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Amtliches Organ des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen, des Vereins der
Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs, der Freien Vereinigung des Gold- und Silberwaren-
Gewerbes für Berlin und den Reg.-Bezirk Potsdam, des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede
des Großherzogtums Baden, der Goldschmiede-Werkgenossenschaft Berlin, der Kölner Juwelier Vereinigung,
der Freien Vereinigung der Juweliere, Gold- und Silberschmiede des Reg.-Bezirks Stettin, der Goldschmiede-
Innung Schwerin, der Freien Vereinigung der Gold- und Silberschmiede zu Görlitz, des Kreditoren-Vereins
für die Gold, Silberwaren- und Uhren-Industrie Pforzheim, der Kunstgewerbe-Vereine Hanau und Pforzheim,
✅ des Gewerbemuseums Gmünd, der Zentralstelle Schmuck und Mode

Begründet und berausgegeben von Wilhelm Diebener, Leipzig 21, Schützenstr. 15
Für den kunstgewerblichen Teil: R. Rücklin, Pforzheim Für den volkswirtschaftlichen Teil:

Verantwortliche Redakteure: Sür den kunstgewerblichen Teil: R. Rücklin, Pforzheim
Syndikus Herm. Pilz, Leipzig

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Leipzig, 3. Juni 1904

für die Werkstatt!

Aus unseren Redaktions-Konferenzen.

Im Kampfe des wirtschaftlichen Lebens steht immer der

Schwindel-Ausverkauf

im Mittelpunkte. Der Münchner Schutzverein für Handel und Gewerbe
erließ eine Warnung vor unreellen Ausverkäufen, in welcher es heißt,
daß sich in letzter Zeit die unreellen Ausverkäufe wieder in ganz
auffallender Weise häufen und beinahe täglich Klagen einlaufen.
Waren aus dem Schaufenster wurden in München dabei wiederholt
verweigert, und weder die Polizeibehörde noch die Staatsanwaltschaft
griff ein. Wir haben in gleicher Weise Goldschmieden „Warnungen"
für ihre Lokalpresse aufgesetzt und sind auch in Zukunft gern bereit,
diese Selbsthilfe den Schwindel-Ausverkäufen gegenüber durch un-
entgeltliche Ausarbeitung von Warnungen und Anzeigen zu unter-
stützen. Die Handelskammer in Mühlheim a. d. Ruhr hat sich kürzlich
ebenfalls wieder eingehend mit der Bekämpfung des Ausverkaufs-
unfuges beschäftigt. Sie verlangt die Genehmigung des Ausverkaufes
nach Anhörung einer Kommission von Sachverständigen aus dem
Kaufmannstande, Beschränkung des Ausverkaufes auf eine vollständige
Geschäftsaufgabe, Lokalwechsel, Saisonwechsel oder vollständige
Aufgabe einer bestimmten Warengattung, ferner die Festsetzung der
Dauer der Ausverkäufe (6 Monate), eine besondere Abgabe für
dieselben, Verbot des Nachschubes von Waren und irreführender
Reklamen und Überwachung des Ausverkaufs. Auch soll innerhalb
von 12 Monaten nur zweimal ein Ausverkauf gestattet werden. Das
dürfte alles recht wohl zu einer Gesundung der Verhältnisse beitragen,
während die weitere Forderung, daß bei Ausverkauf wegen Geschäfts-
aufgabe der Inhaber und seine Angehörigen innerhalb zweier Jahre
kein gleiches Geschäft am selben Platze eröffnen dürfen, wenn nicht
die Geschäftsaufgabe aus zwingenden Gründen erfolgt ist, doch zu
weit in die persönliche Rechtssphäre des einzelnen eingreift. Daß
die Kammer nur dem Konkursverwalter das Recht einräumen will,
einen „Konkursausverkauf“ zu annoncieren, billigen wir. Über
Das Nachschieben von Waren bei Konkursausverkäufen
hat sich die Handelskammer zu Dortmund in ihrem letzten Jahres-
bericht dahin geäußert, daß bei solchen Ausverkäufen Warenbestände
„so billig abgegeben werden, daß der intelligenteste Geschäftsmann,
auch wenn er sein Geschäft mit dem größten Fleiß, Umsicht und
dem allerbescheidensten Nutzen betreibt, niemals in der Lage sein
wird, mit solchen Ausverkäufen den Wettbewerb aufnehmen zu
können". Die Kammer hat sich zwar nicht für das gänzliche Verbot
des Nachschubs von Waren ausgesprochen, da hierdurch die ohnehin
geschädigten Gläubiger noch mehr benachteiligt würden, wohl aber
für eine strenge Kontrolle darüber, daß die Nachschübe nicht dazu
dienen, den Ausverkauf ins ungewisse zu verlängern. Die Einsetzung
von Ausverkaufskontrolleuren, die ebenfalls mehrfach in Vorschlag
gebracht wurde, ist von der Halberstädter Handelskammer bekämpft
worden, da diese Einrichtung nur zu Belästigungen auch der so-
liden Ausverkäufer führen könne,

Wiederholt haben Goldschmiede an uns die Frage gerichtet, innerhalb welcher Frist Gold- und Silbergeräte, die man zur Ansicht bestellt habe, zurückschicken könne. Die

Zurücksendung von Gold- und Silberwaren

die nicht festbestellt sind, muß in angemessener Frist erfolgen, wenn sie der Kunde nicht behalten will. In einer Anfrage an uns handelte es sich darum, daß die Sachen elf Tage im Besitz des Käufers waren, als er sie dem Goldschmied zurücksandte, der sie nicht wieder nehmen wollte. Da es sich um einen Goldschmied aus Schlesien handelte, verwiesen wir ihn auf ein Gutachten der Handelskammer zu Graudenz vom 4. November 1902, in dem es unter anderem heißt: „Es ist im Handel mit Gold- und Silbergeräten allgemein üblich, daß man bestellte Waren, die man nicht zu behalten wünscht, sofort, d. h. spätestens binnen 3 Tagen, zurücksendet. Andernfalls betrachtet der Verkäufer die Waren als verkaufte. Eine Frist von neun Tagen erscheint uns als zu lang bemessen, als daß der Käufer die von ihm bestellte Waren noch an den Goldschmied zurückschicken könnte. Auf dieses Gutachten mögen sich die Goldschmiede nur immer mit beziehen.

Die Zuversicht der deutschen Geschäftskreise, daß der Protest gegen das

Verhängen der Schaufenster an Sonntagen endlich von Erfolg sein würde, ist wiederum bitter getäuscht worden. Die von unserer Redaktion über die verschiedenen bestehenden Gesetzesvorschriften gegebene Übersicht, welche in viele andere Blätter, die zum Teil allerdings so charaktervoll waren, die „ Quelle" zu verschweigen, übergegangen ist, hat gezeigt, daß das Blenden der Schaufenster keineswegs überall eingeführt ist, also auch von einem „dringenden Bedürfnis“ nicht die Rede sein kann. Trotzdem hat sich auch der Oberpräsident von Brandenburg, v. Bethmann-Hollweg, zu der Erkenntnis nicht bewegen lassen, daß dieses „Blendwerk" den Handel belästigt, er hat es vielmehr als ausschlaggebend bezeichnet, daß die Aufhebung der Maßnahme die Sonntagsruhe beeinträchtigen würde, da sich die Geschäftsinhaber oder ihre Angehörigen doch zur Bewachung im Laden aufhalten müßten. Man sieht, wie wenig oft die Hüter des Gesetzes über den praktischen Geschäftsverkehr orientiert sind. Es fällt den Geschäftsinhabern an den Plätzen, wo das Verhängen nicht eingeführt ist, gar nicht ein, den Laden zu bewachen, oder ihre Angestellten darin zu postieren. Die Bewachung besorgt das Publikum. Wenn die deutschen Goldschmiede, die von der Maßregel betroffen werden, und deren Schaufenster doch die kostbarsten Auslagen haben, für Aufhebung sind, so brauchte sich der Herr Oberpräsident wahrlich keine Kopfschmerzen wegen der Sicherheit der Schaufenster zu machen. Und wird diese etwa größer, wenn ein Stück graue Leinwand zum Blenden vor das Schaufenster gespannt wird? In verschiedenen Blättern finden sich jetzt Inserate, in denen

,,Höchste Preise für Juwelen, Gold- und Silberwaren" angeboten werden. Wir haben diese Inserate zurückgewiesen, weil wir leider in Erfahrung bringen mußten, daß hinter diesen verlockenden Anerbietungen nicht immer eine reelle Sache steckt. Haben wir doch in einem Fall selbst die Staatsanwaltschaft wieder auf den Inserenten aufmerksam machen müssen. Der Betrug führt eben immer eine große Sprache. Auch Michael Wendl, der Schmied aus München, der Ringe, Uhren, Ketten usw. aus Weißmetall mit den Stempeln 800 und 588 versah und sie als „echt“ verkaufte, führte sie. Er büßt den Handel mit seinen „präparierten Gold- und Silberwaren" jetzt hinter „schwedischen Gardinen". Das Interessanteste ist, daß

Die städtischen Leihanstalten Abnehmer der gefälschten

Goldsachen

waren, und die „Goldschätzer" derselben nicht erkannten, mit was für Schund sie es zu tun hatten.

In der zweiten Kammer des Badischen Landtages hat der Neubau der Pforzheimer Kunstgewerbeschule zur Beratung gestanden. Den hohen Wert der Kunstgewerbeschule

in künstlerischer wie wirtschaftlicher Hinsicht hob der Abgeordnete Wittum in einer glänzenden Rede hervor. Ihm schlossen sich die Abgeordneten Schneider, Greiff, Gießler, Eichhorn, Dr. Wilkens, Kopf usw. an, doch wurden auch verschiedene Bedenken laut, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. Der gestellte Antrag wurde deshalb zunächst zurückgezogen, in der Erwartung, daß die Großherzogliche Regierung den Wünschen des Landes bemüht sein wird, Rechnung zu tragen. Wir bedauern die eintretende Verzögerung, denn es handelt sich hier nicht um ein lokales Interesse, sondern um ein solches für ganz Deutschland und seine FeinmetallIndustrie. Der

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Die Festtage der Akademischen zu Hanau a. M.

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Unter dem Zeichen dieses Wahlspruches, den sich die A. V. „Cellini“ zu Hanau a. M. auf ihre Fahne gesetzt hat, standen die dortigen Pfingstfeiertage. Bereits einige Tage vor dem offiziellen Beginne der Feierlichkeiten trafen Jünger Cellinis getreu ihrem Versprechen in der alten Mainstadt ein, um liebgewordene Stätten wieder aufzusuchen, und um alte Bekanntschaften wieder zu erneuern. So kam es, daß bereits der Freitag Abend vor dem Feste eine Anzahl Cellinisten in dem Verbandslokale „Carlsberg" zusammenführte. Aber erst am Sonnabend trafen die letzten Gäste ein. Aus allen Gauen Deutschlands sowie aus dem Auslande, aus Petersburg, Prag, Utrecht, eilten die Freunde zusammen, und manche Umarmung fand beim Wiedersehen statt. Da gleichzeitig in den Mauern Hanaus der 10. Verbandstag jetziger und ehemaliger Studierender an deutschen Kunstgewerbeschulen, dem die Verbindung Cellini angehört, tagte, so kamen auch von sämtlichen Vereinigungen derselben Delegierte an, so von der „Werkstatt“ Stuttgart — Kunstgewerbeschülerverein „Schnörkel“, Verein jetziger und ehemaliger Studierender an der Kunstgewerbeschule zu Frankfurt a. M. Kunstgewerbe-Zunft „Arche", Karlsruhe - Vereinigung der „Idealen“, Straßburg i. E. — „Ring“, Düsseldorf Kunstgewerbeschülerverein, Elberfeld — Ortsgruppe, Berlin.

Am Sonnabend fand im Restaurant „Carlsberg" nach Empfang und Begrüßung der Delegierten eine kurze Sitzung zur Erledigung von Vorfragen, der Kassenprüfung etc. statt, woran sich eine gemütliche Kneipe in den künstlerisch ausgestatteten Verbindungslokalen anschloß.

Die Fahnenweihe.

Der Sonntag Vormittag war dem Feste der Fahnenweihe gewidmet. Trübe schien der Tag, aber es war, als ob Jupiter Pluvius ein Einsehen gehabt hätte, denn gegen 10 Uhr brach die Sonne durch und zeigte mit ihren Strahlen an, daß sie gewillt sei, den Veranstaltern des Festes hilfreich zur Seite zu stehen.

Die Fahnenweihe fand im Vestibül der Kgl. Zeichen-Akademie statt. Der Präside der Aktiven, Herr F. R. Wilm-Hanau (Berlin), Herr C. Begeer-Hanau (Utrecht) und Herr Schien-Hanau, erschienen in studentischer Kleidung, der das Rapier nicht fehlte, die übrigen Cellinisten im Barett; ebenso erschienen die Studierenden der Brudervereinigungen mit ihren Fahnen. Es entwickelte sich ein farbenprächtiges Bild unserer vorwärtsstrebenden Jugend in ihren Verbindungsabzeichen, darunter war aber auch das würdige Alter, die Gönner der Verbindung, vertreten. Herr Professor Wiese, die sämtlichen Lehrer, Herr Landrat von Beckerath, die Hanauer Fabrikanten, Herr Geheimrat Professor Thode aus Heidelberg, Herr

Verbindung „Cellini“ Pfingsten 1904.

Silberwarenfabrikant Begeer aus Utrecht u. a. m. Ein lieblicher Damenflor vervollständigte das Bild in der wirkungsvollsten Weise. Die Kapelle des Infanterie-Regiments Hessen-Homburg leitete die Feier durch einen Choral ein, worauf Herr Hans Wilm-Berlin vortrat und die neue Fahne, eine Stiftung der Alten Herren den Aktiven übergab. Die Fahne, aus einer Hanauer Kunstwerkstätte hervorgegangen, zeigt auf der einen Seite das „Cellini"-Verbindungswappen mit den Farben Rot-Weiß-Blau, auf der anderen Seite den Kopf des Meisters Cellini. Das Podium betrat nun Herr Akademiedirektor Prof. M. Wiese, die Fahnenrede haltend, die folgenden Wortlaut hatte:

Es gibt keine hehrere Kunst auf Erden,

Als daß Gold und Silber geschmiedet werden.

Im Sinne dieses alten Wahrspruches haben die Goldschmiede Hanaus seit Jahrhunderten gewirkt und geschafft. In diesem Sinne wurde 1772 diese Zeichenakademie von dem Prinzen Wilhelm, dem erlauchten Mitgliede des hessischen Herrschergeschlechts, begründet und in diesem Zeichen haben die Lehrer dieser Anstalt bis auf die jüngsten Tage gewirkt. Die edle Goldschmiedekunst galt von jeher als die vornehmste der Künste. Sie wurde von Malern und Bildhauern im Mittelalter nicht nur unterstützt durch Gefüge und Modelle, sondern sie wurde von ihnen auch ausgeübt. Die Mitglieder der Goldschmiedeinnung durften den Degen tragen, denn ihre Beschäftigung galt als adelig. Als die hiesige Lehranstalt in den achtziger Jahren von einer immer mehr wachsenden Zahl von Schülern besucht wurde, und namentlich viele von diesen von auswärts kamen, entstand unter diesen der Wunsch, sich näher zu treten, einen Verein, eine Verbindung zu schaffen, die ihnen Gelegenheit biete, zu gegenseitiger Freundschaft, aber auch ihre Arbeiten durch eigenen Ansporn zu fördern. So entstand im Jahre 1892 die Verbindung, die von der Direktion als „akademische“ anerkannt wird. Sie feiert heute ein rückblickendes Fest. Als ein Zeichen innerer Befestigung wird nun von den Alten Herren der Verbindung diese Fahne gestiftet werden. M. H. Sie haben sich für die Verbindung den Namen Cellini gewählt, weil er seit Jahrhunderten das Symbol für alle künstlerischen Verbindungen der Goldschmiedekunst war. Ja, man glaubte, fast jedes Stück alter Goldschmiedekunst, welches in den Museen aufbewahrt wurde, es sei von Cellini. Darüber haben neuere Untersuchungen Klarheit geschafft. Aber immerhin ist noch genug von seinem Leben und Wirken übriggeblieben, um ihn als einen selbst für alle damaligen Zeiten und Anschauungen außerordentlichen Menschen und Künstler hochzuhalten. Sie haben für die Verbindung die Farben gewählt, rot, weiß, blau. So weihe ich denn diese Fahne in Ihren Farben-Symbolen. Möge sie stets Ihnen das Symbol der Liebe zur Kunst, die Sie pflegen und hochhalten wollen, sein. Möge

sie das Symbol der Reinheit in Worten und Taten sein, das Sie von allem Unreinen zurückhält. Möge sie das Symbol der Treue sein, die Sie geloben wollen ihrer Verbindung, dem deutschen Vaterlande (soweit Sie Ausländer, dem eigenen Vaterlande) und unserem Protektor aller deutschen Kunst. Allen diesen Gefühlen wollen Sie lebendigen Ausdruck geben, indem Sie rufen: Sr. Majestät unser allergnädigster Schirmherr und Herr, er lebe hoch! Die Anwesenden stimmten begeistert ein, und die Musik intonierte die Nationalhymne. Es folgte nun die Weihe der Fahne durch 10 junge Damen. Als Vertreterin derselben sprach Frl. Erna Zwernemann in ausdruckvoller Form das Fahnenlied:

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Neu ist, was diese farb'ge Hülle deckt;
Alt das Gedenken, das dadurch geweckt.
Ein Meister, den mit Recht man so genannt,
Betrachtet nur die Werke seiner Hand.
Ein Meister ist es, den Ihr alle kennt,
Und dessen Namen Ihr verehrend nennt.
Cellini! Sohn des Handwerks in der Kunst!
In ihm vereint sich beider Eltern Gunst;
Edlen Metallen edle Formen geben,

Der Formen reichste Schönheit zu erstreben.
Dem galt sein nimmermüder Schaffensdrang,
Dem weiht' er seine Kunst sein Leben lang.
Besponnen hat der Edelrost der Zeiten
Sein Lebenswerk, um in der Jahre Gleiten
Profanem Unverstand es fern zu halten.
An Euch nun ist's, von neuem zu entfalten
Des Kunsthandwerkes Banner und geloben
Unwandelbare Treu dem Meister droben.
Laßt falschen Ruhm nicht Euren Sinn betören;
Nur wahrer Kunst darf Euer Herz gehören,

Und laßt Euch am Geringen nie genügen.

In diesem Zeichen, Cellinis Jünger, werd' Ihr siegen!

Frl. Zwernemann heftete eine von den Fahnenjungfrauen gestiftete prachtvolle Schleife an die Spitze der Fahne, worauf Herr Volk vom „Schnörkel" einen Fahnennagel, die Verbandsvorstandschaft eine Verbandsschleife in den deutschen Farben stiftete. Herr F. R. Wilm-Hanau übernahm dann als Vorsitzender der Aktiven der Verbindung die Fahne, womit der Festakt sein Ende erreicht hatte, und die Versammelten eingeladen wurden, die in der Aula der Akademie untergebrachte Verbandsausstellung in Augenschein zu nehmen.

In den Anlagen vor der Königl. Zeichenakademie nahm die Regimentskapelle der 166 er Aufstellung, um ihre schönsten Weisen ertönen zu lassen. Gegen 2 Uhr nachmittags fand sich eine große Anzahl der Festteilnehmer bei einem Festessen im Hotel „Adler“ zusammen, das gleichfalls den anregendsten Verlauf nahm. Während des Mahles ließ Herr H. Ehlers, Ehrenmitglied der Verbindung, in Firma Plaz & Kälber, Pforzheim, jedem der Anwesenden ein reizendes Bleistiftchen, welches in sinnvoller Weise zum Andenken an diese Tage ausgestattet war, überreichen.

Am Nachmittage um 5 Uhr versammelten sich die Delegierten des Verbandes wiederum im Verbindungslokal, um in die Erledigung der Tagesordnung des Verbandstages einzutreten. Herr F. R. WilmHanau widmete vorerst den Erschienenen herzliche Begrüßungsworte und dankte zugleich für die der Verbindung bei der Fahnenweihe gewidmete Fahnenschleife. Der Verbandsvorsitzende, Herr Th. Walter-Frankfurt a. M., erwiderte prompt, begrüßte im Namen der Verbandsvorstandschaft zugleich Herrn Professer Wiese und die Vertreter der Presse. Eintretend in die Tagesordnung erstattete er darauf den Geschäftsbericht.

Den Kassenbericht lieferte Herr Bauer-Frankfurt a. M., worauf die Entlastung ausgesprochen wurde. Für Übernahme des Verbandstages im Jahre 1905 hatte sich „Werkstatt" Stuttgart gemeldet, in der Hoffnung, mit dem Verbandsfest seine Gründungsfeier begehen zu können. Inzwischen schritt die Zeit vor, und so mußte die Sitzung abgebrochen werden und wurde auf den folgenden Vormittag 9 Uhr vertagt.

Der Festkommers.

Gegen 8 Uhr nahm dann in der künstlerisch eigenartig ausgeschmückten Turnhalle der große Kommers seinen Anfang. Die Emporen des Saales waren für die Damen reserviert und dicht besetzt, wodurch die ganze Veranstaltung noch einen besonderen Reiz erhielt. Nach einem Orchestervortrag ergriff der das Präsidium schneidig führende Herr F. R. Wilm-Hanau das Wort zu der Begrüßungsansprache, indem er besonders die erschienenen Gäste, Herrn Landrat von Beckerath, den Vertreter der Kunstwissenschaft Herrn Geheimrat Prof. Dr. H. Thode, den Direktor und die Lehrer der Kgl. Zeichenakademie, den Vorsitzenden des Hanauer Kunst

gewerbevereins, die Vertreter der verschiedenen Verbandsvereine und endlich die versammelten A. H. A. H. mit herzlichen Worten willkommen hieß. Seine Rede endigte in einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den deutschen Kaiser. Herr Landrat von Beckerath brachte nun namens der Direktion der Kgl. Zeichenakademie ein Hoch auf die Verbindung „Cellini“ aus. Nachdem nun noch Herr Prof. Wiese als Ehrenmitglied der Verbindung, als welcher er auch den Verbandssitzungen in überaus eifriger Tätigkeit beigewohnt hatte, dem Verbande seine Ausführungen gewidmet hatte, ergriff Herr Prof. Dr. H. Thode das Wort, um in ca. einstündiger Rede das Wesen der deutschen Kunst allen Anwesenden nahe zu bringen.

Unter dem Schutze des Namens Richard Wagners, des deutschen Mannes, so begann er, dessen Geburtstag auf den 22. Mai falle, würden seine Ausführungen aufzubauen seien. In ihren besten Zeiten wurzelte die deutsche Kunst tief im Boden und eigensten Wesen ihres Landes, und selbst wenn sie fremde Einflüsse aufnahm, wurden diese aufgesogen und dem Deutschen in der Kunst untergeordnet. Die moderne Richtung in Deutschland ist davon abgewichen; wiederum von Frankreich, wie schon so oft, kam die Lehre eines neuen Stils. Wir haben ihn übernommen, aber nicht umgebildet gemäß dem Wesen unserer Kunst, sondern wir haben dieses verleugnet, blind und unter Aufgabe unserer eigenen Art sind wir dem Fremdling gefolgt. Daher so oft das Unverstandene, das Unnatürliche in der deutschen Moderne. Die neue Richtung und ihre Aufnahme in Deutschland habe aber außerdem sehr unerfreuliche Nebenerscheinungen gehabt, indem sie, namentlich von ihren eigenen Jüngern weit in ihrem Werte überschätzt wurde und den einzelnen so wenig allgemeine Kunstgesetze auferlegte, daß jeder etwas ganz besonderes zu schaffen glaubte, wenn es nur zu dem Hergebrachten in möglichst schroffem Widerspruch stand. Dieses „Individuellseinwollen" um jeden Preis ist ein ernster Schaden für jede gedeihliche künstlerische Entwicklung. Gänzlich entgegen dem Wesen unserer deutschen Kunst zur Zeit ihrer höchsten Blüte ist ferner die Behandlung der deutschen Frau in der neuen Richtung. Es ist edle germanische Stammesart, die Frau zu ehren; unsere heutige Kunst zieht sie in den Staub, so daß wir uns schämen müssen, die modernen illustrierten Zeitschriften unseren Frauen in die Hände zu geben. Und doch blickt schon ein Stern durch diesen bewölkten Himmel der neuen deutschen Kunst, wir dürfen hoffen, daß das Fremde abgestreift wird, und wir wieder zu uns selbst zurückkehren. Besonders wohltuend hat Professor Thode jenen Weg beschritten gesehen in den ausgestellten Schülerarbeiten der Zeichenakademie; sie erfüllen das Grundprinzip deutscher Kunst: das Sichversenken in die Natur, in die deutsche Natur, die für uns stets die Quelle der Kunst sein muß, die in ungetrübter Reinheit uns stets wieder labt und uns fernhält von allem, was unserem deutschen Wesen und unserer deutschen Kunst fremdartig ist. Nichtendenwollender Beifall folgte den trefflichen Ausführungen. Der Präside Herr F. R. Wilm überreichte dem geschätzten Redner unter tiefgefühlten Dankesworten eine zur Erinnerung an das Cellinifest angefertigte Plakette, und zwar die einzige in Silber geschlagene, welche auf der einen Seite den Kopf Cellinis zeigt, während die andere Seite eine allegorische Darstellung des Festes zur Schau trägt.

Sodann wurden zwei Männer, die sich um das Kunsthandwerk große Verdienste erworben haben, unter Überreichung von Diplomen zu Ehrenmitgliedern ernannt. Es sind dies die Herren Prof. A. Offterdinger, Hanau und Prof. Luthmer, Frankfurt a. M.

Professor Offterdinger dankte für die Ehrung gleichfalls in längeren Ausführungen. Dann ergriff der Vorsitzende des Hanauer Kunstgewerbevereins Herr J. Steinheuer das Wort: Im Namen des Hanauer Kunstgewerbevereins rufe ich Ihnen, meine Herren, die Sie aus Nord und Süd zur Tagung Ihres Verbandes in unserer alten Goldschmiedestadt zusammen gekommen sind, ein herzliches Willkommen zu. Ich hoffe und bin sicher, daß Ihnen, meine Herren, die Sie Ihre Ausbildung für den Beruf auf unserer Zeichenakademie und in unseren Werkstätten vervollständigt haben, die Erinnerung an die hier verlebte Zeit eine angenehme und dankbare sein wird. Sie werden auch den Eindruck haben, daß man in unseren Werkstätten bestrebt ist, nach den Traditionen der ersten Goldschmiede unserer Stadt die Kunst hochzuhalten. Und daß uns dies gelungen, verdanken wir neben dem Studium in der Zeichenakademie der strengen und sorgfältigen Ausbildung des jungen Nachwuchses in der Werkstatt, wodurch stets ein Stamm Mitarbeiter herangebildet wurde, auf den wir stolz sind, und an den wir die höchsten An

forderungen stellen dürfen. Auch Sie, meine Herren, welche Sie unserem edlen Gewerbe nicht angehören, bewillkommne ich namens des Kunstgewerbevereins, verbindet Sie doch mit uns ein gemeinsames Band, die Liebe zur Kunst, sind Sie doch wie wir bestrebt, Ihr Bestes einzusetzen zur Förderung unseres Kunstgewerbes. Sie, meine Hanauer Kollegen, bitte ich, dem Willkommengruß des Hanauer Kunstgewerbevereins Ausdruck zu geben, indem Sie mit mir einstimmen in den Ruf: Unsere auswärtigen Kollegen sie leben hoch!

Weiter folgte durch Herrn Emil Söhnlein der Vortrag einer sehr ansprechenden Festdichtung.

Professor Wiese dankte dem Vortragenden des Abends, Herrn Professor Thode, noch besonders für die goldenen Worte und die den Arbeiten der Zeichenakademie gezollte hohe Anerkennung. Der Verbandsvorsitzende Herr Th. Walter brachte dem Herrn Prof. Wiese ein Hoch. Letzterer verlas ein von dem Ehrenmitgliede der Verbindung, Herrn Regierungspräsidenten v. Oertzen-Lüneburg, eingelaufenes Glückwunschschreiben, diesem ein ebenfalls enthusiastisch aufgenommenes Hoch widmend. Weitere Ansprachen hielten noch der Vertreter der A. H. A. H. und die Vertreter der Verbandsvereine, welche der Verbindung „Cellini" Erinnerungszeichen stifteten. Der Abend wurde verschönt durch eine Anzahl ebenfalls wohlgelungener Darbietungen. Eine prächtig ausgestattete Festzeitung bot gleichfalls angenehmen Stoff zur Unterhaltung.

Ein jeder der anwesenden A. H. A. H. erhielt noch im Verlaufe des Kommerses die eigens zu diesem Zwecke gefertigte Plakette als sichtbares Zeichen und als Andenken an die so herrlich verlebten Stunden. Eine Abbildung der Plakette brachten wir bereits in No. 20 auf Seite 114a. Hergestellt wurde sie in der Silberwarenfabrik von C. J. Begeer in Utrecht, des Vaters zweier Angehörigen der Verbindung.

Eine weitere Stiftung der A. H. A. H., die der aktiven Korona gewidmet wurde, besteht in einem großen prachtvollen Photographiealbum. Der Deckel zeigt auf der Vorderseite das in Leder getriebene Verbindungswappen und ist reich mit Silberbeschlägen ausgestattet. Raum bietet das Album über 400 Bildern.

Ferner müssen wir an dieser Stelle das Geschenk des A. H. A. H. Dimitrie Hahn aus Petersburg erwähnen. Es ist dieses ein schwerer silberner echt russischer Humpen, der durch seine eigenartige in etwas an einen großen Löffel erinnernde Form auffällt. Die Verbindung wird diese kostbare Stiftung wohl zu würdigen wissen, und dürfte mancher Ehrentrunk aus diesem Humpen kredenzt werden.

Der Montag war nun ernsten Sitzungen vorbehalten, und zwar fanden zu gleicher Zeit die Beratungen sowohl des Verbandes als auch der sämtlichen A. H. A. H. statt. In ersterer Versammlung beschäftigte sich der Verbandstag während der ersten Verhandlungsstunden ausschließlich mit der Durchberatung des gedruckt vorliegenden, revidierten Verbandsstatuts. Es bezweckt möglichst im Anschluß an die betreffenden Kunstgewerbeschulen den Zusammenschluß kunstgewerblicher Vereine zur Pflege der Kunst und des Kunstgewerbes sowie die stete Unterhaltung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den einzelnen Vereinen und den einzelnen Mitgliedern derselben, indem diese in jedem Verein brüderlich aufgenommen werden, daselbst eine Heimstätte finden. Von Zeit zu Zeit finden Verbandskonkurrenzen statt. Das Verbandsstatut wurde nach erfolgter Durchberatung genehmigt und die Drucklegung desselben beschlossen. Über die Verbandsausstellung referiert Herr F. R. Wilm-Hanau, betonend, daß nach dem Urteil des Herrn Prof. Dr. Thode und anderer Fachleute die eingesandten Konkurrenzarbeiten großen Fleiß verraten und von dem unter den Kunstjüngern herrschenden Eifer Zeugnis geben. Eine lebhafte Debatte entwickelt sich auch über die Angelegenheit betreffs Herausgabe eines illustrierten Verbandsberichtes, welcher die Form eines Jahrbuches zu erhalten hätte. Es folgt die Neuwahl der Vorstandschaft. Das Resultat war, daß die Verbandsvorstandschaft auf die Vereinigung der „Idealen" in Straßburg überging, und zum Verbandsvorsitzenden Herr Erwin Gadomski-Straßburg gewählt wurde. Den letzten Punkt der umfangreichen Beratungen bildete ,,Verschiedenes und Mitteilungen". Hierbei waren es vornehmlich interne Sachen, die zur Besprechung gelangten. Nach 6 Uhr nachmittags folgte der Schluß des Verbandstages.

Die Sitzungen der versammelten A. H. A. H. hatten den Zweck, eine engere Verbindung unter den auswärts wohnenden Mitgliedern mit der Verbindung herbeizuführen. Laut Beschluß der Versammlung konstituierte sich der Verband der A. H. A. H. der Ak. Verb.

"

,Cellini" mit dem Sitze in Hanau a. M. Die A. H. A. H. wollen in jeder Weise der Verbindung mit Rat und Tat hilfreich zur Seite stehen, und sprechen die Hoffnung aus, daß es ihnen vergönnt sein dürfte, in nicht allzu weiter Ferne wiederum eine derartige Zusammenkunft zu feiern. Nach kurzer Debatte einigte man sich für Pfingsten 1912, betonend, daß zu der Zeit das 20 jährige Stiftungsfest der Verbindung mit dem A. H. A. H. Konvent in glücklicher Weise verknüpft werden könne. Es ging nun an die Beratung des Verbandstatuts, das mit kleinen Änderungen auch in der vorliegenden Fassung allgemeinen Beifall fand. Als Ausschuß des A. H. A. H.-Verbandes wurden die Herren H. Böhme und H. Hummel ernannt, die die vorkommenden Geschäfte in geeigneter Weise unter sich vereinbaren können. Ein Vorschlag, sich jemals zu Pfingsten an dem Orte, an dem der Verbandstag des Verbandes jetziger und ehemaliger Studierender an deutschen Kunstgewerbeschulen tagen würde, zu treffen, fand gleichfalls allseitigen Beifall, und wir sprechen hier die Hoffnung aus, daß es dem Antragsteller vergönnt sein möge, recht viele Freunde im nächsten Jahre in Stuttgart begrüßen zu können.

Das Künstler-Maienfest.

Der Montag Abend brachte das Künstler-Maienfest in der Turnhalle. Den Eintretenden empfing ein anheimelnder Duft von Tannenzweigen und von frischem Maiengrün, das sich allüberall den Blicken darbot. Jede Säule, jedes Treppengeländer war mit Girlanden umwunden, und fleißige und geschickte Hände hatten alle Räume mit farbenprächtiger Zier bekleidet. Der Vorraum zu dem großen Saal, dessen sonstige Bestimmung als Turnhalle ganz unter den Dekorationen verschwand, schien in einen grünenden und sprossenden Maiengarten verwandelt. Tannen und Birkenlaub überall, und unschwer fand sich die Stimmung in den gedachten Charakter des Festes. Das Auge wurde gebannt von den farbenprächtigen Dekorationen, die sich ihm in allen Wänden, in jeder Ecke darboten. Da hat ein sinniger Fleiß gewaltet und eine Liebe zur Sache der schmückenden Hand die Wege gewiesen. Mit Pinsel und Pastell mögen fleißige Jünger der Kunst manche mühevolle Stunde aufgewendet haben, um die gastlichen Räume nicht ohne den gebührenden Schmuck zu lassen, aber der Erfolg ihres Mühens wurde ihnen zum schönen Lohn. Besonders müssen wir hier Herrn W. Löwer nennen, dessen kunstgeübter Hand die meisten der prachtvollen Malereien ihre Herstellung verdanken. Leider mangelt es uns am Platz, wir können nicht alle die herrlichen Veranstaltungen besprechen. Jeder der Teilnehmer dürfte die in der Turnhalle verbrachten Stunden zu den angenehmsten seines Lebens rechnen. Bis in den grauenden Morgen dauerte das Fest, und nur schwer trennten sich die Freunde, um nun ihren Penaten zuzueilen und um noch in kurzer Ruhe sich auf den letzten Tag vorzubereiten.

Der Dienstag war im Anfang der Ruhe gewidmet. Am Nachmittage fanden gemütliche zwanglose Katerbummel nach Hochstadt und Wilhelmsbad statt, und der Abend war noch einmal einer gemütlichen Kneipe im Karlsberg vorbehalten. An dieser Kneipe nahmen die Ehrenmitglieder Herren Prof. Wiese, Prof. Offterdinger, H. Ehlers sowie die aus Pforzheim zur Besichtigung der Ausstellung von Schülerarbeiten der Kgl. Zeichenakademie gekommenen Herren Prof. G. Kleemann, Prof. Schmidt, R. Rücklin teil. Ferner waren die Herren W. Diebener aus Leipzig und Begeer aus Utrecht noch anwesend.

Ersterer ergriff das Wort und führte in längerer Rede aus, daß nicht nur allein Treue dem Freunde und Liebe zur Kunst walten möge, sondern daß vor allen Dingen ein eiserner Fleiß die Mitglieder beseelen möchte, auf daß die Ziele, die gesteckt sind, auch erreicht werden können. Zur Unterhaltung fand eine höchst originelle Fuchsentaufe statt, so daß die Verbindung einen Zuwachs von fünf neuen Burschen erhielt. Erst in später Stunde nahm diese Zusammenkunft ihr Ende.

So sind denn die Festtage in Hanau in prächtig harmonischer Weise verlaufen. Jeder, der dort anwesend war und diese Zeilen durchlesen wird, dürfte voller Befriedigung die verlebten Stunden noch einmal im Geiste an sich vorbeiziehen lassen, und noch einmal wird er die genossenen Freuden durchkosten. Wir aber hoffen, daß im Jahre 1912 die Freundschaft in gleicher Weise sich geltend machen, und daß ein gleich guter Stern den kommenden Veranstaltungen der Verbindung leuchten möge.

Vivat, crescat, floreat der A. V. „Cellini“ zu Hanau a. M.!

P......r.

Den Fabrikanten zur Beachtung empfohlen!

(Eingesandt.)

Trotzdem das Gesetz über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren seit 20 Jahren in Kraft ist, kommen heute noch fortlaufend Verstöße gegen dasselbe vor, deren Verhinderung den Behörden zu empfehlen wäre.

Zumal wird gegen § 3 gefehlt, der bekanntlich lautet: „Die Angabe des Feingehalts auf goldenen und silbernen Geräten geschieht durch ein Stempelzeichen, welches die Zahl der Tausendteile und die Firma des Geschäftes, für welches die Stempelung bewirkt ist, kenntlich macht. Die Form des Stempelzeichens wird durch den Bundesrat bestimmt".

Neben größeren Silberwaren und Bestecken kommen viele kleine Geräte, wie Stockgriffe, Flakons, Spiegel, Bonbonnièren etc. in den Handel, die den Vorschriften des § 3 insofern nicht entsprechen, als die Firma bezw. die Fabrikmarke des Fabrikanten fehlt. Es ist dies im Interesse der Fabrikanten selbst zu bedauern, denn häufig kommt ein Detailleur in die Lage, ein gleiches Stück nachzubestellen, oder er möchte ein ihm in die Hände geratenes,

ansprechendes Muster für sein Lager erwerben, er kann es aber nicht, weil ihn das fehlende Fabrikzeichen über den Verfertiger im dunkeln läßt.

Wie oft müht sich ein Reisender vergeblich ab mit einer Firma in Verbindung zu treten, während durch einen einzigen solchen Kauf eine Verbindung angeknüpft wird, die in den meisten Fällen zu einer dauernden sich gestalten dürfte.

Der etwa erhobene Einwand, daß der Detailleur nachstempeln kann, ist mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 3 hinfällig; oftmals ist der Detailleur sogar außer Stande es zu tun, so z. B. wenn Glas mit Silber montiert ist.

Bei dieser Gelegenheit soll nochmals darauf hingewiesen werden, Fabrikzeichen zu führen, und diese in den Fachblättern und im Adreß- und Handbuch für das Deutsche Goldschmiedegewerbe (Verlag von Wilhelm Diebener, Leipzig) bekannt zu machen. Es wäre dies zugleich ein Zeichen gewisser Reellität der Firma, wenn sie die Öffentlichkeit nicht scheut.

a.

Ermittelung des Kosten- und des Verkaufspreises der Waren.

Nach einem Aufsatz des Gewerbelehrers H. Mutz, Pforzheim, in der „Badischen Gewerbe-Zeitung"
für die „Deutsche Goldschmiede-Zeitung" bearbeitet von Carl Faas, Pforzheim.
I. Teil.

Bei Ermittelung des Preises einer Ware ist es zuerst notwendig, den Selbstkostenpreis zu wissen. Der Selbstkostenpreis besteht aus:

1. Material.

2. Arbeitslohn.

3. Geschäftsunkosten.

Das Material besteht beim Goldschmied aus Metall, Gold, Silber, Steinen, Perlen, Halbfabrikaten, wie Chatons etc.

Wie der Arbeitslohn festgestellt wird braucht nicht extra erwähnt zu werden.

Die Unkosten festzustellen ist schon schwieriger und ist mancher Meister oder Geschäftsinhaber sehr leicht geneigt, die Geschäftsunkosten zu unterschätzen, ja sogar solche fast zu vergessen.

Wenn wir manchen Meister fragen, wieviel Geschäftsunkosten auf irgend eine fertige Arbeit kommen, so wird er uns in vielen Fällen keine genaue Auskunft geben können.

Viele verfahren beim Feststellen des Verkaufspreises eines Stückes einfach so, sie rechnen das Material, den Arbeitslohn und schlagen dann 30 oder mehr Prozent darauf und darin soll dann alles inbegriffen sein; Unkosten und Verdienst. Wenn sich dann am Schluß des Geschäftsjahres eine Vermögenszunahme ergibt so ist man von diesem Berechnungsverfahren äußerst befriedigt, denn man hat ja gelebt und noch etwas erübrigt.

Wer so rechnet kann aber nicht sagen, was er an einer einzelnen Arbeit Geschäftsunkosten hat, ebensowenig aber auch, was er daran verdient.

Es ist also absolut notwendig für den Geschäftsinhaber, zu wissen, wieviel Geschäftsunkosten in seinem Geschäft auf jede Arbeit kommen. Nur dann kann er den jeweiligen Selbstkostenpreis ermitteln und auch, was er daran verdient und verdienen muß, wenn er nicht, anstatt vorwärts zu kommen, in seinem Geschäft zurückkommen will.

Es ist unmöglich jedoch, die auf jede Arbeit entfallenden Geschäftsunkosten einzeln feststellen zu können. Denn man kann ja nicht angeben, um vieviel sich bei dieser oder jener Arbeit das Werkzeug abgenützt hat; wieviel Steuern, Umlagen, Versicherungen, Lokalmiete, Gas, Heizung etc. etc. darauf lasten. Man muß sich deshalb ein Schema, ein System schaffen.

Dieses erreicht man dadurch, daß man die Unkosten von einem vollen Jahre zusammenstellt und dieselben auf den gesamten Warenumsatz eines Jahres prozentual ausrechnet. Bei Neugründung eines Geschäfts kann ja ein ungefährer Voranschlag gemacht werden.

Nur darf bei dieser Zusammenstellung der jährlichen Geschäftsunkosten nichts vergessen werden. Außer der Abnutzung des Werkzeugs, oder Steuern, Umlagen, Versicherungen, Lokalmiete, Gas, Heizung gibt es noch eine Reihe anderer Unkosten, an die häufig nicht gedacht wird. In einem größeren Geschäftsbetrieb, wo eine regelrechte Buchführung da ist, ist es ja leicht, diese Unkosten festzustellen. Bei den kleineren Geschäften aber und für diese hauptsächlich sind ja diese Zeilen gewidmet, die oft nur ein Buch besitzen, in dem die Einnahmen und Ausgaben verzeichnet werden, muß man eben aus den Ausgaben diejenigen Posten alle zusammenstellen, die als Geschäftsunkosten angesehen werden müssen. Man nehme sich die Mühe und es wird sich sicher lohnen.

In erster Linie ist die Verzinsung des Betriebskapitals als Unkosten zu nennen. Das wird gar oft vergessen; hauptsächlich wenn das Geschäft mit eigenem Kapital betrieben wird und es wird da einem oft gesagt, ich brauche doch für mein eigenes Geld keine Zinsen zu rechnen, das ist falsch; wer so rechnet, betrügt sich selbst, denn der Rentner bezieht Zinsen von seinem Kapital ohne eine eigentliche geschäftliche Tätigkeit auszuüben. Ebenso muß auch der Geschäftsinhaber Zins aus seinem Betriebskapital beanspruchen: denn wenn er Angestellter, Geschäftsführer oder Arbeiter geblieben wäre, und hätte sein Geld auf der Sparkasse oder sonstwie angelegt, so bekäme er aus seinem Kapital auch Zinsen, ohne hierfür arbeiten zu müssen. Und soweit das Geschäft mit fremdem Kapital betrieben wird, muß der Zins ja auch aufgebracht werden; haben wir daher eigenes Geld im Geschäft, so sind wir unser eigner Kapitalist, Gläubiger unseres eigenen Geschäfts. Nur was außer dem Zins mit dem Betriebskapital erworben wird, ist unser Unternehmergewinn oder Verdienst. Z. B. für ein Betriebskapital von 15000 M. zu 5% gerechnet, ist ein jährlicher Zins von 750 M. aufzubringen. Davon ist nun der entsprechende Teil an diejenige Person oder Bankanstalt zu zahlen, die uns dieses Geld zum Betrieb unseres Geschäfts geliehen hat. Gehört aber das Betriebskapital dem Geschäftsinhaber selbst, so kommt ihm auch der Zins zu. Verdient hat er aber dann noch nichts. Der Zins bildet vielmehr einen Teil der Selbstkosten und muß in dem Zuschlag, der für Geschäftsunkosten bei den einzelnen Arbeiten gemacht wird, mit enthalten sein.

Um jedoch berechnen zu können, wieviel Zins in dieser Weise jährlich aufzubringen ist, muß das Betriebskapital zuvor genau ermittelt werden.

Zum Betriebskapital zählt alles, was an Geld und Geldeswert zum Betreiben des Geschäftes nötig ist.

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