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fache Gefäße, wie die Pinselgefäße erhalten in ihrer Bildung ein wohlabgewogenes Verhältnis zwischen Gefäßhöhe und dem unterem und oberem Durchmesser. Die einfachsten chinesischen Lackschachteln, tibetanische und koreanische Schalen und Tassen besitzen eine oft unglaublich feine Formführung. Zahlreiche äußerst geschmackvolle Werkformen hat der japanische Teekult hervorgebracht. Auch andere Gefäße und Geräte dieses Landes zeichnen sich durch die Vornehmheit der formalen Durchbildung aus.

Wohin wir im ganzen Erdenrund schauen, immer finden wir nicht den bloßen Konstrukteur, sondern den Werkkünstler an der Arbeit. Selbst bei den primitivsten Stufen, in Polynesien, überrascht die Feinheit der Formgebung von Schüsseln, Schalen und Näpfen. Alle Jahrhunderte der europäischen Kunstgeschichte besagen das gleiche. Selbst diejenigen Stile, welche sich auf die möglichste Sachlichkeit eingestellt haben, wie etwa der Biedermeierstil, verzichteten nicht darauf, ihre einfach gehaltenen Möbel und Hausgeräte zum mindesten in eine schöne Gliederung zu bringen.

Aus unserer Betrachtung ergibt sich also, daß eine künstlerische Durchbildung selbst bei den einfachen Gefäßen, Geräten und Möbeln in den verschiedensten Kulturkreisen erfolgt ist. Um so mehr tritt diese Forderung dann hervor, wenn es sich wie bei den Edelmetallgewerben um Materialien handelt, welche die feinste künstlerische Gestaltung zulassen und fordern.

Man wird das Nur-Konstruktive in unserem engeren Fachgebiet von selbst vermeiden und sich einer reicheren Form zuwenden. In dieser Hinsicht tritt nun auf der anderen Seite die Gefahr einer zu starken Bereicherung und dekorativen Spielerei an den Werkkünstler heran. Allerdings haben reife Stilperioden selbst bei größtem ornamentalem Reichtum es verstanden, die Gesamterscheinung der Schöpfung künstlerisch zu meistern. Jene Perioden der Geschichte aber, die zu schwach waren, um einen selbständigen und zeitgemäßen Stil zu ent

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Abt. Geschmacklosigkeiten

wickeln, verloren gerne ihren inneren Halt und ergaben sich in ihrer stilistischen Unproduktivität der Nachahmung anderer, schon vorhandener Stilarten. In dieser Beziehung muß insbesondere auf das 19. Jahrhundert hingewiesen werden, in welchem sich erst in den letzten Jahrzehnten ein Bestreben kund tat, die Stilimitation aufzugeben und zu bekämpfen. Da die Gegenwart hinsichtlich einer ornamentalen Stilistik auch noch nicht sicheren Boden zu fassen vermochte, so ist es vielleicht ganz zeitgemäß, wieder einmal einige Beispiele ins Gedächtnis zurückzurufen, welche sich durch innere Haltlosigkeit und Unselbständigkeit in der Ornamentik auszeichnen.

Es bleibt das Verdienst Professor Pazaureks in Stuttgart, in seinem Geschmacklosigkeitsmuseum auf die Charakterlosigkeit des Schaffens im 19. Jahrhundert durch eine Sammlung von Gegenbeispielen, aus der unsere Aufnahmen stammen, hingewiesen zu haben. Mag man heute vielleicht über die eine oder andere Abteilung dieses Museums geteilter Meinung sein, ja vielleicht sogar den Kopf schütteln, so bleibt die Abteilung der Stilimitationen jedenfalls von dauerndem erzieherischen Wert. Sie zeigt uns, wie weit sich die sogenannte Imitationskunst versteigen konnte, die nicht nur skrupellos Formen übernahm, die aus ganz anderen inneren Gründen und fremden Zeiten entstanden waren, sondern die sich nicht scheute, solche Undinge als Massenproduktion herzustellen.

Man betrachte zum Beispiel das Bronze-Tintenzeug, das in seiner unorganischen Fülle von schlecht gegossenen Ornamenten ein Gegenbeispiel gegen jede gesunde industrielle Erzeugung darstellt. Nicht anders ist es mit den beiden Leuchtern, die wahllos irgendwelche fremde stilistische Einzelheiten zusammenhäufen, ohne auf Gliederung zu achten. Noch schlimmer erscheint ein anderes Schreibzeug, dessen oberer Teil zu einem Leuchter umgebildet ist. Die Deckel der Tintenbehälter vergröbern irgendeine Renaissance- oder Barockerinnerung, die Figur aber, die die beiden Kerzenhalter mit den Armen trägt, ist ägyptisch. Abgesehen davon,

daß die Figur nicht einen Funken vom Studium der ägyptischen Plastik aufwies, sind auch die verschiedenen Symbole, zum Beispiel des Sonnengottes, ferner die Zeichen Ober- und Unterägyptens usw. in einer ganz unsinnigen Art zusammengestellt worden. Eines der schlimmsten Gegenbeispiele aber ist die links und rechts mit einem Tintengefäß ausgestattete Uhr. Läßt schon der ganze Aufbau jedes Gefühl für Architektur vermissen, so bedeutet die unverstandene Imitation der assyrischen Mannstiere mit ihren Kuhfüßen in dieser Ornamentik eine glatte Unmöglichkeit. Auch die übrigen Zierformen sind im einzelnen stilistisch schlecht und im ganzen ungenießbar. Gewiß, wir sind in der heutigen Zeit von diesen Imitationsgreueln etwas abgerückt, es gibt aber eine Reihe von Käufern, die an solchen Dingen auch jetzt noch Freude haben. Der Grund liegt darin, daß sie, vielleicht mit wenig Feingefühl und Geschmack ausgestattet, sich auch gar nicht die Mühe nehmen, in den Geist derjenigen Schöpfungen einzudringen, seien es historische oder neuzeitliche, die geschmacklich und künstlerisch wertvoll sind. Es wäre daher ein sehr bedauerlicher Rückfall der deutschen Erzeugung, wenn man diesem überbleibenden Rest irgendwelche Konzessionen

Mit

machen würde. Wir dürfen auf keinen Fall, was die Form anbetrifft, rückschrittlich denken, sondern müssen die Linie verfolgen, die uns seit etwa zwei bis drei Jahrzehnten vorwärts geführt hat. Imitation bedeutet nicht Qualität. Imitation ist Kitsch. Erfolg aber kann nur durch eine qualitative Erzeugung erreicht werden. Wer heute noch nicht weiß, worin sich das Qualitative unserer handwerklichen und kunstindustriellen Erzeugung äußert, der ist an all den reformatorischen Bestrebungen und Erfolgen absichtlich blind vorübergegangen, welche die Schöpfungen der neuzeitlichen kunstgewerblichen Bewegung, sei es auf dem Gebiete des Möbelbaues, der Seiden-, Tapeten-, Lederindustrie oder der Keramik, der Buchkunst und anderer errungen haben. Wer die Erzeugung auf dem Gebiete der modernen handwerklichen Goldschmiedekunst, der Silberschmiedekunst und der Bijouterie verfolgen konnte, weiß, daß unser Weg nur zwischen der „,modernen Sachlichkeit" und der „Stilimitation" hindurch führen kann. Die erste würde uns formarm machen und unsere Arbeiten formal auf Messing, Stahl und Aluminium herabdrücken; die zweite aber würfe uns wieder zurück in die Kitschigkeit des 19. Jahrhunderts.

Der Armreif

it dem Ende der Bronzezeit und Beginn der Eisenzeit in Nord- und Mitteleuropa (etwa um 900-800 v. Chr.) fand auch eine Umstellung der Metalltechniken statt, denn schon im 9. Jahrhundert v. Chr. wurde bei den Nordgermanen das Eisen zur Herstellung von Schmuck und Toilettengeräten verwendet, wie ja auch das Wort „Eisen" urgermanisch ,,isarna“ oder „isarno“ gelautet hatte. Durch die Abwanderung der Goten nach Süden, zu Beginn der vorgenannten Zeitperiode, fand natürlich auch eine Umwälzung der Kultur wie auch des Formenschatzes des Schmuckes in den genannten Gebieten statt, und die nachfolgenden Völker hatten ihre charakteristischen Sondereigenschaften in der Herstellung ihrer Geräte und Waffen. Besonders ward der Schmuck hiervon berührt, bei dem man einen stark nordischen Einfluß bemerken konnte. Auch wandten sich die Schmuckkünstler mehr und mehr der Verarbeitung von Gold und Silber zu, wie auch ihre Techniken verfeinert und künstlerischer wurden, wenn auch in der Ornamentation ein stark nordischer Einschlag vorherrschte. Die Funde aus dieser Zeit spricht man als den Stil der Völkerwanderung an. Charakteristische Stücke sind die Schlangenarmreife (Tafel III, Nr. 1-5), sämtlich in Gold verfertigt, Nr. 6 in Bronze. Ein Vergleich dieser Armreife mit den Darstellungen auf Tafel I und II zeigen uns nicht allein völlig veränderte Motive, sondern auch ganz neue Herstellungsarten. Die Bänder nehmen die Form von Schlangen und Schlangenköpfen an, die wir in verschiedenen Auffassungen und Stilisierungen erkennen können. Der Grund zu der häufigen Verwendung dieses Motives ist wohl darin zu suchen, daß bei den nordgermanischen Völkern der damaligen Zeit geweihte Schlangen in heiligen Eichenwäldern gehütet und gepflegt wurden, eine Art von Götterverehrung, die noch im 12. Jahrhundert von dem an der Ostsee in Livland vordringenden deutschen Ritterorden bei den Jahrtausende von fremder Kultur unberührten Volksstämmen der Preußen und Litauer vorgefunden wurde. Auch die technische Ausführung hatte sich verändert, wir finden Kombinationen von runden Drähten und gehämmertem Blech, als Ornamente die schon bekannten Treibarbeiten, ferner als weiteren Fortschritt filigranartige Anbringung von gedrehten Drähten und Spiralen, die besonders in Halsketten, aus aneinandergeschnürten, getriebenen, goldenen Hohlperlen zum Ausdruck kamen.

Auch hatte sich die Art des Armreifes wieder verändert, besonders das Schlangenmotiv (Abb. 7, ein Fund aus West

(Fortsetzung zu Heft 39)

preußen) in Bronze, ebenso in feinerer Ausführung das Band Nr. 8, aus einem Frauengrab der Graudenzer Gegend, in Silber gearbeitet, bei dem sich noch ein reizender kleiner Goldanhänger in feinster Filigranarbeit befand (Abb. 9a und b, Vorder- und Rückseite). Aus dem Jahre 900 n. Chr. stammt das Band Nr. 10 in Silber aus Westpreußen, mit einem beweglichen Mittelteil. Eine Fortentwicklung der Schlangenkopfarmbänder aus dem 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. zeigen Abb. 11 und 12, ebenfalls in Silber gearbeitet. (Nur Teildarstellung.)

Betrachten wir die Modelle der in Tafel I bis III dargestellten Armreife, so werden wir feststellen, daß die Germanen in den genannten Zeitperioden sich lediglich auf die Verwendung von Metall beschränkten, ohne eine Dekorierung mit Steinen oder anderen Mitteln. Sehr selten fand man durchbohrten Bernstein verwendet; erst in einer späteren Zeit, dem Beginn der Eisenzeit, fand man, besonders bei den nordischen Völkern, vereinzelt die Anbringung von Granaten, auch Karneol und Glasflüsse, deren Ursache wohl eine römische Beeinflussung war, wenn auch in einer sehr primitiven und wenig künstlerischen Ausführung. In der Hauptsache fanden aber die reinen Metalltechniken Verwendung.

Dies schließt jedoch nicht aus, daß in der gleichen Zeit bei anderen Völkern, in anderen Gebieten, die vorerwähnten Techniken der Anbringung von Steinen, Glas und Email mehr entwickelt waren wie in den germanischen Gebieten, und man konnte diese Feststellung besonders bei den Völkern des Orients machen. Zur besseren Veranschaulichung folgen nun in Tafel IV einige Beispiele von Armbändern und Armreifen anderer Völkerschaften, die, kritisch betrachtet, wohl wieder eine Fortentwicklung des Armreifes bedeuten, obwohl sie aus der gleichen Zeitperiode stammen, wie die besprochenen germanischen Stücke. Die Abb. 1 der Tafel IV zeigt uns zunächst ein ägyptisches Armband aus Blech, mit mehrfarbigem Email, mit den für die Kultur dieses Landes charakteristischen Ornamenten. Starke Ähnlichkeit mit dem nordgermanischen Stile zeigt das assyrische Band Nr. 2, aus Bronze gearbeitet. Während man bisher immer nur steife Armreife sah, so zeigt uns Abb. 3 ein phönizisches Band mit einer mehrgliedrigen Scharnierbewegung, in Gold gearbeitet.

Das Goldband aus Mykenä (Abb. 4) ist mit einem Aufsatze verziert. Eine prächtige Arbeit zeigt das griechische Band

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(Abb. 5) mit vorzüglich modelliertem Löwen in Ĝold. Wieder einen germanischen Einschlag können wir bei dem etruskischen, aus elf Gliedern bestehenden Gliederarmband feststellen (Abb. 6), welches mit schöner Filigranarbeit versehen ist, ebenso auch bei dem römischen Armreif in Abb. 7, der wieder eine starre Form aufweist.

Im Gegensatz zu den künstlerisch hochentwickelten Formen der ägyptischen, griechischen und römischen, also noch heidnischen Kultur, fand mit der Einführung des Christen

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tums eine Rückbildung der Ornamentation, wie auch in der Auffassung vom Schmuck statt, wie wir aus den Funden und Überlieferungen der byzantinischen und frühromanischen Kultur mit Bedauern feststellen können. Die meist figürlichen Darstellungen plump und unkünstlerisch, beschäftigen sich ausschließlich mit religiösen Motiven. Eine Ausnahme macht das byzantische Armband (Abb. 8) mit Filigranarbeit, mit dessen Darstellung die Ausführungen schließen sollen. Über die weitere Entwicklung bis zur Gegenwart später mehr.

Neue Werke kirchlicher Kunst von Karl Borromäus Berthold, Frankfurt a. M.

(Zu den Abbildungen im Kunstteil)

ie unendliche Fülle von Kunstwerken christlichen Inhalts und kirchlicher Bestimmung, die seit den frühesten Anfängen des Christentums bis in unsere Tage entstanden sind, bezeugen mit nicht abzuschwächender Deutlichkeit die starke und enge Verbindung, in der von jeher Kunst und Kirche gestanden haben. Diese Zeugen christlicher Kunst, tätig in der handwerklichen Goldschmiedekunst unserer Zeit, beweisen das Einströmen einer Fülle modernen Kunstwollens in die alten Probleme. Wird doch auch die religiöse Kunst von dem jeweilig herrschenden Geist und Geschmack beeinflußt, wenn auch der sich gleichbleibende Glaubensinhalt und die durch die Tradition bestimmte Form dem Künstler das Beschreiten neuer Wege erschwert. Um so mehr dürfen wir die Schöpfungen eines Meisters begrüßen, der über alles Tasten hinaus zu einer Einheitlichkeit und damit zu innerer Ruhe gelangt ist, der das Alte aufs glücklichste ins Neue hineingeschmolzen hat. Bertholds Arbeiten sind als Ausdruck künstlerischen Wollens eines Einzelnen und Willensäußerungen eines Künstlers anzusehen, der nicht mit oberflächlichen Erscheinungen spielt. Seine Vielseitigkeit ist der fanatische Äußerungsdrang einer kraftvollen Persönlichkeit, die etwas von der ungebrochenen Stärke und der Ruhmbegierde alter Meister hat. Die souveräne Beherrschung aller technischen Ausdrucksmittel macht es ihm möglich, seinen persönlichen Eingebungen und der Kraft einer lebhaften Phantasie, genährt durch starke Eindrücke, nachgeh n zu können. Sein gleich starkes Interesse gilt der Schöpfung profaner Gegenstände wie denen kirchlicher Kunst, doch treten die Vorzüge von Bertholds Kunst bei letzterer in einer Weise in Erscheinung, die besondere Beachtung verlangt. Hier ist mehr als ein virtuosenhaftes Können, das den Gegenstand interessant macht, hier präsentiert sich vollwertige Goldschmiedearbeit von der inneren Wahrhaftigkeit, der Berthold seinen Namen verdankt. Ein vergleichender Blick auf andere Meisterwerke der neuzeitlichen Edelmetallkunst läßt erkennen, daß von einer Abhängigkeit nie die Rede sein kann, daß er seinen eigenen Weg gewählt hat. Die Möglichkeit verschiedener künstlerischer Form führt uns der Kelch auf der dritten Seite des Kunstteils vor Augen. Breitester Fuß mit seltenster Prachtausstattung des Knaufs und einer Kuppa, die solcher frühester Jahrhunderte ähnelt, drückt dem prächtigen Werk den Stempel seiner Eigenart auf. Die Taube, das alte christliche Symbol des reinen Urgeists, zur Trägerin der Schale gemacht und ihren Schmuck bildend, offenbart die eigene religiöse Vorstellungskraft des Künstlers. Diese aber zu beobachten bieten die Monstranzen unseres Meisters eine besondere Gelegenheit. Bei der kleineren, der Sonnenmonstranz, ist das Prinzip, nur mit der Sonnenform allein auszukommen ohne der grundlegenden Form Gewalt anzutun, durchgeführt. Bereits seit ihrem Aufkommen in der Mitte des 17. Jahrhunderts veranlaßte die Sonnenmonstranz den Goldschmied zu immer neuen Lösungen, zu denen letzten Endes die Bildung des Schaftes gehört, die schließlich auch zur figürlichen Ausarbeitung führte. In der Schaftbildung der kleinen Monstranz kommt das Struktive unserer heutigen

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Kunst in der Verwendung des schlichten Vierkantrohres als Träger von Alpha und Omega zum Ausdruck. Das größte Werk Bertholds aber ist die Festtagsmonstranz für die St. Bonifatiuskirche in Frankfurt a. Main. Bei ihr sind die von großen Vorbildern gegebenen Anregungen mit Freiheit und Selbständigkeit in einer bewundernswerten Leistung neuschaffend benutzt worden. Die der Monstranz als Stätte des Allerheiligsten Altarsakraments unter den kirchlichen Kultgeräten zukommende erhabene Bestimmung fand in diesem Werk sowohl in Form als auch in Ausführung ihren sinnfälligen Ausdruck. Pracht und Reichtum, gegeben durch die schimmernden Metallflächen und Edelsteine und das in seiner Reinheit leuchtende Elfenbein entsprechen dem religösen Empfinden des Gläubigen, dem nur das Kostbarste zum Gebrauch beim Gottesdienst genügt. An den mittleren Teil der schlanken turmförmigen Monstranz fügen sich zwei Reihen von Strahlen zu einem harmonischen Ganzen, das aus sich selbst gewachsen erscheint. Der Schmuck beginnt mit Eichenlaub-Ornamenten auf dem achteckigen Fuß, die sich silbern über Knauf und die Pfeiler um die Lunula verbreiten. Die Enden der Pfeiler sind mit einem Kreuz bekrönt, in das auch der Mittelbau ausläuft. Große Amethyste fanden hier sowohl als auch am Schaftende, dem Knauf und Fuß, auf Vorder- und Rückseite ihren Platz. Flankiert von den Buchstaben Alpha und Omega bildet das Glasgehäuse an seiner fast selbstverständlichen Stelle den Raum für die kostbare, ganz mit Diamanten bedeckte Lunula. Mehr als Worte sagen können vermittelt uns die Abbildung des herrlichen Werkes, das als Lösung einer bedeutenden kirchlichen Aufgabe unter den künstlerischen Leistungen der neuzeitlichen Goldschmiedekunst in die vorderste Reihe und als würdig an die Seite der Werke unserer großen Goldschmiede der Vergangenheit zu stellen ist. Voll kräftiger Schlichtheit nähert sich Kelch 1 (auf der vierten Seite) in der Form dem Altarkelch der Renaissance, ohne äußere Beigaben aufzuweisen, mit klarem Ansatz bei Knauf und Kuppa. Kelch 2 in gleicher Form, von hohem schlanken Gesamtaufbau und steiler Kuppa, zeigt im Gegensatz zu ersterem reichste Ausstattung in der für unseren Zeitgeschmack gegebenen Art. Getriebene Ornamente von symbolischer Bedeutung schmücken den Fuß, auf dem in herrlicher Verbindung von Gold mit dem Rot der Koralle der Knauf sitzt. Die Kuppa zum Teil umkleidend, weist der sich verbreiternde Schaft ebenso reichen Schmuck von Koralle und herrlicher Treibarbeit auf. Die Reihe der letzten Schöpfungen Bertholdsbeenden eine Kustodia in ansprechender Form, ganz auf den Zweck dieses kirchlichen Geräts eingestellt und von gewohnter technischer Leistung zeugend, und ein Vortragskreuz von ganz struktiver Form, aus Messingrohr gearbeitet und mit blauem Email besetzt, dessen feste, in sich geschlossene Art seine Wirkung nicht verfehlt.

Alle hier gezeigten Werke sprechen von einem dem Künstler eigenen Gefühl für die ungesucht sich ergebende Gestaltung und sind als sichtbarer Ausdruck seiner Überzeugung anzusehen. Otto Müller.

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