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Wie unsere Leser sich erinnern werden, hatte unsere Zeitschrift auf Juli vorigen Jahres einen Wettbewerb ausgeschrieben zur Erlangung von künstlerischen Kostümen mit dazu passendem Silberschmuck. Unsere Absicht war dabei, zu versuchen, ob die so oft beklagte Kluft, welche zwischen modernem Schmuck und modernem Kostüm besteht, durch Beiziehung künstlerischer Beihilfe wohl etwas überbrückt werden könnte. Für die Schmuckentwürfe war Silberschmuck vorgeschrieben worden, weil auf diese Art am ehesten eine brauchbare Lösung der gestellten Aufgabe zu erwarten war. Für das Kleid waren keinerlei Vorschriften gegeben, nur sollte jeweils die Figur mitgezeichnet werden, um es auch dem Laien zu ermöglichen, sich ein Bild von der Wirkung des Entwurfs, d. h. von dem getragenen Kostüm, zu machen.

An dieser letzteren Bestimmung sind, um dies gleich vorweg zu nehmen, die meisten Einsender, wenigstens äußerlich betrachtet, gescheitert. Es waren nur ganz wenige Arbeiten eingelaufen, bei denen die Zeichnung dem Typus der modernen Dame auch nur annähernd gerecht zu werden vermochte. Das ist nicht so gleichgültig, als man wohl denken mag. Die Figuren waren entweder Plakat- oder pathetisch aufgefaßte Dekorationsfiguren; in beiden Fällen waren sie nicht geeignet, das Kostüm einer modernen Dame zu tragen, um das es sich doch handelte. Und in der Mehrzahl waren eben die Kostüme auch plakatartig oder pathetisch-dekorativ; es wäre aber besser gewesen, wenn man mehr elegante und originelle Kostüme im Geiste der modernen Gesellschaft zu sehen bekommen hätte.

Dieser Umstand hat die Redaktion bewogen, die meisten der hier veröffentlichten Entwürfe umzeichnen zu lassen, wodurch die Arbeiten etwas wesentlich Verständlicheres bekommen haben. Ganz ließ sich der oben gerügte Mangel jedoch dadurch nicht beseitigen.

Was von den eingelaufenen Arbeiten für die Publikation am interessantesten schien, haben wir in der vorliegenden Nummer, soweit der Raum reichte, veröffentlicht; einige wenige mußten für die nächste Nummer zurückgestellt werden.

Es dürfte kaum einen Zweck haben, die Entwürfe einzeln zu besprechen. Einige Betrachtungen und Erläuterungen allgemeiner Art erscheinen jedoch am Platze.

Die Bedingung, daß Kostüm und Schmuck zueinander passen müßten, hat vielen der Konkurrierenden ersichtlich Kopfzerbrechen gemacht und sie zu allzusehr ausgeklügelten und zwangvollen Lösungen veranlaßt. Ganze, zusammenhängende Linienkompositionen aus Edelmetall über das Kleid auszubreiten, oder in dasselbe hineinzukomponieren, war nicht verlangt, würde auch nicht das richtige Mittel sein, um Kostüm und Schmuck zueinander passend zu machen, ganz abgesehen von der Unbequemlichkeit oder praktischen Unmöglichkeit des Tragens und Anziehens. Man merkte diesen Arbeiten das Verlangen an, es möglichst deutlich zu zeigen, daß der Schmuck für das Kostüm und umgekehrt entworfen sei. Diese künstlerische Absicht lag ja auch dem ganzen Ausschreiben zu Grunde. Die Lösung einer solchen ist aber dann eigentlich als gelungen zu betrachten, wenn sie sich gewissermaßen unbeabsichtigt, d. h. natürlich, ungezwungen und vor allen Dingen einfach präsentiert. Das ist vielfach nicht zum Bewußtsein gekommen, oder doch nicht auszudrücken gelungen. Es ist aber zu erwarten, daß es der Praxis gelingen wird, aus den gegebenen Anregungen das und jenes Einfach-Brauchbare herauszudestillieren.

Das Bestreben, Kostüm und Schmuck enger miteinander zu verbinden, ist gewiß für beide Teile verheißungsvoll und dauernder Beachtung wert. Man muß sich aber hüten, diese Verbindung zu einer allzu engen und unbeweglichen machen zu wollen. Auf diesem Wege kann die Praxis niemals nachfolgen; der Schmuck kann nicht enger dem Kleid angefügt werden, als es die Verschiedenheit des Materiales und der Trageweise zuläßt: Das eine ist textiler, das andere ist metallischer Zierrat; das Kleid ist zum Anziehen, der Schmuck zum Anlegen.

Weiterhin ist noch zu beachten, daß die zeichnerische Behandlung des Themas, wie sie für eine solche Konkurrenz ja die einzig gegebene ist, naturgemäß zu einer starken Be

tonung des linearen und ornamentalen Elementes verleitet. Der harmonische Kontrast der verschiedenen Materialien, der Leinwand, Wolle, Seide, Spitzen, Edelmetalle und Steine kann ja kaum andeutungsweise mit herangezogen werden. So bleibt nichts, als den Konstruktionslinien und Zierformen des Kleides solche des Schmuckes entgegenzusetzen. Damit ist aber, was wir ganz besonders betonen möchten, nur ein Teil der gestellten Aufgabe zu erschöpfen. Nach dieser Richtung hin sind aber auch ganz interessante und wertvolle Lösungen zu verzeichnen gewesen.

Die angewendeten Schmuckmotive basierten meistens auf der Verbindung von Ketten mit einzelnen Schmuckstücken. Man läßt die Ketten von einem Schmuck zum andern laufen, hier auffassen, dort zusammenhalten und schließlich auch frei herabfallen. Eine besondere Ausbildung erfährt dabei der Brustschmuck, während die Brosche, also der übliche Halskragenschmuck, verhältnismäßig wenig Beachtung erfährt. Dagegen ist an verschiedenen Entwürfen Schulterschmuck vorgesehen, und die Ketten auch wohl über die Schulter

weg den Rücken hinunter bis zum Gürtel gezogen. Von einem eigentlichen Gürtel kann man zwar nur in den wenigsten Fällen sprechen, da so gut wie alle Entwürfe die Grundform des sogen. Reformkleides akzeptiert haben, das in der Taille nicht anschließt. Daß sich übrigens auch damit eine Gürtung sehr gut verbinden läßt, zeigt u. a. der mit dem ersten Preise bedachte Entwurf. Öfter als dieses Motiv ist das offene, durch Schmuck verschließbare Jäckchen zu sehen. Im ganzen kann man sagen, daß sowohl Kleidung als Schmuck wohl noch zierlicher und eleganter auftreten dürften, als die meisten unserer Entwürfe zeigen.

Wenn mit unserer heutigen Veröffentlichung da und dort fruchtbare Anregungen ausgestreut werden, wenn unsere Zeichner und Goldschmiede dadurch zum Nachdenken über die Schaffung neuer Schmucktypen angeregt werden sollten, so ist der Zweck unserer Schmuck- und Kostümkonkurrenz erfüllt, die außerdem noch die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf unsere Sache gelenkt hat.

R. R.

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Es wird kaum ein Gewerbe geben, dessen Erzeugnisse solche Verschiedenheiten im Preise aufweisen, wie es bei der Goldschmiedekunst der Fall ist. Man kann ebensogut Schmuck für ein Paar Pfennige kaufen, als man ein Vermögen für einzelne Stücke anlegen kann. Ebenso verschieden ist die Zeit, welche unsere modernen Schmuckerzeugnisse zu überdauern bestimmt sind. Es gibt Schmuck, der ein Saisonerzeugnis im wahrsten Sinne des Wortes ist, dessen Geschmacksrichtung und Dauerhaftigkeit gar nicht auf eine längere Benutzung berechnet ist, und wir haben Familienschmuck, der sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbt.

In engem Zusammenhang mit diesen Verschiedenheiten steht es, wenn die Geschmacksdifferenzen, die in der sozialen Stellung des Käufers begründet sind, sich wohl nirgends so schroff ausprägen, als im Schmuckverkauf. Der Kenner wäre im Stande, in einer modernen Juwelierauslage ohne weiteres goldnen, silbernen und Doubléschmuck voneinander zu unterscheiden, auch wenn alles gleichmäßig vergoldet wäre: Jedes dieser verschiedenen Materialien hat seine eigenen Muster, seine ganz spezielle Formensprache, die sich indessen weit weniger auf die Eigenschaften des betreffenden Materi

ales gründet, wie man wohl glauben könnte, als vielmehr auf den besonderen Geschmack derjenigen sozialen Schicht, welche im wesentlichen dafür als Käufer auftritt. Denn soviel unsere Zeit auch schon nivelliert hat: Die verschiedenen Stände in ihrer Lebensauffassung und ihrem Geschmack einander gleich zu machen, hat sie doch nicht vermocht.

Es handelt sich dabei weniger um Unterschiede der Kunstliebhaberei und des Kunsturteils. Diese sind doch mehr individueller Natur, als daß man hier Unterschiede der sozialen Stellung machen könnte. Sondern es handelt sich um eine prinzipielle Stellungnahme zu den modernen Kunstströmungen überhaupt, die je nach der sozialen Stellung des Käufers wieder eine andere ist. Wo der eine grundsätzlich nach dem Neuesten fragt, will der andere alles, bloß nichts Modernes. Einerseits wünscht man keinesfalls aufzufallen, ein andres Mal ist nichts apart genug. Es ist nun eigentümlich zu beobachten, daß das fortschrittlichste und für aparte und originelle Wirkungen zugänglichste Material das Silber für das Schmuckgewerbe ist; schon wesentlich spröder und konservativer gegenüber den modernen Formen hat sich das Gold gezeigt, und am meisten widerstrebt der modern

künstlerischen Behandlung die in Brillanten ausgefaßte Schmuckarbeit. Das Doublé arbeitet im allgemeinen in stärkeren Wirkungen als Gold und Silber, und die unechte Galanterieware zeigt eine bunte Mischung von apart-modernem Geschmack und vulgärer Stillosigkeit. Es ist das ganz selbstverständlich keine für jeden Einzelfall gültige Aufstellung, aber im großen und ganzen erhält man diesen Eindruck, und die Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Sicherlich spricht bis zu einem gewissen Grade das Material und seine Eigenheit hier mit. Es wäre durchaus unrichtig, Doublé genau in der Weise zu verarbeiten und auszugestalten, wie gutes Gold, und Granatschmuck wie eine

Die beiden Pole derselben sind einesteils die Gier nach Neuem und Neuestem, die wir als eine schwere Schädigung einer gesunden Geschmacksentwickelung erst neuerdings besprochen hatten, und der Konservativismus, der nur für eine ihm durch Tradition und Gewöhnung vertraut gewordene Formensprache zu haben ist, und der ebenso, wie die erstgenannte Auffassung, zum Hemmschuh und zur Schädigung eines berechtigten Fortschrittes werden kann. Dieser Konservativismus ist besonders in hochstehenden und begüterten Kreisen vielfach vertreten, und es ist schon manches Klagelied darüber angestimmt worden, daß gerade hier so gar keine Liebe und Verständnis für modern-künstlerischen Schmuck

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in Brillanten gefaßte Arbeit. Es wäre sogar recht wünschenswert, jedes Material deutlich als das zu zeigen, was es ist, und die speziellen Vorzüge jedes Einzelnen recht sorgsam und eingehend zu entwickeln. Aber das könnte ganz wohl auf dem gemeinsamen Boden der modernen Kunst geschehen, und es wäre der Natur der Sache nach nicht notwendig, daß moderner Künstlerschmuck, trotz oft gewagter Exzentrizitäten, in Silber sich leicht und rasch, in Gold aber äußerst schwer oder gar nicht einführen läßt. Denn ausführen lassen sich alle beide gleich gut.

Dieser Unterschied ist im wesentlichen bedingt durch die verschiedene Auffassung der einzelnen Käuferkreise, oder anders ausgedrückt, durch die vorhandenen sozialen Geschmacksverschiedenheiten.

sich entwickeln will. Bedauerlich ist diese Erscheinung gewiß, aber bei näherer Betrachtung wird sich auch hier eine gewisse innere Berechtigung nicht leugnen lassen.

Man kann Schmuck aus zwei Gründen kaufen, nämlich einmal, um sich zu schmücken, andernteils, um ihn zu besitzen. Das scheint eine Haarspalterei, oder mindestens eine überflüssige Unterscheidung, denn zwischen Kaufen und Besitzen-Wollen wird man keinen Unterschied sehen wollen. Und doch ist ein solcher insofern vorhanden, als die Freude am persönlichen Schmuck den Wunsch nach Wechsel begünstigt, während das Streben nach dauerndem Besitz naturgemäß mehr konservativer Art ist. Wer sich schmückt, tut dies doch vorwiegend für andere; die Freude am Besitz aber ist eine hauptsächlich persönliche und abschließende.

Das erstere Prinzip wird vorwiegend danach streben, modern zu erscheinen, mit der allgemeinen Modeströmung übereinzustimmen, das andere, seinen Besitz einheitlich und harmonisch zu ergänzen und auszubauen.

Es erscheint nun wohl begreiflich, daß gerade die vornehmsten Kreise, die sich eines altererbten Namens und Besitzes erfreuen, wenig geneigt sind, zu ihrem schon vorhandenen Schmuckbesitz ohne weiteres Neues hinzuzukaufen, dessen Formensprache und Ausdruckweise mit dem Übrigen in gar keinem Zusammenhange steht. Und je kostbarer und wertvoller der Schmuck ist, je mehr also mit einem lange dauernden Besitze desselben gerechnet wird, um so schwerer und zögernder wird man sich zu Formen entschließen, deren Berechtigung durch keinerlei Tradition noch begründet ist. Man darf nun natürlich nicht denken, daß etwa nur die feudale hochadlige Gesellschaft diese zurückhaltende Stellung

auszuwählen, deren Hauptwert darin gesucht wird, daß sie ,,zeitgemäß ist. Das bedingt nun wohl ein häufigeres Kaufen, aber natürlich auch ein Sich-Begnügen mit weniger solider und wertvoller Ware. Schließlich kommen wir, auf diesem Wege abwärts schreitend, in den Bereich der Käufer billiger und unechter Galanterieware, die nur kaufen, weil sie das Neueste haben wollen, und die den Schmuck lediglich als Ausputz behandeln, dessen Benutzungsdauer die eines Toilettenbestandteiles nicht zu übertreffen braucht.

Mit diesen Verhältnissen hängt es nun zusammen, daß die Bestrebungen, welche ein näheres Hand- in Handgehen der Kleidermode und des Schmuckes bezwecken, am meisten Erfolg in der unechten Galanterieware und im Silber haben, weil diese, die billig sind und deshalb häufiger gewechselt werden, sich den Schwankungen der Kleidermode eher anpassen können als gute und kostspielige Ware, die man

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einnimmt. Bei Käufern aus bürgerlichen Kreisen mit altererbter Wohlhäbigkeit und solidem Besitz kann man die gleiche Beobachtung machen. Die Kette und die Brosche für die Frau des reichen Bäckermeisters X in Y muß schwer von Gold sein und darf schon ein ordentliches Stück Geld kosten. Aber „modern" darf sie nicht sein, und überhaupt keinen „Stil" im Sinne der Kunstgeschichte haben. Sie soll auch keineswegs altmodisch sein, sie soll eben, wenn ich mich so ausdrücken darf, den Stil bürgerlichen Wohlstandes aufweisen.

Im Gegensatz hierzu ist die fluktuierende Bevölkerung unserer Großstädte, das Heer der industriellen Angestellten, das Unternehmertum jeden Maßstabes usw., deren ganze Berufsarbeit und Tätigkeit im modernen Leben wurzelt, nicht im Zusammenhang, sondern vielfach im Gegensatz zum Vergangenen, viel mehr geneigt, alles, was sie kaufen und besitzen, vom Standpunkte der „Ausstattung" zu betrachten und

Indessen,

sich im allgemeinen fürs Leben kauft. ich möchte nicht falsch verstanden werden, soll damit nicht gesagt werden, daß deswegen teure und ältere Schmuckstücke zu einem modernen Kleide nicht getragen werden können: Die Wirkung guten Goldes und echter Steine in ihrer von keinem Surrogat auf die Dauer zu erreichenden Schönheit ist eine so vornehme, daß sie fast mit jeder von der Toilette gegebenen Umgebung zusammenstimmt und diese beherrscht, so daß ein formaler Mißklang gegen diese hier weit weniger ins Gewicht fällt als bei einem geringeren Material. Doch dies nur nebenbei.

Allen den betrachteten Käuferkategorien ist aber eines gemeinsam: Wenn sie auch noch so wenig vom modernen Stil und von Künstlerschmuck wissen wollen, sie kaufen doch alle etwas Neues lieber als etwas Altes. Wenn sie auch die neue Kunst verschmähen, für das neue Muster sind sie alle empfänglich. Und darin liegt das Schädigende des Kon

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