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dar, in der Rechten einen Kommandostab, in der Linken den Zügel haltend, die andere den heiligen Mauritius, auf einem Seepferde sitzend, und hier wird der Aufsatz von drei Mohren getragen. Die dreizehn anderen Nummern sind prächtige Willkommen, Pokale und Prunkschüsseln aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert. Die Willkommen und Pokale sind alle mit Inschriften, Sprüchen, Wappen und Figuren versehen, und hingewiesen sei besonders auf den Rigaer Willkommen vom Jahre 1616, den Lübischen von 1651 und auf den schönen Amicitia-Pokal getriebener Arbeit von 1654 mit dem auf einer Tonne reitenden Bacchusknaben im Mittelstück. Von den Prunkschüsseln nimmt sich eine mächtig große am prachtvollsten aus. Sie ist vergoldet,

stammt aus dem Jahre 1661, zeigt in der Mitte in getriebener Arbeit den vom Blitz des Zeus getroffenen Phaeton im Viergespann und am Rande vierzehn Medaillons; zwölf von ihnen sind eingravierte Wappen mit den Namen der Stifter, die beiden Medaillons links und rechts getriebene Mohrenköpfe mit den Angaben ,,Anno" und „,1661", wie auch vorn am Wagen ein Mohrenkopf herausgetrieben ist; von den zwölf Stiftern sind zwei als Ältermanner, zehn als Älteste der ,,Schwarzen Häupter" bezeichnet. Wer alle diese schönen, auch durch ihr Alter und mancherlei historische Beziehungen interessanten Kunstgegenstände mit Aufmerksamkeit besichtigen wollte, wird sicherlich an ihnen seine Freude haben.

Die Preisausschreiben der Königl. Zeichenakademie zu Hanau

im Jahre 1903/04.

Von Dr. F. Quilling.

Zur Belebung des Unterrichts und zur Anregung ihrer aus Staatsmitteln oder Privatstiftungen bestritten werden. Schüler und Schülerinnen veranstaltet die Hanauer Zeichen- Zurzeit stehen für diesen Zweck folgende Fonds zur Verakademie alljährlich mehrere Preisausschreiben, deren Kosten fügung:

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AUS DEN WETTBEWERBEN DER HANAUER AKADEMIE 1903/1904. ENTWÜRFE VON HERMANN LÖLKES.

1. Staatspreise im Gesamtbetrag von Mk. 300.-.

2. Christian Weishauptsche Stiftung; ein Preis von Mk. 120.-.

3. Wilhelm Behrens-Stiftung; zwei Preise (Mk. 100.und Mk. 50.-).

4. Heinrich Zwernemann-Stiftung im Gesamtbetrag von Mk. 200.-.

Von den drei Privatstiftungen ist die des verstorbenen Rentners Christian Weishaupt die älteste. In seinem Testament von 25. Juli 1866 vermachte er der Stadt Hanau eine Summe von 5000 Gulden, deren Zinsen in erster Linie zu Stipendien und Prämien für besonders talentvolle und strebsame Schüler der Zeichenakademie zu verwenden sind. „Durch die mit dieser Stiftung dargebotene Möglichkeit," heißt es in dem Testament, „einen lebhafteren Verkehr als bisher zwischen der Akademie und der Stadt anzubahnen, durch Belohnungen von Fleiß und Ausdauer die die Akademie besuchenden Schüler zur höheren Ausbildung zu befördern, will der Testator, der selbst Graveur und Bijouteriefabrikant gewesen ist, einen Beweis seiner Erkenntlichkeit für die Ausbildung geben, welche er dieser Anstalt verdankt."

Die Stiftung der Firma Wilhelm Behrens, Bijouterieund Ringfabrik zu Hanau, ist am 1. Juli 1902, diejenige des Herrn Bijouteriefabrikanten Heinrich Zwernemann daselbst am 1. Juli 1903 errichtet. Der Wettbewerb um die Staatspreise und die Behrensstiftung ist auf die Schüler und Schülerinnen der Zeichenakademie beschränkt, während die beiden übrigen auch andere in Hanau ansässige Bewerber zulassen.

Zur Konkurrenz um diese Preise waren 1903/04 folgende Aufgaben gestellt:

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Frage die bestgelungenen. So verschieden sie auch in der Form, in der Ornamentierung und sogar in der Technik der Herstellung sind, bezeichnen sie doch beide in ihrer Art vorzügliche kunstgewerbliche Leistungen. Der Leutfeldsche Entwurf ist seinem Motto entsprechend in Tulaausführung mit Niellodekor gedacht und zeigt eine längliche (vielleicht sogar etwas zu lang geratene), leicht geschwungene und nach dem Fuße zu nur wenig verjüngte Form. Der Lölkessche Becher (Seite 71) ist gedrungener und kräftiger in den Verhältnissen, für Treibarbeit berechnet und mit einem ruhig und vornehm gehaltenen Linearornament geschmückt, welches sich oben am ausladenden Teile des Körpers am mächtigsten entfaltet. Den Tulabecher ziert in wohltuendem Gegensatz zu der sonst stark vorherrschenden reinen Linie eine figürliche Darstellung: Drei nackte Jünglinge sind im Begriff, eine Lorbeergirlande am Körper des Gefäßes zu befestigen, eine äußerst sinnige und feine symbolische Andeutung des festlichen Anlasses, zu dem es bestimmt sein soll. Aus dem gleichen Grunde verdient ein anderer Entwurf (Motto: Lorbeer) lobende Erwähnung: Ein Jüngling pfropft auf ein dünnes Stämmchen ein zartes Lorbeerreis; der kräftige Lorbeerraum mit überragenden Zweigen, der nach 50 Jahren daraus geworden ist, ist ge

schickt und wirkungsvoll als Ornament für den Gefäßkörper verwendet. Die Arbeit mit dem Kennwort „Hopp hopp" (Seite 71) steht ihrer künstlerischen Qualität nach auf einer Stufe mit den beiden erstgenannten Entwürfen und hätte ohne Zweifel ebenfalls einen Preis oder eine Belobigung erhalten, wenn die Form des Bechers mehr gewahrt wäre. So haben wir einen kleinen Pokal mit Deckel vor uns, allerdings einen Pokal von fein abgewogenen Verhältnissen, schönem, geschmackvollem Aufbau und verständnisvoll komponiertem Linienschmuck. Der künstlerischen Handschrift nach scheint es fast, als ob auch er sein Dasein dem Verfertiger des „Komet"Bechers verdankte. Die übrigen Entwürfe waren teils in der Form teils im Ornament weniger gut gelungen, nicht eigenartig genug oder aber, wie z. B. die Zeichnung mit dem Kennwort „All net wohr" infolge des allzulangen, unschönen Deckelgriffes, in einzelnen Teilen mißraten.

An der zweiten Aufgabe hatten sich neun Bewerber versucht. Nicht überall sind die Erfordernisse eines Haarkammes für Damen richtig beachtet. Er hat zunächst den Zweck, das Haar zusammenzuhalten, erst in zweiter Linie auch den Zweck, es zu schmücken. Beides läßt sich leicht vereinigen, aber der Schmuck muß stets eine so geschlossene

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Komposition, technisch so abgerundete Flächen und Ränder aufweisen, daß sich die Haare nicht darin festsetzen

und daran hängen bleiben, so daß der Kamm zum Gegenteil von dem wird, was er sein soll. Ein Beispiel für einen solchen Kamm, wie er nicht sein soll, bietet der Entwurf mit dem Motto „Durch", der außerdem noch darunter leidet, daß die Schmuckbekrönung teilweise im Verhältnis zur Kammgröße zu gedrückt erscheint. Die besten Lösungen der Aufgabe sind in den drei prämiierten Arbeiten mit den Kennworten „Natur" (Karl Buschmann), „Rubin" (Wilhelm Homburg) und „Net wichtig" (Karl Horst) gegeben, und zwar in der genannten Reihenfolge. Der Buschmannsche Entwurf, von dem auf der

AUS DEN WETTBEWERBEN DER HANAUER AKADEMIE 1903/1904.

SCHMUCKENTWÜRFE

VON HEINRICH EMMERICH.

Kunsttafel und auf S. 73 einzelne Teile wiedergegeben sind, zeichnet sich durch Schönheit der Linienführung, geschmackvolle Verwendung der Steine und feine Farbenabstimmung aus. Homburg hat in sehr origineller, ansprechender Weise bei allen Kämmen durchweg stilisierte Insekten als Schmuck angebracht, ebenso Horst (Kunsttafel, Nr. 5 und 7). Dieser ist nur in einem Falle davon abgewichen, und zwar nicht zugunsten des betreffenden Zierkammes, als dessen Bekrönung eine große Fledermaus mit ausgebreiteten Flügeln und kaum stilisiert verwendet ist. Das ist bei solchen Dimensionen und bei solcher Zweckbestimmung nicht erlaubt. Eine Dame mit einer großen Fledermaus im Haar! Und wenn es auch nur eine künstliche ist. Gewiß ist dieses nützliche Tier ebensowenig wie alle anderen ausgedehntester kunstgewerblicher Verwertung entgangen, und selbst Lalique hat es nicht verschmäht, daß er es aber für große Haarkämme jemals als Schmuck herangezogen hat, dürfte kaum nachweisbar sein. Wir werden später sehen, wie der Verfertiger dieses Entwurfes bei anderer Gelegenheit dasselbe Motiv und hier mit so gutem Erfolge benutzt hat, daß ihm der erste Preis zuerkannt wurde. Der Entwurf mit dem Motto „Dolde" ist in der Farbengebung mißraten, in der Komposition und Linienführung dagegen recht anerkennenswert.

Die dritte Aufgabe hatte nur fünf Bearbeiter gefunden, deren Lösungen der Beurteilung große Schwierigkeiten nicht verursachen konnten. Der Entwurf mit dem Kennwort „Kampf“ wäre vor 20 Jahren recht lobenswert erschienen, heute aber ist seine Stilistik veraltet. Die Arbeit, die das Motto „Dämmerung" trägt, ist zu wenig eigenartig und weist außerdem den Fehler auf, daß der Anfangsbuchstabe des Vornamens in der Komposition stärker betont ist als der des Zunamens, so daß jeder Uneingeweihte die Monogramme falsch auflösen müßte. Somit blieben nur drei Blatt zur engeren Wahl. Das mit dem Motto „Monogramme" (Wilhelm Gertenbach) versehene (Seite 72) wurde mit Recht als die beste Leistung bezeichnet. Die Buchstaben sind hier nicht nur geschickt und geschmackvoll ineinander verschlungen, sondern auch fein in das gegebene Rund hineinkomponiert, von dessen

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leicht graviertem Hintergrund sie sich wirkungsvoll abheben. Außerdem haben diese Monogramme den heutzutage nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß ihre Bestandteile noch als Buchstaben erkennbar und lesbar sind.

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Der

durch das Kennwort „Konstruktion" (Hugo Schaper) bezeichnete Entwurf hat eine Belobung erhalten und verdient. Er zeichnet sich durch seine besonders eigenartige Erfindung aus, indem für die Anfangsbuchstaben des Vornamens eine hohe Form, für diejenige des Zunamens ein der Kreisform entlehnter Typus gewählt ist. Dadurch gelingt dem Verfertiger eine vortreffliche Klarheit der Komposition und die Möglichkeit, alle Monogramme in derselben Weise zu behandeln. Die dritte Arbeit mit dem Motto „Nur Mut" (Eugen Pflaumer) wurde mit Recht ebenfalls belobt, da sie in sehr gefälliger Linienführung verschiedenartige, gleichmäßig fein empfundene Lösungen der gestellten Aufgabe bietet.

Das vierte Preisthema endlich hatte eine Reihe vorzüglicher Bearbeitungen aufzuweisen, deren Besprechung jedoch nicht in den Rahmen dieses Blattes paßt und daher einer anderen Gelegenheit vorbehalten bleiben muß.

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II. Weishaupt-Stiftung.

Aufgabe: „Entwurf eines silbernen EBbesteckes, bestehend aus Messer, Gabel, EBlöffel, Teelöffel, Kompotlöffel, Fischmesser und Fischgabel in natürlicher Größe." Den Preis erhielt: Jean Heuser. Belobt wurden: 1. Jean Heuser, 2. August Leutfeld. Unter den eingereichten 13 Arbeiten enthielt die feinste Lösung der Aufgabe die Leutfeldsche Zeichnung. Ihre Vorzüge bestehen sowohl in einer ruhigen, vornehmen Ornamentierung der Bestecke wie in deren eigenartiger und zweckentsprechender Form. Ein kleiner später beseitigter stilistischer Verstoß störte etwas den Gesamteindruck, indem die Gabel und Löffelgriffe durch eine Umschnürung von den Zinken und der Löffelschale getrennt erschienen, während sie in Wirklichkeit gerade durch einen möglichst geschmackvollen Übergang miteinander zu verbinden waren. Leider steht eine Abbildung dieses geschmackvollen Entwurfes nicht zur Verfügung.

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III. Behrens-Stiftung.

Aufgabe: „Acht Muster von Broschen, und zwar je zwei für 1, 2 und 3 Brillanten und zwei für 1 Barockperle." Den 1. Preis (100 Mk.) erhielt: Karl Horst; den 2. Preis (50 Mk.): Jean Jodry. Ferner wurden belobt: 1. Karl Buschmann, 2. Wilhelm Gertenbach, 3. Julius Rosier.

Wenn schon im allgemeinen die durchweg vorzügliche Qualität der in den verschiedenen Konkurrenzen gebotenen Leistungen betont wurde, so gilt dies für die im folgenden zu behandelnden Entwürfe so sehr im besonderen, daß nur die durch Preise oder Belobung aus

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