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Produkte derselben sind (authentica, genuina, integra), oder unächte, unterschobene (spuria), zweifelhafte (dubia), oder durch Zusätze und Weglassungen verfälscht worden sind (corrupta interpolatione sive mutilatione), wie Letzteres bereits an den Briefen des apostolischen Vaters Ignatius geschehen ist. Die von der Kritik zur Ermittelung dieser Fragen festgestellten Regeln beruhen auf äußern und innern Gründen; jene bestehen vorzüglich in gleichzeitigen oder spätern Nachrichten über den Autor und seine Schriften, diese im Resultate von Untersuchungen über die sonst bekannte Denkungsweise und Schreibart, Schule und Nationalität der betreffenden Verfasser und ihrer Zeit mit ihren Eigenthümlichkeiten und Institutionen. Darnach ist insbesondere noch die Glaubwürdigkeit der Zeugen festzustellen und das Gewicht der etwa vorhandenen Gegenzeugnisse zu prüfen.

§. 6. Ausgaben der kirchlichen Schriftsteller, Sammlungen. derselben.

Wie die hl. Schrift, die griechischen und römischen Elassiker, wurden. auch die Kirchenväter von den in der ersten Zeit der Buchdruckerkunst bekannten unternehmenden Buchhändlern, die zumeist große Gelehrte waren, zuerst gedruckt: von Robert und Heinrich Stephanus zu Paris, Aldus Manutius zu Venedig, Froben, Oporin u. A. in Basel. Am letztern Orte nahm zu Anfang des 16. Jahrhunderts der größte Humanist, Desiderius Erasmus (1536), an der Herausgabe der Kirchenväter einen thätigen Antheil, so daß die ersten Ausgaben der meisten Kirchenväter eben die Basler sind, welche an Richtigkeit, Vollständigkeit u. s. w. noch sehr viel zu wünschen ließen und jetzt nur geringen literarischen Werth haben 2.

Diese Ausgaben traten in den Hintergrund, als die Congregationen der reformirten Benedictiner-Mauriner und Oratorianer (Gallandius), wie mehrere Jesuiten (Petavius, Corderius, Raderus, Gretserus, Fronto le Duc, Garnier, Chifflet, Sirmond, Harduin) und die Dominicaner (Combefis, Le Quien) mit Hülfe der Kräfte in ihrem Orden und dem ausdauerndsten Fleiße auf diesem Felde bis auf den heutigen Tag Unentbehrliches lieferten. Die von ihnen besorgten vortrefflichen Ausgaben enthalten : 1) ausführliche Biographien der Kirchenväter; 2) vollständigere, vielfach chronologische Angabe der Werke mit Ausschluß der unächten; 3) Darlegung der darin enthaltenen Lehre; 4) Erläuterung schwieriger Stellen; 5) sorgfältige Neal- und Nominalindices, so daß zum wissenschaftlichen Gebrauche sie allein zu verwenden sind. Die ersten Originalausgaben erschienen zumeist in Paris; zu Venedig wurden sie nachgedruckt.

1 Vgl. Fessler, instit. Patrol. T. I. p. 65–87. Hefele, Tüb. theol. Quartalschrift J. 1842. S. 437-42.

2 Die ersten Drucke aus den berühmten Werkstätten der Buchdruckerkunst zu Mainz, Straßburg, Rom, Paris, Venedig, Augsburg, Basel werden bekanntlich Incunabeln genannt. Die meisten Bibliographen schließen die Zeit der Incunabeln mit dem Jahre 1500 ab. Doch dehnen Andere den Termin ziemlich willkürlich bis 1520, ja bis 1536 aus. Vgl. „Incunabeln“ in Erich und Gruber's Encyklopädie, Section II. Thl. 16.

Vgl. Herbst, die Verdienste der Mauriner und Oratorianer um die Wissenschaft (Tüb. Theol. Quartalschrift v. J. 1833-35), und Dr. Nolte in Scheiner's österr. Vierteljahrsschrift für kathol. Theol., Wien 1854. Bd. VI. S. 450. Doch haben auch diese Ausgaben noch bedeutende Mängel, sowohl was Vollständigkeit der Schriften als auch kritische Feststellung des Tertes betrifft (f. Angelo Mai, nova bibliotheca Patr. T. I. pag. XVII. und Vallarsi in der Vorrede zu seiner Ausgabe der Werke des hl. Hieronymus). Daneben entstanden zugleich besondere

Sammlungen der Kirchenväter und Kirchenschriftsteller.

1) Maxima bibliotheca veterum Patrum et antiquorum scriptorum ecclesiasticorum etc. Lugd. 1677. 27 T. f., wovon Tom. I. ein Inhaltsverzeichniß der abgedruckten Werke (die griechischen nur in lateinischer Uebersehung), wie einen Index generalis materiarum enthält. Selbstverständlich sind hier nur die wenig umfangreichen Schriftsteller (bis 15. Jahrhundert) zu finden. Dazu verfaßte der Benedictiner le Nourry den apparatus ad bibliothecam max., Lugd. 1703-15. 2 T. mit ausführlichen gelehrten Abhandlungen über die Väter der 4 ersten Jahrhunderte.

2) Des Oratorianers Andr. Gallandii bibliotheca veterum Patrum, antiquorumque scriptorum ecclesiasticorum, Venet. 1765. sq. 14 T. f. gibt ebenfalls nur die Schriftsteller von geringerem Umfange, besonders Apologien und die ältesten Pseudepigrapha; doch die griechischen im Urterte mit lateinischen Uebersetzungen und trefflichen Dissertationen, vielen Textemendationen und Erläuterungen dunkler, schwieriger Stellen.

3) J. S. Assemani bibliotheca orientalis Clementino - Vaticana. (syrische, arabische, persische, türkische, hebräische, armenische Schriftstücke) Rom. 719 sq. 4 T. f.

4) Die vollständigste Sammlung der Lateiner und Griechen erschien aber im Cursus completus Patrologiae ed. Migne, Paris. 1843 sq. Die Lateiner von Tertullian bis Papst Innocenz III. in 217 Tom. 4; Tom. 218-21 enthalten die indices generales simul et speciales. Die Griechen von den apostolischen Vätern bis Photius in 104 Bänden der ersten Serie, und der zweiten Serie bis ins 15. Jahrhundert (von Photius bis Bessarion 890-1453) in Tom. 105-162, Par. 1862-1867 mit lateinischer Uebersetzung, meist Abdruck der werthvollen Benedictinereditionen, deren Tomi und paginae zugleich mit angegeben sind, aber auch neuerer Ausgaben mit den Textemendationen, Abhandlungen und Erläuterungen 1.

In diese Sammlung der Lateiner und Griechen sind auch größtentheils aufgenommen die Nachlesen von Bruchstücken oder neu aufgefundenen Werken verschiedener kirchlicher Schriftsteller bei den anglicanischen Theologen Grabe, spicilegium St. Patr. ut et haereticorum, und Routh, reliquiae sacrae aus dem 2. und 3. Jahrhundert, Oxon. 814-18. 4 T. ed. II. 840, wie aus den drei Collectionen des berühmten Bibliothekars der Vaticana, Angelo

In Ermangelung der noch fehlenden indices generales et speciales zur griechiichen Sammlung von Photius an verweisen wir auf Möhler's KG., hrsg. von Gams Fb. III. S. 28-30. in Anmerkung 3.

Mai, scriptorum veterum nova collectio Rom. 825-38. 10. T. 4.; Spicilegium romanum Rom. 839-44. 10 T. 8°; nova Patrum bibliotheca, Rom. 852. sq. 7 T. 4.; T. VIII. ed. Cozza, Rom. 872; wie vom französischen Benedictiner Pitra, spicilegium Solesmense, Par. 852 sq. 4 T. Noch nicht in Migne's Sammlungen berücksichtigt: Fr. Liverani spicilegium Liberianum, Florent. 865.

5) Vom Dominicaner Combesis das auctuarium novum graecolatinae Patrum bibliothecae, Par. 648; darauf auctuarium novissimum. bibl. graccor. Patrum, Par. 672. zusammen 4 T. fol.

6) Vom Benedictiner Montfaucon, collectio nova Patrum et scriptorum graecorum, Par. 706. 2 T. f.

7) Vom Benedictiner L. d'Achery, spicilegium veterum aliquot scriptorum, Par. 655-77. 13 T. 4. nova ed. Par. 783. 3 T. f.

8) Mabillon, Veterum analecta, Par. 675 sq. 4 T. 8. ed. II. 723 f.; von demselben (und von Mich. Germain) Museum Italicum, ed. II. Par.

724. 25. 4.

9) Petr. Coustant, ord. St. Ben., epistolae rom. Pontificum ab a. Chr. 67 ad a. 440. Par. 721. fol.; ed. Schoenemann, Gotting. 796. 8; aus dem Nachlasse von Coustant fortgeführt von Thiel, Lips. 867.

10) Hand ausgaben von ältern kirchlichen Schriftstellern durch Ab= druck der besten Editionen lieferten Prof. Oberthür, opera Patrum graecorum, gr. et lat. Wirceb. 777-92. 21 T. 8. (Justinus, Clem. Alexandr., Origenes); opera Patr. latinorum ibid. 780-91 (Cypriani, Arnobii, Firm. Materni, Lactantii, Hilarii Pictav., Optati Afri); in neuester Zeit Collectio selecta St. eccles. Patrum edd. Caillau et Guillon, Par. 829 sq.; Bibliotheca Patrum graecorum (selecta) ed. Richter, Lips. 826 sq., und bibliotheca Patrum latinorum ed. Gersdorf, Lips. 826 sq.; die 2 lettern bekunden ein sehr reges Interesse auch der Protestanten für patristische Literatur. St. Patrum opuscula selecta ed. Hurter S. J., Oeniponte 868 sq. 24 Vol. in 16. Vielversprechend ist die Publication des Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum durch die k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, wovon seit 1866 erst 3 Vol. erschienen sind (Sulpicius Severus, Minucius Felix und Cyprian).

11) Eine deutsche Uebersehung der Kirchenväter (nicht der Kirchenschriftsteller) begann 1831 zu Kempten, die in 37 Bänden 8. bis Ephraem den Syrer inclusive reicht, und sehr mangelhaft ist. Viel besser ist die „Auswahl der vorzüglichsten patristischen Werke" unter Leitung von Prof. Dr. Reithmayr und Thalhofer, Kempten 869 sq. in 16.

Schon früher publicirte der Protestant Rößler die für die damalige Zeit werthvolle Bibliothek der Kirchenväter in Uebersetzungen und Auszügen, Leipz. 776-86. 10 Thle. bis zu den Schriftstellern im Bilderstreite des 8. Jahrhunderts, und neuerdings Oehler, Bibliothek der Kirchenväter, eine Auswahl aus ihren Werken, Urschrift mit deutscher Uebersetzung, Leipz. 858. Bd. 1-4. Abhandlungen von Gregor von Nyssa1.

1 Von den meisten der vorstehenden u. a. Sammlungen gibt das specielle Inhaltsverzeichniß J. G. Dowling, notitia scriptorum St. Patrum aliorumque vet. eccles.

§. 7. Bearbeitungen der christlichen Literärgeschichte

Die ersten Anfänge einer christlichen Literärgeschichte mit kurzen biogra phischen Skizzen und Angaben der Schriften der christlichen Autoren finden wir:

1) In des hl. Hieronymus von Stridon in Dalmatien († 420) Werke de viris illustribus s. catalogus de scriptoribus ecclesiasticis, worin er in 135 Capiteln ebenso viele kirchliche Schriftsteller aufführt, mit den Aposteln Petrus, Jakobus d. J. c. beginnend und mit sich selbst schließend.

Dieses Buch wurde in der Folge mehrfach unter gleichem oder ähnlichem Titel und ganz ähnlicher Behandlung fortgesetzt vom Presbyter Gennadius aus Massilia (um 490); vom Bischof Jsidor von Sevilla († 636), vom Erzbischof Ildefons von Toledo (667); nach längerer Pause von Honorius, Presbyter zu Autun († um 1120) und Sigebert von Gemblours († 1112); Heinrich von Gent in Flandern († 1293); vom Mönch Petrus zu Monte Cassino mit Supplement des Placidus; von Trithemius, Abt des Benedictinerklosters zu Sponheim (zwischen Trier und Mainz), dann im Schottenkloster St. Jakob in einer Vorstadt Würzburgs († 1516); zulet von Miraeus, Domdechant in Antwerpen († 1640), bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Endlich wurde des Hieronymus Schrift mit sämmtlichen Fortseßern bis Miräus sammt kritischen und literarhistorischen Bemerkungen edirt vom Protestanten Joh. Alb. Fabricius, Professor am Gymnasium zu Hamburg, unter dem Titel Bibliotheca ecclesiastica, Hamb. 1718 fol.

2) In der griechischen Kirche verfaßte der Patriarch Photius von Constantinopel († 891) unter dem Titel popróßißhov 7 ßißhodýzy ein ähnliches Werk, gewöhnlich Photii bibliotheca citirt, edd. gr. et latine Hoeschelius et Schottus, Rothomagi 653 f.; *ed. gr. Immanuel Becker, Berol. 824. 2 T. 4; in Migne ser. gr. T. 103-104. Darin sind in bunter Reihenfolge 280 Schriftsteller aus der heidnischen und christlichen Literatur, wie sie eben gelesen wurden, ohne chronologische Reihenfolge, oft sehr treffend charakterisirt, und auch viele Auszüge von jezt großentheils verlorenen Schriftstellern gegeben.

3) In der Art des Hieronymus lieferte noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts der Jesuit Cardinal Bellarminus sein vielgebrauchtes Werk Liber de scriptoribus ecclesiasticis (von den alttestamentlichen Autoren bis 1500), Rom. 613, das von seinem Ordensgenossen Labbeus überarbeitet, bezw. ergänzt, und oft nachgedruckt wurde. Der apostasirte Prämonstratensermönch Dudin vervollständigte es noch weiter: Supplementum de scriptor. ecclesiast. a Bellarmino omissis ad a. 1460. Par. 686.

4) Da durch die Bestrebungen der Benedictiner-Mauriner u. a. Orden die Vorliebe für die ältere patristische Literatur einen früher nie geahnten Höhepunkt erreichte, wurden die zerstreuten Resultate der Forschungen jener Ordensmänner gesammelt und publicirt von dem französischen Benedictiner

monumentorum, quae in collectionibus anecdotorum post annum Chr. 1700 in lucem editis continentur, Oxoniae 839 (fehlen von Ang. Mai spicilegium und nova Patrum bibliotheca; von Pitra spicilegium Solesm.).

Nic. Le Nourry, in dem schon erwähnten Apparatus ad bibliothecam maximam vett. Patrum etc., Par. 1703-15. 2 Tom. fol. Ebenso von dem Priester Tricalet, bibliothèque portative des Pères de l'église, Par. 1757-62. 9 vol. in 8. (Leben, bedeutendste Schriften, Abriß der Lehre, Sentenzen), lateinisch Tricaletti bibliotheca manualis ecclesiae Patrum, Bassani 783. 9 T.; durch den deutschen Benedictiner zu Banz Schramm, analysis fidei operum St. Patrum et scriptor. eccles. Aug. Vind. 1780-95 in 18 Tom. 8.; durch ein Mitglied desselben Klosters Placid. Sprenger, thesaurus rei patristicae s. dissertationes praestantiores ex Nic. le Nourry, Galland. etc. 3 Tom. 4. Wirceb. 1782-94; sodann in theilweise selbständiger Bearbeitung durch den Benedictinerprior von St. Georgen zu Villingen G. Lumper, historia theologico-critica de vita, scriptis et doctrina St. Patrum aliorumque scriptorum eccles. trium primorum saeculorum, 13 T. 8. Aug. Vind. 1783-99.

Daneben erschienen wie in der Bearbeitung der Kirchengeschichte, so auch für die christliche Literärgeschichte vorzügliche wissenschaftliche Werke, zuerst

In Frankreich.

5) Ellies du Pin, Dr. der Theologie von der Sorbonne und königl. Professor der Philosophie, nouvelle bibliothèque des auteurs ecclésiastiques (enthaltend ihre Biographie, den Katalog ihrer Schriften, Kritik und Chronologie derselben, Inhaltsangabe, Beurtheilung des Stils und ihrer Lehre, schließlich auch Angabe der Concilien, für einige Jahrhunderte noch Vorführung der vorzüglichsten Momente der Kirchengeschichte) bis auf seine Zeit (1719). Er vervollständigte darauf sein Werk in der bibliothèque des auteurs séparés de la communion de l'église romaine du 16 et 17 siècle, und der Abbé Goujet sette es bis in's 18. Jahrhundert fort. Par. (686 sq.) III. ed. 698. 47 T. 8.; Amsterd. 693-1715 in 19 T. 4. Die lateinische Uebersetzung Par. 692 sq. in 3 T. 4. geht nur bis zu Augustinus und ist auch nicht genau. Der Verfasser zeigte Talent und Geschmack, arbeitete aber oft zu flüchtig, mit geringem Interesse und Verständniß für die Leistungen des Mittelalters, welche den Gallicaner wenig ansprachen. Die Fehler über Schriftsteller der ältesten Zeit, besonders über die biblischen Autoren, rügte der Oratorianer Rich. Simon bis zur Hyperkritik ausschreitend in der Critique de la bibl. de Mr. du Pin, Par. 730. 4 T.

6) Vollendeter und zuverlässiger als sein Vorgänger ist Remy Ceillier ord. St. Bened., histoire générale des auteurs sacrés et ecclésiastiques, Par. 729-63 in 23 T. 4. bis Papst Innocenz III. und den Bischof Wilhelm von Paris († 1244), der Inhalt des Werkes ist wie bei du Pin; doch erklärt der Verfasser T. 23 pag. 11: Les analyses des auteurs ecclésiastiques font l'objet principal de notre ouvrage; die Darstellung weniger angenehm als bei du Pin. Neue Ausgabe, Par. 860 sq. in 15 T., vielfach bereichert, aber nicht genug berichtigt.

7) Auch gehört hierher Tillemont 3 kirchengeschichtliches Werk mémoires pour servir à l'histoire ecclésiastique, wie auch die histoire littéraire de la France von der Benedictinercongregation, Par. 733 sq. 20 T. 4.

Darnach erschienen in Frankreich nur Werke von mehr geringem Belange:

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