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DIADEM, ENTWORFEN UND AUSGEFÜHRT VON HUGO SCHAPER, HOFGOLDSCHMIED IN BERLIN.

Zu unsern Abbildungen.

Der größere Teil der Illustrationen in dieser Nummer findet in dem dazu gehörigen Texte seine Erläuterung. Dem übrigen möchten wir noch mit wenigen Worten gerecht werden.

Von der Firma W. Scherf & Co. in Nürnberg brachten wir schon einmal (in der Festnummer zum Kölner Verbandstag) eine Anzahl Arbeiten in Abbildung, Wir ergreifen gerne die Gelegenheit, jene Veröffentlichung heute durch einige weitere Illustrationen zu vervollständigen. Die dargestellten Arbeiten, in einer neuen, weißen Metallkomposition Osiris ausgeführt, zeichnen sich durch eine streng modern durchgeführte Komposition aus, die namentlich in der ornamentalen Ausstattung mit wohltuender Zurückhaltung und Ruhe auftritt. Besonders originell erscheint der Blumenständer auf S. 68, der in seinem geschlossenen Untersatz einen Behälter für das Wasser bietet, während der obere Reif, von den spiralig sich schwingenden Bändern getragen, die Blumenstengel zusammenhält. Bei der Benutzung werden also Blumen und Knospen sich frei über diesen Reif erheben, während das Blattwerk und die Stengel in dem Untersatze sichtbar bleiben und sich nicht in unsichtbarer Enge zerquetschen lassen müssen.

In der oben erwähnten Nummer der Deutschen Goldschmiedezeitung erschien auch ein Artikel: Das künstlerische Schaufenster. Wir haben diese, für den Detailleur ja so wichtige Angelegenheit stets im Auge behalten und freuen uns, heute einige einschlägige Abbildungen bringen zu können. Einer der Altmeister deutscher Goldschmiedekunst, Hofjuwelier

Hugo Schaper in Berlin, ist es, dessen mit feinem Verständnis und künstlerischem Geschmack dekorierte Schaufenster wir unsern Lesern vorführen. Besonders angenehm berührt die Ruhe und Einfachheit der ganzen Ausstattung.

Eine erfreuliche Erscheinung ist es, wenn lokale Korporationen für ihre Bedürfnisse nach Werken der Goldschmiedekunst auch einmal sich daran wagen, nach eigenen Angaben eine solche Arbeit bei einem tüchtigen Meister fertigen zu lassen. Ein hübsches Beispiel eines so entstandenen Stückes führen wir unsern Lesern vor in der auf S. 78 befindlichen Schützenkette der Gräfl. Schützengesellschaft in Sommerhausen am Main (Unterfranken), die nach eigenem Entwurf und in eigener Werkstätte ausgeführt wurde von Herrn Hofjuwelier Lukas Lortz in Würzburg.

Die Kette zeigt die getreue Wiedergabe der heute noch stehenden Türme von Sommerhausen. Die Mauer ist beweglich gegliedert, wodurch die Kette glatt anliegt. An dem schönsten Tor, dem Ochsenfurter Tor, ist das emaillierte Allianzwappen der Grafen von Rechtern-Limpurg, mit dem Fürstenhut bekrönt, angebracht, zur Erinnerung daran, daß die Grafen um 1445 die Gründer der Schützengesellschaft waren. An einer breiten Kette hängt als Abschluß das Sommerhauser Wappen in emaillierter Ausführung mit einem doppelten Eichenkranz umschlungen.

Zwei einfach und kräftig entworfene Entwürfe für Brillantschmuck einem besonders schwierigen Kapitel der modernen Schmuckkunst, verdanken wir dem Juwelier W. Neumann aus Posen. (S. 75.) R. R.

Berichtigung.

In Nr. 19 der Deutschen Goldschmiede-Zeitung erschien ein Aufsatz von E. Riegel-München „Über die Ausbildung der Goldschmiede“. Durch ein unliebsames Versehen wurde dabei zu unserm Bedauern versäumt, anzugeben, daß dieser

Artikel mit freundlicher Erlaubnis der Redaktion und des Verlages von „Kunst und Handwerk", Zeitschrift des Bayrischen Kunstgewerbevereins, München, entnommen wurde, wo er in Heft 4 erstmalig erschienen ist.

Die Schriftleitung der Deutschen Goldschmiede - Zeitung.

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LAMPE UND VASE AUS ZINN. VON MOGENS BALLIN, TUBORG BEI KOPENHAGEN.

Mogens Ballin.

Von Prof. Karl Widmer (Karlsruhe).

An der Wiedergeburt des modernen Kunsthandwerks nimmt der skandinavische Norden einen besonders lebendigen und vielseitigen Anteil. Auf dem Gebiet der Keramik ist es namentlich Dänemark, das unter den Hauptländern des heutigen Kunstgewerbes führend voranschreitet. Kopenhagen ist für die gesamte moderne Porzellanindustrie epochemachend geworden. Es hat mit den überlebten Traditionen des Rokoko zuerst gebrochen und für Formen und Dekorationsweise einen neuen, durchaus modernen und selbständigen Stil ohne alle Anlehnung an historische Vorbilder geschaffen. Manufakturen von altem Weltruf sind dadurch überholt oder, günstigen Falles (wie Sèvres u. a.), zu einem technischen und künstlerischen Neuaufschwung aufgerüttelt worden.

Im weitern Sinn des Wortes umfaßt die Keramik jede Art von Gefäßkunst, gleichviel in welchem Material sie schafft. Da ist es auf dem Gebiet der Metallkunst wieder ein dänischer Künstler, von dem neuerdings ein bedeutungsvoller, weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinaustragender Impuls ausgegangen ist.

Im Jahre 1900 eröffnete der Kopenhagener Maler Mogens Ballin mit einem jungen Bildhauer Siegfried Wagner zusammen in Tuborg bei Kopenhagen eine Werkstätte

für Kunstgewerbe. Als Hauptaufgabe stellte er sich von Anfang an, die Metallgeräte für den täglichen Gebrauch herzustellen: Vasen, Schüsseln, Krüge, Leuchter, Rahmen, Tintenfässer u. dergl. Der volkstümlich-praktischen Tendenz der Werkstätte entsprechend wurden zunächst weniger die kostbaren als die für die ästhetische Kultur des Lebens wichtigeren Metalle ins Auge gefaßt. Messing, Bronze und vor allem das Zinn, das trotz seiner hohen künstlerischen Vorzüge bis dahin von der modernen Kleinkunstpflege merkwürdig vernachlässigt worden war. Bald zog Ballin auch die Edelmetalle in den Kreis seiner Interessen. Seine Schmucksachen, Gürtelspangen, Kämme aus getriebenem Silber mit Schildpatt u. dergl. gehören zu den für seine künstlerische Eigenart besonders charakteristischen Schöpfungen. Sein Hauptverdienst bleibt aber die künstlerische Wiederbelebung der Zinntechnik. Es entspricht den strengsten Grundsätzen eines gediegenen Kunsthandwerks, daß er seine Formenschöpfung auf dem soliden Boden einer gründlichen Kenntnis des Materials und seiner Bearbeitung aufbaut. Aus der vielseitigsten Anwendung aller dem Charakter dieses schmiegsamen Metalls angemessenen Verfahren Gießen, Treiben, Drehen, Gravieren, Feilen schöpft er die reiche Mannig

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faltigkeit seines Dekorationsstils. Was für die Echtheit seines künstlerischen Standpunktes ein besonders wichtiger Prüfstein ist: Man fühlt seinen Schöpfungen die Freude am Handwerk an; sie erfüllen die Grundbedingung jedes gesunden Kunstgewerbes: sie sind materialgerecht. Die Werkstätte von Mogens Ballin (von seinem künstlerischen Mitarbeiter hat er sich inzwischen getrennt) hat es in den vier Jahren ihres Bestehens überraschend schnell zu einem ihrer Bedeutung entsprechenden Erfolg gebracht. In seiner Heimat ist er heute der geschätzteste Metallkünstler. Im Ausland hat er eine glänzende Aufnahme gefunden. Die Macht einer starken und markanten Persönlichkeit, die originell ist ohne Originalitätssucht und apart ohne Effekthascherei hat sich rasch Geltung verschafft. Für den Ausländer verstärkt sich dieser Eindruck noch durch einen gewissen Reiz des Fremdländischen. Es ist der Hauch des nordischen Geistes, die Verwandschaft des Empfindens, die vielleicht dem Künstler selbst unbewußt ist, und sich mehr dem Gefühl als dem Verstand offenbart. Denn von irgend welcher direkten Abhängigkeit von alten oder neuen Vorbildern ist keine Rede. Auch die Kunst von Mogens Ballin ist durchaus selbständig und modern.

Im Gegensatz zum Kopenhagener Porzellan, dessen künstlerischer Charakter einem mehr und mehr sich ausprägenden Naturalismus zustrebt, ist Mogens Ballin ein Mann des Stils im strengen Sinn des Wortes. Die Künstler der beiden großen dänischen Porzellanmanufakturen, Kgl. Kopenhagen und Bing & Gröndahl, bemühen sich z. B., in ihrer Tierplastik den Gegenstand so, wie sie ihn in der Natur beobachten, als getreuestes Abbild der Wirklichkeit in ihr Material zu fassen: realistische Ausschnitte aus dem Tierleben zu geben, deren künstlerischer Wert eben in dem Eindruck einer unübertrefflichen Naturtreue liegt. Ähnlich in den gemalten Dekors ihrer Vasen, Teller etc.: die Blumen, Fische, Vögel, Landschaften, die sie mit dem Pinsel auftragen, nehmen oft vollständig den Charakter von Grau in Grau ausgeführten Aquarellen an. Sie sind realistisch, nicht stilisiert. Mogens Ballin zeigt in einem großen Teil seiner Ornamente überhaupt keine direkte Anlehnung an Naturobjekte: er verwendet z. B. freierfundene friesartige Bänder, die lediglich durch den Rhythmus der Linie, den Reiz von Licht und Schatten sprechen. Wenn er einen Naturgegenstand Pflanze, Tier oder menschliche Figur zugrunde legt, so vereinfacht er die Darstellung auf das Notwendigste. Er

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graviert z. B. von Früchten oder Blättern nur die Umrisse in die Fläche des Gefäßes (vergl. S. 83) und unterdrückt jedes überflüssige Detail, wie Staubfäden, Blattadern etc. Er bringt nicht mehr, als was für die ornamentale Wirkung genügt. Auf diese kommt es ihm allein an. Man soll nicht fragen, was das betreffende Ornament vorstellt, sondern wie es als Schmuck auf das Auge wirkt. Das ist das Erste und Wichtigste bei jeder Art von dekorativer Darstellung. In dieser Vereinfachung des der Natur entlehnten Vorbilds liegt das Wesen des Stilisierens.

Im allgemeinen verwendet Mogens Ballin das Ornament maßvoll, zurückhaltend, ohne gerade damit zu geizen. In vielen seinen Arbeiten verzichtet er ganz darauf. Andere sind wieder um so reicher dekoriert: immer aber so, daß der dekorative Schmuck nicht zur Hauptsache wird, daß die Schönheit der Arbeit in der Komposition des Ganzen, in den Linien des Gefäßkörpers, nicht allein in der Verzierung liegt. In diesem Sinn weiß er auch in die für den praktischen Gebrauch des Gegenstands notwendigen Einzelheiten, wie die Henkel einer Kanne, die Ketten, worin eine Ampel aufgehängt ist, einen dekorativen Reiz zu legen. Damit erfüllt sich ein Hauptgesetz des künstlerischen Stils: Die konstruktiv notwendigen Teile müssen durch eine wohlabgewogene Harmonie ihrer Verhältnisse zugleich das Auge befriedigen und der sachgemäße, vernünftige Ausdruck ihres praktischen Zweck es sein. Im Kunstgewerbe decken sich die Begriffe schön und zweckmäßig. Darum gehören auch diejenigen Arbeiten von Mogens Ballin zu seinen besten, in denen er, wie in dem siebenarmigen Messingleuchter (S. 84), das Prinzip der größten Einfachheit durchführt: der Leuchter enthält außer einigen ganz diskreten Linien, welche den massiven Schaft etwas gliedern und leichter machen, nichts, was zur Konstruktion des Ganzen nicht unbedingt notwendig ist. Aber man vermißt das Ornament nicht. Gerade in dieser sachlichen Strenge liegt eine wahrhaft monumentale Kraft der Wirkung. Es ist in der bildenden Kunst nicht anders als in der Kunst der Rede: wer seine Gedanken mit ein paar schlagenden Worten prägnant wiederzugeben weiß, der wirkt auf den denkenden Menschen mächtiger als der klingende Wortreichtum des gewandtesten Rhetorikers. Die Schlichtheit ist das Edelste, aber auch das Schwerste in jeder Art von künstlerischer Darstellung. Und in der Kunst eines schlichten, prägnanten Ausdrucks liegt auch die Meisterschaft von Mogens Ballin.

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