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Unter dem Vorurteil, welches weitere Kreise unserer Zeit gegen kräftige Schmuckwirkungen hegen, hat besonders auch der Stein- und Brillantschmuck zu leiden. Man findet es für originell, ihn aufdringlich und protzig zu nennen, als ungeeignet und unfein für junge Mädchen, und was nicht alles noch mehr. Eigentümlich ist jedenfalls, daß gerade die größten Künstler des Schmuckes, wie Lalique und Wolfers, bisher keinen reinen Brillantschmuck gefertigt haben.

Man sollte daraus fast schließen, daß diejenigen recht haben, die meinen, daß Brillanten und reiche Goldschmiedekunst sich überhaupt nicht vertrügen. In einem sehr interessanten Bericht über die Goldschmiedekunst zur Zeit der Pariser Ausstellung*) schreibt Prof. E. Schwedeler-Meyer: „Der Brillant kann sich seiner Umgebung nicht unterordnen. Auf Entfernungen, in denen die Zartheiten und Feinheiten der Goldschmiedearbeit nicht mehr sichtbar sind, wirkt er noch mit voller Kraft, in der Nähe ist sein Glanz so stark, daß alles Detail gegen ihn bedeutungslos wird. Wo er nicht Hauptperson sein kann, ist er ein schlechter Mitspieler. Sein Glanz und Feuer ist eine Naturkraft, die sich dem Willen des Menschen nicht fügt und seinen Absichten nicht unterordnen läßt. Wenn die Juweliere sich nicht mit den einfachsten Formen des Schmuckes, der Aneinanderreihung der Steine, be

*) Aus „Die Krisis im Kunstgewerbe", herausgegeben v. Richard Graul.

gnügen, und andrerseits von den Geschmacklosigkeiten der letzten Dezennien sich entfernen wollen, so scheint die Hilfe, die von der Goldschmiedekunst verlangt wird, umsonst gefordert zu sein. Ein einziger Ausweg scheint aus diesem Zwiespalt hinauszuführen, und das ist der Verzicht auf eine geschlossene Komposition, die Auflösung des Brillantschmuckes in einzelne vortrefflich gefaßte Steine. Und der Bundesgenosse, der dem Vorhaben hilfreich zur Seite stehen wird, das ist nicht die Goldschmiedekunst, sondern die textile Kunst. Wenn Samt- und Seidenstoffe dem edeln Stein als Hintergrund gegeben sind, wird er in seiner „splendid isolation" eine bessere Wirkung erzielen, als dies mit der Hilfe des Goldschmiedes möglich ist."

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Wir bringen diese interessanten Ausführungen hier, weil sie uns zu unsern Modebildern zu passen scheinen. Hier sind ja Steine als unmittelbarer Schmuck moderner Damentoiletten verwendet. Es kann ja keine Rede davon sein, daß Juwelenschmuck nicht mehr in geschlossenen Kompositionen ausgeführt werden soll, wenn es nur die richtigen Kompositionen sind, und so meint es der Verfasser wohl auch nicht. Daß aber Steine von besonderer Schönheit und Größe auch separat gefaßt und so der Toilette eingefügt werden können, ergibt eine aparte Bereicherung des modernen Kostümschmucks. Besonders eignen sich dazu Diamanten und Türkise wegen ihrer hellen und starken Farben, die von einem

entsprechend gefärbten Stoffhintergrund sich sehr wirkungsvoll abheben. So etwas kann eine Abbildung natürlich kaum wiedergeben. Immerhin gibt unser erstes Kostümbild wenigstens eine Andeutung davon, wie reizvoll die Brillanten in den dunklen Atlasschleifen vor dem hellen Spitzenhintergrund die ganze Erscheinung zieren. Auf dem zweiten Bilde ist eine ganze Brillantenschleife so angeordnet, daß sie den Über

gang der reichen Stickerei vom Rock auf die Taille vermittelt. Auf unserer letzten Abbildung ist aus Türkisen ein reicher Brustbesatz gebildet. Denkt man sich als Untergrund einen duftigen Musselinchiffon und die Türkise mit Goldstickerei umrandet, so hat man eine äußerst vornehme Gesamtwirkung vor Augen.

R. R.

Mit unserm Kunstblatt, das in 5 Farben gedruckt ist, möchten wir die Anregung verbinden, die wirkungsvolle und vornehme Technik des Zellenemails auch für derartige Arbeiten mehr einzuführen. Da die reivollen Entwürfe mit ihrer feinen Farbengebung, welche wir Herrn Professor G. Kleemann in Pforzheim verdanken, an sich schon überzeugend genug wirken, so möchten wir nur noch darauf hinweisen, daß auf der Karlsruher Jubiläums-Kunstausstellung eine in dieser Art ausgeführte Dose zu sehen war, die vielen Anklang fand und auch verkauft wurde.

Ein großer Teil unserer sonstigen heutigen Abbildungen erklärt sich durch den dazugehörigen Text. Dies gilt von den Schmuckarbeiten nach Lalique, Mangeant, Boutet de Monvel und Wolfers.

Von einem jungen Berliner Künstler, Walter Ortlieb, von dem wir schon bei Gelegenheit der Stuttgarter Feinmetall-Ausstellung in Wort und Bild berichteten (Heft 19, S. 159 und 160), bringen wir auch heute wieder einige Ziergeräte, die seine originelle Art deutlich veranschaulichen (S. 6, 8). Besonders glücklich erscheint uns die Stehlampe in ihrer ruhigen Selbstverständlichkeit.

Zu unsern Abbildungen.

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das Buchbinderwappen als Mittelstück. Die ganze Arbeit ist in matter, teilweise durchgeputzter Vergoldung gehalten und macht einen sehr vornehmen Eindruck. R. R.

Innenräume und Hausrat der Empire- und Biedermeierzeit in Österreich-Ungarn. 60 Lichtdrucktafeln mit geschichtlich erläuterndem Text, herausgegeben von J. Folnesics. Wien 1901. Kunstverlag A. Schroll & Co. Nachdem gegenwärtig das Interesse unserer Industrie in höherem Grade wieder den Kunstformen des Empire sich zugewendet hat, war es ein verdienstvolles Unternehmen der Verlagsfirma Schroll & Co. in Wien, das Empire und den damit So nahe zusammenhängenden Biedermeierstil in ihren Kunsterzeugnissen aus Österreich-Ungarn zusammenhängend darzustellen. Hat jene Kunstauffassung sich doch in dem lebenslustigen und formenfeinen Österreich aus dem Anfange des 19. Jahrhunderts einer ganz besonders glücklichen Ausbildung erfreuen dürfen. Das Werk ist begleitet von einer gründlichen Erläuterung aus der Feder von J. Folnesics, der in äußerst geistreicher nnd fesselnder Weise ganz neue Gesichtspunkte entwickelt über das Kunstprinzip der Empire- und Biedermeierzeit, für deren Erzeugnisse uns Modernen gerade in Deutschland das Verständnis bis jetzt viel zu sehr fehlte. 60 schöne Lichtdrucktafeln und eine große Anzahl von Textillustrationen bilden das gediegene und instruktive Bildermaterial.

AUFGENÄHTER TÜRKISENSCHMUCK. Photographie Reutlinger.

Die eigenartigen Anhänger, die von dem Maler Ch. F. Morawe in Berlin entworfen und von der bekannten Firma Th. Fahrner in Pforzheim ausgeführt sind, erscheinen ganz auf dem Prinzip der Beweglichkeit aufgebaut; ein Prinzip, das bei Schmuck naturgemäß da aufzutreten und sich zu entwickeln pflegt, wo man auf die sonstigen Elemente der Dekoration, Ornamente oder Naturformen, verzichtet. Es ist dies eben ein Mittel, um Leben und Schönheit auszudrücken, das ebensowohl eine Berechtigung in der Kunst hat, wie die häufiger angewendete und deshalb populärere Ornamentik. Der Charakter schmiegsamer, elastischer Beweglichkeit ist in den Arbeiten Morawes jedenfalls ganz vortrefflich ausgedrückt.

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Die Goldschmiedekunst des Mittelalters.

In der letzten Sitzung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe in Berlin sprach über obiges Thema Dr. Adolf Goldschmidt, einer unserer besten Kenner mittelalterlicher Kunst. Die Goldschmiedekunst hat von Anfang an im Bunde mit Reichtum und Macht gestanden. Zur Zeit der Völkerwanderung, als die Macht der Fürsten noch nicht an ihrem Grundbesitz gemessen werden konnte, waren diese Schätze besonders wichtig; spielt doch der „Hort" auch in den Sagen aller Völker seine Rolle. Später fügte man eine dem Wert des Materials entsprechende wertvolle Kunst hinzu, so daß die Goldschmiedearbeiten das höchste künstlerische und technische Können ihrer Zeit darstellen. Für den Übergang von der heidnischen zur christlichen Kunst ist die Gestalt des heiligen Eligius charakteristisch, der später zum Schutzpatron der Goldschmiede geworden ist; er schaffte nicht mehr des Materials, sondern der Kunst wegen und weiß z. B. aus dem ihm anvertrauten Golde statt des verlangten einen Prachtgerätes deren zwei herzustellen und abzuliefern. Jetzt treten an die Stelle der Königshorte die Kirchenschätze, deren Stifter und Hersteller sich ein besonderes Verdienst auch um die ewige Seligkeit zu erwerben trachten. In den Klosterwerkstätten vererbten sich auch die technischen Kenntnisse, beeinflußt von besonders kunstverständigen Äbten oder Kirchenfürsten, von denen wir vielfach Kunde haben. Später trat an Stelle des Klosterzwanges der Zunftzwang und übernahm nun seinerseits eine Aufsicht und Gewähr für die Gediegenheit der Leistungen. Weil die Arbeiten aus wertvollem Material mit einer ganz besonderen Sorgfalt hergestellt wurden, sind sie wie keine anderen geeignet, den Stil ihrer Zeit mit besonderer Feinheit darzustellen. Die ältesten Techniken des Mittelalters, z. B. die Verzierung mit Glasflüssen in Goldzellen, auch das Email weisen auf ein gemeinsames Ursprungsland, auf Asien,

besonders auf Persien, die Stätte des biblischen Paradieses, von wo aus in der Tat die Flammen alter Kunst und Kultur zu uns herüberloderten. Es läßt sich aber an den reichen Beispielen der deutschen Goldschmiedekunst verfolgen, wie diese zum Teil übernommenen Techniken vorbildlich und vollkommener auf die neu auftretenden Aufgaben angewendet werden. Als ein seltenes Beispiel solcher werktätigen Kunstpflege ist der bekannte Bischof Bernward von Hildesheim eine der anziehendsten Gestalten der deutschen Kunstgeschichte. Auch in der Goldschmiedekunst des Mittelalters wie in dem ganzen Kunstbetriebe ziehen sich zwei Hauptabsichten durch, eine, die Natur, zunächst unbeholfen, dann aber immer vollkommener nachzuahmen, die andere ein phantastisches Spiel mit Linien und Ornamenten. Das letztere muß als die nordische Stilauffassung gelten. Die Kunst ist etwas ewig Fließendes. Keiner ist unabhängig von den tiefen Naturkräften, keiner kann sie übersehen oder berechnen. Die Künstler sind die besten, die diese Naturkräfte am reinsten zum Ausdruck bringen. Beim mittelalterlichen Künstler hat sich diese Arbeit von innen heraus entwickelt: er suchte wohl Formen aus fremden Anregungen zu entlehnen, aber er tat es in vollkommener Ruhe, nachdem er das Fremde erst völlig in sich aufgenommen hatte, und dadurch wurden seine Schöpfungen durchaus seine eigenen. Mittelalterliche Kunstgegenstände sehen aus, als ob sie sich gleichen; aber der gemeinsame Grundcharakter täuscht. Wer näher zusieht, findet eine Fülle individueller Verschiedenheit. Heute sind wir nicht zum Vorteil der Kunst zu einem gegenteiligen Betrieb gelangt. Der Künstler bemüht sich unausgesetzt, jedes Stück verschieden von dem anderen zu machen. Aber besser zehnmal etwas zu machen, was gut ist, als zehnmal etwas anderes, das nicht gut ist. So arbeiteten die alten Meister.

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Die Plastik.

Vom Büchertisch.

Illustrierte Zeitschrift für originale und reproduzierende Bildhauerkunst. Herausgegeben von der Aktiengesellschaft vorm. H. Gladenbeck & Sohn, Bildgießerei. Berlin-Friedrichshagen. Jahrgang 1903/04. Heft 1. Preis 50 Pfennige. Unter diesem Titel erscheint eine neue Spezialzeitschrift kleinen Formates. Das vorliegende erste Heft enthält eine Anzahl guter Abbildungen und recht interessante Aufsätze. Es soll darin hauptsächlich die figürliche Metallplastik gepflegt werden, namentlich kleineren Maßstabes, für die man ein größeres Interesse unseres Publikums allerdings nur wünschen muß.

Dokumente des modernen Kunstgewerbes. Herausgegeben von Dr. H. Pudor. Wir haben auf diese neue Publikation, welche in acht Serien die verschiedenen Zweige der angewandten Kunst behandelt, schon wiederholt

modernen Ornament in seiner einfachsten Art bekannt zu machen. Dazu wüßte ich kein besseres Vorlagenwerk als das obengenannte. Typisch moderne, ganz einfach herausgearbeitete Einzelformen und Flachornamente, ohne irgend sich hervordrängende persönliche Eigenart des Autors, in gedämpfter Farbengebung gehalten so vereinigt das Werkchen alle Eigenschaften in sich, die dazu erforderlich sind, um eine gediegene und praktische Grundlage für das Kennen und Können des modernen Ornamentes zu legen. So kann es jedem wärmstens empfohlen werden, der auf diesem Gebiete solches Können sich anzueignen strebt. R. R.

Deutsche Kunst und Dekoration. Illustrierte Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst und künstlerische Frauenarbeiten. VII. Jahrgang, Dezemberheft Nr. 3 (Laliqueheft). Verlag Alexander Koch,

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hingewiesen. Auch das vorliegende Heft 3 der Serie B (Metallund Goldschmiedearbeiten) enthält wieder zahlreiche interessante Kunstwerke unserer Branche in sehr guten Reproduktionen. Dazu Aufsätze über Bronzetechnik, R. Lalique u. a. Moderne Flachornamente.

Neue Vorlagen für das Ornamentzeichnen, Motive für das Kunstgewerbe, entworfen und herausgegeben von Leonhard Hellmuth, Kgl. Professor in Nürnberg. Verlag von Seemann & Co., Leipzig. 60 farbige Tafeln M. 7,50. Der Zeichenunterricht an unsern Gewerbeschulen hat in den letzten Jahren die verschiedensten, oft recht verwunderlich anmutenden Versuche gemacht, in modernem Sinne zu arbeiten. Meistens liefen diese Reformversuche darauf hinaus, mehr „Kunst" und mehr Naturstudium in den Unterrichtsbetrieb hineinzubringen, was ja an und für sich löbliche Bestrebungen sind, die aber eine scharf gezogene Grenze sowohl an den Lehrzielen der Gewerbeschulen, als auch an der naturgemäßen Eigenart des Lehrerund noch mehr des Schülermaterials finden müssen. Kernpunkt des gewerblichen Freihandzeichenunterrichtes in modernem Sinne müßte es sein, die Schüler mit dem typisch

Der

Darmstadt. Die „Deutsche Kunst und Dekoration", bekanntlich eine der vornehmsten modernen Kunstzeitschriften, ist in ihrem uns vorliegenden Dezemberheft von besonderem Interesse für jeden Goldschmied, da dieselbe die glänzendste bisher erschienene Publikation über Lalique enthält: 25 naturgroße Abbildungen von vorzüglicher Wirkung, dazu das Porträt des Meisters, schmücken und begleiten einen ausführlichen Artikel über diesen und die Eigenart seiner Kunst. Was es heißen will, Arbeiten von Lalique naturgroß abzubilden, zeigt der große Schlangenbrustschmuck, der ein zusammengelegtes Doppelblatt erfordert. Das Entgegenkommen der Verlagsbuchhandlung A. Koch in Darmstadt ermöglicht es uns, drei der Illustrationen in der vorliegenden Nummer unserer Zeitschrift (s. Bericht über die Lalique-Ausstellung in Berlin) zu bringen. Auch sonst enthält das Heft eine Fülle interessanten Materials: Über die Darmstädter Künstlerkolonie, über Künstlerphotographie, über modernes Damenkostüm, alles mit reichem und vorzüglichem Illustrationsschmuck. Das Heft ist, wie auch aus unserem Inserat hervorgeht, einzeln zum Preise von 2,50 Mark im Buchhandel zu haben. R. R.

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