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andern angreift, muß sich natürlich mit den nötigen Angriffswaffen versehen. Kann er das nicht, so soll er den Konkurrenten in Ruhe lassen. Die Wünsche nach Verschärfung und Ausdehnung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs laufen gewöhnlich darauf hinaus, daß eine womöglich anonyme - unbegründete oder ganz vage Anzeige genügen soll, um einen Ausverkauf zu untersagen oder seinem Veranstalter alle denkbaren Schwierigkeiten zu bereiten. Ehe man das gutheißen kann, muß man schon die Gewerbefreiheit in ihren Grundlagen zu erschüttern bereit oder ein so kritik- und bedingungsloser Gegner des Ausverkaufswesens sein, wie sie allerdings unter dem für Schlagworte zugänglichen Teile der Kaufmannschaft nicht eben selten sind.

Als zweiter Grund für eine gesetzliche Regelung des Ausverkaufswesens wird angeführt, daß das Reichsgericht angeblich den Nachschub von Waren für zulässig erklärt hat, so daß ein Ausverkauf zum Schaden der solchem Geschäftsgebahren abholden Konkurrenz beinahe in infinitum ausgedehnt werden könne. Ob wirklich das Publikum nicht verhältnismäßig bald hinter diesen Schlich kommen und dann kaum noch in diesem Ausverkaufe ein besonders günstiges Angebot erblicken würde, soll dahingestellt bleiben. Was es aber mit jenem viel beredeten Reichsgerichtsurteile für eine Bewandtnis hat, darüber belehrt uns die Begründung zu dem neuen Gesetzentwurfe mit folgenden Worten: „In der ersten Zeit nach dem Inkraftreten des jetzigen Gesetzes gewann es den Anschein, als ob die trügerischen Anzeigen über Ausverkäufe verschwinden würden. Hierin trat jedoch eine Änderung ein, als das Reichsgericht in der Begründung eines Urteils vom 21. September 1897 (R. G. St., Bd. 30, S. 257) den sogenannten Nachschub von Waren bei Ausverkäufen als nicht schlechthin unzulässig bezeichnet hatte. Während aber das Reichsgericht in dieser Begründung den Begriff des Ausverkaufs nur dann nicht als ausgeschlossen erklärt hatte, wenn Nachschübe in geringem Maße und in der Absicht vorgenommen worden sind, die Auflösung des Geschäftsbetriebs durch weitere Heranziehung gangbarer Artikel zu fördern, ist die Entscheidung sowohl in den beteiligten Kreisen als auch vielfach von den Gerichten dahin verstanden worden, als ob das Reichsgericht Nachschübe schlechthin und ohne jede Beschränkung freigegeben habe. von amtswegen unternommene Versuch, das Publikum über den Sinn des reichsgerichtlichen Urteils aufzuklären und durch Anweisung an die Staatsanwaltschaften und die Organe der Sicherheits- und Ordnungspolizei den wieder um sich greifenden Mißbräuchen Einhalt zu tun, ist von einem wirksamen Erfolge nicht begleitet gewesen. Ebensowenig haben mehrere spätere Entscheidungen des Reichsgerichts, in denen die Tragweite der früheren Entscheidung klargestellt und grundsätzlich die Ergänzung des Warenlagers im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs als unzulässig bezeichnet worden ist, eine befriedigende Rechtsübung herbeizuführen vermocht, vielmehr sind die Klagen über grobe Mißbräuche und mangelhaften Rechtsschutz nicht verstummt."

Der

Vorstehendes Zitat aus der Begründung zum Gesetzentwurfe zeigt also, daß das mifbräuchliche Nachschieben von Waren zum großen Teil auf einer mißverstandenen Urteilsbegründung des Reichsgerichts beruht, der sich die unteren Gerichte, wie das leider auch in anderen Fällen zu beobachten ist, gar zu leicht angeschlossen haben, daß aber das Reichsgericht später sich bemüht hat, diesen Standpunkt zu korrigieren. Die Hoffnung ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß nunmehr auch wieder eine Änderung in der Rechtsauffassung der unteren gerichtlichen Instanzen eintritt, die sich doch stets bemühen, ihre Auffassung mit der des

Reichsgerichts in Einklang zu bringen. Beschleunigt könnte dieser Prozeß werden, wenn auf Veranlassung des Reichs die Landesjustizverwaltungen die Gerichte entsprechend aufklärten, d. h. ausdrücklich auf die veränderte bzw. klargestellte Auffassung des Reichsgerichts aufmerksam machten. Darin wäre kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit zu erblicken; eine solche Aufklärung der Gerichte wäre aber wirkungsvoller als die von amtswegen versuchte des Publikums und wahrscheinlich auch der Organe der Sicherheitsund Ordnungspolizei, von der die Gesetzesbegründung zu melden weiß.

Der Entwurf macht nun ganze Arbeit: er verbietet bei Geldstrafe bis zu 5000 Mk. oder bei Gefängnis bis zu einem Jahre (!) jeden Warennachschub und geht dabei sogar so weit, auch eine Ergänzung des Lagers vor der Ankündigung des Ausverkaufs mit dieser Strafe zu belegen. Die Begründung denkt dabei an den Fall, daß ein Kaufmann sein durch Brandschaden betroffenes Lager durch neue Waren ergänzt und alsdann den Ausverkauf wegen Brandschadens ankündigt. Dementsprechend würde also auch ein Goldschmied sich strafbar machen, der Etuis bezieht, in diese die in den Auslagen etwas unscheinbar gewordenen Schmucksachen, Ketten und Taschenuhren legt und einen Ausverkauf wegen langer Lagerung der Waren" (diese Worte. gebraucht die Begründung als ein Beispiel) ankündigt.

An Radikalismus läßt diese Bestimmung nichts zu wünschen übrig. Daß sie den wirtschaftlichen Bedürfnissen angemessen ist, wagen wir aber doch zu bezweifeln. Der Paroxismus gegen alles, was Ausverkauf heißt, ist allerdings in gewissen Kreisen ein so starker, daß auch die unzulänglichsten Gesetzesvorschläge zum Ereignis werden

können.

Wenn wir es oben abgelehnt haben, daß das Ausverkaufswesen im Unlauterkeitsgesetze eine Regelung erfahre, so halten wir uns für verpflichtet, den Weg anzugeben, auf welchem unserer Ansicht nach zweckdienlicherweise diese Regelung zu erfolgen hat. Wir meinen, der Weg sei durch die Art, wie zuerst in Preußen das Versteigerungswesen geregelt worden ist, gewiesen. Versteigerungen und Ausverkäufe haben miteinander manche Ähnlichkeit, namentlich hinsichtlich der durch die besondere Form der Ankündigung versuchten und gewünschten Erregung der Kauflust des Publikums.

Die preußischen Vorschriften, betreffend die Regelung und Überwachung des Versteigerungswesens, stellen eine geschickte Kombination polizeilicher Reglementierung unter Mitwirkung der Handelskammern und von letzteren benannter kaufmännischer und gewerblicher Sachverständiger

Was die Begründung des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs indirekt gegen eine analoge Regelung des Ausverkaufswesens vorbringt, ist dürftig und bei näherer Prüfung nicht stichhaltig. Wahrscheinlich hat der Verfasser an den Vorgang des Versteigerungswesens überhaupt nicht gedacht. Insbesondere glauben wir entgegen der in der Begründung ausgesprochenen Ansicht doch, daß sich überall, auch in den kleineren Orten, Personen aus dem Handelsund Gewerbestande finden werden, die zugleich sachverständig sind und unabhängig zu urteilen vermögen, und die der Polizeibehörde oder Ortsverwaltung als Gutachter zur Seite stehen könnten, wenn man nicht vorziehen will, die ganze Überwachung des Ausverkaufswesens ausschließlich den Handelskammern zu übertragen. Der bei solchen Vorschlägen meistens schnell erhobene Einwand, Handelskammern seien nicht überall in Deutschland vorhanden, läßt sich leicht beseitigen: die Distrikte, die in die Handelskammerorganisation heute noch nicht einbezogen sind, ge

hören durchaus zu den Ausnahmen. Wo keine Handelskammern sind, da sind regelweise Handel und Industrie nur in recht schwachen Ansätzen vorhanden, da wird also auch der Wettbewerb, sei es nun der lautere oder der unlautere, keine besondere Formen annehmen, und da wird. man denn schließlich, statt der sonst zuständigen Handelskammern, die Ortsbehörden für zuständig erklären können.

Wir befürworten also, daf eine Behörde oder amtliche Wirtschaftskörperschaft mit der Überwachung der Ausverkäufe in ihrem Bezirke betraut wird. Dieser Stelle wären, damit sie in die Lage versetzt wird, die Überwachung ausausüben zu können, alle geplanten

Geschäfts", "zur Abstoßzung un

kurant gewordener Artikel". ,,wegen Raummangels". Subjektive Gründe dagegen nenne ich solche, die ganz oder in der Hauptsache in der Willens- oder Absichtsphäre des Ankündigenden liegen. Mit der ohne weitere Motivierung gemachten Angabe, der Ausverkaufende wolle sein Geschäft aufgeben oder bestimmte Waren nicht weiterführen, kann er es ebensogut ganz ehrlich meinen und entsprechend verfahren. Wer will ihm aber seine Unehrlichkeit beweisen, wenn er, nachdem er ein halbes Jahr ausverkauft hat, erklärt, er habe sich die Sache anders überlegt, aus gewissen Gründen anders überlegen müssen, und wolle nun sein Geschäft doch im alten Umfange wieder fortsetzen? Die Richtigkeit solcher subjektiven Gründe läßt sich also von dritter Stelle einwandsfrei nicht nachprüfen; hier muß sie vorläufig glauben und erstmalig die Genehmigung erteilen. Wiederholen sich allerdings die Anzeigen des Betreffenden oder ist er erst einmal wegen der Unrichtigkeit der von ihm angegebenen Gründe ertappt, so wird es am Platze sein, ihm die Genehmigung zu versagen.

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ENTWURFE ZU DRUCKVERZIERUNGEN :: VON JOS. SCHMITT IN MÜNCHEN ::

Ausverkäufe vorher rechtzeitig anzumelden. (Der Gesetzentwurf sieht nur vor: Durch die höhere Verwaltungsbehörde kann für bestimmte Arten von Ausverkäufen angeordnet werden, daß vor der Ankündigung des Ausverkaufs bei der von ihr zu bezeichnenden Stelle Anzeige über den Grund des Ausverkaufs und den Zeitpunkt seines Beginns zu erstatten, sowie ein Verzeichnis der auszuverkaufenden Waren einzureichen ist. Warum eine solche Anzeigepflicht Warum eine solche Anzeigepflicht nur für bestimmte Arten von Ausverkäufen bestehen soll, ist ebenso schwer erfindlich, wie, an welche Arten dabei gedacht ist, und warum das in das Belieben der höheren Verwaltungsbehörden gestellt werden soll, was doch eine große und unerwünschte Verschiedenheit in den einzelnen Verwaltungsbezirken zur Folge haben muß).

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Die Anzeigepflicht sollte ganz allgemein ausgesprochen werden. Sie wird schon allein eine nicht unbeträchtliche Verminderung der Ausverkäufe herbeiführen, weil sich gar mancher, der jetzt leichthin das Ausverkaufsplakat ins Schaufenster hängt oder das geduldige Zeitungspapier bedrucken läßt, scheuen wird, öfter bei einer amtlichen Stelle Anzeige zu machen. Denn mit einer dürftigen Anzeige des Ausverkaufsvorhabens wäre natürlich nicht genügt; es käme, wie auch für die Ausnahmefälle im Gesetzentwurfe vorgesehen, dazu der Zeitpunkt des Beginns und namentlich der Grund des Ausverkaufs, dessen Vorliegen von der Behörde oder besser Handelskammer nachzuprüfen und zu bescheinigen wäre.

Dabei sind nun zu unterscheiden objektive und subjektive Gründe. Ob jemand Feuer- oder Wasserschaden erlitten hat, ob in einer Firma der Inhaber gestorben oder kränklich oder allmählich altersschwach geworden ist, ob jemand unmodern gewordene Waren oder andererseits so viel Waren hat, daß er von einem Raummangel sprechen kann, läßt sich einwandfrei feststellen. Das sind also objektive Gründe für einen Ausverkauf. Liegen diese vor, so wäre der Ausverkauf zu gestatten,, wegen Brandschadens" ,,Ausverkauf von beim Löschen beschädigten Waren", ,,wegen Todesfalls", „, wegen hohen Alters und demnächstiger Aufgabe des

Hierbei ist also die Möglichkeit vorausgesetzt, daß die Handelskammer oder Polizeibehörde über die Zulässigkeit des angezeigten Ausverkaufs befindet, ihn also, ausdrücklich gestattet oder verbietet. Ob man so weit gehen, also die Konzessionspflicht der Ausverkäufe aussprechen soll, ist allerdings eine offene Frage. Die Begründung des Gesetzentwurfs wendet sich in kurzen Ausführungen, aber mit guten Gründen dagegen, und von unserem Standpunkte aus können wir uns ihr nur anschließen. Im gewerblichen Leben hat die Konzessionspflicht stets etwas recht Mifliches gegen sich, wo sie nicht von ganz objektiven Maßstäben abhängig gemacht werden kann, und sie paßt schlechterdings nicht in unsere Zeit der Gewerbefreiheit. Hält man nun daran fest, daß, wie schon hervorgehoben, die Anzeigepflicht allein sehr viele Ausverkäufe verhindern wird, so wird man vielleicht ohne die Konzessionspflicht, nur mit gewissen Repressivmaßregeln und Kautelen auskommen können. Als letztere käme in Betracht: Verbot erst bei Häufung von Ausverkäufen seitens eines Geschäfts, oder wenn dem Betreffenden früher falsche Grundangaben oder andere Unreellitäten nachgewiesen sind oder analog der Regelung des Versteigerungswesens - wenn nach Aus

sage einer größeren Zahl von Sachverständigen durch den geplanten Ausverkauf eine Schädigung eines weiteren gewerblichen Kreises zu befürchten ist.

Übrig bleibt die Klasse der Ausverkäufe, die sich in bestimmten Branchen regelmäßig wiederholen und hier eine geschäftliche Notwendigkeit sind, namentlich also die Saisonausverkäufe in den der Mode unterworfenen oder in den nur zu ganz bestimmten kurzen Jahreszeiten vom Publikum gesuchten

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Waren. An einzelnen Plätzen hat die Kaufmannschaft hier schon auf dem Wege der Selbsthilfe Wandel in den eingerissenen Mißständen geschaffen, indem sie sich über die Häufigkeit, Dauer und äußere Form solcher Ausverkäufe bindend geeinigt hat. Das weist den Weg zu einer allgemeinen Regelung. Wie die überwachende Behörde nach Mehrheitsbeschluß der Ladeninhaber eines Geschäftszweigs heute den 8 Uhr-Ladenschluß oder eine ausgedehntere Sonntagsruhe als die gesetzlich gewährleistete verfügen kann, so konnte die Handelskammer oder Polizeibehörde durch Mehrheitsbeschlüsse der einzelnen Branchen auch eine generelle Regelung des Ausverkaufswesens in weitem Umfange vornehmen. Das hätte den Vorzug, daß Handel und Gewerbe selbst maßgeblich darüber befänden, was ihnen ziemt und von Nutzen ist.

Alle Mißstände im Ausverkaufswesen und alle unreellen Ausverkäufe werden sich wohl nie beseitigen lassen, wie man ja auch trotz aller gesetzlichen Bestimmungen dem unlauteren Wettbewerbe nie ganz den Garaus machen kann. Der unreelle Geschäftsmann sucht immer nach Lücken und

Auswegen des Gesetzes, und bei der Vielgestaltigkeit des Verkehrslebens und der Sprache kann es ihm gar nicht so schwer fallen, sie zu finden. Ausverkäufe können veranstaltet werden, ohne daß das ominöse Wort gebraucht wird. Es kann ersetzt werden durch „Räumungsverkauf“, Schneller und billiger Verkauf“, „Räumungspreise“, „Nur noch kurze Zeit“, „Billige Tage", „Ausnahmetage“, „Restertage", tage", "Weiße Woche", „Totalverkauf". Der Gesetzentwurf meint von einigen diesen Ausdrücken, daß sie, weil mit Ausverkauf gleichbedeutend, auch ebenso zu behandeln seien, von anderen, daß auf sie die Ausverkaufsbestimmungen keine Anwendung finden können. Die dieser unterschiedlichen Auslegung zugrunde gelegte Erklärung ist aber ganz und gar nicht schlüssig und beweiskräftig. Es wird eben lediglich auf den praktischen Einzelfall ankommen, woraus wieder hervorgeht, daß die Entscheidung des Einzelfalles am besten in die Hände einer sachkundigen Körperschaft zu legen und dem beteiligten Gewerbetreibenden bei der ganzen Regelung ein maßgebender Einfluß einzuräumen ist.

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Wenn der Goldschmied mit der Lieferung von Waren oder Ausführung von Reparaturen einen Kollegen betraut!

Es

S kommt im Geschäftsverkehr der Goldschmiede zuweilen vor, daß der Goldschmied von einem Kunden einen Auftrag zu einer Zeit erhält, wo er mit Arbeiten überhäuft ist und nicht weiß, wo aus und ein. Aber er möchte die Bestellung nicht gern zurückweisen, denn er weiß, daß er dadurch den Kunden verletzen und vielleicht gar für die Zukunft ganz verlieren wird. Das muß vermieden werden. Oder es handelt sich um die Lieferung eines Stückes, das im Geschäft gerade nicht vorrätig ist und daher anderweit beschafft werden muß, da man versprochen hat, zu liefern. Derartige Fälle sind im geschäftlichen Leben wie gesagt nicht selten. Der Goldschmied Schwarz hat gerade die Dessins, welche verlangt werden, nicht mehr vorrätig. Um aber seinen Kunden, den Kaufmann Rothe, zu befriedigen, bestellt er die Ware bei dem ihm bekannten Goldschmied Weiße oder er beauftragt ihn vielleicht auch, die Ware gleich direkt in seinem Namen an Rothe zu senden. Oder es wird von Schwarz eine Reparatur gefordert, die er, was namentlich an kleinen Plätzen vorkommen kann, selbst nicht auszuführen vermag. Da er aber den Kunden nicht abweisen will, sendet er das Reparaturstück an den Kollegen Weißze, der ein großes Arbeitsgeschäft hat, damit dieser für ihn die Reparatur bewerkstelligt.

Welche Rechtsverhältnisse enstehen dadurch? Sie sind oft sehr verwickelter Art und wir wollen sie hier einmal näher betrachten.

Zunächst kommt ein Kaufvertrag oder bei Reparaturen ein Werkvertrag zwischen dem Kunden Rothe und dem Goldschmied Schwarz zustande. Schwarz ist verpflichtet, die bestellten Waren dem Rothe zu liefern, oder die zur Reparatur übernommenen Stücke wieder herstellen zu lassen und an Rothe zurückzugeben.

Sodann entsteht ein zweites Vertragsverhältnis zwischen Schwarz und Weiße, auf Grund dessen Weiße, wenn er die Bestellung angenommen hat, dem Schwarz gegenüber verpflichtet ist, die Ware aushilfsweise zu liefern, die Reparatur auszuführen.

Dagegen entsteht ein Vertragsverhältnis zwischen Rothe und Weiße überhaupt nicht, denn Rothe hat zunächst nur

mit seinem Goldschmied Schwarz zu tun. Das ist für die rechtlichen Folgerungen überaus wichtig. Wir setzen dabei voraus, daß Rothe nicht etwa selbst mit Weiße in Verbindung getreten ist und es genehmigt hat, daß Weiße anstelle des Schwarz die Ringe liefern, die Reparaturen ausführen soll, denn in diesem Falle würde ja Weiße einfach an die Stelle des Schwarz treten und der letztere wäre aus dem Vertragsverhältnis entlassen.

Greifen wir nun zwei leider in der Praxis nur zu häufige Fälle heraus:

1. Der Unterbeauftragte Weiße gewährt die Leistung nicht. Er liefert die Ware nicht, er führt die bestellten Reparaturen nicht aus. In diesem Falle hält sich Rothe an Schwarz. Dieser kann sich nicht damit entschuldigen, daf er die Lieferung, weil er die Ware nicht vorrätig hatte, an einen Dritten übertragen habe, der ihn im Stiche gelassen hätte. Er kann nicht sagen, daß er die Arbeit an andere zur Ausführung abgegeben hätte, weil er selbst nicht imstande gewesen sei, sie zu erledigen. Alles das ist kein Einwand von rechtlicher Bedeutung. Schwarz ist in Verzug geraten, er muß alle Folgen des Lieferungsverzuges tragen. Rothe kann ihm nach § 326 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Bewirkung der Leistung noch eine angemessene Frist von vielleicht einer Woche setzen und erklären, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Wird dann auch innerhalb dieser Frist nicht geliefert, die Arbeit nicht ausgeführt, so kann der Besteller einfach vom Vertrag zurücktreten, oder er kann auch wegen Nichterfüllung Schadenersatz verlangen. Hat er z. B. die Ware sich nunmehr teurer verschaffen müssen, so muß Schwarz dem Rothe die Differenz herauszahlen. War für die Ausführung der Arbeit ein Preis festgestellt und derjenige, der nun anstelle des Schwarz die Arbeit ausführt, fordert mehr, so fällt der Unterschied in der Vergütung dem Schwarz zur Last. Er muf Rothe entschädigen.

Wie verhält sich nun der Schwarz? Er hat sich wieder an seinem Unterbeauftragten Weiße schadlos zu halten, der seiner übernommenen Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Weiße hat den Schwarz für den Schadenersatz, den dieser

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dem Rothe leisten mußte, schadlos zu halten. Aber auch nicht in allen Fällen. Wir entsinnen uns eines Rechtsstreites, in welchem dem Goldschmied, welcher die Bestellung erhielt, eine Nachfrist gesetzt wurde. Er wartete darauf, daß die Ware in den nächsten Tagen kommen werde. Die Nachfrist konnte nicht eingehalten werden, da der andere Goldschmied nicht lieferte. Nunmehr trat der Besteller zurück. Jetzt schrieb der erste Goldschmied an seinen Unterbeauftragten, er könne die Ware nicht mehr gebrauchen, da sein Besteller von der Bestellung zurückgetreten sei. Der Kollege aber lieferte nach einigen Tagen und der erste Goldschmied, der die Annahme verweigerte, wurde zur Abnahme verurteilt, da er es seinerseits unterlassen hatte, auch dem Unterbeauftragten rechtzeitig eine Nachfrist zu setzen. Er mußte, sobald ihm eine Nachfrist gesetzt wurde, diese auch sofort, am besten unter Abkürzung von ein bis zwei Tagen, seinem Kollegen stellen, um auch ihm gegenüber gerüstet zu sein.

Dann brauchte auch er nicht abzunehmen und konnte sich im Regreßwege schadlos halten.

2. Ein anderer Fall ist der, daß Weiße dem Schwarz mangelhafte Ware liefert, die aufgetragenen Arbeiten mangelhaft ausführt. Wenn Rothe dem Weiße gegenüber diesen Mangel der gelieferten Ware rügen wollte, so würde das keine rechtliche Bedeutung haben. Die Mängelrüge wäre an die falsche Adresse gerichtet. Er muß die Mängelanzeige vielmehr an Schwarz ergehen lassen, um seiner gesetzlichen Pflicht genügt zu haben. Hat Schwarz die Mängelrüge erhalten, so muß er sie sofort an seinen Kollegen Weiße, der für ihn geliefert, für ihn die Arbeit ausgeführt hat, weitergeben, um sich auch diesem gegenüber wegen der Mängel zu sichern. Läge z. B. ein Handelsgeschäft vor, und Rothe hat die Ware dem Schwarz sofort nach Empfang wegen vorhandener Mängel zur Verfügung gestellt, Schwarz ließe sich aber in eine

Korrespondenz mit Rothe darüber ein, ohne sogleich auch die Mängelanzeige und Verfügungsstellung dem Weiße gegenüber zu wiederholen, so müßte er eventuell die Ware von Rothe zurücknehmen, könnte sie aber dem Weiße seinerseits nicht zurückschicken, weil er sie nicht auch diesem unverzüglich zur Verfügung gestellt hat. Die nachträgliche Mängelrüge und Dispositionsstellung brauchte Weiße nicht anzuerkennen. Schwarz darf aber auch, wenn Rothe Mängel rügt und die Abnahme der Ware verweigert, nicht ohne weiteres diese Mängelrüge anerkennen und die Ware zurücknehmen, weil er mit dem Kunden, der ihm lieb und wert ist, in keine Differenzen geraten will. Er muß vielmehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes prüfen, ob die gerügten Mängel wirklich vorhanden sind, und hat diese Mängel festzustellen und erst dann kann er die Ware zurücknehmen. Das muß aber alles schnell hintereinander geschehen, damit Rothe nicht den Einwand bringen kann, die ihm gegenüber erfolgte Mängelrüge sei verspätet. Wo es sich nicht um ein Handelsgeschäft, sondern um ein gewöhnliches Kundengeschäft handelt, da drängt die Mängelrüge nicht so, denn Rothe hat dem Schwarz und Schwarz dem Weiße gegenüber sechs Monate Zeit zur Geltendmachung der Mängel.

3. Der Dritte hat geliefert, kann aber von seinem Auftraggeber kein Geld erhalten. Ist die Ware geliefert, die Arbeit ausgeführt, so hat Rothe die Vergütung, den Kaufpreis, an Schwarz und nicht an Weiße zu zahlen, weil er nur mit Schwarz zu tun hat, nur dieser sein Beauftragter, sein Lieferant ist. Kommt Weise zu Rothe und erhält von diesem auf Bitten den Betrag ausgezahlt, so muß Rothe an Schwarz nochmals zahlen, wenn Schwarz die Zahlung an Weiße aus irgend einem Grunde nicht billigt. Schwarz kann mit Weiße ein längeres Ziel vereinbart haben. Weiße kann von Schwarz schon bezahlt sein oder Schwarz

einen Betrag schuldig sein, gegen den dieser nun aufrechnen will. In allen diesen Fällen würde Rothe doppelt bezahlen müssen, wenn er ohne Zustimmung von Schwarz gezahlt hätte. Oder nehmen wir an, Schwarz hat den Betrag erhalten, ist aber in Vermögensverfall, in Konkurs geraten. Dann kann Weiße von Rothe nichts fordern, sondern er muf sich an Schwarz oder die Konkursmasse halten. Er büßt unter Umständen sein Geld ein. Ebenso ist es, wenn Schwarz in einem Falle, wo er hat Schadenersatz leisten müssen, an Weiße Regreß ergreifen wollte und dieser inzwischen „faul" geworden wäre. Auch bei der Zahlungsverbindlichkeit ist davon auszugehen, daß ein Rechtsverhältnis eben nur zwischen Rothe und Schwarz und Schwarz und Weiße, niemals aber zwischen Rothe und Weiße vorhanden ist.

4. Schließlich ist es noch interessant, die Frage zu beantworten, an wen sich Rothe hält, wenn bei Lieferung der Waren, bei Ausführung der Arbeiten ihm ein Schaden zugefügt worden ist. Der Gehilfe des Weiße hat ein altes Schmuck-Erbstück aus Unachtsamkeit zerbrochen. Auch hier ist Schwarz haftbar, denn für die Personen, deren sich jemand zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, hat er nach § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches in gleichem Maße einzustehen, wie wenn es sich um eignes Verschulden handelte. Er kann also in diesem Falle auch wider nur an Weiße Regref ergreifen, der ebenfalls dem Schwarz gegenüber für seine Leute einzustehen hat. Man sieht, es entstehen aus einer solchen Abgabe von Bestellungen an andere sehr verschiedenartige rechtliche Verbindlichkeiten, die wohl beachtet sein wollen.

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Kaiser Wilhelm der der deutschen Goldschmiedekunst schon

manchen dankenswerten und anregenden Auftrag erteilt hat, hat auch als Geschenk anläßlich des fünfzigjährigen Priesterjubiläums des Papstes wieder ein Kunstwerk in edlem Material in Kombination mit wertvoller Juwelenzier gewählt, dessen Abbildung wir unseren Lesern in unserer heutigen Nummer darbieten. Der gewählte Gegenstand ist ein Petschaft mit kunstvoll gravierter Siegelfläche des Papstsiegels und Papstsignums. Die Ausführung dieser schwierigen Gravierarbeit, deren Entwurf wie der des ganzen Petschafts vom Oberhofmeister der Kaiserin Friedrich Grafen Seckendorf stammt, war dem Hofgraveur Otto in Berlin übertragen worden. Die künstlerische Goldschmiede- und Juwelierarbeit des Petschafts, welche an die technische Reife und das künstlerische Feingefühl des Herstellers hohe Aufgaben stellte, lag in Händen des Hofjuweliers Louis Werner in Berlin.

Die Entwurfsidee zu diesem Petschaft geht in feinsinniger und geistvoller Symbolik auf die wichtigsten Lebensmomente des päpstlichen Geschenkempfängers ein. Auf den langen Abschnitt seines Lebens, den der Heilige Vater in der von

ihm besonders geliebten Lagunenstadt zugebracht hat, klingt die Grundform der Goldplastik an, die in geringfügiger Änderung Säulenkopf und Löwenbekrönung der Markussäule in Venedig zeigt. Das Papstkreuz auf dem Petschaftsockel kennzeichnet die kirchliche Würde des Empfängers.

Die meisterliche Treibarbeit des Löwenkörpers ist in mattem Gelbgold ausgeführt, ebenso das Buch, das die Klaue hält und das als Inschrift die venezianische Devise trägt: „Pax tibi, Marce evangelista meus". Die obere Sockelleiste ist ganz aus Brillanten zusammengefügt. Auf der vorderen Seite schließt sich daran ein großer Amethyst, der gleichfalls von kleineren Brillanten umrahmt ist. Dieser Amethyst ist mit Blatt- und Kreuzmotiven auf der abgeschliffenen Fläche graviert. Die unter dem Säulenkapitäl angebrachten Zahlen 1858-1908 geben den Zeitraum der päpstlichen Priesterschaft an. Den Abschluß der Säulenform bildet ein Lorbeerkranz aus grüner Emaille. Der mattgoldene Knauf trägt den Namenszug des Papstes aus Brillanten. Die Siegelfläche bildet ein großer, sehr wertvoller und besonders farbschöner Goldtopas.

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