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Ich werde sie zwingen dir zu glauben mandat. XII, 3, so bezicht sich dieß im Conterte auf die schon zur Bekehrung Bereitwilligen.

Bei Betonung der Freiheit und eigenen Thätigkeit des Menschen lehrt Hermas ebenso bestimmt die Nothwendigkeit eines übernatürlichen göttlichen Beistandes durch die Gnade, die ihn erleuchtet, heiligt und kräftigt. Den leßten Grund der Rechtfertigung seßt er in Gott: „Die Barmherzigkeit hat sich über euch ausgegossen, damit ihr geheiligt und gerechtfertigt werdet von aller Bosheit und Verkehrtheit" vis. III. c. 9. Dem furchtbaren Thiere (Verfolgung) konnte ich nur durch Gottes Kraft und besondere Barmherzigkeit entgehen" vis. IV. c. 2. Doch muß der Mensch um die Gnade bitten, die ihm die Gerechtigkeit bewirkt: „Laß jezt ab, nur um deiner Sünden willen zu beten; bitte auch um Gerechtigkeit (Heiligkeit), damit du Theil nehmest an ihr in deinem Hause" vis. III. c. 1. Daher wird auch mit Zuversicht gesprochen: „Herr, ich bin stark in allen deinen Geboten, so lange du mit mir bist" mandat. XII. c. 6 sub fin. Ja, auch zum Glauben gelangen wir durch die Gnade: „Du siehst also, daß der Glaube von Oben, von Gott kommt und eine große Kraft hat mandat. IX. sub fin. Da ihr vernommen die Offenbarung Gottes, daß er euch Barmherzigkeit erwiesen und euern Geist erneut, habt ihr eure Schwächen abgelegt; eure Kraft ward vermehrt, und ihr erstarktet im Glauben" vis. III. c. 12. „Der Engel der Buße wird auch gesandt, damit er jene, die von Herzen Buße thun, im Glauben stärke" mandat. XII. c. 6. Ebenso wird die Buße als ein Geschenk der göttlichen Gnade bezeichnet: Denen verlieh der Herr Buße, von welchen er vorausjah, daß sie reinen Geistes ihm von ganzem Herzen dienen würden" vis. VIII. c. 6. Vgl. c. 11 und simil. IX. an m. St.

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5) Von den Sacramenten wird nur die Taufe ausdrücklich in ihrem sacramentalen Charakter behandelt; die Buße und Ehe dagegen werden zumeist in ihren praktischen Beziehungen erläutert und zu möglichst hoher Auffassung empfohlen.

Die große Bedeutung und Wirksamkeit, welche Hermas der Taufe als Siegel des Sohnes beilegt, ist oben schon Nr. 4 zu Anfang vorgeführt. Durch sie werde man vom Tode und der Sünde befreit, gelange in das Reich Gottes und empfange das Siegel, den Namen des Sohnes Gottes. Auch die Gerechten, die vor Christi Ankunft gestorben, konnten nur durch die Taufe in die Gemeinschaft mit ihm kommen: „Durch die Apostel und Lehrer haben jene das Leben empfangen und den Sohn Gottes erkannt; todt stiegen sie hinab und lebend herauf in den Bau des Thurmes, d. i. der Kirche" simil. IX. c. 16. Darum soll der Getaufte geloben und ringen, die Taufgnade nicht zu verlieren, den Teufel nicht einzulassen, welcher den hl. Geist beengt.

Wenn die Getauften aber der Gebote des lebendigen Gottes vergessen, so versinken sie in Lüste und eitle Vergnügungen und werden vom bösen Engel verdorben, Einige zum Tode, Andere zum Abfalle. Jene sind dem ewigen Untergange verfallen; diese können noch durch Buße zum Leben zurückkehren. Und haben sie sich also bekehrt, so preisen sie Gott als ge= rechten Nichter, der mit Recht Leiden über sie verhängt und sie erzogen, wie

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sie es bedurft“ simil. VI. c. 2 und 3. Nachdem die Sünden durch wahre, aus dem ganzen Herzen kommende, ohne Aufschub geübte Buße vollständig getilgt sind, werden die Büßenden von Jungfrauen (hl. Geistern) wieder als lebendige Glieder in den Bau der Kirche eingefügt simil. IX. c. 10—13. Gegen die rigorose Ansicht einiger damaligen Lehrer, daß nur die Taufe von Sünden befreie, darnach es keine Buße mehr gebe, erklärt der Engel der Buße: Niemand, auch wenn er vom Teufel verführt ist, wird untergehen, sobald er zurückkehrt zu dem Herrn seinem Gott" simil. IX. c. 31; auch die Gläubigen erlangen Nachlaß der Sünden durch die Gewalt, die er mir übergeben. Sie haben noch eine Buße; sündigen sie aber darauf wieder (in schwerer, gröblicher Weise), so wird es ihnen nicht von Nußen sein, wenn sie auch Buße thun; denn schwerlich werden sie für Gott leben mandat. IV. c. 3. Die Buße der Gerechten hat aber ihre Grenzen" vis. II. c. 2; beharret also bei eurem Vorsaß, damit euer Same nicht auf ewig ausgerottet werde" simil. IX. c. 24.

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In der Ehe soll die Keuschheit bewahrt, jeder Gedanke nach fremder Ehe oder Hurerei unterdrückt werden. Das Eheband wird für die Lebenszeit beider Gatten für unauflösbar erklärt, selbst im Falle eines Chebruches. Wenn der fehlende Theil nicht Buße thut, darf sich der schuldlose Theil trennen, muß aber unverehelicht bleiben, denn sonst bräche er selbst die Ehe mandat. IV. c. 1. Bezüglich der zweiten Ehe nach dem Tode eines Gatten wird im Gegensatz zu einem damals auftauchenden Rigorismus gelehrt: „Wer sie eingeht, sündigt nicht; aber wenn einer für sich bliebe, hätte er großen Ruhm bei Gott" mandat. IV. c. 4. Darum nannte Tertullian in montanistischem Rigorismus das Buch Pastor moechorum, de orat. c. 12. de pud. cit. c. 10 und 20. Während der Apostel Paulus den Eheleuten empfahl, sich nur zeitweilig zu entziehen, um dem Gebete obzuliegen, wird im Pastor wiederholt namentlich von älteren Gatten gefordert, daß sie stets wie Bruder und Schwester mit einander leben vis. II. 2; vgl. vis. I, 1 und simil. IX, 11, welch' lettere Stelle übrigens als Vision und symbolische Darstellung selbstverständlich auch nur symbolisch gedeutet werden darf und also das Anstößige verliert.

6) Ein auszeichnendes Element des Pastor bildet die steigernde Mahnung zu guten Werken, zur christlichen Vollkommenheit. Mit großer Eindringlichkeit werden Gebet, Fasten, Almosengeben, besonders Werke der Nächstenliebe, welche eine Tochter des Glaubens und Schwester der Gottesliebe sei vis. III. 8, und Selbstverleugnung empfohlen. „Wer die Gebote halte, werde leben“, wird bei Einschärfung jeglicher Tugend mit Emphase in Erinnerung gebracht. Ja, mehr als die Gebote Gottes fordern (extòs évτoλys Tou deo) solle man anstreben: Uebest du aber noch mehr als die göttlichen Gebote verlangen, so wirst du höhere Würde erlangen, geehrter vor dem Herrn sein als zuvor", wie jener Knecht aus Liebe zu seinem Herrn und seinen Brüdern mehr that, als ihm geboten war simil. V. c. 2 und 3. Der Lohn im Himmel wird sich nach den Verdiensten auf Erden richten: „Was du für den Namen des Herrn gethan, wirst du in deiner Heimat wieder finden" simil. I. Der schönste und höchste Lohn stehe denen bevor, welche die Unschuld bewahrt haben, „wie

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Kinder ohne Falsch geblieben sind“ und als Märtyrer „um des Namens des Herrn willen in den Tod gingen" simil. IX. c. 28 und 29.

Dagegen wird mit großem Nachdruck vor Gefahren des Reichthums gewarnt: Thörichter, elender Mensch, erkennst Du nicht, daß alles dieß fremdes Eigenthum, daß es unter anderer Gewalt ist? Anstatt der Ländereien kaufet Seelen aus ihrer Noth los, helfet Wittwen und stehet Waisen bei; für solche Dienste wird euch der Herr bereichern" simil. I. ,,Gewährt der Reiche dem Armen, was ihm Noth thut, so betet der Arme zum Herrn für den Reichen; da das Gebet des Armen für den Reichen erhört wird, so vermehren sich die Schäße des Reichen" simil. II. Und solch' gottgefällige Verwendung des Neichthums wird Angesichts der bald zu erwartenden Wiederkunft Christi um so eindringlicher eingeschärft. „Erst wenn die Welt und die Eitelkeit der Reichthümer von ihren Besizern losgeschält sind, wird ihnen das Reich Gottes zugänglich" simil. IX. c. 31.

Sehr ungehörig ist Hermas von Jachmann u. A. einer stark juda isirenden Moral beschuldigt worden. Wohl hat er wie andere apostolische Väter die Nothwendigkeit guter Werke stark betont, daneben aber die Reinheit des Herzens, Meidung der Sünde und Erfüllung der Gebote Gottes im Herzen, nicht nur auf den Lippen, als das wahre Fasten bezeichnet, nicht die bloße Enthaltung von Speise und Trant simil. V. 1. Auch Hilgenfeld muß gestehen: "In der Reinheit und Naivetät der Sittenlehre in den mandatis weht ächt christlicher Geist des Urchristenthums."

7) Da Hermas seine Mahnung zur Buße vielfach ob der nahen Erwartung der lezten Dinge verkündet, so mag schließlich noch seiner Eschatologie erwähnt werden. Indem er hiebei vornämlich an den Apostel Paulus sich anschließt, erwartet er gleich diesem im ersten Thessalonicherbriefe 5, 1-6 die Wiederkunft Christi als nahe bevorstehend: bald der Thurm ausgebaut worden, ist das Ende da; aber schnell wird er vollendet werden" vis. III. c. 8. sub finem. Derselben werde noch eine große Bedrängniß vorhergehen, die im Bilde eines furchtbaren Ungethüms geschildert wird wie Matth. c. 24; 2 Thessal. c. 2. Diese möge Hermas den Auserwählten verkünden, daß sie sich dafür bereit halten, alle noch übrigen Tage Gott reinen Herzens und tadellos dienen vis. IV. Die aber gesündigt haben, sollen eifrigst Buße thun, damit sie noch als taugliche Steine zu dem Thurme (Kirche), den die Engel ausbauen, verwendet werden, bevor der Bau vollendet ist; denn sobald dieser geendet, bleibt verworfen, wer noch keinen Platz in ihm erlangt hat vis. III. c. 5 und simil. IX. c. 14 und 26.

Nach dem Gerichte Christi erfolgt alsbald das Weltende: „Siehe, der Gott, der die Welt mit unsichtbarer Kraft und hoher Weisheit geschaffen - und mit Almacht seine heilige Kirche gestiftet und gesegnet er wird die Himmel und die Berge versezen, Alles vor den Auserwählten ebnen, auf daß ruhmvoll in Erfüllung gehe, was freudig er versprochen vis. I. c. 3. Dann ist auch erfolgt die Auferstehung des Fleisches: „Lasse dich nicht überreden, daß dieser Körper vergehe und zu schnöder Begier mißbraucht werden dürfe. Denn wenn du den Körper befleckst, befleckst du zugleich den hl. Geist; und auch jeder

reine, makellos erfundene Körper wird seinen Lohn empfangen“ simil. V. c. 6 und 7. Die Bewährten gelangen zu ewiger Anschauung Gottes, zur Freude und Herrlichkeit mit Christus und den Engeln simil. VIII. c. 3; IX. c. 12 und c. 29; V. c. 2; vis. IV. c. 3. Jene aber, die sich vom lebendigen Gotte abgewendet und seinen Zorn auf sich geladen haben, verfallen dem Feuer und ewigen Untergange vis. III. c. 6. und 7; simil. IV; VI. c. 2; VIII. c. 6.

Insofern im Pastor die Partien vom Thurmbau und von der Buße am ausführlichsten behandelt sind, so scheint nächst dem wunderbaren Ausbau und der Erhaltung der Kirche in jeglicher Bedrängniß, weil sie auf dem Felsen Christus gebaut ist, mit welchem die Gläubigen als Bausteine eingefügt, organisch verbunden sind vis. III. c. 2—20, vis. IV, simil. IX. c. 2-31, ein weiterer Grundgedanke unserer Schrift zu sein: Daß der Mensch nur in und durch die Kirche gerechtfertigt wird. „Niemand gelangt zu Gott, wenn nicht durch den Sohn" (das Thor der Kirche) simil. IX. c. 12. und, wofern er nach der Taufe abermals gesündigt, nur noch durch wahrhafte Buße das Heil wieder erlangen kann.

Die Summe dieser bildlichen, allegorischen Parstellungen

scheint dann in Folgendem zu bestehen :

Der göttliche Logos ist der Fels, auf welchen die Kirche gebaut ist, aber auch der alleinige Zugang in dieselbe (wie auch Joh. 6,44); die äußere Vermittlung dazu ist die Taufe, welche befähigt, in und für Gott zu leben. Wer jedoch nachher den bösen Einflüsterungen des bösen Engels, wenn auch nur in Gedanken gefolgt ist, kann nur durch strenge, andauernde Buße wieder zum Leben in Gott gelangen, und da die baldige Wiederkunft Christi bevorsteht, muß er um so eifriger sich dafür vorbereiten. Dabei wird insbesondere eingeschärft, daß die Diener Gottes den Bußeifer wie den zuversichtlichen unerschütterlichen Glauben in einem höhern Grade bethätigen müssen, weil ihnen ja auch mehr anvertraut ist.

Im ganzen Mittelalter wurden auch die berühmten Schriften von den göttlichen Namen (epi delwv dvouάtwv), von der himmlischen und kirchlichen Hierarchie (περὶ τῆς ἱεραρχίας οὐρανίας κ. τ. λ.), von der myftijden Theologie (περὶ μυστικής deoλoyías) u. A. für ein dem apostolischen Zeitalter angehöriges Produkt angesehen, und dem in der Apostelgeschichte 17, 34 erwähnten Dionysius, Mitgliede des Areopags, vindicirt. Doch ist jetzt kein Zweifel mehr, daß jene interessanten und einflußreichen Schriften nicht vor Ende des 5. Jahrhunderts verfaßt sind, wo sie besprochen werden sollen. Sie haben auch nicht im Entferntesten das einfache Gepräge der apostolischen Väter, da= gegen mehrfach eine neuplatonische Färbung.

Zweite Epoche: Die christliche Literatur von 150 bis 325. Vorherrschend Apologeten neben Polemikern gegen die Häretiker.

§. 20. Fortschritt der christlichen Literatur nach Inhalt und Form.

Im Gegensatz zu den wenigen Produkten der apostolischen Zeit in Briefform finden wir jetzt das Feld der christlichen Literatur nach Inhalt und Form bedeutend erweitert. Den nächsten Anstoß dazu gaben die Anfeindungen von Außen durch Juden und Heiden gegen die Christen und ihre Religion; sodann die zahlreichen und mannigfachen Häresien im Innern der Kirche. Gegen jene erhob sich eine Reihe griechischer und lateinischer Apologeten; gegen diese auch zahlreiche Polemiker zur Vertheidigung der katholischen Lehre, oft mit schwankender Auffassung und Darstellung zumal bei Feststellung des Verhältnisses des göttlichen Sohnes oder Logos zum Vater und der göttlichen Gnade zum freithätigen Willen des Menschen. Ja, es entstand für beide Bestrebungen die erste christliche Universität für Philosophie und Theologie in der Alexandrinischen Katechetenschule, wo in dem theologischen Studium noch die Exegese in einem großartigen Maßstabe betrieben, insbesondere auch schon biblische Kritik mit Feststellung der Anzahl der kanonischen Bücher geübt wurde. Die Verfolgungen mit ihren zahlreichen Märtyrern, die Streitigkeiten über christliche Lehren, wie über die Osterfeier, die Behandlung der in der Verfolgung Abgefallenen, die Kezertaufe u. A. gaben auch für kirchengeschichtliche Darstellungen mannigfachen, interessanten Stoff.

Und seit dem Ende des 2. Jahrhunderts begannen mit den Afrikanern Minucius Felix und Tertullian sich auch die Lateiner an der Förderung der christlichen Literatur zu betheiligen, nachdem wohl P. Victor und der Senator Apollonius in Rom über kirchliche Gegenstände zuerst lateinisch geschrieben haben Hieronym. catal. c. 34 und 42; Euseb. h. e. V. 21 und 24.

Erstes Capitel: griechische Schriftsteller.

A. Die griechischen Apologeten.

Hauptausgabe der griechischen Apologeten des 2. Jahrhunderts (Justin, Tatian, Athenagoras, Theophilus und Hermias) von einem Benedictiner (Prudentius Maran u s) Par. 742 f.; in Galland. bibl. T. I. et II.; in Otto, corpus apologetarum christ. ed. II. Jen. 847 sq. 9 Vol. (vgl. Nolte's Recension darüber in Scheiner's Zeitschrift. Wien 854, Bd. VI. S. 445–469); großentheils mit dem vorstehenden literarischen Apparat, aber auch mit Tertemendationen von Nolte abgedruckt in Migne ser. gr. T. 6. Vgl. Werner, Gesch. der apologet. und polem. Lit. der christl. Theol. Bd. I. Schaffh. 860.

Nach dem Briefe an Diognet von einem apostolischen Schüler haben, wie Eusebius h. e. IV. 3 und Hieronymus catal. c. 19 und 20 berichten, der Bischof Quadratus von Athen und der dortige Philosoph

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