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findet, mit Beschaulichkeit zu wählen, was er selbst verschenken will. Da gibt es nun das bekannte Mittel, man sucht sich seiner Kundschaft in Erinnerung zu bringen durch ein Zirkular oder durch eine geschmackvoll ausgestattete Karte, einen Portemonaieoder sonstigen Kalender und was dergleichen Souvenirs mehr sind.

Unsere Buchdruckindustrie hat in dieser Hinsicht ganz Außerordentliches geleistet in ihren Darbietungen. Wir erfreuen uns der feinsten Reklamezirkulare, gedruckt, geprägt, in einer oder mehreren Farben. Sicher ist dies ein gutes Mittel, der Empfänger sieht den Namen des Absenders, und das soll ja erreicht werden. Ist die Aufmachung der Reklame eine besonders ausgezeichnete, so wird der Empfänger längere Zeit

bei dieser verweilen und sich den Namen des Absenders noch besser ins Gedächtnis einprägen. Aber ganz intensiv ist diese Reklame nicht. Man könnte dies eher von einem Katalog sagen, der viele Modelle enthält und auch sonst orientierende Hinweise, die dem Empfänger ermöglichen, sich ein Urteil zu bilden, um sich eine event. Anschaffung nach dem Katalog zurechtzulegen. Aber wie wenige können sich diese nicht unbedeutenden Kosten machen. Jedenfalls ist die Katalogreklame eine sehr teure, und es kommt noch die große Arbeit hinzu, dieselbe in effektvoller Weise herzustellen. Unsere „Deutsche Goldschmiede-Zeitung" hat etwas Ähnliches aber zu weit billigerem Preise. Seit etwa sechs Jahren geben wir zu diesem Zwecke die Reklameblätter Schmuck und Mode" aus, ein Blatt von vier Seiten. Für Weihnachten bringen wir eine solche Reklameschrift auf acht Seiten, und zwar unter dem Titel:

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,,Der Moderne Schmuck" und

,,Das Moderne Kostüm".

die eigene Art des Geschäfts in besonderer Weise hervorzuheben imstande ist. Für das Ganze liefern wir ein Kouvert mit dem Goldschmiedewappen, und das alles wird entschieden die beste Weihnachtsreklame für den Goldschmied ausmachen. Und warum?

Für das Kostüm mit dem passenden Schmuck gibt es noch kein Blatt. Die Damenwelt wird dasselbe deshalb mit höchstem Interesse studieren.

Es ist auch bekannt, daß die Modezeitungen bis vor wenig Jahren das Anzeichnen von Schmuck unterließen und damit dem Goldschmied wenig in die Hand arbeiteten.

ABBILDUNG AUS DER SCHRIFT: MODERNER SCHMUCK WEIHNACHTSREKLAME DES GOLDSCHMIEDS.

Diese Schrift enthält eine Anzahl interessanter Artikel, die geeignet sind, dem Goldschmied Käufer zuzuführen. Sie wird mit feinen Modebildern, an denen selbstverständlich der Schmuck besonders hervorgehoben ist, ausgestattet, weiterhin mit Typen moderner Gold- und Silberwaren sowie Taschenuhren. An den Kopf dieser Reklameblätter kann die Firma des bestellenden Goldschmiedes eingedruckt werden, außerdem haben wir aber noch das Muster einer Empfehlungskarte herstellen lassen, die dem Blatt extra beigefügt werden kann, und deren Text

Es ist ferner bekannt, daß die Redaktion unserer,,Deutschen Goldschmiede-Zeitung" in Verbindung mit der Freien Vereinigung in Berlin (Ortsgruppe des Verbandes) seit vielen Jahren eine intensive und erfolgreiche Arbeit zugunsten des Schmucktragens geleistet hat. Diese Agitation wird von unserer Deutschen Goldschmiede - Zeitung dadurch dauernd fortgesetzt, daß wir das Blatt,,Das Moderne Kostüm" den Redaktionen immer wieder übersenden, um dieselben über die neue Schmuckmode zu orientieren und ihren Zeichnern Anhalt zu geben, wie der Schmuck anzuzeichnen ist. Wenn nun die deutschen Goldschmiede selbst dieses Blatt für ihre Reklame benutzen, so dienen sie damit nicht nur unserer Branche im allgemeinen, sondern ihren eigenen Interessen in ganz besonderer Weise. Jedenfalls ist von der Presse keiner einzigen Branche jemals eine so umfassende und durchgreifende Reklame in den Abnehmerkreisen gemacht worden, als es von unserer Deutschen Goldschmiede-Zeitung geschieht. Wir glauben deshalb, daß die Goldschmiede gut daran tun wer

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den, sich diese Reklame zunutze zu machen. Wir haben zu diesem Zwecke extra ein Muster herstellen lassen, das über die Ausführung und über die Preise genau Auskunft gibt. Diese Muster stellen wir Interessenten zum Preise von 30 Pf., womit lediglich ein Teil unserer Unkosten gedeckt wird, zur Verfügung und bitten das anliegende Formular für die Bestellung verwenden zu wollen. Die Ausgabe des Reklameblattes soll Anfang November erfolgen. Die Muster müßten sofort bestellt werden, weil wir nur so viel herstellen lassen, als Bestellungen vorliegen werden.

Redaktion der Deutschen Goldschmiede-Zeitung.

Aus der Werkstatt

für die Werkstatt!

Aus unseren Redaktions-Konferenzen.

Man prophezeit in den offiziösen Blättern neue Erhebungen in der Handwerkerfrage. Es soll über das Handwerkergesetz vom 26. Juli 1897, das ja die Organisation des Handwerkerstandes in vielen Punkten neu regelte, eine Umfrage gehalten werden. Man hat deshalb im Reichsamt des Innern

Fragebogen für freie Innungen und Zwangsinnungen, Handwerkskammern und Verwaltungsbehörden hergestellt, welche ausgefüllt ein Bild von dem gegenwärtigen Stande des Handwerks geben sollen. Neben den eigentlichen Organisationsfragen sind insbesondere Ermittelungen über die Einrichtungen auf dem Gebiete der Lehrlingshaltung, der Gesellenprüfungen, der Einigungsämter und Schiedsgerichte, des Fachschulund Herbergswesens, der Arbeitsnachweise, der Unterstützungskassen, der gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebe usw. ins Auge gefaßt. Auch die Goldschmiede-Innungen werden also demnächst in die Lage kommen, in diesen Fragebogen, die im März nächsten Jahres ausgefüllt werden sollen, sich über die Lage des Goldschmiedegewerbes auszusprechen. Ob dabei auch die Frage der Notwendigkeit des Befähigungsnachweises angeschnitten werden wird, hält die Presse für unwahrscheinlich. In seiner Versammlung in Kreuznach hat übrigens

der rheinische Handwerkertag

erklärt, daß er an den Forderungen der obligatorischen gesetzlichen Organisation des Handwerks sowie des allgemeinen Befähigungsnachweises festhalte. Wenn sich aber auch die Stimmen dafür mehren, wir glauben nicht, daß die Regierungen für dieses Radikalmittel zu haben sein werden. Der Nationalökonom von heute weiß, daß damit geradezu eine Umwälzung des ganzen Erwerbslebens hervorgerufen würde, deren Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Es heißt also inzwischen auch ohne dies für die Gesundung und Kräftigung des Gewerbes einzutreten. Die „Deutsche Goldschmiede-Zeitung" hat bekanntlich seit langen Jahren, wie es jetzt auch der Verband tut, Prämien für diejenigen ausgesetzt, welche Hausierer dingfest machen, die durch unerlaubten Hausierhandel die Goldschmiede am Platze schädigen. Da ereifern sich jetzt verschiedene Blätter gegen die

Denunzianten-Züchterei gegen Hausierer.

Der „Phönix“, ein Blatt für den gesamten Klein- und Hausierhandel, geht in einem Artikel der Aussetzung von Hausierprämien zu Leibe, die er unmoralische Einrichtungen nennt und denen er unlautere Motive unterschiebt, da sie nicht aus moralischen, sondern aus rein materiellen Trieben entsprängen. Es sei unmoralisch, „Menschen auf Menschen zu hetzen". Demgegenüber erklären wir, daß wir an unseren Prämien festhalten, denn nicht diese, sondern das Hausieren mit Uhren, Bijouteriewaren usw. ist das große „Unmoralische", da es gesetzlich verboten ist. Es gibt aber eben auch Blätter, die sich gegen Maßnahmen auflehnen, die zum Schutz der Gesetze getroffen werden. So hat jetzt gegen

den Kampf wider die Bera - Compagnia,

die in Leipzig, was ganz nebensächlich ist, jetzt die Firma „Bera American Diamond Palace" angenommen hat, das „Offertenblatt für Bijouterie-, Gold- und Silberwaren-Handlungen" Stellung genommen, denn es bezeichnet das Vorgehen unserer Hamburger Kollegen als „ein eigenartiges Verfahren“ und dekretiert, daß die Polizeibehörde, so lange die Bera-Diamanten nicht als echte verkauft werden, die Verkäufer nicht behelligen dürfe. Wir bezweifeln, daß sich die Polizeibehörde in dieser Beziehung erst beim „Offertenblatt" Rat über seine Kompetenz einholen wird. Im übrigen wird uns zum Kampf gegen die Bera-Compagnia von einem Goldschmied aus Köln folgendes geschrieben: „Nehmen Sie diesen Imitationen die Berechtigung, sich „Diamanten" zu nennen, so wird das Publikum nicht mehr „magisch“ angezogen werden. Nicht die Reklame zieht so sehr an, sondern der Ausdruck „Diamanten“. Das einzigste Bemühen muß sein, daß die Führung des Wortes „Diamanten" verboten wird. Es darf auch niemand Margarine-Butter schreiben. Aber auch die Juweliere sollten nicht mehr sagen: „Simili-Diamant“.

So lange sie selbst bei Imitationen das Wort „Diamant" gebrauchen, können sie auch nicht gegen die anderen ankämpfen." In gleicher Weise äußern sich weitere Zuschriften an uns aus Köln, Breslau, Dresden und Leipzig, wenigstens soweit das Verbot des Anpreisens von Bera-Diamanten in Frage kommt. Es sollen nur „BeraSteine" im Handel gestattet sein. Simili-Diamant ist weniger gefährlich, denn da liegt doch gleich im Namen, daß es sich um Imitation handelt, während man bei Bera-Diamanten an echte denken kann, wenn man von der Sache nichts versteht. Auf jeden Fall muß der Kampf fortgesetzt werden, denn die schädigenden Konkurrenzmanöver vermehren sich alle Tage. So werden von der „Tuchausstellung Augsburg" (Wimpfheimer & Co.) in einem Zirkular

moderne Damenarmbänder mit Anhänger und HerrenGarnituren umsonst

angeboten. Jedem, der sich nur die Muster-Kollektion kommen läßt, wird zum Andenken an die Firma" ein solches Schmuckstück beigefügt. Muster franko! Katalog gratis! Armband gratis! Manschettenknöpfe, Brust- und Kragenknöpfe gratis! Alles bestes Doublé, fein ziseliert, elegant und haltbar! Wir leben doch in einem glückseligen Jahrhundert! Wer es nicht glaubt, zahlt einen Taler! Wir hatten in Nr. 41 der „Goldschmiede-Zeitung“ darauf hingewiesen, daß die Firma E. Knauer in Boppard in ihren Inseraten in versteckter Weise

zum Hausieren öffentlich auffordere,

worauf uns vom Inhaber der Firma mitgeteilt wird, daß er die fraglichen Inserate eingestellt, auch die Gratisgeschenke an das Publikum aufgehoben habe. Wir freuen uns darüber und wünschten nur, daß sich allgemein die Überzeugung Bahn bräche, daß diese Gratislockvögel zur Gesellschaft der Wiedehopfe gehören. Nicht gerade vertrauenerweckend ist ein Urteil, welches über den

Warennachschub bei Ausverkäufen

von der Strafkammer des Landgerichts Mainz gefällt worden ist Das Erkenntnis gegen eine dortige Firma, welche wegen Nachschubs auf unlauteren Wettbewerb verklagt worden war, lautete auf Freisprechung, weil bei einem Warenlager von 150000 Mk. Nachschiebungen neuer Waren in Höhe von 11000 Mk. nicht als übermäßig zu betrachten seien. Auf diese Weise kann sich aber der Ausverkauf lange hinziehen. Die gänzliche Aufhebung dieser Nachschübe ist eine noch unerfüllte Forderung aller Gewerbetreibenden, an der auch die Goldschmiede ein hohes Interesse haben. Ein Preisausschreiben über

die Erweiterung der Gold- und Silberwarenfabrikation in Hanau

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hat die,,Hanauer Zeitung" veranstaltet. Die Preise werden den besten Arbeiten über die Frage: Welche Errichtungen wären in Hanau ratsam, um jungen Kaufleuten, Goldschmieden und Silberarbeitern, denen keine größeren Kapitalien zur Verfügung stehen, die Möglichkeit zu gewähren, sich zum Zwecke der Herstellung hierorts noch nicht fabrizierter Spezialitäten selbständig zu machen?" zuerteilt. Die Arbeiten sind bis 10. Januar 1905 einzureichen. Wir glauben jedoch kaum, daß dabei etwas Ersprießliches herauskommen wird. Weit wichtiger erscheint uns das Vorgehen der Handelskammer zu Hanau in Sachen des Gesetzentwurfes einer

neuen

Maß- und Gewichtsordnung

hinsichtlich deren für eine Befreiung der Edelsteinwagen vom Eichzwang und Gleichstellung mit den Analysenwagen eingetreten wird, da die Edelsteinwagen von großer Empfindlichkeit sind und durch jede Stempelung ungenau werden können. Sie müßten nach jedem Eichen in eine Fabrik zum Zwecke der Justierung geschickt werden. Die Handelskammer spricht sich ferner für die Duldung des Karatgewichts im Interesse des deutschen Edelsteinhandels aus, da im ganzen internationalen Handel mit Edelsteinen beim Wiegen der Juwelen das Karatgewicht angewendet werde. Der deutsche Händler,

der in England kaufe, in Frankreich verkaufe, müsse mit beiden Geschäftsfreunden seine Preise nach Karatgewichten vereinbaren, und es würde für ihn sehr lästig sein, den Preis desselben Steins für den inneren deutschen Verkehr etwa nach Gramm oder Milligramm umzurechnen. Obwohl die Ausstellung in St. Louis ihre Pforten noch nicht geschlossen hat, bereitet man schon wieder eine Weltausstellung in Lüttich 1905

vor. Sie soll am 1. Mai eröffnet werden und sechs Monate dauern. Das Protektorat wird der König von Belgien übernehmen. Im deutschen Komitee finden wir den Geh. Kommerzienrat Herz, Präsidenten der Handelskammer zu Berlin, Geh. Regierungsrat Prof.

Dr. Paasche, Reichstagsabgeordneten, sowie zahlreiche andere Großkaufleute und Konsulen. Anfragen sind an Herrn Ingenieur P. F. Dujardin in Düsseldorf zu richten. Auf der Weltausstellung in St. Louis ist, wie wir schon kurz hervorhoben, unserem Verlag die bronzene Medaille zuerteilt worden. Wir haben uns dieser Auszeichnung gefreut, weil sie uns ein Beweis ist, daß die internationale Preisjury die Bestrebungen unserer Fachzeitschriften und Fachliteratur zu würdigen gewußt hat. Für die zahlreichen Glückwünsche, die uns aus diesem Anlaß zugegangen sind, können wir nur auf diesem Wege unseren besten Dank sagen!

Goldschmiede und Uhrmacher bei gemeinsamer Arbeit.

Die Konferenz vom 23. Oktober.

Wie anders wirkt das Zeichen auf mich ein! So konnten wir mit Faust ausrufen, als wir gestern einer Einladung des Zentralverbandes Deutscher Uhrmacher folgend, im Sachsenhof in Leipzig an einer gemeinsamen sozialen Arbeit der Goldschmiede und Uhrmacher teilnahmen. Erschienen waren vom „Zentralverband" die Herren Freygang, Horrmann, Allgeier und Cordes, vom „Bund" die Herren Marfels und Schultz, von der Deutschen UhrmacherVereinigung Herr Hahn, vom Uhrengrossistenverband Herr Popitz, vom deutschen Goldschmiedeverband Herr Wilh. Fischer, vom Journal der Goldschmiedekunst die Herren Hentze und Webel, von der Deutschen Goldschmiede-Zeitung unser volkswirtschaftlicher Redakteur Herr Hermann Pilz sowie Herr Wilhelm Diebener. Es war ein tröstliches Bild, das die Versammlung entrollte. Scheint nun doch endlich die Brücke geschlagen zu werden, auf der sich Uhrmacher und Goldschmiede begegnen, die Brücke, deren Bau bekanntlich die „Deutsche Goldschmiede-Zeitung“ schon mehr als einmal dringend gefordert hat. Nachdem die Regierungen, alle Einwürfe unbeachtet lassend, bereits Goldschmiede und Uhrmacher in einer Zwangsinnung vereinigt hatte, war es auch ein Unding, daß sich dieselben noch länger wie feindliche gewerbliche Brüder befehdeten. Gemeinsame Interessen werden fortan auch gemeinsam behandelt werden. Dabei soll dem Goldschmied werden, was des Goldschmieds, dem Uhrmacher, was des Uhrmachers ist. Keineswegs soll etwa die Grenze zwischen den Interessen beider Gewerbsstände verrückt oder aufgehoben werden.

Die Versammlung wurde von Herrn Uhrmacher Robert Freygang eröffnet, der die Erschienenen herzlich begrüßte und seiner Freude Ausdruck gab, daß auf eine Anregung des Herrn Fischer hin endlich einmal eine gemeinsame Aussprache und Beratung stattfinde. Es wurde hierauf folgende Tagesordnung bekanntgegeben: 1. Wie ist dem Hausieren mit Uhren und Goldwaren Einhalt zu tun?

2. Wie sind die Schädigungen durch das Leihhauswesen gemeinschaftlich zu bekämpfen?

3. Stellungnahme zu Goldarbeitern, die sich zu Unrecht Uhrmacher, und zu Uhrmachern, die sich zu Unrecht Goldschmiede nennen.

4. Das Taxieren von Uhren seitens der Goldarbeiter und von Schmucksachen seitens der Uhrmacher.

5. Rechnen sich Goldarbeiter und Uhrmacher zu den Gewerbtreibenden im allgemeinen oder zu den Handwerkern? Zu Punkt 1 nahm zunächst Herr Fischer-Berlin das Wort, welcher seiner Freude Ausdruck gab, daß Uhrmacher und Goldschmiede jetzt gemeinschaftliche Interessen auch gemeinschaftlich verfolgen wollten. Was die Hausiererfrage anlangte, so teilte er ein Schreiben mit, welches der Verband Deutscher Juweliere, Goldund Silberschmiede an alle in Frage kommenden Polizeibehörden erlassen hat, und in welchem darauf hingewiesen wird, daß den Beamten, welche solche Hausierer dingfest machen, eine sogenannte ,,Hausiererprämie" von 5 Mark gewährt wird. Es empfehle sich, gemeinsam eine solche Eingabe zu wiederholen und darauf hinzuwirken, daß in den Wachtstuben eine diesbezügliche Bekanntmachung seitens der Polizeibehörden angebracht werde. Bisher habe es der Goldschmiedeverband abgelehnt, die Prämie zu zahlen, wenn ein Hausierer mit Uhren gehandelt hatte, wie es die Ver

bände der Uhrenbranche andererseits abgelehnt hätten, zu prämiieren, wenn es sich um Gold- und Silberwaren drehte. Künftig müsse gemeinsam gehandelt werden. In der folgenden Debatte weist Herr Popitz darauf hin, daß der Kampf auch auf die Reisenden auszudehnen sei, welche nebenbei mit Uhren und Goldwaren hausierten. Herr Cordes betont, daß es sich in den meisten Fällen um ein Hausieren mit Goldwaren und Uhren handle und schon deshalb ein einheitliches Vorgehen erwünscht sei. Herr Syndikus Herm. Pilz weist darauf hin, daß jetzt in den Blättern ein Kampf gegen die „Hausiererprämie" entbrannt sei. In vielen Fällen sei es außerordentlich schwierig, der Hausierer habhaft zu werden. Die „Deutsche Goldschmiede-Zeitung" habe sich deshalb in einem besonders gravierenden Falle in Württemberg an das Ministerium des Innern gewandt und vorgeschlagen, daß dasselbe alle Behörden anweise, die betreffende Hausiererfamilie im Betretungsfalle anzuhalten. Man habe Entgegenkommen gefunden, und es empfehle sich, in analogen Fällen in gleicher Weise vorzugehen. Herr Webel schlägt vor, die Bekanntmachung auch in den Gemeindebeamten-Blättern zu publizieren. Herr Hahn wendet sich dagegen, daß aus der Hausiererprämie ein Geschäft gemacht werde. Die Beamten wendeten sich an alle zur Verfügung stehenden Stellen und erhielten so oft 15-20 Mark Gesamtprämie. Das müsse abgestellt werden. Herr Wilhelm Diebener schlägt die Bildung einer Zentralkasse vor, was auch von Herrn Fischer und Herrn Schultz, desgleichen von Herrn Marfels gutgeheißen wird. Der letztere erklärt noch, daß die Hetze gegen die Hausiererprämie von einer einzigen Berliner Firma ausgehe, welche die Artikel in die Presse lanciert habe. Herr Popitz führt weiter aus, wie sich die Zentralisierung auch hinsichtlich der Kostenfrage gestalten lasse. Herr Fischer befürwortet einen Vorschlag des Herrn Diebener, der die Uhrmacher in den Verbänden auf etwa 16 000, die Goldschmiede auf 5000 schätzt, so daß die Verbände der Uhrenbranche zwei Drittel, der Goldschmiedeverband ein Drittel aufzubringen hätte. Herr Syndikus Herm. Pilz meint, daß in den Bekanntmachungen darauf hinzuweisen sei, daß die Beamten sich an einen der Verbände mit ihrem Prämiengesuch zu wenden hätten, der nun das Gesuch an die Zentrale weitergebe. Das unterstützt auch Herr Marfels. Es wird schließlich nachstehende, von Herrn Syndikus Pilz vorgeschlagene Resolution einstimmig angenommen:

,,Die anwesenden Verbände bezw. Vereinigungen beschließen, fortan die sog. „,Hausiererprämien" nur noch gemeinschaftlich zu zahlen. Es wird zu diesem Zwecke eine gemeinsame Zahlstelle begründet, und diese vom Verband der deutschen Juweliere, Gold- und Silberschmiede in Berlin. zur Verwaltung übernommen. Alle bei den einzelnen Verbänden bzw. Vereinigungen eingehenden Gesuche auf Zahlung der Hausiererprämie werden der gemeinsamen Zahlstelle übermittelt und von dieser erledigt. Zur Bildung eines diesbezüglichen Fonds trägt jeder der vier Fachverbände der Uhrenbranche je 100 Mk., der Verband der deutschen Juweliere, Gold- und Silberschmiede 200 Mk. bei."

Zu Punkt 2 referierte Herr Popitz über die Schritte, welche von den Verbänden der Uhrenbranche bereits getan worden seien, und fordert auf, daß sich die Goldschmiede dem anschließen

möchten. Die von Herrn Dr. Rocke ausgearbeitete Denkschrift sei in Kürze zu erwarten. Herr Fischer erklärte namens des Goldschmiedeverbandes den Anschluß an die von den Verbänden der Uhrenbranche bereits eingeleitete Propaganda.

Zu Punkt 3 nahm zunächst Herr Freygang das Wort, der eingehend die Schäden schilderte, welche daraus erwachsen, daß sich Goldarbeiter Uhrmacher und Uhrmacher Goldarbeiter ohne Recht nennen. Herr Fischer ergänzt diese Ausführungen und ist auch der Meinung, daß endlich hier Wandel geschaffen werden müsse. Nur der dürfe sich Uhrmacher oder Goldschmied nennen, der in diesem Gewerbe eine ordnungsmäßige Lehre durchgemacht habe. Von den Herren Popitz, Schultz, Marfels, Cordes, Hahn, Diebener wird entgegnet, daß man damit vor Gericht nicht durchkomme, da bei der herrschenden Gewerbefreiheit sich jeder Goldschmied oder Uhrmacher nennen könne, wenn er nur Arbeiten dieser Branche ausführe, bzw. ausführen lasse. Herr Syndikus Hermann Pilz verbreitet sich hierauf über die in Betracht kommende Rechtsfrage. Die Judikatur gehe dahin, daß nur der sich Goldschmied oder Uhrmacher nennen dürfe, der auch wirklich imstande sei, Arbeiten der Goldschmiede oder Uhrmacherkunst auszuführen. Sei er das nicht imstande, so liege in der Bezeichnung ein unlauterer Wettbewerb. Er schlägt folgende Resolution vor:

,,Die anwesenden Verbände und Vereinigungen erklären es im Interesse des Gedeihens der beiderseitigen verwandten Gewerbe für wünschenswert, daß Uhrmacher sich nicht Goldarbeiter, Goldarbeiter sich nicht Uhrmacher nennen, wenn sie sich nicht die zur Ausführang der betreffenden gewerblichen Arbeiten erforderlichen gründlichen Kenntnisse angeeignet haben."

Auch diese Resolution, die den Mitgliedern der Verbände bekannt gegeben werden soll, wird einstimmig angenommen.

Zu Punkt 4 gibt Herr Freygang einen Einblick in die Schädigungen, welche daraus entstehen, daß Goldarbeiter Uhren und umgekehrt Uhrmacher Schmuckstücke taxieren. Herr Syndikus

Hermann Pilz weist darauf hin, daß leider auch von seiten der Gerichte in dieser Beziehung ein grober Unfug getrieben werde, indem man zur Taxation von Juwelen und Gold- und Silbersachen ohne weiteres Uhrmacher, bei Uhren aber Goldarbeiter heranziehe. Ihm sei ein Fall bekannt geworden, wo man zur Abschätzung von Goldschmiedearbeiten sogar einen Grobschmied berufen habe. Er empfehle, in einer Eingabe an die Landgerichtspräsidenten um Abhilfe zu ersuchen. Die Mißstände werden im weiteren noch von den Herren Fischer, Horrmann, Hahn usw. beleuchtet, und schließlich wird eine von Herrn Syndikus Pilz vorgeschlagene, von Herrn Wilhelm Fischer modifizierte Resolution einstimmig gutgeheißen:

,,Die anwesenden Verbände bzw. Vereinigungen halten es für wünschenswert, daß Uhrmacher und Goldarbeiter im Geschäftsbetriebe neue Sachen überhaupt nicht taxieren, als Sachverständige vor Gericht aber nur solche Gegenstände abschätzen, welche in ihr spezielles Gewerbe fallen."

Zu Punkt 4 erfolgte, nachdem Herr Popitz in anregenden Worten für den Ehrentitel Goldschmied eingetreten war und sich dahin geäußert hatte, daß der Goldschmied und der Uhrmacher Kunsthandwerker seien, nur noch eine allgemeine Aussprache. Herr Freygang plädierte für die Betonung des Handwerkerstandes, Herr Fischer für den Namen,,Goldschmiedemeister" bzw.,,Uhrmachermeister," Herr Hahn für das Wort ,,Uhrmacherkunst" usw. Herr Syndikus Hermann Pilz betonte, daß es vor dem Gesetz gleich sei, welchen Namen man sich beilege. Die Gerichts- und Verwaltungsbehörden würden auf den Namen allein bei der Beurteilung der Frage, als was die betreffende gewerbliche Tätigkeit anzusehen sei, kein Gewicht legen. Man beschloß die Frage zunächst, nachdem sie einmal angeregt sei, innerhalb der Verbände bzw. Vereinigungen weiter zu diskutieren.

Mit dem Wunsche, daß solche Versammlungen öfter (Herr Fischer schlug vor, ein- oder später auch zweimal im Jahre) stattfinden möchten, schloß Herr Freygang die Versammlung, an die sich ein gemeinschaftliches Mittagsmahl anreihte.

Die Bedeutung Eduard Foehrs für die Entwicklung der Goldschmiedekunst in Süddeutschland.

Über die Wirksamkeit des kürzlich verstorbenen Herrn Eduard Foehr in Stuttgart enthält der „Schwäbische Merkur" folgendes treffliche Charakterbild:

„Der Name und die Person Eduard Foehrs ist mit der eigenartigen Entwicklung der Juwelierkunst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts und mit der Entwicklung des württembergischen Kunstgewerbes im besonderen so eng verknüpft, daß es sich wohl lohnt, heute, wo es dem Wirken Foehrs gerecht zu werden gilt, etwas näher darauf einzugehen. Einer der ersten, die nach der Zeit des Niedergangs alter künstlerischer Ideale in den Jahren nach den napoleonischen Kriegen sich wieder zu bewußter Tatkraft aufrafften, neuen Schwung in das deutsche Gewerbeleben zu bringen, war der Großvater und Gründer des Hauses, Ludwig Foehr. Er erneute das Bewußtsein in der Goldschmiedekunst, daß nicht leere Nachahmung, nicht einfaches Arbeiten nach Schablonen eine gute Entwicklung verbürge, sondern Schaffung eigener künstlerischer Entwürfe, Ausstattung der Schöpfungen je nach ihrer Bestimmung, entweder durch Miniaturmalerei oder Emaillierung oder durch Edelsteine aller Art, kurz, feiner künstlerischer Geschmack und unermüdliches Streben nach Harmonie und höchster Vollkommenheit. Langsam und glücklich entwickelte sich der Foehrsche Betrieb; 1830 übernahm Eduard Foehr, der Vater des eben Verstorbenen, das Geschäft, das seit jener Zeit seinen Namen trägt, und führte es in gleich glücklicher Weise weiter, und Ende der 50er Jahre trat der Sohn Eduard Foehr in das Geschäft ein. In den Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins, dessen Ausschuß Kommerzienrat Eduard Foehr seit den Zeiten der Gründung angehört, hat Ernst Schwedeler-Meyer eingehend dargelegt, warum das 19. Jahrhundert in der Entwicklung der Goldschmiedekunst einen weit bedeutsameren Abschnitt gebildet hat, als dies für die übrigen Zweige des Kunstgewerbes der Fall war.

Die

Die gänzlich veränderten Arbeitsbedingungen ließen mehr und mehr die Hindernisse hervortreten, die einer wirklich künstlerischen Wiederholung der alten Vorbilder im Weg standen. Früher hatte der Meister alle Zweige des Handwerks selbst beherrscht, alle die vielen Dekorationsweisen des Edelmetalls, das Niëllieren, das Emaillieren, das Ziselieren, Gravieren, kurz alles, was zur Vollendung eines Prachtgeräts gehört, war ihm wohlbekannt, und so nur konnte etwas entstehen, das wie aus einem Guß war. heutige Teilung der Arbeit erschwert das Zusammengehen aller Kräfte außerordentlich, und die Folge war vielfach, daß der Chef eines solchen Hauses sein ganzes Augenmerk mehr der geschäftlichen Verwertung der Erzeugnisse zuwendete. Bei Foehr traf das Gegenteil zu: er blieb, unbeirrt durch diese ganze Bewegung, dabei, durch harmonisch reizvolle Zusammenstellung originaler Details das Kunstwerk als solches sich dem Liebhaber von selbst empfehlen zu lassen. Und er hatte richtig geahnt. Mit dem Aufschwung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach den 70er Jahren stellte sich ein seine Bemühungen lohnendes ungeahntes Streben nach Luxus ein, das sich in Privataufträgen, aber auch in bestimmten monumentalen Arbeiten, die vom Staat in Auftrag gegeben wurden, äußerte. Dazu kam, wie Schwedeler-Meyer weiter ausführt, daß hierfür von kenntnisreichen Männern, dichterisch angelegten Naturen oder philosophischen Köpfen Programme aufgestellt wurden,,,nur schade, daß diese Männer keine Goldschmiede waren, und noch mehr schade, daß die Goldschmiede jener Zeit sich zu fleißigen Handwerkern oder verständigen Kaufleuten umgewandelt hatten, deren stets auf den Arbeitstisch und auf das Kontorpult gerichteter Blick die Aussicht in die Weite nicht mehr kannte, daß sie nicht neue Gebiete zu erobern und neuen Wünschen nachzukommen verstanden". Zwischen beiden Gegensätzen verstand Foehr die Mitte einzuhalten, und seine Erfolge in den letzten

30 Jahren beweisen, daß sein gleichmäßig aufs Zweckmäßige wie Künstlerische gerichteter Sinn und die intensiv ausgenützten Früchte reicher Erfahrung ihn den richtigen Weg gehen ließen. Daß er auch die gesunde Kraft der modernen Stilbewegung rechtzeitig zu erfassen verstand, weiß jeder, der auch, ohne Einzelheiten seines Betriebes zu kennen, der Anziehungskraft seiner Schaufenster mit Interesse gefolgt ist.

Ein besonderes Verdienst hat sich Eduard Foehr um die Schmuckkunst erworben. Wir wissen alle, wie reichlich diese Kunst in Württemberg überhaupt vertreten ist, wie sie ein Fabrikationszweig wurde, der Tausende von Arbeitern beschäftigt und einen ungeheuren Kundenkreis über die ganze Welt erworben hat. Ihre wirtschaftliche und künstlerische Bedeutung ist unbestritten. Aber doch gebührt dem montierten, in edler Handarbeit und aus edlem Metall hergestellten Schmuck in künstlerischer Hinsicht der erste Rang unter den Bijouterieerzeugnissen. Das ist die Be

deutung Foehrs im besonderen, daß er bei der hinreißenden Neigung zur Industrialisierung zurückhaltend blieb, die echt künstlerische Handarbeit stets hoch hielt, einzig Wert auf ganz tadellos schöne Erzeugnisse von zartester und unaufdringlicher Wirkung legte, die einen durchgebildeten Geschmack zur Würdigung, aber auch einen gewissen luxuriösen Sinn der Abnehmer verlangen. Um knapper zu charakterisieren: nicht die Vervielfältigung von Bijouteriekunstwaren, sondern die Herstellung wertvoller Originalschmuckstücke war sein Prinzip, nicht Maschinen- sondern Individualitätskunst. Daß damit der Bedeutung der Edelmetallindustrie in keiner Weise zu nahe getreten werden soll, versteht sich für jede richtige Beurteilung von selbst. „Ehrliche Herzensarbeit“, mit diesen Worten hat einmal einer der deutschesten Künstler, Hans Thoma, den Kern und Inhalt jeder Kunstübung bezeichnet, und damit ist auch die Lebensarbeit Foehrs am treffendsten gekennzeichnet.

Aus den Debatten des Verbandstages in Halle.

III. Diskussion über Schädigungen durch Leihhäuser.

Den Bericht über die Schädigungen des Goldschmiedegewerbes durch die Vorrechte der Leihhäuser erstattete der zweite Vorsitzende, Menzel-Berlin, der die Leihhausfrage als ein besonderes Schmerzenskind der Goldwarenbranche bezeichnete und dann fortfuhr: „Das Geschäftsgebahren der Leihhäuser bedeutet meist unlauteren Wettbewerb, denn sie betreiben neben dem sogen. Pfandgeschäft ein Geschäft mit versetzten Waren und verkaufen vielfach nicht bloß verfallene Pfänder, sondern eine Menge hinzugekaufter Waren ,,als versetzt gewesene".

Unsere Fachorgane haben sich in den letzten Jahren sehr eingehend mit der Frage beschäftigt. Die Deutsche GoldschmiedeZeitung hat eine Umfrage bei sämtlichen Handwerkskammern veranstaltet, und es wurden verschiedene Mißstände aufgedeckt.

Zunächst muß man sich fragen, unter welchen Gesichtspunkten überhaupt die öffentlichen Leihhäuser gegründet worden sind. Jede Kommune hat es für eine Notwendigkeit erachtet, ein eigenes Leihamt für ihre Gemeindemitglieder zu schaffen, damit diejenigen, die in augenblickliche Not geraten sind, durch Versetzung irgend eines Wertgegenstandes sich Geld verschaffen, den Gegenstand selbst aber später wieder gegen mäßigen Zinsfuß zurückkaufen können. Die städtischen Leihhäuser nehmen nur einen Zins von 1% pro Monat aus dem erhaltenen Kapital, die privaten Leihhäuser 2%.

Nun hat sich aber bei den Leihhausgeschäften in den letzten 15 Jahren ein derartiger Mißstand herausgebildet, daß wir dieser Entwicklung nicht mehr länger zusehen dürfen, sondern Mittel und Wege suchen müssen, um dem Übel zu steuern. In Bayern, in Sachsen und im Rheinlande bestehen sogen. Pfandvermittler (Agenten), die für irgend jemand, der sie aufsucht, die Ware decken und sie versetzen. In Berlin machen es die Dienstmänner, welche auf ihre Legitimation hin Sachen, ev. gestohlene, bei irgend einem Leihamt versetzen oder in den Kneipen, auf der Straße usw. gegen ein Aufgeld verkaufen. Wird dann vielleicht entdeckt, daß die Ware gestohlen ist, so genießt das Leihamt das Privilegium, daß es sie nur herauszugeben braucht, nachdem Kapital und Zins rückvergütet ist, während wir die Ware ohne jegliche Vergütung herausgeben müssen, selbst dann, wenn wir bei der Annahme die größte Vorsicht haben walten lassen. Man wird einfach unter Anklage gestellt und ev. ins Gefängnis gesteckt. Dieses Privilegium sollte den öffentlichen Leihhäusern genommen werden. Da in den meisten Fällen dem Bestohlenen selbst der Vorwurf zu machen ist, so wäre es nicht mehr als recht und billig, daß wenigstens ein Teil des bezahlten Geldes ersetzt wird.

Wir haben weiter die Entdeckung gemacht, daß es Goldschmiede gibt, welche extra für Leihhäuser Waren anfertigen, Waren, die unter Mithilfe eines anderen außergewöhnlich hoch beliehen werden. Der Käufer, der sich in gutem Glauben befindet, die Ware habe einen weit höheren Wert, als sie beliehen ist, ist dann der Geschädigte. In den Raub teilt sich aber das ganze Konsortium, das bei der Sache beteiligt ist. Der Ausspruch eines Berliner Kollegen, der gerichtlich vereidigter Sachverständiger ist, ist charakteristisch: „Die Pfandleiher stehen immer mit einem Fuß im Gefängnis" wegen Hehlerei.

Wenn die Auktionen in den Leihhäusern schon an und für sich eine große Konkurrenz bedeuten, so ist der fortwährende freihändige Verkauf von Uhren und Goldwaren für unsere Branche noch viel mehr schädigend, und speziell vor Weihnachten wird durch auffallende Annoncen darauf aufmerksam gemacht.

Ferner werden in den privaten Leihhäusern große Massen von Waren versetzt. Dieser Krebsschaden betrifft besonders auch die Fabrikanten und Grossisten, weil dadurch dem unreellen Goldschmied, wenn er vor dem Konkurs steht, Gelegenheit gegeben wird, alles, was überhaupt versatzfähig ist, nach dem Leihhaus zu tragen. Es gibt sogar Leihhäuser, die einen furchtbaren Schwindel damit treiben, daß sie die Pfandscheine auf eine höhere Summe ausstellen, als in Wirklichkeit bezahlt wurde. Hier müßte ein Modus gefunden werden, daß solche Waren nicht an die Trödler bzw. an solche Leihamtsgeschäfte verschleudert werden.

Eine praktische Einrichtung besteht, wie ich erfahren habe, in Hamburg Wenn dort in einem Leihhaus ein größerer Posten neuer Waren angeboten wird, und die Sache dem Taxator oder dem Inhaber verdächtig erscheint, so wird die Beleihung abgelehnt, und es werden von seiten des betreffenden Leihhauses sofort die übrigen Leihhäuser verständigt, daß auch sie die Ware nicht annehmen. Es wäre wünschenswert, daß das überall so gehandhabt würde, denn es werden nicht nur die Fabrikanten und Grossisten geschädigt, sondern auch ihre solventen Kunden, die durch das Verschleudern der versetzten bzw. verfallenen Waren eine schwere Konkurrenz erleiden. In Berlin existiert beispielsweise in der Krausenstraße ein Leihhaus, das auf einmal 100 Kartons Uhren und ganze Posten Ketten annimmt, die dann zum Goldwert in einigen Geschäften durch Annoncieren ausgeboten werden. Auch große Posten Brillanten werden mit einemmal beliehen, so daß es dem, der sie versetzt hat, fast zur Unmöglichkeit gemacht ist, die Ware wieder einzulösen. Bei Beleihung kleinerer Posten hätte er Gelegenheit, sich allmählich wieder in den Besitz der versetzten Gegenstände zu bringen. Die Leihhäuser sollen doch dazu dienen, augenblicklich in Not geratenen Menschen zu helfen, nicht aber dazu, durch ihre Nebengeschäfte, die aber in Wirklichkeit das Hauptgeschäft sind, Personen, die sich um ihre Existenz ehrlich mühen, in Not zu bringen. Wir müssen gegen diesen Mißstand mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln Front machen und das Privilegium der öffentlichen Leihhäuser, das ihnen gegenüber den übrigen und gegenüber uns Goldschmieden eingeräumt ist, zu beseitigen suchen.

Unsere Fachzeitungen haben in dankenswerter Weise die Leihhausfrage schon des öftern besprochen; ebenso haben sich die drei großen Uhrmacherverbände eingehend damit beschäftigt und sich bereits im November vorigen Jahres mit einer an den Bundesrat einzureichenden Petition befaßt.

Die Punkte, zu denen sie Stellung genommen haben, und denen wir uns nach meiner Ansicht voll und ganz anschließen können, sind folgende:

1. Soll der Ausnahmezustand der öffentlichen Leihhäuser aufgehoben werden, der ihnen auf Grund des Art. 94 der Einführungsbestimmungen des B. G.-B. das Recht der Verweigerung kostenloser Herausgabe gestohlener Wertsachen zuspricht. Die geplante Petition wünscht „Aufhebung des § 94 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum B. G.-B., der den öffentlichen Pfandleihanstalten vor den privaten den Vorzug einräumt, daß sie verpfändete gestohlene Gegenstände nur gegen Erstattung des gewährten Darlehens herauszugeben brauchen“.

2. Soll den Leihhäusern überhaupt, also auch den öffentlichen, streng untersagt werden, größere Posten neuer Waren zu beleihen, sobald nicht der Nachweis erbracht ist, daß dieselben wirklich Eigentum des Entleihers sind. Im Falle einer Beleihung solcher

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