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Auf der Weltausstellung zu St. Louis veranstaltet das Kgl. preußische Ministerium für Handel und Gewerbe wiederum eine Kollektivausstellung der deutschen Bernsteinindustrie. Die jährliche Produktion an Bernstein ist eine sehr große, die durchschnittliche Ausbeute in den Kgl. Bernsteinwerken Ostpreußens beträgt ca. 4400 Zentner. Außerdem werden in jedem Jahre 100-120 Zentner durch Schöpfen, Rechen, Lesen am Strande, gewonnen.

Die Kollektivausstellung in St. Louis soll nun in erster Reihe eine Übersicht über die wechselreiche Verwertung des Bernsteins in echtem gepreßten, gefärbten und geschmolzenen Zustande in der Gegenwart geben. Ist doch heutzutage die Bernsteinindustrie durch die Menge des produzierten Rohmaterials, durch die Regelmäßigkeit des Sortiments und die Leichtigkeit des Verkehrs auf eine Höhe gebracht, wie sie in keiner früheren Zeitperiode auch nur annähernd erreicht wurde. Das beste Beispiel von dem Wachsen dieser Industrie, die auch fernerhin nur abhängig sein wird von dem „preußischen Golde des Samlands" (Ostpreußen) liefert Amerika, wo sie sich in den letzten zehn Jahren um etwa das fünffache gehoben hat.

Man will nun in St. Louis, wie schon im Jahre 1900 in Paris und 1902 in St. Petersburg vor allem auch zeigen, in wie reizvoller, mannigfacher und auch künstlerischer und dem modernen Geschmack entsprechender Weise sich heute der Bernstein verarbeiten läßt, damit die frühere, dann aber ver

loren gegangene Wertschätzung dieses schönen, edlen Materials für das Kunstgewerbe wieder mehr zur Geltung komme. Lassen sich doch gerade auf diesem Gebiet alle Vorzüge dieses seltenen und kostbaren Naturproduktes am besten zur Geltung bringen: sein klares leuchtendes Feuer (der klare Bernstein besitzt einen großen Lichtbrechungswinkel und zeigt daher, richtig geschliffen, ein reiches Farbenspiel) sein zartes, trübes Gelb, seine große Mannigfaltigkeit in gelben, rötlichen, grünlichen, bläulichen und rotbraunen Tönen sowie die kraftvolle, verschiedenartige Färbung in den gesprenkelten und weißgeflammten, sogenannten „buntknochigen" Stücken.

Eine Anzahl auf diesem Gebiet bewährter Fabrikanten, die zum Teil auch schon die Pariser und Petersburger Bernsteinausstellungen beschickten und dort verschiedentlich prämiiert wurden, sendet auch diesmal wieder höchst geschmackvolle und modern stilisierte Gebrauchs-Luxussachen sowie Schmuckgegenstände ein.

Ist doch überhaupt neu für die heutige Zeit die in früheren Jahrhunderten angewandte Verbindung des Bernsteins mit Edelmetall oder mit Bronzen. Es kommt jetzt hauptsächlich oxydiertes Silber mit leichter Goldtönung, der jeweiligen Farbe des Bernsteins entsprechend, mehr rötlich, gelblich oder grünlich und daher sehr vornehm wirkend, in Anwendung. - Die Firmen, welche auf höherem kunstgewerblichen Gebiet die Bernsteinausstellung in St. Louis beschicken, sind:

H. Lehmann, Königsberg i. Pr.

Sie stellt eine Anzahl Bernsteinarbeiten aus, als Nippes in Schnitzerei und sogenannte Danziger Furnierarbeiten, Schmuck usw. Die Firma

Fritz Fehrmann in Tilsit,

von deren Ausstellung besonders interessant sind: „die Nachbildung eines früher von der Firma gearbeiteten Albums, das im Jahre 1902 Sr. Majestät dem deutschen Kaiser von dem Komitee für das Louisendenkmal in Tilsit überreicht wurde; ferner eine große, getriebene Silberschale nach dem Entwurf des Archtikten des Reichskommissariats Bruno Mehring sowie silberne Figuren mit Bernsteinschalen und silberne Mokkalöffel mit Bernsteingriff. Die Firma

Als vollständig neu für die Gegenwart werden hier zum ersten Male Taschenuhren mit Verwertung des Bernsteins vorgeführt. Ganz neu ist allerdings die Idee nicht, denn schon zur Zeit August des Starken, also Ausgang des 17. Jahrhunderts, wurden derartige Uhren zu fürstlichen Geschenken mehrfach hergestellt.

Die Uhrenfabrik Louis Müller & Co., Biel (Schweiz) sendet nun als Spezialität recht eigenartige und geschmackvolle Uhren, deren Phantasie-Bernsteingehäuse in Königsberg i. Pr. hergestellt wurden.

Auch die Fabrik moderner Zimmeruhren von Etzold & Popitz in Leipzig ist mit einigen Mustern von Uhren mit Bernsteineinlagen vertreten, die sowohl in den Entwürfen als auch in der Technik neu sind.

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Am allerreichhaltigsten stellt aber wieder Fr. Rosenstiel, Hoflieferant in Berlin, aus. Die Firma bringt zur Ausstellung eine Reihe von Gebrauchs- und Ziergegenständen, die zum Teil mit großem Kunstverständnis nach Entwürfen des Mitinhabers Ernst Rosenstiel hergestellt und zumeist mit Gold und Silber montiert sind. Nur ganz erlesenes, wundervolles Material kommt zur Anwendung. Als Hauptstück präsentiert sich ein „Nautilus" mit reliefgeschnitzter Bernsteinmuschel. Dann sind sehr schöne Schalen in allen Nuancen in Blattund Muschelformen vorhanden; eine solche trägt z. B. einen Taschenkrebs aus Bronze. Ferner sind da reizende Bonbonnièren mit Gold montiert, Petschafte, Papiermesser, Uhrhalter, Haar- und Halsschmuck. Besonders ist aufmerksam zu machen auf die höchst eigenartigen und geschmackvollen Schirmund Stockgriffe. Eine sehr reizvolle, vornehme Komposition ist der anbei abgebildete Schirmstock „Falkenklaue", bei dem sich als neu die Montierung mit Schildplatt darstellt, dessen goldig warmer, dunkelbrauner Ton aufs beste

zu dem hellen, feinen Gelb des Bernsteins stimmt. Während bei der Falkenklaue durch feinste Ausführung der Charakter des Rauhen, Geschuppten, der Federn vollständig gewahrt ist, ist die umspannte Kugel in interessantem Gegensatz glatt poliert. Durch das goldene Kettchen mit den Schnallen, welches die Klauen halten, wird auf die Fesselung des Falken bei der Falkenbeize angespielt. Sehr schön ist auch ein anderer mit Schildpatt montierter Schirmgriff, der in halbtransparentem Bernstein einen feingeschnitzten Colliekopf, d. h. den langgestreckten Kopf der schottischen Schäferhunde aufweist. Sehr apart wirkt ein Schirmgriff, der aus durchsichtigem, oben in eine Wolke endigenden Bernstein im Jugendstil gehalten ist und kolbenartige Äste zeigt. Als etwas Neues in der Mode bringt Rosenstiel in moderner Stilisierung kleine Taschenspiegel mit Griff aus Elfenbein und Bernstein. lezteren, die aus einem Stück gearbeitet sind, treten die reizvollen Zufälligkeiten des Materials, das Geflammte und Wolkige bestens hervor. Das umrahmte Kristallspiegelglas verkleinert, aber entstellt nicht und gibt ein deutliches Bild des ganzen Kopfes. Auch reizende Nippes, Bernsteinfelsen und Muscheln mit Figuren aus Bernstein sind vorhanden. Bekannt ist die Ver

Bei

wendung des Bernsteins zu Rauchrequisiten, wo er geradezu von hygienischer Bedeutung ist. Die Firma Rosenstiel, welche schon seit langem auf diesem Gebiet nach dem Auslande exportiert, sendet nun eine große Kollektion (ungefähr 1000 Stück) von Zigarren- und Zigarettenspitzen von den kleinsten und ganz zierlichem Umfange bis zu Exemplaren von ganz seltener Größe; Spitzen und Pfeifchen in allen Arten und mit den verschiedenartigsten Beschlägen, zumeist in Gold gehalten. Ein wahres Kabinettstück ist beistehende 21 cm lange Zigarrenspitze, die aus ganz seltenem, helltransparenten Bernstein in einem Stück klar gearbeitet ist. Um das sich verbreiternde, glatte Rohr windet sich eine züngelnde Schlange, deren Körper den matten Schuppencharakter zeigt. Die Halsbänder und das Krönlein sind von Gold, letzteres mit Email verziert, die Augen werden durch kleine Rubinen gebildet. Als elegante Neuheit bringt die Firma dann noch Zigarrenspitzen in echten, verschiedengemusterten Goldetuis.

Es steht zu hoffen, daß sich der gesamten deutschen Bernsteinindustrie durch die Kollektivausstellung zu St. Louis noch weiterhin der Weltmarkt eröffnen wird. M. v. B.

BERNSTEINSPITZE MIT SILBERBESCHLAG UND SCHIRMGRIFF AUS BERNSTEIN UND SCHILDPATT.

ENTWÜRFE VON E. ROSENSTIEL, AUSFÜHRUNG: FRZ. ROSENSTIEL, BERLIN. AUSGESTELLT IN ST. LOUIS.

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