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Weite

Geschichte und Stilarten des Meßkelches

in der katholischen Kirche

Weite Kreise des deutschen Volkes werden heute erfaßt von der Schönheit der Liturgie, des Sinnes und Geschehens im Gottesdienst. In der katholischen Kirche ist es zumal die hl. Messe, die den Hauptanziehungspunkt bildet.

Knauf und Fuß zeigten die ersten Verzierungen, etwa ein einfaches, stilvolles Ornamentband oder die Abkürzungen der Namen Christi und Mariä. Leider sind uns nur ganz wenige romanische Kelche erhalten, Krieg und unruhige Zeiten ließen sie verschwinden. Nur wenige Exemplare, die meist in den Gräbern von Bischöfen gefunden wurden, geben uns Aufschluß über das Walten romanischer Kunst auf dem Gebiete des Goldschmiedewesens. Der älteste in Deutschland erhaltene Kelch aus romanischer Zeit dürfte wohl der des Erzbischofs Udo von Köln sein, der aus dem 10. Jahrhundert stammt. Der in Abb. 1 dargestellte Kelch, der wie die andern aus dem Münster zu Freiburg stammt, zeigt uns neben romanischer Einfachheit in Becher und Fuß doch schon den Einfluß der neuen Stilrichtung, der Gotik. So deuten dieBuchstaben am Fuß, die die Worte Jesus-Maria bilden, sowie die miniatur- gravierten Bildchen am Knauf, das Martyrium des hl. Sebastian darstellend, bereits auf gotisches Stilempfinden hin.

Die Gotik hat den größten Wandel in der Kelchkunst gebracht. Der bisher trichterförmige Fuß verwandelt sich unter ihrem Einfluß zur sechsblättrigen Rose, der Becher erhält kegelförmige Gestalt, die bald bis zur Glockenblumė ausgebildet wird. Knauf und Fuß zeigen prächtig gravierte Miniaturen, die bald Szenen aus dem Leben der Heiligen darstellen (Abb. 1) oder in symbolischen Figuren wie Osterlamm, Leidenswerkzeuge, Trauben und Ähren auf die Bestimmung des Kelches hindeuten. Leider fiel auch auf die gotische Kelchkunst der Rauhreif des Krieges, so daß nur vereinzelte Stücke erhalten sind. Doch neue Kunstrichtungen, Renaissance und Barock, füllten mit ihren Erzeugnissen die Schatzkammern unserer Dome und ermöglichten auch weiterhin die würdige Feier des Gottesdienstes. Unter dem Einfluß der Renaissance wuchsen zunächst

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Denn hier vollzieht sich nach dem Glauben der Kirche aufs neue der Opfertod Christi auf Golgathas Höhen; hier werden Brot und Wein verwandelt in Leib und Blut des Herrn. Diese Gedanken seien hier vorausgeschickt, um zu verstehen, wie alle christlichen Zeitalter wetteiferten, den Gottesdienst feierlich und eindrucksvoll zu gestalten. Und am meisten galt diese Sorge dem liturgischen Gefäße, das Träger dieser Geheimnisse werden sollte: dem Meßkelche.

Ursprünglich ist er in seiner Form entstanden aus den Trinkgefäßen der Griechen und Römer: Der Becher ruhte auf einem runden oder mehreckigen Knaufe, der von einem breiten, trichterförmigen Fuße getragen wurde, der einen sichern Stand gewährleistete. Ganz selten kamen auch Kelche zur Verwendung, die mit Henkeln verziert waren.

Als Material kam in urchristlicher Zeit alles in Betracht, woraus auch die landesüblichen Trinkgefäße gefertigt wurden. Wohl hatten die Metalle den Vorzug, und neben Kupfer und Zinn wurden nach Möglichkeit Silber und Gold verwendet. Doch auch Glas, Elfenbein, Horn oder Holz dienten als Material für den Meßkelch. Aber schon im frühen Mittelalter schwanden die Holzkelche, um ein für allemal dem Metall den Vorzug zu lassen. Hatte man auch schon vorher kostbare Kelche gehabt, so wurde es jetzt die vornehmste Arbeit der Goldschmiedekunst, edles Metall zu edlen Kelchen zu formen. Auch für diese Kunst war der Stil ihrer Zeit maßgebend: der Romanische.

Der Kelch war streng architektonisch aufgebaut, ohne alle die Verzierungen, wie sie spätere Stilarten brachten. Der Becher war vollkommen halbkugelig, innen und außen glatt,

Abb. 2. Renaissance - Kelch Übergang zum Barock

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die Maße des Kelches. Zeigt doch das in Abb. 2 dargestellte Stück eine Höhe von 35 cm. EmailMiniaturen, kunstvolle Ziselierungen bedecken jetzt den Kelch vom Fuß bis zum Becher. Neben den tiefsinnigen, allegorischen Figuren der Gotik, die in bescheidener Ziselierung den Kelch schmückten, treten jetzt ganz weltlich anmutende Putten in halbplastischer Reliefausführung auf. Dies läßt sich an dem in Abb. 2 wiedergegebenen Kelch ersehen. Auch das Weih

wirkenden Schmuck. Auf dem Becher sind die Passionswerkzeuge abgebildet: Kreuz, Lanze und Schwamm, die von Weizenähren und Weintrauben umrankt sind. Letztere finden wir ebenfalls am Fuß zusammen mit Palmzweigen als Symbole des Friedens, die kleine Medaillons mit Szenen aus dem Leben des hl. Antonius umgeben. Auch das Silbertablett mit den Kännchen (Abb. 6), die Wasser und Wein zum Gebrauch in der hl. Messe enthalten, zeigt noch diesen gerade durch seine Einfachheit besonders wirksamen Schmuck. Dagegen weist der in Abb. 5 abgebildete Speisekelch neben seiner respektablen Größe 42 cm schon dichtgedrängten, unübersichtlich wirkenden Schmuck auf. Doch in der weiteren Entwicklung des Barockstils wurden die Kelche geradezu überladen mit Relief-Figuren, Emaille-Miniaturen, edlen und unedlen Steinen. A. Rathmann, stud. theol

Abb. 6. Tablett mit Meßkännchen

wasserbecken (Abb. 4), das zum Vergleich angeführt sei, zeigt ganz denselben Stil.

Der nachfolgende Barockstil bildete den Außenschmuck der liturgischen Geräte noch weiter aus; sind doch gerade in der Kelchkunst die Grenzen zwischen Renaissance und Barock vollkommen verwischt. Der in Abb. 3 abgebildete Kelch in reinem Barock zeigt noch ebenmäßigen, vornehm

Die

Die Goldschlägerei

ie Herstellung des echten Blattgoldes hat eine Vergangenheit von fast fünf Jahrtausenden hinter sich. In einem ägyptischen Grabe zu Sakkarah findet sich schon eine aus der Zeit von 2500 v. Chr. stammende Darstellung eines Goldschlägers neben Schmelzern. Ein anderes bildliches Dokument der Goldschlägerkunst entstammt einem Grabe zu Theben um 1450 n. Chr. und zeigt uns zwischen zwei Goldarbeitern einen Mann kniend, der mit der rechten Hand mittels eines

Hammers auf ein Paket geschichteter Membranen und Goldblätter schlägt. Die antiken Hauptkulturvölker Hellas und Rom kannten ebenfalls feingeschlagenes Gold, das mit Spinngewebe und Nebel verglichen wird. Im alten Rom gab es sogar schon besondere Innungen und Vereinigungen der Goldschmiede und Goldschläger. Im christlichen Mittelalter fand die Goldschlägerei besonders in den Klöstern Italiens und von da aus auch in Deutschland schon frühzeitig Ein

gang. Die wertvolle Handschrift des Mönchs Theophilus von 1100 weist bereits die nämlichen Grundregeln für das Goldschlägereiverfahren auf, die im wesentlichen auch heute noch gelten. In den aufblühenden mittelalterlichen Reichsstädten treten dann die Goldschläger als bürgerliche Handwerker selbständig auf, und zwar zunächst in Nürnberg (1373), Augsburg (um 1400) usw. Durch wandernde Gesellen wurde das aufblühende Gewerbe der Goldschlägerei allmählich auch nach anderen süd- und norddeutschen Städten verpflanzt, so nach Magdeburg, Dresden, Breslau, Hamburg, Wien, Prag usw. In manchen Städten bildeten die Goldschläger mit den Goldschmieden zusammen eine Korporation und führten mit ihnen ein gemeinschaftliches Wappen. Das Zunftsiegel der Goldschmiede und Goldschläger in Magdeburg z. B. enthält einen gespaltenen Schild, darin vorn ein Kelch, hinten ein Goldschlägerhammer, rechts flankiert von Ring und Spange. 1698 schreibt das Weigel'sche Handwerksbuch von der Goldschlägerei: „Dieses künstliche Handwerk ist frei, und mögen ihre Gesellen aller Orten in Europa arbeiten, wie sie denn fast aller Orten in Europa Gelegenheit haben." So entstanden denn auch Goldschlägerwerkstätten in Paris, London, später auch in Nordamerika. Doch behauptete das kunstfertige deutsche Erzeugnis immer eine dominierende Stellung und eroberte sich in sieghaftem Aufstieg einen großen Teil des Weltmarktes. So wurde Franken, der altblühende Hauptsitz der deutschen Edelblattmetallerzeugung, zur überragenden Hauptproduktionsstätte für echte Blattmetalle, und zwar insbesondere das Städte - Dreigestirn Nürnberg-FürthSchwabach. Namentlich Schwabach hat sich in neuerer Zeit zur eigentlichen „Goldschlägerstadt" Deutschlands entwickelt. Die Goldschlägerstadt Schwabach umfaßt nicht weniger als 120 Goldschlägereibetriebe, die der wirtschaftlichen und sozialen Struktur der ganzen Stadt ein eigenartiges Gepräge verleihen. Zur Zeit sind nach einer von Stadtrat Hierl aufgenommenen Statistik in der Schwabacher Echtblattgoldfabrikation, die meist Klein- und Mittelbetriebe aufweist, 790 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, so daß einschließlich der Betriebsinhaber selbst und der ebenfalls teilweise mitarbeitenden Meisterfrauen rund 1000 Personen in den Goldschlägereien Schwabachs Beschäftigung finden. Dazu kommen dann noch die Silberschlägereien, Aluminiumschlägereien usw. In Schwabach allein werden jährlich 1000 Kilogramm Rohgold verarbeitet, die 100 Millionen Blatt ergeben, welche aneinandergelegt einen Flächenraum von vielen Hunderttausenden Quadratmetern bedecken würden.

Ein Gang durch die Werkstätten der Goldschlägerstadt Schwabach fesselt unser Interesse in hohem Grade. Dem Fremden, der zum erstenmal in die Stadt Schwabach eintritt, fällt das Geräusch der raschen, in gleichmäßigem Takte sich folgenden lauten Hammerschläge, das er aus vielen Häusern heraus hört, am meisten auf. Überall ist hier die gleiche emsige Tätigkeit wahrnehmbar. Meist am Fenster, vor ihren Steinen stehend, bearbeiten die mit grünem Handwerksschurz bekleideten Schläger mit muskelstarkem Arm die Form; unaufhörlich saust der schwere Eisenhammer herab auf das kleine Paket, das die feinen Goldblättchen birgt. Der Fußboden des Arbeitsraumes, der natürlich vor größerem Luftzuge möglichst geschützt sein muß, ist mit einem Lattenrost belegt zur Schonung der zu Boden gefallenen kostbaren Goldabfälle. An den Wänden der Werkstatt nimmt man die jetzt meist elektrisch heizbaren eisernen Pressen wahr, die zum Trocknen der leeren Form bestimmt sind. An besonderen Tischen sitzen dicht nebeneinander die Frauen, welche behutsam die Form mit dem goldenen Inhalt füllen und leeren. Es dürfte von Interesse sein, kurz den Werdegang und die Entstehung des echten Blattgoldes zu skizzieren:

Das Feingold wird in Graphittiegeln in besonders konstruierten Gasöfen mit Gebläsevorrichtungen geschmolzen und gewöhnlich mit Kupfer oder Silber legiert, dann in

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Formen oder Rinnen aus Sand, Eisen oder Stein zu Zainen oder Streifen von 70 140 Gramm Gewicht gegossen, die nach dem Erkalten auf dem Amboß zu einer Stange von 21/2 cm Breite und von 3–5 mm Dicke gehämmert werden. In Kohlenfeuer rotglühend gemacht, wird diese Goldstange zwischen Walzenpaaren weiter verdünnt, bis ein Goldblättchen im Gewicht eines Dukaten eine Länge von 20-30 cm erreicht. Die ausgewalzten Goldstreifen werden gerollt, ausgeglüht und in kleine quadratische Stücke von 25 mm (Quartiere) geschnitten, von denen 4 - 500 abwechslungsweise zwischen aufeinandergelegte Pergamentblätter geschichtet und zu einer Pergamentform oder sog. Dickquetsche zusammengestellt werden. Nun beginnt das erstmalige Schlagen, wobei der gefüllte Pack auf den Goldschlägerstein, einen 60-70 cm hohen prismatischen Steinblock von feinkörnigem Jurakalkstein, gelegt und mit einem 20-22 pfündigen Schlaghammer geschlagen wird, was jetzt in größeren Betrieben auch vermittels eines selbsttätig sich bewegenden Federhammers geschieht. Die nunmehr 8-10 cm messenden Goldblättchen werden dann aufeinandergelegt und in vier Teile zerschnitten: aus letzteren (etwa 1200 Blättern), die abwechselnd mit den sog. Goldschlägerhäutchen geschichtet werden, wird die Lotform (erste Hautform) gebildet, wozu nicht mehr Pergament, sondern aus dem Oberhäutchen des Rinderblinddarms präparierte Goldschlägerhäutchen verwendet werden. Nun erfolgt und zwar ausschließlich vermittels Handarbeit die weitere Verdünnung durch etwa einstündiges Schlagen der Lotform, bis die Seiten der Goldblätter etwa 14 cm messen. Die Goldlote trocknet man in „Dörrbüchern“ auf einer heißen Eisenplatte. Nach erneutem Zerschneiden in vier Teile wird aus etwa 1300 Blättern und Goldschlägerhaut die zweite Hautform oder Dünnschlagform zusammengestellt; in dieser wird das Gold ausgeschlagen. Bei der Arbeit des Garmachens werden mit einem symmetrischen Doppelhammer die Blätter bis auf 1/10000 mm Dicke fertig geschlagen. Das nunmehr fertige Blattgold ist so dünn geworden, daß man durch das Blättchen wie durch gefärbtes Glas durchsehen kann. Nach dem Beschneiden auf die gewünschte Größe werden die Goldblätter in Büchlein von rosarotem Seidenpapier eingelegt und versandfertig gemacht. Das Abfallgold wird sorgsam gesammelt und sog. Krätzeschmelzen und Scheideanstalten zugeführt, dort eingeschmolzen und nach Goldgehalt vergütet.

Bei dem hochvollendeten Verfahren der jetzigen Goldschlägereitechnik läßt sich eine außerordentliche Dünnheit des echten Blattgoldes erzielen. Mit einem Dukaten kann man angeblich einen Reiter samt Pferd vergolden. Von echtem Blattgold gehen nach den Berechnungen von Edgar Andes 72000 in Format von 94 mm im Quadrat auf ein Kilo und nehmen aufeinandergelegt kaum viel mehr als die Höhe von 5 mm ein. Silber läßt sich nicht zu solcher Feinheit ausschlagen; es können nur Blättchen von 0,0002 mm Dicke erzielt werden, die das Licht mit grünlicher Farbe durchlassen. Das echte Blattgold wird in allen gewünschten Feinheiten, Größen und Farben ganz nach Bestellung geliefert von 50-130 mm Länge und Breite, die gängigste Sorte beträgt 80 mm. Vermöge der entsprechenden Legierungen mit Kupfer und Silber kann man das Blattgold in etwa 20 verschiedenen Farben und Nuancen herstellen (Grüngold, Zitronengold, Lichtgelb, Orangegold, Rotgold, Weißgold usw.) und es lassen sich prächtige Farbentöne erzielen, die sich von tiefrot zu orange und zitronengelb, von dunkelgrün zu hellgrün und weiß abstufen. Zwischengold wird erhalten, wenn man ein dünnes Blatt Feinsilber und ein noch weit dünneres Blatt Feingold heiß aufeinanderwalzt und in der gewöhnlichen Goldschlägerarbeit weiter ausschlägt. Diese Blätter sind dann auf der einen Seite weiß, auf der anderen gelb. Die hohe Leistungsfähigkeit der deutschen Echtblattgoldfabrikation ermöglicht es, allen Wünschen und Geschmacksrichtungen der Verbraucherwelt und des Exporthandels ge

recht zu werden. Echtes Blattgold wird in Schwabach für alle Zwecke in allen Größen bis zum Großgolde größten Formats hergestellt, auch in allen Feinheiten und Farben. Schnittgold und Dukatengold bis 990/1000 Feingehalt, Doppelgolde, Ledergolde, Farbgolde, Rollengolde und alle erdenklichen Blattgoldsorten werden in den zahlreichen fränkischen Werkstätten erzeugt und treten aus den Hauptproduktionsstätten heimischen Gewerbefleißes in beachtenswerten Exportmengen ihre

Die

Reise in die verschiedensten Länder an. Schwabacher Echtblattgold insbesondere hat sich gesicherten Weltruf erworben; der Schwabacher Goldschläger arbeitet für Verbraucher aller Sprachen und Zungen. Die vorbildlichen Erzeugnisse dieser eigenartigen fränkischen Handwerkskunst sichern den tätigen Erzeugern im Kulturleben der Völker eine beachtliche Stellung, wie nicht minder das Goldschlägergewerbe auch im fränkischen Wirtschaftsleben einen wichtigen Faktor darstellt. Heinr. Krauß, Schwabach.

Über Juwelen der Westindier und Azteken

ie Westindier liebten den Schmuck sehr, und: viele Schmuckstücke sind bereits aufgefunden worden" sagt Dr. Arthur Brown in einem Aufsatz in der „New-York Herald Tribune". Einige der besten Schmuckstücke, die man gefunden hat, können, was Ornament und Technik anlangt, getrost mit den schönsten Stücken aller Zeiten verglichen werden. Im Besitze einiger Museen und auch in privater Hand befinden sich Arbeiten, die einen entwickelten Geschmack verraten und auf vollkommene Technik schließen lassen. Es sind da von den Zuni - Indianern verfertigte Bilder, die aus einem Mosaik von Türkisen und Achaten bestehen, und hohe Kunstfertigkeit aufweisen. Auch heute noch besitzt beinahe jede indianische Frau und jedes indianische Mädchen einen Schmuck irgendwelcher Art. Brasseletts, Spangen, Halsketten und Ringe von Gold, Silber oder Kupfer, auch Perlketten, untermischt mit Edelsteinen, kannte man beinahe in jedem Stamm. Das Material, das zu den Schmuckstücken verwendet wurde, wurde häufig im Tauschhandel von weit her über Land gebracht, bis es jemand verarbeitete, und das fertige Stück seinen endgültigen Besitzer fand.

Vor mehr als zweihundert Jahren wurde in Neu - Mexiko von Indianern der Türkisbergbau in Angriff genommen; aus den Steinen wurden meistens Perlchen angefertigt. Aus IIlinois verschafften sich die verschiedenen Stämme die herrlich fluoreszierenden und farbenprächtigen Kristalle, die sie geschickt zu Schmuckstücken verarbeiteten. Es muß erwähnt werden, daß man die Steine nicht aufteilte, polierte und sonstwie verarbeitete, sondern so trug, wie die Natur sie geschaffen hatte. Wahre Kunst, so dachten sie wohl zu jener Zeit, braucht keine Verarbeitung, die Natur als solche ist ja ihr höchster und vornehmster Ausdruck. Wie Ruskin hielten sie es für einen Akt der Barbarei und der Grausamkeit, die schönen Kristalle zu zerspalten, sie zu polieren; sie wollten ihren Smaragd, Brillant oder Saphir so besitzen, wie die allgütige Mutter Natur sie ihnen geschenkt hatte. Indessen verstanden sie sich, wie die Funde zeigen, ausgezeichnet auf das Spalten, Schleifen und Polieren der Steine, aber ihre Vorstellung vom künstlerischen Geschmack war eben so ganz anders geartet, wie wir Europäer dies heute verstehen können. Die Pueblo- und Navajo-Indianer waren z. B. sehr geschickte Juwelenarbeiter, und verstanden das Material, das in ihrer

Es

Umgebung zu finden war, meisterhaft zu behandeln. Gerade von diesen Stämmen finden sich in Museen entzückende Beispiele von Schmuckstücken, von Bildern aus Steinmosaik und von Ketten. Das meiste wurde auch hier aus Achat, Kristall und Türkis gefertigt. Es nimmt nicht wunder, wenn die ersten spanischen Kolonisten von den Goldschmiedearbeiten der Eingeborenen sehr eingenommen waren, und versuchten, sobald wie möglich die Gold-, Silber- und Edelsteinminen unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dies führte denn auch zu ewigen Reibereien und Kriegen, die viel Blut auf beiden Seiten kosteten. Unzählige Tragödien mögen sich im Laufe der spanischen Vorherrschaft in jenen Gebieten wegen des Besitzes von Gold- und Edelsteinen abgespielt haben - was bedeutete das Leben eines Eingeborenen, wenn es galt, einige Kilogramm Gold zu erbeuten?

Auch die Azteken waren bekanntlich recht geschickte Juwelenarbeiter, auch ihnen stand Material in reicher Auswahl zur Verfügung. Unter den Überresten aus jener Epoche finden wir zahlreiche Stücke von hohem künstlerischen Wert, wir kennen Muscheln, die reich mit Türkisen in feinem Ornament verziert sind. Der mexikanische Opal, Granate und ähnliche Steine wurden zur Herstellung von Figurenmosaik verwendet, und das Ganze wurde dann von bituminösem Zement zusammengehalten. Eine eigenartige Sitte bestand darin, daß man die Schädel teurer Angehöriger oder hoher Persönlichkeiten mit Ziersteinen, Perlen und Edelsteinen spickte; derartige Arbeiten wurden in manchen Fällen äußerst sorgfältig ausgeführt und waren sehr kostbar. Ein Künstler hatte wohl jahrelange Arbeit damit.

Die Azteken und Indianer schenkten merkwürdigerweise dem Türkis die meiste Liebe und zogen ihn allen anderen Steinen vor. Ebenso, wie sie die Giebel ihrer Häuser mit diesem Stein schmückten, so benützten sie ihn auch bei Schmuckstücken und bedienten sich seiner als Geldzeichen, als Wechselmünze. De Nica, einer der ersten spanischen Abenteurer erzählt: „Die mexikanischen Indianer besitzen köstliche Smaragde und andere Edelsteine, und doch schätzen sie keinen Stein so sehr als den Türkis, den sie zur Verzierung ihrer Türen und Hallen verwenden, womit sie ihre Kleider und Schiffe schmücken; auch anstatt Geld benutzen sie diesen sonderbaren Stein.. Nach dem Englischen von Dr. Taba.

Schmuck im Dienste der Mode.

's ist gar nicht wahr, daß die Mode von den großen Schneidern an den Pariser Boulevards gemacht wird; sie sind vielmehr von der Frauenwelt abhängiger, als man glaubt. Gewiß, sie befassen sich damit, Modelle zu entwerfen - meist aber auch nur unter Anlehnung an die von der Frauenwelt bereits akzeptierte Mode - und ihre Mannequins damit hinausschicken, zum Rennen, zum Tee. Und hat der Schneider das richtige Fingerspitzengefühl gehabt, so akzeptiert man seine Modelle, hat er es aber gewagt, zu sehr seiner eigenen Phantasie zu folgen, zu kühne Kleider zu entwerfen, kann es geschehen, daß seine Mannequins weinend und mit zerrissenen Kostümen und blauen Flecken nach Hause kom

men. Das hört sich ganz unwahrscheinlich an, ist aber wirklich schon vorgekommen, wenn dem Publikum die neue Mode durchaus nicht gefallen wollte. Es mag sich nun einmal nicht dreinreden lassen in seinen Geschmack; Vorschläge, die diesem nicht entsprechen lehnt es entschieden ab. Mode entsteht nicht willkürlich.

Und noch weniger die Schmuckmode. Diese lehnt sich erst wieder an die Kleidermode an. Man wird zwar den Juwelierladen nicht plündern, der in seinen Anlagen unmodernen Schmuck zeigt die Polizei würde auch wenig Verständnis für so spontane Geschmacksäußerungen aufbringen und so sehr ist das Reklamewesen hier noch

nicht ausgebreitet, das wir Mannequins haben, die den neuesten Schmuck spazieren führen, aber der Schmuck bleibt einfach unverkäuflich.

In erster Linie sind es ja heute die großen Bühnenkünstlerinnen, die Film- und Varietésterne, deren Geschmack, wenn auch in stark vereinfachter Form für das tägliche Leben, richtunggebend für die Allgemeinheit ist. Und diese Künstlerinnen haben den Vorzug, daß sie nicht zu tragen brauchen, was ihnen der Juwelier vorschreibt, sondern wählen können und bereits gewählt haben, wenn sie Schmuck vorführen. Deshalb hat die große Masse der Frauen Zutrauen zu ihnen und richtet sich nach ihnen. Bei der starken Vorliebe unserer Zeit für Exotik hat besonders eine Künstlerin starken Anklang gefunden, in ihrer Kunst und deshalb auch in ihrem modischen Geschmack: die Baker. Ihre breiten Armringe (von uns bereits in Nr. 9, S. 87 abgebildet) haben Schule gemacht, sie werden bereits ganz allgemein getragen und dürften in der kommenden Saison ausschließlich getragen werden. Und auch diese Mode ist keine willkürliche, wird nicht nur getragen, weil eben die Baker sie gewählt hat: die Mode ist des abends ärmellos, die Frauenarme aber sind heute, der allgemeinen Linie entsprechend, sehr schlank. Deshalb müssen sie stark betont werden, damit sie überhaupt zur Geltung kommen.

Üppige weiße Frauenarme brauchen nur schmale Ketten, die fast dürren, sehnigen braunen Arme des Sportgirls brauchen die breiten Spangen, und die exotischen Formen und Muster passen gut zu dem modernen Braun. Sie sind sozusagen Ärmelersatz, bedecken den ganzen Unterarm, klappern übereinander, sind in der Breite abgestuft oder in der Farbe, wie man gerade Lust hat. Man kann bis ins Unendliche variieren.

Wie man in der Mode streng zwischen Tag und Abend unterscheidet, muß man es auch in der Schmuckmode. Und die Moden sind sehr verschieden: des Tags trägt man die knappen, engen, kurzen Schneiderkleider ohne allen Aufputz, sogar Besatz ist verpönt, und das einzige Schmückende sind Nähte und nochmals Nähte und Schnitteffekte; dazu den kleinen Filzhut. Und dementsprechend den Schmuck. Den Filzhut schmückt als Aufputz eine Nadel, von denen die elegante Frau gleich mehrere hat, um genügende Abwechslung in ihre Toilette zu bringen. Denn mag ihr Budget noch so groß sein: die Frau von heute ist auch praktisch. Deshalb trägt sie zu einem Hut mehrere Nadeln abwechselnd, je nach der Farbe des Kleides gewählt und bald hier, bald dort angebracht, oder eine Nadel zu mehreren Hüten. Sie ist bald mit einer Perle, bald mit einem kleinen Stein besetzt, bald mit einer ganzen, bunt ausgelegten Platte, je nachdem man eben große Einfachheit oder etwas mehr Eleganz bevorzugt, oder ob man den Hut des Vormittags oder des Nachmittags trägt. Als Halsschmuck trägt man tagsüber die kleine, eng anliegende Perlenkette, wie die Perle überhaupt der Schmuck

U

des Tages ist. Es soll zwar Frauen geben, die aus Aberglauben keine Perlen tragen, aber da die Perle ja immerhin so manches Menschenleben überdauert und so allgemein bevorzugt wird, dürften es nicht allzuviele sein. Zur Vervollständigung des Kostüms gehören Ringe, die mit sehr großen Steinen geschmückt werden und von denen man sehr viele trägt (während der Ehering, so man überhaupt einen trägt, sehr klein und schmal darunter fast verschwindet), und passende Ohrgehänge.

Anders des Abends. Das Stilkleid setzt sich immer mehr durch, zumindest trägt man, vorn eingesetzt und zusammengerafft, sehr weite Rockteile und übereinanderfallende Volants. Den Ansatz deckt eine breite Brillantagraffe, oder die Fülle des Stoffs quillt unter einer sichelartigen Spange hervor. Das Schmuckstück braucht man auf jeden Fall. Es ist hier nicht nur Schmuck, sondern mit einem Zweck verbunden. Sehr elegante Toiletten zeigen auf den weiten Rock aufgesetzte Tüll- oder Stoffteile, ja sogar Straußfedern. Und wieder braucht man zur Deckung des Ansatzes die Spange, einen Stein, Brillanten. Um den Hals trägt man nun statt der einen kleinen, viele Perlenketten, eine aus großen und eine aus kleineren, eine kürzere und eine längere, rückwärts in das Décolleté fallend geknotete. Beliebt ist auch eine herunterfallende Kette aus kleinen Perlen, die abwärts von einer sehr großen Perle abgeschlossen wird.

Und damit nicht genug: seitlich auf der Schulter, wo man des Tags das Blumenarrangement befestigt, sitzt, da die Taille sehr einfach ist, die mit Steinen besetzte Agraffe. Die Ohrringe pflegt man nach Belieben den Fingerringen, den Agraffen oder den Perlenketten anzupassen. Denn die Schmuckmode zeigt ja keinen einseitigen, einheitlichen Charakter.

Noch ein Wort über die Herrenmoden: die Männerwelt hat es ja aufgegeben, sich aktiv an dem bunten Modebild zu beteiligen, sie beschränkt sich darauf, mit ihrer schwarzen, dezenten Kleidung den bunten Toiletten der Frauen einen geschmackvollen Rahmen zu geben, so wie man ein ganz wertvolles Bild nur sehr einfach einfaßt. Deshalb ist auch der Schmuck hier sehr ruhig und beschränkt geblieben, vor allem der sichtbare. Am Tage trägt man die schmale goldene Uhrkette, des Abends das Chatelaine. Sozusagen nur notwendige Dinge, die nach Belieben kostbar, aber unauffällig ausgestattet werden dürfen. Und nur ein bis zwei Ringe sind gestattet, mit einem einfachen Brillanten, einem ruhigen Stein versehen. Der ganze Luxus muß sich mehr unsichtbar entfalten, darf auch nur, wenn es notwendig ist, gezeigt werden: am Feuerzeug, am Bleistift, am Etui, die deshalb zu kostbaren Bijouterien geworden sind. Dieser Neigung gilt es durch geschmackvolle Ausführung Rechnung zu tragen, wobei Krawattennadel, Manschetten- und Hemdknöpfe, die ja unentbehrlich sind, nicht unbeachtet bleiben dürfen. Herta Z.

Zu unseren Abbildungen

nserer Gepflogenheit gemäß, den Kunstteil recht lebendig zu gestalten, bringen wir auch heute Arbeiten aus verschiedenen Werkstätten. Der getriebene Kelch von Christ. Franz Mayer in Erfurt besitzt eine klare Formgebung. Sehr ansprechend ist die Kelchschale, die auf einem gutgeglieder ten Fuß und Schaft sitzt. Die Symbole erhielten hier eine treffliche Durchbildung. Ein getriebener Silberbecher von Hugo Hahn besitzt eine sorglich abgewogene, stabile Fußlösung in der Art gotischer Buckelpokale, während der eigentliche Becheraufbau in schlanker Ausladung nach oben eine gute Linienführung ergibt. Das reiche Ornament schließt das Gefäß korbartig ein und betont die kompositio

nellen Schwerpunkte. Ein Kassettenring mit Schmucksteinen des gleichen Verfassers greift auf ein früher sehr beliebtes, in der Gegenwart aber fast vergessenes Motiv zurück. Die Türen des Kastens mit Steinen und Auflötungen verraten in geschlossenem Zustand nichts von der Öffnung. Sie schließen sich ornamental vollständig an den Zierat der Ringschiene an.

Die handgehämmerte silberne Dose mit Schmucksteinen von Rudolf Feldmann in Bielefeld zeigt eine interessante Art plastischen Gestaltens. Die wellig bewegte Form, die ganz aus der körperhaften Durchbildung hervorgeht, zwingt dem Metall immer wieder neue Reize ab. Prof. S.

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