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illustrationen die Motive gern ins Sentimental - Romantische umbiegt.

Kehren wir uns von Deutschland ab zu anderen Völkern, so finden wir überall zerstreut noch Reste des Volksschmucks, der in Motiv und Ausführung seine Herkunft aus Renaissance und Barock erkennen läßt. In den führenden Schichten aber zumeist ein Hangen an alten ererbten Familienstücken, an exotischen Arbeiten oder an ganz besonders wertvollem Steinschmuck, der aus Deutschland oder Frankreich bezogen ist. Wenn man in Frankreich dem Schmuck stärkeres Interesse zuwendet, so liegt das darin, daß der völkische Kunstgeschmack des Franzosen eine stärkere Ähnlichkeit mit den Tendenzen des Schmuckes hat. Der französische Geschmack bewegt sich von jeher in den leichteren Bahnen des gefälligen ästhetischen Spiels mit Vorliebe für kokette feine Effekte, wie sie auf farbigem Gebiet die Schmuckstücke von Lalique zeigen. Aber es ist sicher, daß dort weite Klassen der Gesellschaft und des Bürgertums stärkeren Anteil am Schmuck nehmen, das Interesse für dessen Material, seine Gestaltung und künstlerische Form ist viel stärker wie bei uns. In Deutschland ist es so, daß manche Goldschmiede mit ungeheurem Aufwand theoretischer und kunstphilosophischer Ideen sich abmühen, dem Schmuck neue Wege zu zeigen. Tiefgründige Formprobleme, ungeheure Spannungseffekte möchten sie der Dame ans Kleid heften, aber sie sehen allein, bar jeder Fühlung mit dem Leben, in dessen Sphären sich Damen bewegen, die Schmuck vielleicht zu tragen verstehen. Es fehlt diesen am Verständnis für die besondere Seele des Schmuckes. Es fehlt dasselbe Verständnis auch den führenden Schichten unseres Volkes. Denn nur durch die Wechselwirkung zwischen Träger und Hersteller auf dem Boden des Erfassens der besonderen Eigenart des Goldschmiedeschmucks kann eine Schmuckkultur erwachsen.

Dieser Mangel ist erkannt worden! Denn es ist der Versuch gemacht worden, durch Propagandatätigkeit für die Sache des Schmuckes zu werben. Ich selbst hatte nie Gelegenheit, einen der Aufsätze zu Gesicht zu bekommen, die von dieser Stelle in Zeitschriften veröffentl cht wurden, kann mir deshalb auch kein Urteil über diese Arbeiten erlauben. Zumindesten aber scheint eine großzügige Propaganda nicht stattgefunden zu haben. Soweit ich die Schriftleitungen unserer Zeitschriften und Zeitungen kenne, haben sie wahrscheinlich in diesen Dingen nur eine Reklame für die Schmuckindustrie gesehen und kein großes Entgegenkommen gezeigt. Offen gestanden, ich wäre dieser Sache gegenüber auch mißtrauisch gewesen. Denn der Rahmen ist zu klein und verrät zu offensichtlich den Reklamezweck.

Wenn ich es nun unternehme, in den folgenden Zeilen auszuführen, wie ich mir eine Unternehmung zur Förderung der Schmuckkultur denke, so möchte ich damit anregen, mit einem etwas festeren Plan solche Gleichgesinnte suchen, de eine Verwirklichung desselben ins Auge fassen können. Vielleicht führt es dazu, daß einige einflußreichere Stimmen sich zu diesem Thema äußern und daß etwas in die Wege geleitet werden kann, das Aussicht auf Erfolg hat.

Es ist vor allem notwendig, daß der Träger der Idee eine Vereinigung ist, die nicht nur Firmen enthält, sondern auch kleinere Goldschmiede, angesehene Privatleute der Gesellschaft, geistig hochstehende Persönlichkeiten, Künstler, kurz Leute, die mit be den Fußen in unserer Zeit stehen. Ich könnte mir Films hauspieler, Staatsleute, Schriftsteller, Kaufleute, alles was Gepräge hat, darin vorstellen. Seele des Ganzen aber müßte sein und bleiben der Goldschmied. Denn die besondere Eigenart seines Gewerbes gilt es ja der Allgemeinheit näher zu bringen. Ein Stub von aktiven Mitarbeitern muß deshalb der Kern des Verbandes sein, aber Leute, die nicht propagandistisch geschult sind, sondern, die vom Goldschmiedehandwerk und der Edelmetall166 DEUTSCHE Goldschmiede-ZEITUNG Nr. 26 ·

industrie etwas verstehen und deren geistige Veranlagung sie dafür brauchbar macht. Ich habe es oft bedauert, daß so viele feine Ideen, die die trefflichen Mitarbeiter der „Deutschen Goldschmiede-Zeitung" schon in deren Spalten behandelt haben, nicht im Sinne einer Werbung für den Schmuck in breitere Kreise dringen konnten, daß sie nicht in Familien- oder Gesellschaftszeitschriften oder Tageszeitungen Platz finden. Auf Tagungen könnten die Mitglieder anregen, durch Brief- und Schriftwechsel könnten die Freunde der Sache diesen Mitarbeitern ihre Betrachtungen mitteilen. Natürlich müßten die in Frage kommenden Zeitschriften in der richtigen Art gewonnen werden. Gutes Abbildungsmaterial kann fortwährend hinausgegeben werden. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die Ausstellungsfrage, gute Industrieerzeugnisse und handwerkliche Qualitätsarbeit muß immer und immer wieder gerade in breitester Öffentlichkeit gezeigt werden. Es kann sich dabei lediglich um Schauausstellung mit strenger Vermeidung von Verkauf handeln, da der geschäftliche Gesichtspunkt in vieler Hinsicht der Sache schaden könnte. In den Aufsätzen kann in sachlich einwandfreier Weise und doch leicht verständlich der Sinn und das Interesse für das Material und die Technik erzogen werden. Was weiß der Gebildete von Edelsteinen, von Niello, von der Fassung? Aber jede Dame weiß doch, was Gabardine und Seidentrikot ist. Es käme nämlich durchaus nicht auf künstlerische Gesichtspunkte und deren Propagierung an, sondern nur auf das Bekanntmachen des Goldschmiedeschmucks überhaupt. Ist diese Aufgabe gelöst, so kann es erst weitergehen zu ästhetischen Fragen, zu dem Problem der Beziehung zwischen Kleid, Schmuck und Persönlichkeit. Es ist wirklich nicht damit getan, daß man belletristische Bemerkungen über den sagenhaften Glanz des Goldes, der Schönheit und solche Dinge redet, sondern daß man vorerst etwas davon versteht.

Der Deutsche hat einen Zug zum Literarisch - Wissenschaftl chen, und es muß zur Allgemeinbildung gehörig gestempelt werden, daß man etwas von der technischen Seite der Goldschmiedekunst und von Vorkommen und Art der Edelsteine weiß. Es muß soweit kommen, daß es der Deutschlehrer oder der Physiker oder Chemiker in unseren Schulen für seine Pflicht hält, wenigstens eine Stunde lang den Schülern etwas von diesen Dingen erzählt, ebenso wie solche Aufsätze allmählich in die Lesebücher eindringen müssen. Diese Wißbegier unter der Fahne der Allgemeinbildung muß für unsere Zwecke ausgenutzt werden. ist natürlich ebenso wichtig, wie jeder Mensch etwas vom Beizen des Holzes, von Glasätzen, von Textilfarben wissen sollte. Gerade für solche mehr technische Dinge ist das Interesse stärker als für ästhetische Gesichtspunkte, deshalb muß damit begonnen werden. Vor kurzem hat der Reichskunstwart eine Arbeitsgemeinschaft für deutsche Handwerkskultur gegründet, die offenbar etwas ähnliches erstrebt, auf die Art des Einwirkens wird man gespannt sein dürfen, wenn ich persönlich auch nicht allzu viel Zutrauen hege, denn ob man bei Bauern und Handwerkern Interesse begegnen wird, ist fraglich, wenn man nicht die rechte Stelle erfaßt. Die Schichten aber, in denen wir ernten wollen, sind auf dem angedeuteten Wege empfänglich. Dieses Projekt wäre von der Idee der Gründung einer Goldschmiedegilde, die alle führenden Kräfte dieses Gewerbes und der Industrie umfaßt, nicht allzu weit entfernt. Denn diese Idee ist schon wiederholt erwogen worden. Indem man ihr aber den Gedanken der Auswirkung unterlegt, wird sie lebenskräftig. lebenskräftig. Die starke Blate, die während und besonders nach dem Kriege die wirtschaftlichen Verbände auch unseres Faches erreicht haben, ist zu begrüßen. Aber gerade jetzt ist die Zeit, wieder ebenso ideellen Gesichtspunkten nachzustreben, und zwar solchen, die erreichbar sind und nur auf Wegen, die zum Ziele führen können.

Tabakdosen.

Von Fritz Hansen, Berlin.

Die Gemeinde der Tabakschnupfer ist in unserer Zeit nicht

mehr so zahlreich wie früher, doch gibt es noch genügend Anhänger des Schnupftabaks. Es sind Genießer, deren Requisit, die Dose, in der Kulturgeschichte immerhin von Bedeutung ist. Das Tabakschnupfen wurde in Europa weit früher bekannt als das Rauchen. Der Mönch André Thevet, welcher 1555 an einer Expedition des Maltheserritters Duraut de Villegagnon nach Brasilien teilnahm, brachte zuerst Tabaksamen nach Frankreich. Der Gebrauch des edlen Krautes wurde jedoch erst bekannt durch Jean Nicot Sieur de Villemain, französischer Gesandter in Lissabon, welcher

dort das Tabak

Abb. 1. Kostbare Tabakdose aus Schildpatt, goldpattiert (aus dem 18. Jahrhundert).

schnupfen wie überhaupt die Tabakkultur kennen gelernt hatte. Durch Nicot wurde auch Tabaksamen und Blätter an Katharina von Medici gesandt, und die Hofkreise interessierten sich alsbald für die Kultur und den Gebrauch der Pflanze. Bei seiner Rückkehr aus Portugal brachte Nicot 1561 eine Büchse mit gepulverten Tabakblättern mit, die von der Königin - Mutter und ihrem Sohn zur Beseitigung von Kopfschmerzen geschnupft wurden. Von ihnen übernahm es der Hof und der Adel. Das Schnupfen galt als etwas sehr Vornehmes, und bei dem Nachahmungstrieb, der besonders den Lakaien innewohnte, verbreitete sich die Sitte durch diese schnell in Frankreich.

Den Reichen bot sie willkommene Gelegenheit, einen außerordentlichen Luxus in bezug auf die Ausstattung der Tabakdosen zu entfalten. Insbesondere die Hofdamen gaben sich mit Leidenschaft dem Genuß des Schnupftabaks hin und schon unter Louis XIII. war das Schnupfen in den Hofkreisen ganz allgemein. Als eine leidenschaftliche Schnupferin wird die Herzogin Olonne (1713) geschildert, und die Marquise de Pompadour erfand eine Tabakessenz, um das Gedächtnis zu verbessern.

Aber das Schnupfen fand auch seine Gegner. Unter Jakob I. von England wurde

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bakdose, die zuerst beim französischen Hof und bei der Adelsgesellschaft Aufnahme fand, wanderte von hier aus in die Stadt und zu den Juristen und nach und nach verbreitete sie sich über die ganze Nation und über Europa.

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Abb. 3. Märtyrer der Freiheit: Lepelletier de St. Fargean, Marat, Chalier.

Die Tabakdosen wurden in allen möglichen Formen, von den einfachsten bis zu den kostbarsten mit Diamanten besetzten Exemplaren hergestellt. Gold- und Silberschmiede, Ziseleure, Maler und Bildhauer widmeten sich ihrer Herstellung und Ausschmückung. Die reichen Leute hatten Tabakdosen aus Silber, Email mit eingelegtem Gold, und Preise von 500 bis 3000 Lire waren dafür keine Seltenheit (Abb. 1). Die Fürsten und Päpste hatten kostbare Dosen aus Gold mit Edelsteinen besetzt. Der Genuß des Schnupftabaks wurde gewissermaßen zu einer Kunst ausgebildet, die zum guten Ton gehörte. Im 18. Jahrhundert war der Luxus der Tabakdosen am höchsten ausgebildet. Bei den Intrigen an den französischen Höfen spielte die Tabatiere eine große Rolle. Mit den Bildern berühmter oder berüchtigter Zeitgenossen geschmückt (Abb. 2) wanderten sie von Hand zu Hand. Berühmt waren die Tabakdosen von Buron in Grenoble im Jahre 1764. Diese hübschen kleinen Dosen wurden Bourons genannt. In der Gacette d'Utrecht im Jahre 1750 werden als besonders empfehlenswerte schöne Tabakdosen von den Fabrikanten Cervaines in Paris angeboten. Es war zuerst üblich, die Porträts bekannter Persönlichkeiten auf der Innenseite des Deckels anzubringen. Unter dem Einfluß des Tabaks litten aber natürlich die Bilder und wurden gelb und verschwommen, was vielleicht auch wegen des geheimnisvollen Eindrucks beabsichtigt war. Bald aber machte man dieser Geschmacklosigkeit ein Ende

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Abb. 4. Tabakdose aus Fayence.

eine Anzahl Edelleute, die in seiner Gegenwart geschnupft hatten, vom Hof entlassen. Papst Urban VII. bedrohte im Jahre 1642 alle, die in der Kirche schnupften, mit dem Bann, Innozenz X. 1650 jeden mit Exkommunikation, der dem Tabakgenuß huldigte. Doch alle diese Verbote konnten nichts daran ändern, daß dem Tabak, besonders dem Schnupftabak begeisterte Lobredner sogar unter den Ärzten entstanden. Zu den berühmtesten Tabakschnupfern gehörten

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Porzellanköpfe und der Tabakdosen für 100 Louisdor zurückzuführen ist, die der Malerei geschadet haben." Tatsächlich wurde zu jener Zeit viel malerisches und zeichnerisches Talent auf die Tabakdosen verwandt. Wie schon bemerkt, war Friedrich der Große ein leidenschaftlicher Schnupfer und im Museum zu Stendal wird eine umfangreiche Kollektion der verschiedensten seiner Tabakdosen aufbewahrt. Folgende kleine Anekdote wird von Friedrich dem Großen erzählt: Eines Tages sah der König aus dem Fenster wie einer der Pagen aus seiner (des Königs) Tabakdose eine Prise nahm. „Gefällt dir die Dose?" fragte er den Pagen, der zuerst ganz bestürzt war, dann aber doch zugab, daß er die Dose schön fände. ,Nun so nimm sie dir" war die Antwort des Königs, „für uns beide ist sie zu klein."

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Abb. 7. Sankt Helena".

(Abb. 5) und andere Zeitereignisse dargestellt. Sogar die Verfassung wurde auf Tabakdosen verherrlicht (Abb. 6). Von Napoleon wird erzählt, daß er als erster Konsul häufig bei den Sitzungen des Staatsrates zugegen war. Wenn ihm die Verhandlungen zu lange dauerten oder ihn langweilten, so machte er diesem oder jenem Mitgliede durch Zeichen verständlich, daß er ihm seine Tabakdose reichen möge. Wenn er die Dose in Händen hatte, vergnügte er sich damit, ihr Tabak zu entnehmen, den Deckel springen zu lassen um schließlich in Gedanken die Dose in seiner Tasche verschwinden zu lassen. So erging es oft zwei oder drei Dosen in einer Sitzung. Natürlich gingen später die Dosen an ihre Besitzer zurück. Da die Räte aber für ihre Familien Tabakdosen fürchteten, wurde es bald zur Gewohnheit, zur Sitzung nur noch Tabakdosen für 25 Sous mitzubringen.

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Zwei chinesische und ein japanisches Gefäß für Schnupftabak. Zwischen den chinesischen Gefäßen ein Deckel mit Löffel.

Bald war man soweit gekommen, daß man die Tabakdosen in die Brautausstattungen aufnahm, und die Ausstattung der Marie Antoinette wies die stattliche Anzahl von 52 Die goldenen Tabakdosen auf. Tabakdosen bildeten auch ein beliebtes Geschenk an die Künstler und Musiker, mit dem unter anderen auch Mozart bedacht wurde. Der Luxus, der in bezig auf die Tabakdosen getrieben wurde, beschränkte sich nicht nur auf möglichst künstlerische Ausstattung, sondern ging auch soweit, daß es zum guten Ton gehörte, ein ganzes Sortiment Dosen zu haben, so daß man möglichst täglich wechseln konnte. Auch waren die Tabakdosen für Sommer und Winter verschieden, im Sommer leicht, im Winter schwerer.

Bis zur Revolutionszeit im Jahre 1830 spielte die Tabakdose auch in der Politik bei den verschiedenen Verschwö

Napoleon wurde auch auf vielen Tabakdosen dargestellt. Nicht nur als erster Konsul und Kaiser der Franzosen, sondern auch im Exil. (Abbildung 7). Später noch kam seine Popularität darin zum Ausdruck, daß Tabakdosen hergestellt wurden, die die Form seines Hutes aufwiesen. Um das Jahr 1830 verschwand die runde Tabakdose mit Porträts und machte der ovalen Form mit Scharnierdeckel Platz. 1854 war die Form der Tabakdosen schon ungemein mannigfaltig. Seit dem Jahre 1870 begann aber allmählich das Tabakrauchen das Schnupfen zu verdrängen.

Heute findet man die berühmten Tabakdosen, die ein Stück Kulturgeschichte darstellen, nur noch in Sammlungen

vertreten.

Zu

Die gegenwärtige und zukünftige Bewertung seltener Edelsteine.

Von Julius Cohn, Neu-Isenburg bei Frankfurt a. M.

'u den hervorragendsten Leistungen menschlichen Geistes gehört zweifellos auch die Herstellung der künstlichen Edelsteine. Zwar ist es bis heute nur gelungen, den Rubin und Saphir synthetisch darzustellen, aber das ganze Gebäude der bisher so festgefügten Edelsteinkunde ist damit ins Wanken gekommen. Diese künstlichen Edelsteine sind vom chemischen und physikalischen Standpunkte aus einwandfreie, also in wissenschaftlichem Sinne echte Edelsteine. Als die ersten Exemplare auf den Markt kamen, machte der Edelsteinhandel, in dem gewaltige Summen festgelegt sind, eine große Krisis durch. Man fragte sich, ob die natürlichen Rubine und Saphire, die erheblich teurer waren als das Kunstprodukt, ihren Preis würden halten können. Da es der Chemie auch bald gelang, die Steine von wunderbarer Schönheit zu erzeugen, die den kostbarsten Exemplaren der taubenblutfarbigen Rubine, sowie der kornblumenblauen Saphire in nichts nachstanden, fürchtete man sogar den Wettbewerb mit diesen Kunststeinen. Selbst ein so hervorragender Fachmann, wie der leider zu früh verstorbene Dr. Eppler in Krefeld, lief in seinem 1912 erschienenen Werke über „Die Schmuck- und Edelsteine" keinen Zweifel darüber, daß nunmehr ein Preissturz der natürlichen Steine unvermeidlich sei. Mehr als ein Jahrzehnt ist seitdem vergangen. Wir müssen feststellen, daß die Krise des Edelsteinhandels, die namentlich dem Juweliergewerbe schwere Erschütterungen zu bringen drohte, im wesentlichen als überwunden gelten kann. Das Gegenteil dessen, was Dr. Eppler prophezeite, ist eingetreten. Auf der einen Seite sehen wir, daß die natürlichen Rubine und Saphire besonders in den erwähnten Nuancen auch heute noch zu den kostbarsten und gesuchtesten Steinen gehören. Auf der anderen Seite hat aber die gesteigerte Herstellung von synthetischen Edelsteinen, die in beliebiger Menge erzeugt werden können, im Gegensatz zu der beschränkten Zahl der in der Natur vorkommenden, eine starke Überproduktion hervorgerufen und damit auch den Preis des Kunstproduktes sehr zu seinem Ungunsten beeinflußt. Der Preis eines Karats synthetischer Rubine stellte sich im Jahre 1913 im Kleinhandel auf etwa 1.20 bis 3.- Mk., je nach Größe und Schliff, während heute die gleiche Ware 50 Pfg. bis 2.- Mk. kostet. Ähnlich ist der Preisrückgang bei den künstlichen Saphiren, die vor dem Kriege im Kleinhandel mit 5-8 Mk. pro Karat bezahlt wurden, während ihr heutiger Preis etwa 1-3 Mk. beträgt. Wir sehen also, daß der Wert der Kunststeine ein verhältnismäßig geringerer ist und aus den angeführten Gründen auch bleiben wird. Im Interesse eines billigen, schönen und in wissenschaftlichem Sinn doch echten Volksschmucks ist der niedrige Preis allerdings begrüßenswert.

Wie kommt es nun, daß das Naturprodukt im Gegensatz zu dem synthetischen eine so hohe Bewertung findet? Zunächst erblicken die Gläubigen aller Nationen in den Edelsteinen, die die Natur liefert, göttliche Geschenke, die bestimmt sind, die Menschen zu erfreuen. Sprichwörtlich ist besonders die fast abgöttische Verehrung seltener und schöner Edelsteine im Orient, woraus sich der hohe Preis, den die Gläubigen für diese Kleinodien hingeben, erklärt. Doch auch der Naturfreund sieht in den natürlichen Edelsteinen Werke höchster Vollendung in Farbe und Form, geschaffen von einem gewaltigen, unbekannten Meister, einem genialen Künstler. Beiden Richtungen aber ist die Natur aber immer noch Vorbild, Vollkommenheit. In der Tat, mag der erfahrene Edelsteinschleifer beim künstlichen Rubin unter Zuhilfenahme des Dichroskops die Tafel senkrecht zur optischen Achse schleifen und dem Stein dadurch das von den Birmanen so hoch geschätzte Taubenblutrot verleihen, es ist lediglich Nachahmung der noch wunder

bareren Natur; denn bei ihren Kindern gesellt sich zu der herrlichen Farbe noch ein bestimmter seidenartiger Glanz, der durch mikroskopisch kleine Rutilnadeln, den hexagonalen Prismen eines aus Titandioxyd bestehenden Minerals, hervorgerufen wird. Aber noch ein psychologischer Grund ist es, der viele Menschen dazu bewegt, natürliche Edelsteine zu bevorzugen. Der begüterte Mann, der in der Lage ist, sich Edelsteine zu kaufen, liebt es zumeist, einen Schmuck zu tragen, den ein anderer sich nicht so leicht beschaffen kann. Er kauft deshalb am liebsten das, was selten und kostbar ist. Wirkliche Seltenheiten gibt es jedoch nur unter den natürlichen Edelsteinen. Darum bleiben diese zu allen Zeiten gesucht und hoch bezahlt.

Ein eigentümlicher Zufall ist es, daß diejenigen Farben unter den Edelsteinen, die die Menschen zu den schönsten zählen, wie taubenblutrot, smaragdgrün, himmel- und kornblumenblau, in der Natur am seltensten vorkommen. Taubenblutfarbige Rubine mit seidenartigem Glanz, insbesondere in der Größe von mehreren Karat, kommen nur an einigen Stellen der Erde vor, in der Provinz Birma in Indien. Der Birma - Rubin gilt als der seltenste Edelstein. Für große Exemplare werden viele Tausende von Mark bezahlt. Hohe Preise werden auch für Smaragde von gesättigter Farbe, dem saftigen Grün einer Wiese im Frühling vergleichbar, erzielt. ling vergleichbar, erzielt. Zu der herrlichen Farbe gesellt sich dann noch bei den schönsten Exemplaren ein samtartiger Schimmer. Zurzeit ist der Smaragd der beliebteste Edelstein. Auch Birma- und Kaschmir saphire werden heute gern gekauft und gut bezahlt, wenngleich ihr Preis nicht annähernd dem der beiden vorgenannten Edelsteine gleichkommt. Indien, dem wir, wie vorhin erwähnt, den herrlichen Birma-Rubin verdanken, ist auch die Heimat der schönsten Saphire. Während der Kaschmir-Saphir in den auserlesensten Exemplaren sich der Farbe des blauen Himmels nähert, zeigt der Birma-Saphir das prächtige Blau der Kornblume mit seidenartigem Glanz. Noch einen seltenen Stein möchte ich erwähnen, der seiner Schönheit und seiner merkwürdigen Eigenschaften wegen es verdienen würde, mehr als bisher beachtet zu werden, den Alexandrit. vereinigt die Vorzüge des Smaragds und des Rubins in seinen wertvollsten Exemplaren. Bei Tage ist er smaragdgrün, bei Nacht, d. h. bei künstlichem Licht, rubinrot; ein Wunder der Natur. Größere Exemplare, die diese Eigenschaften haben, sind sehr selten, und werden entsprechend hoch bezahlt.

Er

Neben diesen Steinen, die sich auch durch ihre große Härte und vollkommene Durchsichtigkeit auszeichnen, gibt es noch einige Edelsteine, die zwar keinen so hohen Grad von Seltenheit besitzen, wie der Rubin, Saphir, Smaragd und Alexandrit der erwähnten Qualität, die sich jedoch durch ihre merkwürdigen Eigenschaften für alle Zeiten eine hervorragende Stelle unter den Edelsteinen gesichert haben. Zu ihnen gehört in erster Linie der blaue Zirkon, der in einer Mine der Provinz Chantaboon in Siam vorkommt. Ganz vereinzelt werden auch Exemplare in Australien gefunden, wie mir von einem dort lebenden deutschen Edelsteinhändler versichert worden ist. Dieser zukunftsreiche Edelstein charakterisiert sich durch seine Farbenänderungen bei Dunkelheit und Licht, die auf radioaktive Vorgänge im Stein selbst zurückzuführen sind und aller Wahrscheinlichkeit nach von der Synthese niemals nachgeahmt werden können. Allerdings weist nur ein Teil der blauen Zirkone diese Umwandlung auf. Sie dürften in der Zukunft am gesuchtesten sein und höher bewertet werden. Ohnedies zeigt der Stein eine außergewöhnliche Farbenpracht, wie sie nur noch beim Brillant zu finden ist. Verhältnismäßig

selten und wohl niemals nachahmbar sind auch das indische Katzenauge, sowie der Stern-Rubin und -Saphir. Während das indische Katzenauge einen über den ganzen Stein sich bewegenden weißen Streifen zeigt, sieht man beim SternRubin und -Saphir einen nach verschiedenen Richtungen verlaufenden Stern. Diese Erscheinungen, die durch mikroskopisch kleine, unter der Oberfläche der Steine vorhandene asbestartige Einlagerungen hervorgerufen werden, können mit chemisch-technischen Mitteln heute noch keinesfalls nachgeahmt werden. Mit größter Wahrscheinlichkeit wird dies auch später nicht möglich sein. Aus diesem Grunde wird die Beliebtheit der drei letztgenannten Steine, insbesondere in größeren und schönfarbigen Exemplaren zunehmen und ihr Wert im Laufe der Zeit beträchtlich steigen. Überhaupt spielt die Nachahmungsmöglichkeit bei der zukünftigen Wertbemessung eine nicht unwesentliche Rolle, wenngleich ihr heute im allgemeinen von seiten der Juweliere nur verhältnismäßig geringe Bedeutung beigemessen wird. In dieser Beziehung sind auch die von uns zuerst betrachteten kostbarsten Edelsteine wohl für alle Zeiten vor Entwertung geschützt. Der ihnen eigene seidenartige Glanz ist, wie erwähnt, auf Einschlüsse von Rutilnadeln zurückzuführen. Diese Einschlüsse kreuzen sich stets in einem Winkel von 60 Grad. Selbst der fortgeschrittensten Technik dürfte es unmöglich sein, mikroskopisch kleine Rutilnadeln genau im Winkel von 60 Grad übereinander zu lagern und diese den durch Schmelzprozesse entstehenden Kristallen einzuverleiben. Große taubenblutfarbige Rubine mit auch nur wenigen derartigen Einschlüssen werden daher immer zu den gesuchtesten Edelsteinen der Erde zählen. Was den Smaragd und Alexandrit anbetrifft, so ist es allgemein bekannt, daß fehlerhafte Exemplare bei diesen Edelsteinen an und für sich schon zu den größten Seltenheiten gehören. Andererseits weist das Mikroskop selbst unter der gewöhnlichen Lupe bei fehlerfreien Exemplaren immer noch genügend Einschlüsse auf, an denen sich die natürliche Herkunft erkennen läßt. - Eine eigenartige Rolle in der gegenwärtigen

Das

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und zukünftigen Wertbemessung der Edelsteine spielt der Diamant. Sie ausführlich zu behandeln würde den Rahmen dieses Aufsatzes überschreiten. Nur andeuten möchte ich, daß hier, wo gegenwärtig ein Preismonopol seitens des Londoner Diamantsyndikats vorliegt, das Auftreten zahlreicher, auch unter dem Mikroskop völlig fehlerfreier Exemplare für den Fall des Gelingens der Synthese eine ausschlaggebende Rolle spielen könnte wenn bis dahin nicht eine wesentliche Erweiterung unserer mineralogischen Untersuchungsmethoden gelingt. Vorerst ist jedenfalls an eine Synthese des Diamanten nicht zu denken, da man auf diesem Gebiete nicht weit genug vorgeschritten ist. Soweit wir sehen können, werden alle Naturseltenheiten des Mineralreichs sich der hohen Wertschätzung, die sie heute genießen, auch in Zukunft erfreuen, abgesehen davon, daß sich, wie wir vorhin bereitandeuteten, auch stets genug Käufer für sie finden werden, nicht nur reiche Leute, die Gewicht auf offenes Zurschaustellen ihrer Werte legen, sondern auch solche, die wahre Freude an den Schönheiten der Natur empfinden und denen kein materielles Opfer dafür zu groß ist. Eine Voraussetzung für die zukünftige hohe Bewertung aller seltenen Edelsteine müssen wir allerdings machen, nämlich, daß es durch Erweiterung und Verbesserung der Edelstein-Untersuchungsmethoden gelingt, einwandfrei die Herkunft eines Edelsteins als Naturprodukt festzustellen. Wo die heutigen Methoden auf diesem Gebiete noch unzulänglich sind, muß die Wissenschaft, die das grandiose Werk der Synthese vollbracht hat, auch in der Analyse vorwärts schreiten. Vorerst kommen wir mit den einschlägigen Untersuchungsmethoden zur Not noch aus. Bei der fortschreitenden synthetischen Edelsteinproduktion wird andererseits auch die Forderung nach zahlreicheren Untersuchungsstellen zur dringenden Notwendigkeit. Der Juwelier der Zukunft wird nur durch eigene gründliche Kenntnis der einschlägigen Untersuchungsmethoden zur genauen Bewertung der Seltenheiten der Natur beitragen können.

Unser Frühjahrs-Preisausschreiben.

as Ergebnis unseres Wettbewerbs zur Erlangung von Entwürfen für Großsilberarbeiten liegt nunmehr vor und kann als außerordentlich günstig bezeichnet werden, da über 300 Entwürfe und ausgeführte Arbeiten eingegangen sind. Die zur Darstellung gebrachten Ideen umfassen alles, was unter dem Begriff von Großsilber zu verstehen ist, wie Tafelaufsätze, Service, Schalen, Leuchter, Schmuckdosen usw. Ein großer Teil der Arbeiten bietet beachtliche Anregungen für neue Bestecke, so daß wahrscheinlich dafür eine Sonderbewertung Platz greifen wird.

Wie wir in unseren verschiedenen Ankündigungen und im Ausschreiben selbst bereits erwähnten, soll den Einsendern ein besonderer Vorteil dadurch geboten werden, daß ihre Arbeiten an den Hauptindustrieplätzen und auf den Edelmetallmessen zur Ausstellung kommen. Wir hoffen damit auch zugleich den Interessenten der Silberwaren-Industrie zu dienen und ihnen Gelegenheit zum Erwerb neuer, praktisch durchführbarer Ideen zu geben. Leider haben es viele Einsender unterlassen, den Ankaufspreis für ihre Entwürfe

neben dem Motto auf der Zeichnung selbst anzugeben, wie dies in den Bedingungen für die Beteiligung vorgeschrieben war. Wir vermuten, daß die fehlenden Preise zum großen Teil aus den verschlossen eingereichten Umschlägen zu entnehmen sind. Soweit auch dies nicht zutrifft, empfehlen wir den betreffenden Einsendern, die die Angabe eines Preises ganz unterlassen haben, in ihrem eigenen Interesse uns unverzüglich Mitteilung zu machen, unter nochmaliger Angabe des Mottos.

Nach der Begutachtung durch das Preisrichterkollegium gelangen die Arbeiten zunächst nach Hanau, wo sie vom dortigen Kunstgewerbeverein in der Zeit vom 30. Juni bis 5. Juli in der Aula der Zeichenakademie in Hanau ausgestellt werden. Wir bitten die interessierten Firmen, von der gebotenen Ankaufsgelegenheit recht reichen Gebrauch zu machen. Über die Termine der weiter noch folgenden Ausstellungen berichten wir in nächster Nummer und bitten, unsere Veröffentlichungen recht aufmerksam zu verfolgen.

Zu den Abbildungen.

rbeiten von J. Wilm, Berlin, interessieren immer. Ihre vorzügliche technische Durchbildung, die die Materialseele stark hervortreten läßt, und ihre streng gefaßte, auf das Wesentliche zurückgeführte Architektur bedingt den künstlerischen Wert. Die Freude an reichem Zierat, die die Schmuckstücke Wilms dann und wann auszeichnet, deutet sich auch auf den gehämmerten, silbernen Schalen an, während die Kanne durch ihren abgewogenen Bau anspricht. Der be

kannte Hofjuwelier J. Th. Heinze war mit einer der ersten Bahnbrecher auf dem Weg: Fort von der Stilimitation. Seine Silberdosen in gewählten Schmucksteinen und reicher Montierung zeigen diese Bestrebungen. Von besonderer Bedeutung war sein Eintreten für eine neue Formgebung auf dem Gebiete der kirchlichen Geräte. Leider bleiben solche Stücke wie die Abendmahl kannen auch heute noch ziemlich vereinzelt. Prof. L. S.

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