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Amtliches Organ des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen, des Vereins der
Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs, der Freien Vereinigung des Gold- und Silberwaren-
Gewerbes für Berlin und den Reg.-Bezirk Potsdam, des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Großherzogtums Baden, der Goldschmiede-Werkgenossenschaft Berlin, der Kölner Juwelier-Vereinigung,
der Freien Vereinigung der Juweliere, Gold- und Silberschmiede des Reg.-Bezirks Stettin, der Goldschmiede-
Innung Schwerin, der Freien Vereinigung der Gold- und Silberschmiede zu Görlitz, des Kreditoren-Vereins
für die Gold, Silberwaren- und Uhren-Industrie Pforzheim, der Kunstgewerbe-Vereine Hanau und Pforzheim,
S des Gewerbemuseums Gmünd, der Zentralstelle Schmuck und Mode

Begründet und berausgegeben von Wilhelm Diebener, Leipzig 21, Schützenstr. 15

Verantwortliche Redakteure: Sür den kunstgewerblichen Teil: R. Rücklin, Pforzheim
Syndikus Herm. Pilz, Leipzig

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Für den volkswirtschaftlichen Teil:

Leipzig, 1. Juli 1904

Unser Fragebogen zur Schaffung einer Arbeitgeber - Statistik über die Arbeitsverhältnisse im Goldschmiedegewerbe!

Die Statistik ist eine große Lehrmeisterin... Zahlen beweisen... Freilich muß man auch Zahlen zu lesen verstehen. Wie mancher wendet sich schnell ab von Tabellen, in denen sich Ziffer an Ziffer reiht, ohne zu ahnen, welche Weisheit aus diesem Zahlenheer zu ihm sprechen kann. Die Reichsund Landesbehörden wissen, was sie der Statistik verdanken, die heute in allen Kulturstaaten mehr oder weniger gepflegt wird. Es ist kein Gesetz auf sozialem Gebiete seit Jahrzehnten entstanden, ohne daß nicht vorher sorgfältige statistische Erhebungen die Grundlage geschaffen hätten, auf welcher es aufgebaut werden konnte. Eigene statistische Ämter des Reiches, der Bundesstaaten und der großen Städte, veranstalten statistische Erhebungen, um Klarheit über die wirtschaftliche und gesundheitliche Lage der Bevölkerung zu schaffen. In den sozialen Kämpfen der Gegenwart spielen die statistischen Ergebnisse hüben und drüben eine wirksame Waffe. Die Erhebungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes geben uns ein interessantes Gesamtsild von dem wirtschaftlichen Zustande Deutschlands wie des Auslandes. Aber diese großzügigen Aufstellungen können nicht in die Einzelheiten jedes Berufslebens eindringen. Da muß ihnen die Statistik zu Hilfe kommen, welche von den beteiligten Kreisen selbst im Wege von Privatenquêten geschaffen wird. Bei diesen Erhebungen kann in die Details gegangen werden. Bei ihnen können Fragen gestellt werden, die für den einzelnen Beruf speziell von Interesse sind. Solche Enquêten haben wiederholt stattgefunden und sind von seiten der Regierung, erst letzthin wieder diejenige über die Lage der Privatbeamten in Deutschland, gern zur weiteren Bearbeitung entgegengenommen worden.

Wer die Lage einer Berufsklasse bessern will, muß sich bei seinen Ausführungen auf Zahlenmaterial stützen können, sonst sind seine Ausführungen und Schlußfolgerungen haltlos, ein schwankes Rohr im Winde.

Wir hatten nun schon vor längerer Zeit den Plan gefaßt, eine Statistik über die Arbeitsverhältnisse im Deutschen Goldschmiedegewerbe zu schaffen. Erhebungen über die Lage der Gehilfen sind im Goldschmiedegewerbe bislang nicht gemacht worden, obwohl sie, wie gesagt, da, wo es sich um die Entscheidung wirtschaftlicher Fragen, um die Lösung sozialer Aufgaben handelt, von größter Bedeutung sind. In anderen Gewerben, z. B. der Textil- und Eisenbranche, dem Gartenbau usw. sind derartige Untersuchungen bereits mit Erfolg angestellt worden und haben viel zur

Klärung der Verhältnisse auf jenen Arbeitsgebieten beigetragen. Unsere Idee wurde von verschiedenen Seiten sympathisch begrüßt und uns Unterstützung zugesagt. Wir befanden uns jedoch noch im Stadium der Vorarbeiten, als uns ein Blatt auf den Redaktionstisch flog, das uns bewog, die Angelegenheit schneller zum Ende zu bringen.

Der Deutsche Metallarbeiter-Verband hat nämlich an die Deutschen Gold- und Silberarbeiter und ihre verwandten Berufsgenossen, Kollegen und Kolleginnen, ein Zirkular erlassen, in welchem dieselben gebeten werden, zwei beigefügte Fragebogen auszufüllen und an einen gewissen Otto Hartstein zurückzusenden. Eine Unterschrift ist nicht gewünscht, um die Existenz dessen, der den Fragebogen ausgefüllt hat, nicht zu gefährden".

Die Fragebogen beschäftigen sich ebenfalls mit der von uns geplanten Untersuchung über die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Gold- und Silberschmiede Deutschlands. Vor uns liegt ein Werkstattsfragebogen“ und ein Persönlicher Fragebogen".

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Der erstere fragt nach: 1. dem Namen des Geschäfts; 2. der Branche desselben; 3. der Betriebsabteilung, wo mehrere Abteilungen vorhanden sind; 4. Zahl der Arbeiter; 5. Anzahl der Berufe und Arbeiter jedes einzelnen Berufes, welche in der Werkstatt (Betriebsabteilung) vertreten sind; 6. der Größe des Arbeitsraumes; 7. der Lüftung desselben; 8. der Lohnzahlungsperiode; 9. der etwaigen Stellung von Kautionen; 10. den Lichtverhältnissen; 11. der Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter; 12. den vorhandenen Schutzvorrichtungen; 13. dem ständigen Gebrauch derselben; 14. den gesundheitlichen Einrichtungen (Waschgelegenheit, Aborte, Reinigung der Arbeitsräume usw.); 15. dem Vorhandensein eines Umkleideraumes für Arbeiterinnen; 16. einem etwa bestehenden Strafsystem; 17. der Art desselben; 18. der Verwendung der Strafgelder; 19. dem Einfluß der Arbeiter auf dieselben und 20. sonstigen etwa vorhandenen Mißständen.

Der persönliche Fragebogen soll über die Beschäftigung, Alter, Geschlecht, Arbeitszeit, Überstunden und deren Entlohnung, Aussetzen wegen schlechten Geschäftsganges, Art des Lohnes (Stücklohn, Stundenlohn) und Höhe desselben, Jahresverdienst, Stellung von Werkzeug und Aufwendungen dafür, etwaige Nebeneinnahmen durch Heimarbeit und deren Höhe, über die Angehörigen, Kinder usw. und die Versorgungspflicht diesen gegenüber, Verdienst der Ehefrau,

Wohnungsmiete, sowie über die Zugehörigkeit zu einer gewerkschaftlichen Organisation orientieren. Bei der Willfähigkeit, die in Arbeiterkreisen herrscht, wenn es gilt, einer Ordre gewerkschaftlicher Generalstäbe nachzukommen, ist gar nicht zu bezweifeln, daß ein großer Teil dieser Fragebogen ausgefüllt werden wird.

Aber diese Statistik der Arbeitnehmer wird mit größter Vorsicht aufzunehmen sein. Wer die Praxis der Gewerbegerichte von Jahr zu Jahr verfolgt hat, der wird wissen, wie leichtfertig von Seiten der Arbeitnehmer oft Beschuldigungen gegen Arbeitgeber erhoben werden, die später in Nichts zerfließen. Es liegt also auch die Gefahr außerordentlich nahe, daß jene Arbeitnehmer-Statistik tendenziös entstellt sein wird, so daß ihr der wissenschaftliche Wert abgeht. Wo Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen, da wird der Letztere im Fragebogen seinem Arbeitgeber ein schlechtes ,,Zeugnis" ausstellen und die Verwertung dieser Fragebogen wird dann zu schiefen Urteilen führen. Aber die Statistik wird auch unvollständig bleiben, denn die Gehilfen, welche nichts von der gewerkschaftlichen Organisation wissen wollen, und ihrer sind im Goldschmiedegewerbe sehr viele, werden sich an der Ausfüllung der Fragebogen kaum beteiligen.

Trotzdem wird diese verdächtige, lückenhafte Statistik zu Agitationszwecken verwendet werden. Das hat uns von neuem den Impuls gegeben,

der Arbeitnehmer-Statistik eine ArbeitgeberStatistik gegenüberzustellen!

Dieser Nummer der ,,Deutschen Goldschmiede-Zeitung" liegt ein Fragebogen bei, der uns das Material geben soll zu einer umfassenden objektiven Darstellung der Arbeitsverhältnisse im deutschen Goldschmiedegewerbe!

Durch die Beantwortung der Fragebogen soll das bereits vorhandene Material vervollständigt und berichtigt werden. Sobald die Arbeitnehmer auf Grund ihrer Statistik agitatorisch hervortreten, gilt es, ihren Darlegungen auf Grund

unserer Arbeitgeberstatistik, soweit Differenzen zu Tage treten, die Spitze zu bieten.

Deutsche Goldschmiede!

Wir bitten nicht in unserem, sondern in Eurem Interesse um die recht baldige und vollständige Ausfüllung des beiliegenden Fragebogens! Kosten erwachsen daraus in keiner Weise! Wenn sie auch nicht geringfügig sind, so werden wir sie doch selbst im Interesse der deutschen Goldschmiedekunst tragen.

Die Fragen, die wir stellen, sind nicht so zahlreich, wie jene der Arbeitnehmer, aber die Arbeitgeber haben mit ihrer Statistik auch keine agitatorischen Zwecke zu verfolgen. Sie sollen nur gegebenen Falles auch mit ihren Erhebungen der Regierung vor die Augen treten können, wenn man dieser eine Statistik unterbreiten sollte, die Bedenken erregen muß. Wir fragen nach dem Namen und Alter des Gehilfen seiner genossenen Vorbildung, seiner Lehrzeit, Gehilfenprüfung, seiner Arbeits-Spezialität, seiner Arbeitsvergütung, Arbeitszeit, etwaigen Überstunden und deren Entlohnung, der Naturalverpflegung im Hause des Meisters, der Zahl der Gehilfen im Geschäft, ferner danach, ob der Arbeitnehmer verheiratet oder ledig ist, wieviel er Kinder zu versorgen hat und ob die Frau eigenen Verdienst hat. Das sind die Fragen, welche nach unserem Dafürhalten ausreichen, um einen Überblick über die soziale Lage unsrer Arbeitnehmer zu geben. Deutsche Goldschmiede, traget dazu bei, eine solche Arbeitgeber-Statistik zu schaffen!

Sie wird im gegebenen Falle ein wertvolles Material bilden. Die Arbeitgeber dürfen nicht hinter den Arbeitnehmern zurükstehen. Scheue Niemand die kleine Mühe für einen großen Zweck! Daß alle an uns gelangenden Mitteilungen selbstverständlich nur in diskretester Weise behandelt werden, versteht sich von selbst. Wir hoffen bald im Besitz der ausgefüllten Fragebogen zu sein, um dann die statistische Aufstellung vornehmen zu können. Wer uns seine Unterstützung versagt, versagt sie der deutschen Goldschmiedekunst.

Ist die Schaffung einer deutschen Mode möglich?

IV. Was kann geschehen, um die Entstehung einer deutschen Mode zu fördern?

Wir sind weit entfernt davon, mit den kurzen nachstehenden Ausführungen irgendwelche maßgebende Vorschläge machen zu wollen. Wir sind überzeugt, daß wir überhaupt in der vorliegenden Denkschrift nichts weiter gegeben haben, als die allererste Anregung zur Einleitung und zum Beginn einer großen umfassenden Arbeit, welche nur geleistet werden kann, wenn sich alle Beteiligten einträchtlich zusammenfinden. Aber wir wollen doch wenigstens aussprechen, daß es notwendig ist, besondere und sachkundige Arbeit vorzunehmen, um einem Ziele, wie dem eben skizzierten, näher zu kommen.

Es ist fraglos, daß die Pariser Interessenten, nachdem der Glanz des zweiten Kaiserreichs und die Schönheit der Kaiserin Eugenie verblichen ist, zielbewußt auf Erhaltung ihres gewaltigen Modemarktes hingearbeitet haben und hinarbeiten. Es wird eines besonderen Studiums an Ort und Stelle bedürfen, um die Menge der Maßregeln und Veranstaltungen kennen und würdigen zu lernen, welche alle auf diesen Endzweck hinauslaufen. Es sind oben schon einige dieser Veranstaltungen angeführt, und es wäre leicht, sie um einige weitere zu vermehren. Wir sind im allgemeinen keine Freunde der Weltausstellungen, aber es ist zweifellos, daß, wie ihre Vorgängerin, so auch die Weltausstellung des Jahres 1900 Paris in dieser Beziehung außerordentlich günstig gewesen ist. Noch immer ist Paris auch der Sitz ungezählter internationalen Vereinigungen und Kongresse; wir haben auf diesem Gebiete noch vielerlei nachzuholen.

Das erste, was wir anstreben müssen, ist eine weitgehende Aufklärung des Publikums, Aufklärung darüber, was wirklich Pariser Originalmode ist, oder was englischen und deutschen Ursprungs ist, aber nur unter französischer Flagge segelt. Es ist ja kein Wunder, daß unser Publikum in dieser Beziehung immer noch nach dem Auslande schielt, nachdem uns das Ausland durch lange Jahrzehnte hindurch tatsächlich Vorbild und Muster hat sein müssen. Allein es ist Zeit, daß dergleichen ein Ende findet: der Kaufmann glaubt immer noch, seinen Kunden einen Gefallen zu tun, wenn er einen Stoff oder Gegenstand als englisch oder französisch bezeichnet. Nationale Bewegungen, insbesondere auf geistigem Gebiete, sind zahlreich bei uns; es kann nicht gar so schwer halten, sie auch auf wirtschaftlichem Gebiete hervorzurufen, und der Kaufmann ist der erste, welcher in eine solche Bewegung eintreten muß; ihm zur Seite trete der Industrielle, der Fabrikant. Es gibt nur wenige Zweige des Gewerbefleißes überhaupt, die von einer solchen Bewegung nicht mittelbar oder unmittelbar Nutzen haben können. Möge man zunächst einmal wagen, deutsch zu sein und deutsch zu heißen.

Unser Geschmack ist nicht mehr minderwertiger als der unserer westlichen Nachbarn. Es ist auch nicht wahr, daß alle neuen Gedanken und Formen auf diesem Gebiete in Paris ihren Ursprung haben. Gerade aus Deutschland empfängt neben dem sonstigen Ideenreichtum die Welt zahlreiche Anregungen auf dem Gebiete des guten Geschmacks. Man fasse sich ein Herz und trete selb

ständig auf. In Berlin besteht ein Riesenmarkt der Konfektion, ein Riesengeschäft in Wäsche, in Schmuckwaren, in Lampen, in Bronzen, kleinen Metallartikeln, in Papierausstattungen und in ungezählten anderen Dingen, die dem Gebiete der Mode unterworfen sind. Man versuche dahin zu wirken, daß alle diese Industriezweige die Nützlichkeit des hier entwickelten Grundgedankens erkennen und wenn nicht ihre Produktion, so doch die Darstellung derselben bei ihren Abnehmern in der angedeuteten Richtung ausgestalten. Erfolg wird nicht ausbleiben. Wie dieser Gedankengang freilich in die Wirklichkeit umgesetzt werden soll, dafür wird erst die weitere Arbeit praktische Vorschläge an das Licht bringen dürfen.

Sodann pflege man sorgfältig die Beziehungen, welche den Fremdenverkehr fördern und heranziehen könnten. Auch auf diesem Gebiete tut Berlin bisher wenig oder garnichts. Wie vieles könnte hier geschehen und veranstaltet werden, ohne daß man deshalb zu so ausgefallenen Dingen greifen müßte, wie es die Pariser Schneiderateliers tun, indem sie beispielsweise den Wettmarsch der Midinettes in Szene setzen.

Berlin besitzt bereits Anziehungspunkte, welche offenbar keine andere Hauptstadt der Welt aufzuweisen hat. Man erinnere sich nur an den Umstand, daß in unserer technischen Hochschule für die deutschen Studierenden besondere Sitzreihen reserviert werden mußten, und daß das Honorar für die Ausländer erhöht werden mußte, damit nur unsere Landeskinder nicht ganz verdrängt wurden. Die Fremdenkolonie unserer Hauptstadt weist eine stets wachsende Ziffer auf. Wer lernen will, kommt nach Berlin. Aber es kommen

auch eine Menge Leute nach Berlin, welche sich nicht nur wissenschaftlich weiterbilden wollen, sondern welche das interessante politische Zentrum, das Deutschland und Berlin darstellt, studieren und kennen lernen mögen, Staatsmänner, Großkaufleute, Industrielle, Schiffsrheder, Diplomaten, Konsuln aus der ganzen Welt; das sind zweifellos schon gute Ansätze, und wenn das Berliner Gewerbe es versteht, sie zweckentsprechend und weise auszubauen, so wird die Wirkung nicht zweifelhaft sein.

Halten wir fest: die großen wirtschaftlichen Vorbedingungen für Etablierung einer deutschen Mode sind gegeben; sie sind zu finden einmal in dem Vorhandensein eines riesigen inneren Marktes für Modeartikel, dann aber in dem Entwicklungsstande, welchen vaterländische Industrie und Handel erreicht haben, ein Stand, der sie über die meisten Konkurrenzländer, insbesondere über die bisherige Herrscherin im Reiche der Mode, Frankreich, erhöht und hinaushebt. Hat nicht unser Kaiser zu wiederholten Malen sich dahin geäußert, unser Publikum möge für sein öffentliches Auftreten, z. B. in den Theatern, mehr äußeren Glanz, Eleganz der Toilette, guten Geschmack in der Repräsentation, Schick in der Auffassung, also in der Mode entwickeln? Hat er nicht den Versuch unternommen, der Hauptstadt durch Schaffung eines Korsos auch für den Fremdenverkehr einen neuen Anreiz zu geben? Würde nicht sein glänzender Hof dem Streben der deutschen Mode einen prächtigen, fruchtbringenden Mittelpunkt geben? Man gehe fröhlich ans Werk: auch die freiwillige Mitarbeit der höchsten Gesellschaftskreise wird es nicht an sich fehlen lassen!

III. Ordentliche Mitgliederversammlung des

Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs,

abgehalten am Sonntag, den 19. Juni 1904, auf der Silberburg zu Stuttgart.
(Im Auszug.)

Der Vorsitzende des Württembergischen Vereins Emil Foehr, Stuttgart, eröffnet die sehr zahlreich besuchte Versammlung um 311 Uhr mit folgenden Worten: Meine hochverehrten Herren Kollegen! Es freut mich sehr, daß Sie sich so zahlreich hier eingefunden haben. Ich danke Ihnen bestens für das Interesse, das Sie hierdurch am Verein bekunden und heiße Sie alle herzlich willkommen. Als Gäste begrüßen wir die Vorsitzenden der uns befreundeten Vereine von Bayern und Baden, die Herren Merk und Bertsch. Auch diese Herren heiße ich im Namen des Vereins willkommen und spreche meine ganz besondere Freude über ihr Erscheinen aus. (Bravo!)

Ich eröffne nunmehr die diesjährige, dritte ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs.

Bericht über die Vereinstätigkeit.

Aus den inneren Angelegenheiten des Vereins, der am 17. März 1901 gegründet wurde, ist hervorzuheben, daß die Zahl der Mitglieder heute 90 beträgt, und zwar 55 Detailleure und 35 Fabrikanten und Grossisten. Aus dem Kassenbericht, den der Herr Schatzmeister nachher vorzutragen die Güte haben wird, ist zu entnehmen, daß die Kassenverhältnisse des Vereins geordnete sind. Ich spreche schon an dieser Stelle dem Herrn Schatzmeister herzlichen Dank für seine Mühewaltung aus. Vor Weihnachten wurden vom Verein Inserate im,,Schwäbischen Merkur" erlassen, welche das Publikum darauf hinwiesen, daß es Juwelen, Gold- und Silberwaren nur noch beim Detailleur bekommen könne. Ich glaube, daß diese Inserate gelegentlich wiederholt werden müssen, denn das Publikum muß aufgeklärt werden, dann hören die Verkäufe von einigen hiefür bekannten Fabrikanten und Grossisten direkt an Private schon von selbst auf. Dem Verkauf von Silberwaren in hiesigen nicht zur Branche gehörigen Geschäften konnte immer noch nicht ganz gesteuert werden; immerhin ist aber eine Besserung darin zu verzeichnen. Auf das Aufsuchen von Privathäusern, wie auch von Gastund Kaffeehäusern, um an Privatpersonen Juwelierwaren usw. anzubieten resp. zu verkaufen, werden wir nach wie vor unser strengstes Augenmerk richten. Um jeden einzelnen Fall sofort verfolgen zu können, ist es aber dringend notwendig, daß das erforderliche Beweismaterial beigebracht wird; mit der Anzeige allein ist es nicht getan. Der mit uns befreundete Badische Verein hat auf seiner Mitgliederversammlung u. a. auch einen Beschluß gefaßt, der die

Stempelung von Goldwaren betrifft und welcher besagt, es solle angestrebt werden, daß Goldwaren unter 585/1000 fein nicht mehr gestempelt werden dürfen. Ich glaube, daß wir diesen berechtigten Wunsch ganz wohl unterstützen können, wenn wir auch auf große Schwierigkeiten stoßen werden. Es ist kaum anzunehmen, daß es gelingen wird, das Stempelgesetz abzuändern. Was wir aber tun können, das ist, daß wir das Publikum aufzuklären suchen. Das Stempelgesetz ist schuld daran, daß die Goldwarenindustrie in Deutschland so auf den Hund gebracht worden ist. Wirklich solide 14 karätige Ware ist ja nächstdem ein Kuriosum! Hoffen wir, daß es auch hierin bald wieder besser wird. Zu erwähnen ist ferner noch die Resolution des Kreditorenvereins. Ob und wie sich der Verband hierzu stellen wird, kann ich heute noch nicht sagen; jedenfalls glaube ich, daß wir in Württemberg eine Reform der Zahlungsweise gern unterstützen werden.

Meine Herren, ich schließe meinen Bericht über die Tätigkeit des Vereins mit dem Wunsche, daß der Verein wie im abgelaufenen Jahre so auch in Zukunft eine erfolgreiche und zufriedenstellende Tätigkeit zu verzeichen haben möge. (Beifall.)

Die Versammlung erklärt sich mit dem Bericht einverstanden.

Jahresabrechnung.

Diese wird von dem Schatzmeister des Vereins, Fabrikant Albert Reitz-Stuttgart, vorgetragen und von der Versammlung einstimmig genehmigt. Der Stand der Kasse ist ein günstiger. Es wird hierauf dem Schatzmeister Entlastung erteilt.

Entlastung des Ausschusses.

Ebenso wird der Ausschuß für seine Tätigkeit im abgelaufenen Jahre einstimmig entlastet.

Wahlen.

Es wurden per Akklamation Herr Emil Foehr als Vorsitzender, Herr A. Reitz als stellvertretender Vorsitzender, und durch schriftliche Wahl folgende Herren in den Ausschuß des Vereins gewählt: 1. Alfred Binder, Gmünd; 2. Hugo Böhm, Gmünd; 3. Heinr. Brändle, Backnang; 4. Ernst Bruckmann, Heilbronn; 5. Wilhelm Kiesel, Ludwigsburg; 6. Adolf Klein, Stuttgart; 7. Adolf König, Heilbronn; 8. Ernst Menner, Stuttgart; 9. Richard Nille, Stuttgart; 10. Karl Staufert, Göppingen.

Sämtliche Gewählte nehmen die Wahl an.

Per Akklamation werden auch wiedergewählt: Als Rechnungsprüfer die Herren Alfred Fueß, Stuttgart; Karl Kommerell, Stuttgart; als deren Stellvertreter die Herren Martin Rauscher, Stuttgart; Karl Wall, Stuttgart.

Einführung der Besteckkonvention in Württemberg. Hierzu bemerkt einleitend der Vorsitzende: Schon vor zwei Jahren haben wir versucht, eine Besteckkonvention für Süddeutschland zustande zu bringen und waren mit den Vorarbeiten schon ziemlich weit vorangeschritten, als der Verband die Sache in die Hand nahm. Jetzt kommt sie wieder an die Vereine zurück, da es dem Verband nicht gelungen ist, die Frage zur Erledigung zu bringen. Der Entwurf*) befindet sich in den Händen der Anwesenden.

Merk-München: Ich bin von München nach Stuttgart gekommen, weil ich mich für die Besteckkonvention sehr interessiere. Eigentlich ist es ja Aufgabe des Deutschen Verbandes, derartige Fragen, die sämtliche deutsche Kollegen betreffen, zu regeln. Nachdem aber von seiten der Verbandsleitung erklärt worden ist, daß sie nicht imstande sei, Berlin in die Besteckkonvention einzubeziehen, sind wir genötigt, in Süddeutschland allein vorzugehen. Wenn Baden, Hessen, Württemberg, Bayern, Frankfurt a. M. und Rheinland-Westfalen gemeinsam ans Werk gehen, dann brauchen wir Berlin nicht mehr zu fürchten.

Was Bayern betrifft, so haben bei einer Umfrage betreffend Abschluß einer Konvention von 146 Vereinsmitgliedern 24 eine Antwort nicht gegeben, 10 haben mit Nein und die übrigen 112 mit Ja geantwortet. (Bravo!) Von den zehn, die mit Nein geantwortet haben, wird die Mehrzahl nach näherer Aufklärung ihre Meinung ändern. In München haben sich sämtliche 51 Mitglieder in zustimmendem Sinn geäußert, ebenso in Würzburg. Ich möchte wünschen, daß die Herren in Württemberg unserem Beispiel folgen und sich nächst im Prinzip - für den Abschluß einer Konvention aussprechen, selbstverständlich unter der Voraussetzung, daß die Fabrikanten und Grossisten in derselben Weise entgegenkommen, wie sie in Rheinland und Westfalen seit dem Jahr 1896 entgegengekommen sind!! (Beifall.)

zu

Bertsch-Karlsruhe: Auch in Baden besteht begründete Aussicht auf ein Zustandekommen der Konvention. Der Badische Verein hat durch sein Vorgehen in dieser Richtung sogar eine Anzahl neuer Mitglieder gewonnen. Wenn, wie zu hoffen ist, das Werk gelingt, so wird das ganz sicher zum Segen unserer Branche gereichen. (Bravo!)

Merk-München: Es herrschen über die Konvention vielfach noch ganz falsche Anschauungen. Man bedenkt nicht, daß auch die Fabrikanten und Grossisten ihrerseits eine Verpflichtung eingehen.

Daß die Berliner Kollegen so ängstlich sind, begreife ich nicht. Wenn auch nicht sofort alle beitreten, in absehbarer Zeit werden die andern bald nachkommen.

Munz-Stuttgart: Auch ich bin der Ansicht, daß durch eine derartige Vereinbarung unreelle Kollegen bald lahmgelegt sein werden. Wenn nur etwas mehr Kollegialität und nicht der ewige Geschäftsneid herrschen würde! (Lebhafte Zustimmung.) Stellen wir uns doch auf einen höheren Standpunkt! Auch die Fabrikanten werden sich wohl überlegen, ob sie mit Preisdrückern oder mit reellen Firmen ihr Geschäft machen wollen. (Sehr richtig.)

Die Versammlung erklärt sich (zunächst im Prinzip) mit der Durchführung einer Besteckkonvention einstimmig einverstanden. Es wird deshalb sofort in die Beratung der einzelnen Paragraphen des Entwurfs eingetreten.

Kiaschek-Stuttgart regt an, ob nicht gestattet werden solle, bei Verkauf ganzer Kassetten unter die 25% herunterzugehen.

Vorsitzender: Wenn man den festen Willen hat, die Besteckpreise wieder zu gesunden zu gestalten, so ist es nicht möglich, Ausnahmen zu gestatten. Übrigens bedeuten die 25% nur den Mindestnutzen und es hat jeder Detailleur das Recht, namentlich bei Verkauf einzelner Stücke einen höheren Nutzen zu nehmen.

Kommerzienrat Foehr-Stuttgart: Wer Bestecke (oder andere Artikel) außergewöhnlich billig verkauft, der muß, wenn er bestehen will,

*) Dieser Entwurf wurde in Wiesbaden zu Ostern 1904 von den Vertretern einer größeren Anzahl von Vereinen aufs Neue beraten und festgesetzt. Er betrifft hauptsächlich die Detailleure. Der Entwurf für die Verträge mit den Fabrikanten ist inzwischen auch fertig gestellt worden, lag aber der Versammlung noch nicht vor. Die Entwürfe können durch Herrn Hofjuwelier Carl Becker - Köln bezogen werden.

dafür andere Artikel teurer verkaufen. Darauf muß das Publikum aufmerksam gemacht werden. Rücksicht und Schonung solchen Kollegen gegenüber ist nicht am Platz. Wir wollen unser Geschäft auf ehrliche Weise treiben. (Beifall).

Vorsitzender schlägt vor, die Giltigkeitsdauer der Konvention zunächst auf 3 Jahre und den Beginn wenn möglich auf 1. Oktober 1904 (eventuell 1. Januar 1905) festzusetzen. Die Versammlung stimmt diesem Vorschlag einmütig zu.

Ernst Bruckmann-Heilbronn erklärt sich mit dem Wortlaut des Entwurfs vollständig einverstanden; es sei ihm das umso leichter möglich, als sich die Konvention nicht auch auf die Exporteure erstrecke, die unter anderen Verhältnissen mit dem Ausland arbeiten. Was den Nutzen von 25% betreffe, so sei er in Anbetracht der sich immer mehr steigernden Spesen durchaus nicht zu hoch, namentlich nicht im Vergleich zu den Besteckpreisen in Frankreich, England und Amerika. Sobald die Konvention durchgeführt sei, werde niemand mehr zu den früheren Preisen zurükkehren wollen. (Zustimmung). Die Versammlung erklärt sich hierauf einstimmig für die Einführung der Besteckkonvention. Sämtliche anwesenden Detailleure verpflichten sich sofort unterschriftlich zum Beitritt.

Vorsitzender: Es freut mich, konstatieren zu können, daß nicht ein Einziger der anwesenden Kollegen zurückgeblieben ist. (Lebhafter Beifall). Anmerkung: Am 24. Juni lagen bereits 56 Beitrittserklärungen württ. Detailleure vor. Die Verhandlungen mit den Fabrikanten sind im Gange.

Verbandsangelegenheiten.

Kiesel-Ludwigsburg erstattet Bericht über den Verbandstag zu Köln im August 1903 und hebt namentlich rühmend hervor, daß die Kollegen von Rheinland und Westfalen mit dem, was sie an festlichen Veranstaltungen geboten, alle Erwartungen weit übertroffen haben. In grellem Gegensatz dazu stehen die Verhandlungen und Beratungen, durch die etwas Positives eigentlich nicht erzielt worden sei. Die Fachausstellung sei gut beschickt gewesen und habe auch einen starken Verkehr aufzuweisen gehabt.

Vorsitzender bringt noch interne Vorgänge, die den Verbandsvorstand betreffen, zur Sprache. Die Versammlung billigt die Ansicht und das Verhalten des Vorsitzenden des Vereins.

Allgemeines.

Vorsitzender gibt bekannt, daß vom Verein von Rheinland und Westfalen ein Begrüßungstelegramm eingelaufen ist, was mit lebhaftem Beifall aufgenommen wird. Sodann teilt er mit, daß die von ihm eingeleitete Sammlung von Beiträgen zu einer Gedenktafel für den berühmten Goldschmied Dinglinger die Summe von annähernd 1000 Mk. ergeben hat. Es ist nun möglich, an dem Geburtshause Dinglingers in Biberach eine gediegene und würdige Tafel anzubringen, die dem Stand der Goldschmiede zur Ehre gereichen wird. Die Firma P. Bruckmann & Söhne, Heilbronn, hat die künstlerische Ausführung in Bronze übernommen. Die feierliche Enthüllung wird voraussichtlich Ende Juli d. J. stattfinden können. Es ist zu wünschen, daß nicht nur die württembergischen Goldschmiede sehr zahlreich sich an der Feier beteiligen, sondern daß auch Kollegen aus dem übrigen Deutschland sich dazu einfinden. Die Biberacher werden sich bemühen, den Tag zu einem schönen zu gestalten. Am Tag nach der Enthüllung wird ein Ausflug nach dem Bodensee veranstaltet werden.

erzählen noch

Merk München und Bertsch - Karlsruhe einige Fälle, die beweisen, wie vorteilhaft für den einzelnen einerseits die Besteckkonvention, andrerseits ein kollegiales Verhältnis unter den Juwelieren, Gold- und Silberschmieden wirken kann. Unter dem Beifall der Versammlung schließen sie mit dem Appell an die Anwesenden: „Meine Herren, betrachten Sie sich als Freunde und nicht als Gegner und Konkurrenten, jeder will leben“.

Vorsitzender schließt hierauf die III. ordentliche Mitgliederversammlung nachmittags 21 Uhr mit dem Wunsche, daß alle württembergischen Kollegen treu und fest zusammenhalten zum Besten des Gewerbes und zum ferneren Blühen und Gedeihen des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs.

Anschließend an die Versammlung fand gemeinschaftliches Mittagessen in den unteren Räumen der Silberburg statt. Eine gesellige Unterhaltung bildete den würdigen Abschluß des unter so günstigen Auspizien verlaufenen württembergischen Goldschmiedetags.

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Sächsiche Metallwarenfabrik August Wellner Söhne, Aue in Sachsen.

Ein Gedenkblatt zum 50jährigen Geschäfsjubiläum.

Am 18. Juni waren es 50 Jahre, seitdem die Anfänge zu den Werken der heutigen Firma durch deren Begründer, Karl August Wellner, gelegt wurden. Ein Leben reich an Arbeit, reich an Enttäuschungen, reich aber auch an ungezählten Freuden, die ihm das letzte Jahrzehnt des rapiden Ausbaues seines Lebenswerkes brachte, liegt hinter diesem, im Dienste der Arbeit und der In

dustrie ergrauten alten Herrn, welcher kürzlich das 80. Lebensjahr vollendete und letzthin bei der Feier seines 50 jährigen Bürgerund Meister-Jubiläums gleichzeitig auf das 50 jährige Bestehen einer Industrie zurückblicken konnte, zu deren Anfängen er selbst einst den Grundstein gelegt, um heute die Früchte seiner Hände Arbeit herrlich reifen zu sehen.

Aus denkbar kleinsten Anfängen heraus sehen wir, anfänglich nur Hand in Hand mit seiner Ehefrau, den schlichten Mann in der Werkstatt sein Werk beginnen, abwechselnd an der Hobelbank, der Metalldrehbank und der Handpresse schaffend, woraus sich mit der Zeit zwei getrennte Betriebe entwickelten, die heute gleichfalls noch unter der Firma Ernst Wellner bestehenden Dampfsägewerke und Stuhlfabrik und dann die Metallwaren-Fabrik.

All die Bitternisse des Lebens, welche bekanntermaßen jeder, dem von Haus aus irdische Güter nicht mit auf dem Weg gegeben sind, durchzukämpfen hat, blieben auch August Wellner nicht erspart; dazu kamen langwierige Konzessions-Schwierigkeiten, die nur zu sehr geeignet waren, einem Anfänger den Weg zur Selbstständigkeit zu erschweren.

Schon gegen Ende der sechziger Jahre gewann nun die Herstellung von Metallwaren die Oberhand und nahm, unter Mitarbeit der inzwischen herangewachsenen Kinder und einiger nach und nach angelernter Arbeiter, einen fabrikmäßigen Charakter an, während um die Mitte der siebziger Jahre die gleichfalls inzwischen mit maschinellen Einrichtungen ausgestattete Holzwaren-Fabrikation von dem Betrieb getrennt wurde und in das Eigentum des ältesten Sohnes, Ernst Wellner, überging. Der Ausbau der Metallwaren-Fabrik nimmt von da ab einen, wenn auch langsamen, so doch stetigen Fortgang, und weitere 10 Jahre später, 1885, sehen wir eine mit etwa 50 pferdiger Dampfkraft ausgestattete Fabrik-Anlage auf einem größeren Fabrikterrain erstehen, einem Grundstück, welches noch heute, durch mehrmaligen Zukauf angrenzender Nachbar-Grundstücke wesentlich erweitert, die Stätte der Werke bildet. Erfolg auf Erfolg reihte sich an den stets wachsenden Bau.

Nachdem er noch eine Reihe von Jahren in dem neuen Fabrikanwesen gewaltet, zog sich der Firmenträger offiziell von der Leitung der Geschäfte nach 38 jähriger Tätigkeit zurück, nunmehr seinen, im Geschäft von frühester Jugend auf tätigen Kindern die Leitung der ferneren Geschicke des Geschäftes überlassend. Während der nahezu Siebenzigjährige auch nun in der Fabrik noch aktiv tätig blieb, gleichsam als ob mit der Stätte der Arbeit verwachsen, sollte es ihm auch vergönnt sein, in hohem Alter, aber geistiger Frische, nicht allein die Früchte seiner Arbeit heute reifen, sondern weit darüber hinaus aus seinem Lebenswerke eine Groß-Industrie erstehen zu sehen, die man zuvor im Königreich Sachsen und dessen weiterer Umgebung als solche überhaupt nicht kannte. Karl August Wellner wurde zum Begründer einer im engeren Vaterlande völlig neuen Industrie, die heute ihre Erzeugnisse in allen Weltteilen vertreten sieht.

Die neueren Daten der Entwicklung der Werke sind mehr oder minder bekannt, und wir lassen nur noch einiges allgemein Interessierende in kurzen Worten folgen:

Bildeten zu Anfang der 90er Jahre noch die einfachen Alpakaund Alpaka-Silber-Löffel und -Bestecke die hauptsächlichsten Fabrikationsartikel, so reihten sich diesen von jetzt ab immer neue

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