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sehnlicher Zweig unseres Wirtschaftslebens und vielleicht weniger bedeutsam durch ihren Umfang als durch ihre Eigenart. Auf den Weltausstellungen in Paris und St. Louis haben die Bernsteinwaren ungeteiltes Lob erfahren und den Ruhm. Altpreußens unter den Völkern der Erde verbreitet.

aus

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In der alten Hansestadt Danzig hat die Bernsteinindustrie seit Jahrhunderten geblüht und die Chronik berichtet aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, daß ein Danziger Bernsteindreher aus dunkelm Bernstein ein zwei Zoll langes Herz gefertigt hatte, dessen Inneres ein zierlich geschnitztes Jesuskind weißgelbem Bernstein enthielt. Das kleine Kunstwerk fand seinen Weg nach Rom und wurde hier auf 2000 Gulden bewertet. Rohbernstein wird auf mannigfache Weise wonnen, hauptsächlich aus den Bernsteinwerken bei Palmnicken und Kraxtepellen im Samlande. Der durch bergmännischen Betrieb gewonnene Bernstein beträgt im Jahresdurchschnitt etwa 400 000 kg, wozu noch etwa 20000 kg durch die Strandnutzung kommen. Nach der Reinigung gehen die größeren Stücke an die Königlichen Bernsteinwerke nach Königsberg, wo sie von etwa 100 beschäftigten Personen sortiert werden. Nach Farbe, Größe, Dichtigkeit, Durchsichtigkeit usw. werden gegen 200 Sortimente hergestellt, deren Preise sehr differieren. Während das Kilogramm der geringsten Sorte schon für 2 Mk. zu haben ist, kostet dasselbe bei bester Qualität 150 Mk., und selten schöne Stücke werden gar mit 300 Mk. pro Kilogramm bezahlt.

Die Bernsteinausbeute ist seit der Zeit der deutschen Ordensritter Regal des Staates, welcher auch die

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Preise des Bernsteins festsetzt. Infolge verminderten Gewinnes an Rohbernstein und der steigenden Arbeitslöhne wurden die Preise für Rohbernstein im Januar 1907 etwa um 20 Proz. und im Oktober 1907 um 15 Proz. erhöht.

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Interessant ist die Kennt

nis der Verarbeitung des Rohbernsteins zu Schmucksachen. Größere Bernsteinfirmen beziehen ihn direkt von den Königlichen Bernsteinwerken, müssen das bezogene Quantum in besondere Bücher eintragen und nachweisen, wozu es verarbeitet worden sei. Nach dem Sortieren werden die einzelnen Bernsteinstücke ,,zugerichtet", d. h. von der ihnen anhaftenden rauhen Schicht befreit und zu Würfeln oder sonstigen Formen gestaltet, je nachdem daraus Perlen (Korallen), Oliven, Knöpfe zu Hutnadeln, Broschen, Kreuzchen, Zigarrenspitzen gefertigt werden sollen, wodurch bei manchen Stücken ein ganz bedeutender Prozentsatz in Abfall kommt. Die ganz

kleinen Stückchen und Abfälle werden zu Prefbernstein (Ambroid) verarbeitet.

Besitzt die den Rohbernstein beziehende Firma keine eigene Werkstätte zur Bearbeitung desselben, so übergibt sie ihn einem Bernsteindrechsler, welcher in einem Buche bescheinigen muß, daß er aus einem bestimmten, an ihn gelieferten Quantum eine gewisse Zahl von Gegenständen hergestellt habe. Mit dem gewonnenen Rohbernstein soll eben kein Handel mit dem Auslande getrieben werden, sondern er soll in der heimischen Industrie zur Verarbeitung gelangen. In Danzig befinden sich gegenwärtig 20, in Berlin 7, in Stolp 4 und in Thüringen, wo neben der Bernsteinfabrikation noch Meerschaumwaren angefertigt werden, gleichfalls mehrere Bernsteindrechslereien.

Zur Herstellung der Bernsteinwaren werden gebraucht: Sägen, Messer, Feilen, Bohrer, Drehbänke (Brücken) u. a. Werkzeuge.

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Auf einem Tische liegen die würfelartigen Bernsteinstückchen von etwa zwei Zentimeter Länge. Der Bernsteindrechsler hält ein Stückchen davon fest auf einer kleinen Stütze, setzt den Bohrer (ein zweiseitiges, scharfes, dünnes Messerchen,

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in rotierende Bewegung und durchbohrt das Stück, welches zu einer Koralle verarbeitet werden soll. Der zweite Mann gibt dem durchbohrten Stückchen, welches er auf cine rotierende Spindel steckt, eine längliche oder Kugelform, was durch scharfe Messer geschieht, ähnlich wie beim Holzdrechsler. Die feinen, weißgelblichen Spänchen fallen wie Fäden zur Erde und wandern in den Herd oder Ofen. Von dem ursprünglichen Gewichte des Bernsteinstückes ist nunmehr der vierte Teil übrig geblieben. Nun wird die Koralle mit Schlemmkreide und Wasser oder Spiritus poliert, und erst jetzt liegt sie glänzend, durchsichtig und für das Auge berückend da. Bei der Herstellung anderer Gegenstände mag der Verlust an Bernstein nicht so groß sein. Größere Flächen werden auf besonderen Feilscheiben geschliffen, falls es nötig sein sollte, mit Öl und Bimstein gebeizt und mit Trippel poliert. Alles geht ziemlich rasch von statten, und die Beschäftigung ist nicht nur angenehm, sondern auch gewinnbringend.

Über die gegenwärtige Lage der Bernsteinindustrie gibt der Jahresbericht der Königl. Bernsteinwerke in Königsberg näheren Aufschluß. Es heißt dort:

,,Das Berichtsjahr 1908 muß als recht ungünstig be

zeichnet werden. Eine Besserung in der Bernsteingewinnung selbst ist gegen das Vorjahr nicht eingetreten. Trotzdem 1400 qm Grubenfeld mehr abgebaut und rund 40 000 Wagen blaue Erde mehr als im Vorjahre gefördert wurden, blieb die Ausbeute an Rohbernstein selbst um 33 600 kg zurück.

Der Gesamtabsatz von Rohbernstein zur BernsteinwarenFabrikation blieb gegen das Vorjahr um rund 1760 kg zurück. Die Wünsche der inländischen Bernstein warenFabrikanten wurden nach Möglichkeit berücksichtigt, und ihre Bezüge blieben gegen das Vorjahr um nur 560 kg zurück, während die ausländischen Fabrikanten 2200 kg weniger erhielten. erhielten. Der Absatz von Preßbernstein wurde sehr ungünstig beeinflußt durch die im Herbst 1907 eingetretene amerikanische Krise und die dadurch hervorgerufene allgemeine Depression, die naturgemäß sich am meisten bei denjenigen Fabrikanten bemerkbar machte, welche sich mit Herstellung von Luxusartikeln befassen.

Beschäftigt wurden im Jahre 1908 in Palmnicken und Kraxtepellen 820 Personen, in Königsberg 210 Personen, insgesammt 1030 Personen. Außerdem wurden in Königsberg 420 und in Palmnicken 24 Personen als Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen beschäftigt". H. Mankowsky - Danzig.

VOR

Einheitlicher ausländischer Gerichtsstand.

YOR Jahresfrist hat der Handelsvertragsverein angeregt, mit den meisten Kulturstaaten des Auslandes Verträge dahin abzuschließen, daß, natürlich unter Vorbehalt entsprechender Kautelen, die zivilrechtlichen Urteile zwischen Deutschland und den fremden Staaten grundsätzlich anerkannt und formlos vollstreckt werden sollten. Dieser Vertrag ist zweifellos aus der Erwägung heraus entstanden, daß ein deutsches Urteil heutzutage mit Ausnahme von einigen Staaten, die wenigstens der Form nach die Reziprozität verbürgen, ohne jedweden praktischen Wert ist, falls gegen den Auslands - Verurteilten in Deutschland nicht mit Zwangsvollstreckung vorgegangen werden kann, was ja nur dann der Fall ist, wenn der Schuldner in Deutschland selbst Vermögensstücke besitzt. Der Antrag hat auf den ersten Blick etwas verlockendes an sich, denn dadurch würde die Verfolgung von Rechtsansprüchen des deutschen Kaufmanns gegen säumige Auslandsschuldner außerordentlich erleichtert. Mit diesem Vorteile ist jedoch ein großer Nachteil verbunden, denn durch die grundsätzliche gegenseitige Anerkennung der Urteile würde dann natürlich auch die Vollstreckung eines im Auslande gefällten Urteils im Inlande vollstreckt werden müssen.

Jeder Kaufmann, der mit dem Auslande zu tun hat, weiß aber wohl aus Erfahrung, wie unzuverlässig zum Teil die Auslandsrechtsprechung ist. Schon aus diesem Grunde dürfte die Durchführung des Antrags des Handelsvertragsvereins auf

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Schwierigkeiten stoßen und schwerlich die Unterstützung der maßgebenden Kreise finden.

Anders liegt aber die Frage, ob sich für den deutschen Kaufmann nicht dadurch ein Vorteil erzielen läßt, daß er in den einzelnen Ländern selbst einen einheitlichen Gerichtsstand mit seiner Kundschaft vereinbart, an

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BROSCHE IN HANDARBEIT

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ENTWORFEN UND AUSGEFÜHRT VON RUD. PAUSCHINGER, SCHWÄB. GMUND

dem sämtliche Streitigkeiten sowohl wegen Differenzen aus Lieferungen z. B. Mängelrügen, als auch Klagen. auf Zahlung des Kaufpreises anhängig gemacht werden können. Der Vorteil besteht einerseits darin, daß der deutsche Kaufmann dadurch einen und denselben Anwalt mit seiner Vertretung betrauen kann, was den weiteren Vorteil in sich schließt, daß der Anwalt durch die wiederholte Beschäftigung mit gleichen oder ähnlichen Materien allmählich auch mit den Geschäftsgebräuchen und den inländischen Verhältnissen vertraut wird. Wird nun noch als ein einheitlicher Gerichtsstand eine große Stadt in dem betreffenden Auslande vereinbart, so ist dadurch eine gewisse Gewähr geschaffen dafür, daß die Sache selbst von befähigten und nicht voreingenommenen Richtern, bzw. geeigneten Sachverständigen entschieden wird. Es dürfte infolgedessen nicht uninteressant sein, einmal darauf näher einzugehen, ob und wie eine derartige Vereinbarung eines einheitlichen Gerichtsstandes im Auslande mit der Kundschaft getroffen werden kann.

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I. Österreich.

Nach der österreichischen Zivilprozeßordnung ist es zulässig, einen

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anderen als den gesetzlichen Gerichtsstand, d. i. der Wohnsitz des Schuldners bzw. der Ort seiner Handelsniederlassung zu vereinbaren. Das ist auf zweifache Weise möglich:

a) entweder als Fakturen-
gerrichtsstand oder
b) als prorogierter Ge-
richtsstand.

Der erstere gilt dadurch als vereinbart, daß sich auf der Faktura des Verkäufers der Aufdruck befindet: „Zahlbar in N. Klagbar in N.".

Diese Faktura muß vor, spätestens aber mit Einlangen der Waren dem Käufer zugehen. Dieser Gerichtsstand gilt nur unter Kaufleuten und der Vermerk auf der Faktura selbst darf nicht beanstandet werden. Der prorogierte Gerichtsstand ist nur dadurch möglich, daß die Parteien schriftlich oder mündlich ausdrücklich verein

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VOM MEDAILLEN-WETTBEWERB DER ILA FRANKFURT A. M. :::: 1. PREIS OSKAR PRACK, 2. PREIS CARL STOCK, 3. PREIS LUDWIG MERGEHEN

baren, daß N. als derjenige Ort gilt, vor dessen Gerichten alle Streitigkeiten zwischen den Parteien aus dem Vertrag ausgetragen werden sollen.

II. Ungarn.

Was von Österreich im besonderen gilt, gilt in gleicher Weise für Ungarn. Durch die Reziprozität, die zwischen Österreich und Ungarn verbürgt ist, werden dort die Urteile gegenseitig vorbehaltlos vollstreckt und infolgedessen kann also auch für Ungarn der österreichische Gerichtsstand ohne weiteres vereinbart werden. Das hat noch den weiteren Vorteil, daß bei Klagen, deren Objekt den Betrag von 40 Kr. nicht überschreitet, der Schuldner auch im unterliegenden Falle die Gläubigerkosten auf alle Fälle zu tragen hat,

während nach ungarischem Recht sonst der Kläger seine eigenen Kosten in diesem Falle zahlt.

III. Schweiz.

Hier ist zu unterscheiden zwischen streitigen Sachen und nicht streitigen Sachen. In allen Fällen, die nicht streitig sind, kommt das Betreibungsverfahren in Anwendung.

Das Betreibungsverfahren wird eingeleitet durch Erlassung eines Zahlungsbefehls. Wird gegen den Zahlungsbefehl nicht Widerspruch erhoben, so wird die Betreibung fortgesetzt, aber mit dem Unterschiede, daß 1. gegen Personen, die nicht ins Handelsregister eingetragen sind, die Betreibung auf Pfändung bzw. Pfandverwertung geht,

2. gegen Personen, die ins Handelsregister einge

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anderer Gerichtsstand an Stelle des gesetzlichen tritt. Die Bestimmung, daf

die Parteien berechtigt sind, einen anderen als den gesetzlichen Gerichtsstand zu vereinbaren, beruht auf einer alten, aber noch heute geltenden Bestimmung vom Jahre 1683 und wird von der Rechtsprechung heute noch allgemein anerkannt. Darnach genügt es nicht zur Vereinbarung eines derartigen Gerichtsstandes, daß der Verkäufer mit seiner Offerte seine Bezugsbedingungen übersendet, darin einen bestimmten Gerichtsstand angibt und der Kunde auf Grund dieser Bezugsbedingungen bestellt.

Es genügt auch nicht, daß eine entsprechende Klausel auf der Faktura vermerkt ist.

Die Vereinbarung des Gerichtsstandes wird auch nicht darin gesehen, wenn der Kunde diese Klausel nicht besonders beanstandet, vielmehr ist es, um einen solchen Gerichtsstand mit einem Kunden zu vereinbaren, notwendig, daf der Kunde schriftlich einen Kommissionsschein oder sonst eine Erklärung unterschreibt, wodurch er den prorogierten Gerichtsstand. anerkennt. DieKlausel wäre folgendermaßen zu formulieren:

In jeder Streitfrage unseres Handelsverkehrs vereinbaren wir das

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