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Untersuchungsstelle des Verbandes

für Gold- und Silberwaren seit dem Inslebentreten des Verbandes besteht, und daß den Goldschmieden nur dringend geraten werden kann, sich recht häufig an diese zu wenden, und die Qualität zu besonders verlockenden Preisen angebotener Waren amtlich feststellen zu lassen, namentlich die unter dem Namen: 13, kar. ausgeschwemmt, 13, kar. mit Silberboden und 8 kar. Chatons oder Schnörkeln und dergleichen Schmucksachen mehr.

Es ist übrigens auf dem Verbandstage mehr von Silberboden- wie von ausgeschwemmter Ware gesprochen worden, und wir unterstützen mit aller Energie hinsichtlich der ersteren die Ausführungen des Berichterstatters Richter-Hamburg, daß die auf allen Karten, auf denen Silberboden-Broschen usw. aufgenäht sind, prangende Inschrift „Gold mit Silberboden" eine bewußte Unwahrheit ist, an deren Stelle unbedingt die Bezeichnung „Doublé mit Silberboden" gesetzt werden muß. Durch derartige Unwahrheiten das Vertrauen des Publikums zu täuschen, ist des deutschen Goldschmiedes unwürdig! Die sieben Broschen, welche in Halle auf dem Tische des Hauses als würdige Vertreter der Silberboden-Familie aufgelegt waren, stellen ebenso viele Anklagen gegen die Fabrikanten dar,

welche sie als „Gold" mit Silberboden in den Handel brachten, wie auch gegen die Grossisten und Detailleure, die sie weiter verkauften. Einige über diese Art Broschen angestellte Proben ergaben Feingehalte von 84 und 86 Tausendteilen, es kann also von Gold keine Rede mehr sein, sondern ausschließlich von Doublé, und es ist daher durchaus gerechtfertigt, eine Bezeichnung der SilberbodenWare mit „Double" statt Gold durchzuführen.

Daß dieser Silberboden-Schund überhaupt vorhanden ist, daran sind wir alle schuld, ob Fabrikanten, Grossisten oder Detailleure. Es ist stets das alte Lied: der eine bringt eine gute billige Ware in vertrauenswerter Zusammensetzung, von anderer Seite wird sie billiger und immer billiger angeboten, bis dann aus der guten billigen Ware eine schlechte billige Ware, mithin Schund, geworden ist. Diese Ware gehört nicht in den Laden des Goldschmieds, sondern in das Warenhaus. Der Goldschmied hat der Konkurrenz des Warenhauses gegenüber nicht nur bei besseren Waren dem Publikum den Vorteil zu bieten, daß er diesem als Vertrauensmann gilt, sondern es muß so auch bei den billigen Waren sein, und damit hätte der Goldschmied eine vorzügliche Waffe in der Hand, um der Konkurrenz der Warenhäuser zu begegnen,

wenn er vom ersten bis zum letzten Stück in seinem Laden sagen könnte, dieses hat soviel und jenes hat soviel Tausendteile Goldgehalt. Das erweckt Vertrauen, und Vertrauen bringt die Kundschaft ohne Reklame ins Haus. Die Silberboden-Ware ist keine solche, zu der man Vertrauen haben kann, damit betrügen wir uns alle selbst und einer den andern. Der Fabrikant macht sie, weil es früher einmal gute Silberboden-Ware gegeben hat, und solche mit diesem Namen noch immer als billiger Schmuck verlangt wird, der Grossist führt sie aus dem gleichen Grunde. Während er aber seine gestempelte 8 kar. und 14kar., ja sogar seine Doublé-Schmucksachen in regelmäßigen Zwischenräumen auf ihren Gehalt kontrollieren läßt, tut er dies niemals bei der SilberbodenWare, da er sich mit Recht sagt: Der Mensch versuche die Götter nicht und begehre nimmer zu schauen, was die Fabrikanten zusammenbauen. Er gibt sie mit dem Vermerk „Gold mit Silberboden" auf den Karten an den Detailleur weiter, und dieser verkauft sie an das Publikum, alle in dem Bewußtsein, eine unkontrollierbare Ware in den Handel gebracht zu haben, die verlangt und in großen Mengen abgesetzt wird, und an der auch verdient werden kann, weil niemand auf Grund irgend eines angegebenen Goldgehaltes den wahren Wert ausrechnen kann. Und aus diesem Grunde wird sie, leider Gottes, wohl noch nicht so bald aus der Welt verschwinden.

Bei Silberboden-Schmuck in irgend einer Weise den wirklichen Gehalt an Gold anzugeben, ist der Eigenart der Fabrikation wegen unmöglich, anders ist dies beim Doublé, wo der gewissenhafte Fabrikant sehr wohl in der Lage ist, auf das genaueste anzugeben, wieviel Tausendteile Gold seine Ware enthält. Und diese Kritik nach Tausendteilen ist die einzige gerechte und zuverlässige, die man bei Goldwaren, so gering sie auch sein mögen, anwenden kann und darf. Es erschien im Journal der Goldschmiedekunst vom 13. August ein Artikel ,,Silberdoublé und Goldscharnier", der in der Hauptsache wohl eine Idee gab, was unter diesen Bezeichnungen zu verstehen ist, der in den Einzelheiten aber viele Fehler enthält. Wir greifen nur den einen heraus, daß die obere Auflage beim Doublé immer Gold sei, und zwar in den Feingehalten von 35 bis zu 110 Tausendteilen; das ist nicht der Fall. Die Goldauflage ist meist 14 karät. Gold, und erst wenn sie mit der Silberunterlage zusammengeschmolzen und über das Gemisch eine Probe gemacht wird, ergiebt sich ein Goldgehalt von 35 bis 110 Tausendteilen, welch letzterer für die besseren Goldscharnierwaren gilt, während der erstere für die amerikaner

Doubléwaren zutrifft, und gute Silberdoubléwaren um 80 Tausendteile herum Goldgehalt haben. Es wäre also sehr leicht und einfach, die Ware je nach dem Feingehalt mit 35 er, 50 er, 75 er oder 110er Doublé zu bezeichnen und dadurch einer dem andern Käufer eine gewisse Garantie zu leisten.

Die bisher übliche Bewertung des Doublé nach Prozenten der Goldauflage ist eine ganz willkürliche und unsichere. Wenn ich z. B. die Goldauflage 10 Nummern dick und die Silberunterlage 90 Nummern dick nehme, so habe ich ein Doublé mit 10% Goldauflage; und nehme ich eine Goldauflage von 5 Nummern und eine Silberunterlage von 45 Nummern, so habe ich auch 10% iges Doublé, die Goldauflage ist aber um die Hälfte dünner wie im ersteren Falle. Ferner ist es ein großer Unterschied, ob das Doublé vor oder nach der Fabrikation 10% Goldauflage hat. Der gewissenhafte Fabrikant richtet es so ein, daß die fertige Ware 10% ig ist, sein Konkurrent nimmt 10% iges Doublé, setzt es allen Strapazen der Fabrikation aus, und wieviel Gold dann nach dem Polieren noch auf der Ware ist, geht ihn nichts an, wenn er nur recht viel aus seinen Polierlumpen zurückerhält. Es sollte deshalb bei allen Doubléwaren, wie es bei Ketten schon jetzt vielfach geschieht, ein gewisser Feingehalt an Gold garantiert werden, der sich ergibt, wenn man die Ware zusammenschmilzt und eine Probe darüber machen läßt. Ein solche Garantie wäre gut für den Fabrikanten, den Grossisten, den Detailleur und das Publikum, zumal letzteres sich immer mehr daran gewöhnt, beim Einkauf von Schmuck nach einem Stempel zu sehen, und ebenso wie man 8 Karat mit 333 stempeln darf, wäre es für die Doubléwaren mit 35, 80 oder 110 zulässig. Bei einer solchen Stempelung wäre dann auch unlauterer Wettbewerb leicht aus der Welt zu schaffen.

Die Hauptsache aber ist, daß eine solche garantierte Doubléware als voller Ersatz für den Silberboden und ausgeschwemmten Schmuck, der auch weiter nichts ist als Doublé, verkauft werden kann. Allerdings ist das Wort „Double" beim Publikum nicht beliebt und wird die damit bezeichnete Ware mißtrauisch angesehen, man braucht die letztere ja auch nicht Doublé zu nennen, und schlagen wir vor, statt dessen Goldplattiert zu schreiben und hinzuzusetzen: mit 25, bzw. 50 bis 12500 Goldgehalt, dann haben wir dem Mißtrauen des Publikums Rechnung getragen und sind Goldschmiede geblieben. Wir glauben auch, daß ein Fabrikant oder Grossist, der Ware mit einer Bezeichnung „goldplattiert mit 5000 75 Goldgehalt" z. B. herstellte oder in den Handel brächte, gute Geschäfte machen würde. Aufrichtigkeit ist die beste List.

Wie der Bernstein entstanden ist? Von Dr. Hans Braun, Berlin.

Vor vielen, vielen tausend Jahren sah es bei uns etwas anders aus. Wenn auch weite Landstrecken mit Nadelwald dicht bedeckt waren, so zeigte sich schon das Herannahen einer neuen Erdperiode. Eichen, Buchen, Weiden, Magnolien und Palmen hatten die Schachtelhalme und Farrenbäume verdrängt und machten nun auch dem Nadelholz den Platz streitig. Bedeutend wärmer war es damals in der gemäßigten Zone, denn sogar Grönland trug einen Pflanzenschmuck, wie wir ihn heute nur im lichten Süden wiederfinden. Seit jener Zeit der Kreideformation steht es schlecht mit unseren Nadelbäumen; sie sind dem Untergang geweiht. Nicht nur ihre Anzahl sondern auch die Arten nehmen nach und nach ab, und Bäume, die in jenem fernen Zeitalter große Waldbestände ausmachten, die auch zu Beginn unserer Zeitrechnung in unseren Wäldern noch häufig zu finden waren so berichten alte Sagen und auch schriftliche Überlieferungen sind heute große Selten

heiten geworden. Die wenigen Eiben werden sorgsam gewartet, die Mammutbäume sind der Stolz der amerikanischen Nation, und auch von wissenschaftlicher Seite wird bedauert, wenn solch ein Mahner aus vergangenen Zeiten untergeht. Um diese Zeit, da es, wie es in dem schönen Studentenliede heißt, in den Schachtelhalmen rauschte, und der Pterodactylus die Ichthyosaura küsste zu jener Zeit hatte auch die Südküste Schwedens ein anderes Aussehen als heute. Das Land zeigte eine Vegetation, wie sie heute in ganz Europa nicht mehr anzutreffen ist, die man aber noch kennen lernen kann, wenn man sich in die schöne Heimat begibt, jenes tapferen, kriegerischen Inselvolkes, welches sich so wacker gegen den russischen Bären wehrt. Dort wächst heute noch die Bernsteinkiefer. Sie ist eine nahe Verwandte der Fichte wir nennen sie auch wohl Rot- oder Pechtanne die uns zur Zeit der winterlichen Sonnenwende im Lichterglanz erfreut. Uralt

können diese Bäume werden, und im Böhmerwalde stehen Stämme, welche schon seit 700 oder 800 Jahren ihre Äste dem Sturm und Wetter entgegenstrecken. Durch ihren Harzreichtum sind die Bäume schon von alters her sehr geschätzt.

Moderne Botaniker sind der Ansicht, daß die Abscheidung von Harzen und ätherischen Ölen einen krankheitsähnlichen Zustand der Pflanzen bedeuten; vielleicht sind es auch Krankheiten, die sogar erblich sind. Der dicke, honigartige Balsam, der aus Verletzungen der Nadelbäume heraustritt, ist heute als Terpentin im Handel. Man schlägt die Bäume an, um das wertvolle Produkt zu gewinnen, welches sich in Harzgängen in der Nähe der Rinde abscheidet. Aus dem Terpentin gewinnt man heute durch Destillation das Terpentinöl, während ein sprödes Harz (amerikanisches Harz, Fichtenharz) unter der Bezeichnung Kolophonium zurückbleibt.

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Wie es gekommen ist, daß damals in der Kreidezeit die Bernsteinkiefern so große Mengen Balsam von sich gaben, ist heute wohl nicht mehr aufzuklären, soviel aber steht fest, daß die Bäume den Balsam nur durch schwere Verletzungen verlieren. Durch irgendwelche Umstände sind die Harzmassen der einzelnen Bäume nun zusammengelaufen, vielleicht auch unter der Glut der Sonnenstrahlen erst später zusammengeschmolzen und wurden dann bei irgendwelchen Erdrevolutionen im Gestein verschüttet. Im Laufe der Jahrtausende hat der Balsam dann eine chemische Zersetzung erfahren, welche begünstigt wurde durch den großen Druck, der auf den Massen ruhte. Der Ostsee ewig gleiches Wellenspiel hat die Stätte der Entstehung des Bernsteins vernichtet und die Überreste auf ihrem Grunde begraben so gelangte der Bernstein in das Wasser. Allmählich hatten sich aber vom Norden her riesige Eismassen gen Süden vorgedrängt die Eiszeit brach herein. Was droben in Schweden den Erdboden bedeckte, wurde von einer kristallklaren Eiskruste umgeben, und die Wogen der Ostsee, welche damals noch über einem großen Teil Norddeutschlands flutete, trugen die Eisblöcke gen Süden. Hier mußten sie den Strahlen der Sonne erliegen und alles, was ihr Inneres barg, mußte zu Boden sinken. So ist es gekommen, daß wir heute den Bernstein nicht nur an der Ostseeküste sondern auch weiter innen im Lande finden. In dem Schwemmland des Elsaß, Schlesiens, Westfalens, in Westpreußen, Pommern und in Sachsen hat man den Bernstein gefunden, und auch im Sande der Braunkohlenformation ist er durchaus nicht selten.

Als Zeichen der Echtheit verweist man auf die häufigen Einschlüsse, welche Bernstein aufweist. Diese Einschlüsse sind von hoher, wissenschaftlicher Bedeutung, denn sie beweisen uns, daß zu jener Zeit Insekten gelebt haben, deren Arten heute nicht mehr vertreten sind. Fliegen, Ameisen, Spinnen, sogar Schnecken hat man in dem Bernstein gefunden, und jene Überreste aus längst vergangenen Zeiten sind so gut erhalten, daß der Fachmann an ihnen jedes Härchen, jede Membran erkennt. Pflanzliche Überreste werden im Bernstein in weit größerer Menge gefunden. Nicht nur Blüten

kätzchen von Kastanien und Eichen sondern auch Blätter oder Blattstücke von Fächerpalmen, Zimmtbäumen und sogar eine Blüte von der Größe eines Zweimarkstückes der Stuartia Kowalewski hat man im Bernstein gefunden. Werden von diesen Einschlüssen Dünnschliffe angefertigt, so sieht man, daß nicht mehr jene Insekten oder Blattreste selbst vor uns liegen. Die organische Masse ist zerstört, und nur der haarscharfe Abdruck ist übrig geblieben. Der innere Hohlraum ist von einer kohligen Masse ausgefüllt. Im ganzen hat man bis jetzt 163 verschiedene Pflanzen- und Tierfragmente im Bernstein bestimmt.

Als Familienerbstücke werden hier und da Schmuckstücke aus Bernstein aufbewahrt mit irgend welchen derartigen Einschlüssen. Sie werden teuer bezahlt, aber wie leicht ist es, sie nachzuahmen. Der Laie erkennt diese Fälschung wohl niemals, der Fachmann dagegen stets. In den Bernstein wird ein Loch eingebohrt, eine Ameise, Biene oder irgend ein anderes Insekt auf den Grund des Bohrloches gelegt, und um die Bohrung selbst wieder auszufüllen, mit geschmolzenem Dammar, Mastix oder irgend einem anderen Harzgemisch zugegossen. Bernstein wird von Alkohol kaum angegriffen, desto leichter aber die anderen Harze. Es ist also eine Kleinigkeit durch Behandlung mit Alkohol das Bohrloch zu entdecken.

Interessant ist die Mikroskopie des Bernsteins. Bei entsprechender Vergrößerung kann man in dem fossilen Harz Hohlräume entdecken, welche den tausendsten Teil eines Millimeters oder auch weniger messen. An den Wänden dieser feinen Bläschen bricht sich das Licht viel tausendfältig und ruft Färbungen des Bernsteins hervor, welche in der Regel einen weißlichen Ton besitzen. Derselbe Umstand also,

ENTWURF ZU EINER SILBERKANNE

VON C. NIES, STUTTGART.

dem die weißen Blütenblätter des Gänseblümchens ihre Farbe verdanken, gibt dem Bernstein seine weiße Trübung. Der Bernsteinarbeiter weiß, daß man ein wertvolles Stück Bernstein durch vorsichtiges Kochen in Öl leicht klären kann. Das was die Praxis gelehrt, wird durch die wissenschaftliche Untersuchung bestätigt. Durch die mikroskopisch kleinen Hohlräume, Risse und Spalten tritt das Öl, in dem der Bernstein klar gekocht wird, in das Innere ein, um alle Hohlräume auszufüllen. Da Rüböl und Leinöl etwa denselben Brechungskoeffizienten besitzen wie Bernstein, so ist es klar, daß die Lichtstrahlen keiner Zerlegung mehr ausgesetzt sind, und der Bernstein klar erscheint.

Es gibt noch eine Reihe anderer fossiler Harze, welche ebenso wie Bernstein sich aus früheren Erdperioden bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Zunächst die Verwandten des Bernsteins, der Gedanit, der sizilianische, birmanische und rumänische Bernstein, die allerdings nur in geringerem Umfang zu Schmucksachen verarbeitet werden; der mexikanische Bernstein, der nicht als Schmuck sondern als Feuerungsmaterial dient, und schließlich die vielen Kopalarten, ein wichtiges Rohmaterial für die Lackfabrikation. Auch aus Bernstein wird Lack bereitet. Er muß aber, um sich in Terpentinöl,

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plötzlich ein internationaler Modeartikel geworden, gerade wie zu Biedermanns Zeiten die Schnupftabaksdosen. Noch eine andere, wohl weniger bekannte Ehrung ist dem vertrauten Handwerkszeuge seit mittelalterlichen Zeiten zuteil geworden; sie dürfte noch höher einzuschätzen sein, da sie nicht die launische Modegöttin, sondern die „alma mater“ der Wissenschaften zur Beschützerin hat. In Spanien und in Landen spanischer Zunge gilt der Löffel von jeher als Wahrzeichen des Studententums. Die Erklärung hierfür bedarf keines besonderen Scharfsinnes. Waren es doch seit Jahrhunderten Scholaren, fahrende Sänger und sonstige Anhänger brotloser Künste, die, auf die Mildtätigkeit ihrer Mitmenschen angewiesen, nach Bettelsuppen und Freitischen fahnden mußten. Dazu brauchte man aber, außer dem natürlichen Eẞbesteck der Hände und Zähne, in erster Linie den Löffel. Und keck, als Zeichen des Vorrechtes der akademischen Jugend auf Freibeutereien nach täglicher Atzung, trug man den Löffel — wie eine Federim Hutband. Daran erkannte man den meistens sehr gefürchteten Studenten, der die Gastfreundschaft suchte und nötigenfalls zu erzwingen verstand. Noch heute ist der mittelalterliche Dreispitz mit einem kokett seitwärts am Hut befestigten Löffel das charakteristische Requisit und Wahrzeichen der spanischen „estudiantina“.

Der Löffel der mittelalterlichen Studenten war indes kein Kunstgegenstand. Man schnitt ihn schlecht oder recht aus gefügigem Holze, und erst das achtzehnte Jahrhundert ersetzte ihn als Eẞlöffel durch den blechernen. Wer in der damaligen Weißblech-Industrie am besten verzinnen konnte, hatte auch die größte Produktion an Löffeln aufzuweisen. Und das war besonders in Sachsen und Thüringen der Fall, wo die Verzinnkunst ihre Heimat hat. Das eigentliche Schmieden der Löffel

aus Stabeisen galt den Löffelmachern nicht als die schwierigste Arbeit. Man schmiedete und reckte die Stange und bearbeitete sodann die runde oder ovale Form der Schale. In den Werkstätten des „Tlufers" wurden letztere geschnitten und vertieft; darauf nahm sie der Verzinner in seinem damals sehr geheimnisvollen Laboratorium in Bearbeitung. Besondere Schwierigkeit bereitete die Herstellung der Beize, wozu man in Ermangelung von Schwefelsäure organische Säuren benutzte aus Sauerteigen von Mehl und Kartoffeln. Das Poliereisen gab dem Löffel schließlich den Glanz. Emaillierte und silberplattierte Löffel haben heute den verzinnten Blechlöffel verdrängt und antimonhaltige Legierungen auch den allerbilligsten Sorten ein bestechendes Äußere verliehen.

Man dürfte nicht fehlgehen wenn man die Anfänge der Liebhaberei für Andenken- und Erinnerungslöffel in die Zeit des siebenjährigen Krieges verlegt. Denn gerade für die Ausbreitung der Löffelindustrie, die ihren Sitz im sächsischen Erzgebirge hatte, war das Ende des siebenjährigen Krieges der Wendepunkt. War die Löffelindustrie bereits seit langem dort zur Blüte gekommen, so gab ihr der vermehrte Gebrauch in der völkerbewegenden Kriegszeit einen noch höheren Aufschwung. Man begann, die Löffel für besondere Liebhaber mit Ornamenten, mit Silhouetten und sogar mit Versen zu schmücken, und tausende von Soldaten entführten die schönsten Stücke dieser eigenartigen Landesindustrie aus dem Erzgebirge als Andenken in ihre häufig weit entfernte Heimat. Bestellungen aus Nah und Fern waren die Folge davon: selbst das Ausland holte sich auf diese Weise aus dem Schlachtengebiet des siebenjährigen Krieges die zur Begründung des neuen Industriezweiges nötigen Kenntnisse und Musterstücke. A. H.

Unsere Bilder.

Unser Musterblatt enthält diesmal Entwürfe von E. Schmidt, Zeichner in Pforzheim, für künstlerischen Silberschmuck. Wir haben schon öfter derartiges gebracht, so daß besondere Erläuterungen wohl unnötig sind. Auf die frische, gewandte Erfindung und flotte Linienführung darf aber besonders aufmerksam gemacht werden, denn diese Vorzüge sind den Entwürfen in nicht gewöhnlichem Maße zu eigen.

Einen grundverschiedenen Charakter zeigen die Arbeiten der bekannten Firma Peter Deines & Söhne in Hanau, die wir uns freuen, als weiteren Beitrag zu unserer Berichterstattung über die Weltausstellung in St. Louis hier veröffentlichen zu können. Bei den Entwürfen zu diesen Arbeiten zeigt sich, so durchaus modern und künstlerisch sie aufgefaßt sind, doch auf das sorgsamste ihr technischer Charakter als feine Gold- und Juwelenbijouterie gewahrt, so daß das so oft anzutreffende Vorurteil, der moderne Stil ,,eigne" sich nicht für Juwelenarbeit, hier auf das schlagendste widerlegt erscheint. Wie die auf S. 137 abgebildeten Broschen zeigen, ist in dieser Kollektion auch einer graziösen Pflanzen

ornamentik in glücklichster Weise ihr Recht geworden. Bei der schwachen Beteiligung der deutschen Schmuckindustrie an der Weltausstellung ist es doppelt dankbar zu begrüßen, daß Hanau die schwierige Aufgabe einer Kollektivausstellung in so hervorragender Weise gelöst hat. Die Hanauer Schmuckausstellung hat in St. Louis hohe Anerkennung gefunden, und es ist zu hoffen, daß für die Beteiligten auch ein materieller Erfolg nicht ausbleibt.

Straff und sicher, von bemerkenswerter künstlerischer Knappheit sind die beiden Entwürfe zu einem Leuchter und einer Kanne, die wir von C. Nies in Stuttgart heute vorführen können. Wir werden bei anderer Gelegenheit auf Arbeiten dieses Künstlers zurückkommen.

Einige originelle Stilisierungen von Vögeln finden wir an den Entwürfen zu einer Schmuckgarnitur von J. Klauer in Offenbach a. M., während die drei Uhrentwürfe auf der letzten Seite, die aus einem Preisausschreiben unseres Verlages hervorgegangen sind, durch die wirkungsvolle Anwendung moderner Streumuster bemerkenswert sind. R. R.

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