1894 als hochbetagter Greis, Albert Stumpf 1895; letzterer leider zu früh, da er seinem Sohne Erich das Geschäft nicht mehr übergeben konnte. Damit erlosch auch das Prädikat „Königliche Hofjuweliere", welchen Titel die Firma 32 Jahre geführt. Während Erich Stumpf sich in den Städten Hanau, Paris, London, München und Berlin für seinen Beruf vorbildete, haben väterliche Freunde das Geschäft geleitet. Gleich nach seiner Rückkehr verlegte er das Geschäft nach Langgasse 30, nach drei Jahren schon erwiesen sich die Räume als zu klein. Das Geschäft fand im neu erworbenen eigenen Hause Langgasse 15 eine neue Heimstätte.

Von der Feier des Jubiläums selbst ging uns noch folgende Nachricht zu.

Eine Abordnung des Personals überreichte einen silbernen Schild mit den vier Bildnissen von Karl, Moritz, Albert und Erich Stumpf, den vier Inhabern der Firma. Außerdem trafen von Freunden der Firma zahlreiche Gaben und Glückwünsche ein. Abordnungen gratulierten namens des „Allgemeinen Gewerbevereins" und der „Loge Einigkeit". Die Elbinger Goldschmiede waren durch Herrn Witzki vertreten. Unter der Fülle der Gratulationen ist ganz besonders ein Glückwunschschreiben des Oberpräsidenten Delbrück zu erwähnen mit folgendem Wortlaut:

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Danzig, den 30. März 1904.

Euer Wohlgeboren zur Feier des 100 jährigen Bestehens der Firma meine Glückwünsche aussprechen zu können, ist mir eine besondere Freude. Gern gedenke ich dabei, daß die Firma während vier Generationen vom Vater auf den Sohn übergehend in derselben Familie geblieben ist, sich allezeit durch kunstgerechte Arbeit und strengste Solidität ausgezeichnet und damit den Beweis erbracht hat, daß ausdauernder Fleiß und umsichtige Tätigkeit auch unter den schwierigen Verhältnissen des Ostens und den wirtschaftlichen Kämpfen der Gegenwart es vorwärts zu bringen vermag. Möge, das ist mein lebhafter Wunsch, das von der Firma gegebene Beispiel vorbildlich wirken, ihr selbst eine weitere segensreiche Entwicklung gesichert sein und dem derzeitigen verdienten Chef der Firma beschieden sein, aller der Ehren teilhaftig zu werden, deren sich seine Vorfahren erfreuten. Delbrück.

Abends fand noch ein Festmahl im Schützenhause statt, zu dem etwa 70 Einladungen ergangen waren. Wir wünschen der ehrwürdigen Firma unter ihrem tatkräftigen Inhaber ein langes Blühen und Gedeihen.

Englische Gelbvergoldung.

Die Glanzgelb-(Englische-) Vergoldung hat wie alle Glanzvergoldungen die Eigentümlichkeit, daß das erste Eintauchen in die Vergoldung selten einen schönen glanzhellen Überzug erzeugt, meistens ist der erste Überzug etwas matt oder blind.

Das ist jedoch von keiner großen Bedeutung, da ein einmaliges Eintauchen in das Bad überhaupt nicht genügend ist, um eine dauerhafte Vergoldung erzeugen zu können, vielmehr muß der Gegenstand nach dem Abmullen an Filz- und Wollscheibe nochmals in das Bad

gebracht werden, um so eine zweite Goldauflage dem zu vergoldenden Gegenstand zu geben.

Hieraus erklärt es sich auch leicht, wenn das erste Mal der Niederschlag ein matter ist, weil trotz Auswaschens in Spiritus und Ätzkali dem Silber noch fettige Substanzen anhaften, welche es verhindern, daß ein sofortiger glanzheller Niederschlag erfolgt; namentlich ist das der Fall, wenn das Bad schon öfters gebraucht ist und selbst Unreinigkeiten enthält, während bei einem voraus

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