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dürren Kaktusstauden ein Feuer anzündete. Aber wie erstaunte er, als ihm am anderen Morgen aus der Asche geschmolzenes Metall entgegenblinkte. Er nahm ein paar Klümpchen davon mit und zeigte sie kurz darauf einem Goldschmied in Copiapó, der ihm erklärte, daß sie aus plata pura, reinem Silber, beständen. Gern hätte er sie ihm abgekauft; aber der gewitzige Arriero ließ sie nicht aus der Hand, sagte auch nicht, wo und wie er sie erlangt habe. Aber er traf seine Maßnahmen. In Gemeinschaft mit der reichen Firma Gebr. Gallo in Copiapó erwarb er von der chilenischen Regierung die Konzession zur Gewinnung von Silber in dem von ihm bezeichneten Distrikt, erhielt seine diesbezüglichen abgegrenzten Feldpläne und ging dann daran, seine damals wohlverscharrte Feuerstelle wieder aufzusuchen.

Die mauerförmige Felsrippe, an der Godoy die Nacht zugebracht hatte, erwies sich als ein Gang von Chlorsilber mit viel gediegenem Silber. Gleich grauem zerfressenem Kalktuff ragte er fast zehn Meter hoch aus dem von ihm abfallenden Schutt empor. Alles matt, unscheinbar von grauen oder braunen Oxydationsrinden überzogen. Erst wenn man mit einem scharfen Instrument die Gangmasse anhieb, glänzte es einem metallisch entgegen. Daß die neue Bergwerksfirma in kurzer Zeit eine Millionenausbeute machte, bedarf wohl keiner besonderen Versicherung. Aber sollte man es glauben — Godoy starb dennoch als Bettler. Seine maßlose Spielleidenschaft ließ ihn wieder alles verlieren; seine Anteile an den Bergwerken hatten die Gebrüder Gallo nach und nach erworben, und wie mir in Copiapó erzählt wurde, sollen sie ihn nachher gänzlich im Stich gelassen haben. Als dem Begründer des chilenischen Silberbergbaues hat man ihm ein paar Jahre später in der Alameda, dem städtischen Spazierweg, ein prunkvolles Denkmal gesetzt.

Aber die reichen Silbergänge beschränkten sich nicht auf den zuerst verliehenen Distrikt; sie strichen viel weiter. Entdeckung folgte auf Entdeckung, und die Namen von Tres puntas, Tierra amarilla, Cabeza de vaca, Buena Esperanza usw. erlangten bald Weltruf. Alles strömte nach dem fabelhaften Silberlande, darunter auch viel Menschenkehricht, Räuber, Diebe, Betrüger, Falschspieler und zweifelhafte Señoritas, von denen man bald darauf die schönsten Silberstufen natürlich gestohlenen für billiges Geld kaufen konnte. Es soll damals dort sehr toll hergegangen sein.

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Lange hielt übrigens der überreiche Bergsegen nicht vor. Wie der Rahm auf der Milch hatte das Beste obenauf gelegen. Nach unten hin verlor sich das Chlorsilber und gediegene Silber nach und nach, ging in geschwefelte Erze, Rotgültig-, Silberglanz-, Fahlerze und zuletzt in silberhaltigen Bleiglanz über Bei der Bildung der Gänge muß wohl auch das Meerwasser eine Rolle gespielt haben, wie durch das massenhafte Auftreten von Chlor-, Brom- und Jodsilber in ihren oberen Teilen zu vermuten ist. So fand man in der Mine Bolados einen ungeheuren Klumpen Chlor- und Bromsilber, mit gediegenem metallischem Silber durchsetzt, der über 100 Zentner wog und mühsam aus dem Kalkspat herausgemeißelt werden mußte. Aber auch das Rotgültigerz oder Rosicler, wie es die dortigen Bergleute nennen, kam stellenweise in Mengen vor. Die Mine Buena Esperanza bei Tres puntas förderte dieses Metall (Ag, S. b. S,) besonders reichlich, so daß die Ausbeute im ersten Semester 1853 15,600 kg Silber betrug, die fast ausschließlich aus Rosicler gewonnen wurden. In Caracoles kamen in dem jurassischen Nebengestein der Gänge Ammoniten vor, die sich über und über versilbert zeigten. Wahrscheinlich hat die organische Substanz des Tieres das Silber aus seiner Lösung (Meerwasser?) gefällt, ein Vorgang, den man auch anderwärts häufig beobachten kann. Ich erinnere nur an die mit Kupferkies überzogenen Fischabdrücke des Mansfelder und des Frankenberger Kupferschiefers oder an die des Landsberges bei Obermoschel in der Rheinpfalz, wo Quecksilber gewonnen wird oder wurde, und wo diese Abdrücke aufs Schönste mit Zinnober überkrustet waren.

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Mitteilungen

der Preisschußkommission. Zuständigkeit der Wuchergerichte. Die Wuchergerichte sind nicht nur für die strafbaren Handlungen des Schleichhandels, der Preistreiberei, der unerlaubten Ausfuhr lebenswichtiger Gegenstände und des unerlaubten Handels zuständig, sondern auch für solche Straftaten, die in der Absicht begangen sind, Schleichhandel, Preistreiberei und unerlaubte Ausfuhr lebenswichtiger Gegenstände oder unerlaubten Handel vorzubereiten, zu fördern oder den Täter zu begünstigen. Das Reichswirtschaftsministerium hat jetzt alle mit dem Preisprüfungswesen befaßten Behörden und Stellen hierauf aufmerksam gemacht. Als strafbare Handlungen können auch Vergehen gegen die Vorschriften in Frage kommen, die das Zeitungsanzeigenwesen regeln, ferner die Verstöße gegen die Vorschriften über Preisaushang oder Preisschilderzwang.

Trauringe. Durch eine Entscheidung des Reichswirtschaftsministeriums sind einfache goldene Eheringe als Gegenstände des täglichen Bedarfes anzusehen. Von der Preisschutzkommission sind Schritte im Gange, um eine Abänderung dieser Entscheidung herbeizuführen. In der Zwischenzeit muß dringend vor einer Kalkulation goldener Trauringe gewarnt werden, die den angemessenen Aufschlag übersteigt.

Preisfestsetzungen von Verbänden. Es muß darauf hingewiesen werden, daß Gegenstände des täglichen Bedarfes nach der ständigen Rechtsprechung nur nach den Einstandskosten und den Verhältnissen des einzelnen Betriebes kalkuliert werden dürfen und dabei die Bestimmungen der Wuchergesetzgebung zu beachten sind. Die Einhaltung von Verbandspreisen befreit den einzelnen Gewerbetreibenden nicht zum mindesten von der Nachprüfung, ob die von den Verbänden festgesetzten Verkaufspreise seinen Einstandskosten und den besonderen Verhältnissen seines Betriebes entsprechen. Außerdem machen sich die Verbandsleiter selbst nach der Wuchergesetzgebung strafbar, wenn sie ihren Mitgliedern Verbandspreise vorschreiben oder empfehlen, die den Bestimmungen der Wuchergesetzgebung in ihren Auswirkungen widersprechen. In Vollmacht: Dr. jur.W. Felsing.

Chronik

Das unrühmliche Ende des Spiels von den künstlichen Diamanten. Die Fachwelt ist von uns über die Vorgeschichte unterrichtet. Wenn die Dynamit-A.-G. vorm. Alfred Nobel & Co. in Hamburg neben den eigenen auch die Interessen der Allgemeinheit nur ein wenig im Auge gehabt hätte, so hätte sie auf unsere offenen und geschlossenen Briefe geantwortet und die Sachlage klargestellt, um der Beunruhigung im Juweliergewerbe ein Ende zu machen, an der sie mindestens mitschuldig war. In einer Ende Dezember stattgehabten außerordentlichen Generalversammlung teilte der Vorsitzende mit, daß in letzter Zeit u. a. auch ein Projekt betreffend Herstellung künstlicher Diamanten an die Gesellschaft herangetreten sei, wofür der Anbietende vorgegeben habe, Patente zu besitzen. Die Verwaltung hat sich genötigt gesehen, diese Sache der Staatsanwaltschaft zu übergeben, die bereits die Klage angenommen hat. Kommentar überflüssig.

Mit Kameen und Gemmen und der Steinschneidekunst befaßte sich eingehend unsere Ausgabe vom 11. Dezember vorigen Jahres (Heft 25). Aus Fachkreisen sind uns hierzu nicht nur viele Anerkennungen, sondern auch Anregungen zugegangen, die Abhandlungen zu vervollständigen, z. B. über das Gravieren von Muschelkameen, welches einen Zweig der Hanauer Industrie bildet. Sobald die nötigen Vorstudien erledigt sind, werden wir damit an die Öffentlichkeit treteri. ☐ Besteuerung von Kaloften. Das Reichsfinanzministerium hat nach eingehenden Verhandlungen mit den Vertretern der beteiligten Organisationen bezüglich der Kalottenbesteuerung eine etwas abweichende Regelung angeordnet, welcher der Reichsrat seine Zustimmung erteilt hat. Nach diesen neuesten Vorschriften werden mit der Wirkung vom 1. Oktober 1920 Kalotten aus Platin und Gold, wenn sie mit Haken (seitlichen

Bügeln) eingeführt werden, bei der Einfuhr erhöht steuerpflichtig, gelten also nicht als Halbfabrikate, wie die Kalotten ohne jeden Anstoß oder mit Böckchen. Für den Goldschmied und Uhrmacher ist diese anderweitige Regelung allerdings belanglos, da sie den Verkauf in letzter Hand überhaupt nicht berührt.

Kleine Veränderungen in der Anwendung der Luxussteuer auf das Goldschmiedegewerbe. Am 6. Dez. v. J. fand im Sitzungssaal der Handelskammer in Karlsruhe eine Öffentliche Aussprache mit den Vertretern des Reichsfinanzministeriums über die Handhabung und Auslegung des Umsatzsteuergesetzes insbesondere in bezug auf die der erhöhten Umsatzsteuer unterworfenen Waren statt. Als Vertreter des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Badens E.V. beteiligte sich dessen Vorsitzender Herr Künkel in Firma Ludwig Bertsch, Hofjuwelier in Karlsruhe, an der Aussprache und brachte verschiedene Unklarheiten bei der Besteuerung von Reparaturen an Edelmetallgegenständen, sowie die Verzugszinsberechnung für die vereinnahmte erhöhte Umsatzsteuer zur Sprache. Seitens des Herrn Geheimrats Dr. Popitz wurde die Berücksichtigung der vorgebrachten Wünsche in Aussicht gestellt, auch soll im Einvernehmen der beteiligten Kreise eine Aufklärung wegen der Besteuerung der Reparaturen erfolgen. Wegen der vorgebrachten Beschwerde über die Verzugszinsberechnung stellte derselbe eine Neuregelung für die allernächste Zeit insofern in Aussicht, als durch Erlaß die interessierten Kreise darauf aufmerksam gemacht werden sollen, daß jederzeit auf die erhöhte vereinnahmte Umsatzsteuer Teilzahlungen vor der Abrechnungszeit gemacht werden können, und zwar unter Zinsvergütung. Die weitere Anfrage des Herrn Künkel wegen der Besteuerung von alten Beständen von Waren, welche in diesem Jahre der 10% igen Besteuerung unterworfen waren und die fortan beim Hersteller versteuert werden, klärte Herr Geheimrat Dr. Popit dahin auf, daß ab 1. Januar 1921 die 10%ige Besteuerung im Kleinhandel in Wegfall kommt und diese alten Bestände somit ab 1. Januar 1921 nur der allgemeinen Umsatzsteuer unterworfen sind. Im Anschluß an diese öffentliche Aussprache wurden seitens des Vereins der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Badens E.V. Eingaben an das Reichsfinanzministerium und an das Landesfinanzamt gemacht, in welchen ausführlich auf die Mängel des Umsatzsteuergesetzes hingewiesen und um Berücksichtigung bei den notwendig werdenden Änderungen der Ausführungsbestimmungen des Umsatzsteuergesetzes ersucht wird.

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Die Fußband-Uhr. Die Schmuckfreude der Damen, die die Armbanduhr so beliebt gemacht hat, erstreckt sich in neuester Zeit auch auf die Füße, und an den Fußknöcheln werden bereits vielfach Spangen und Zierbänder getragen. Zur „Fußbanduhr" war es daher nur noch ein Schritt, und dieser ist jetzt von einigen kühnen Modedamen in Paris und London getan worden. „Man sieht jetzt bisweilen,“ schreibt dazu ein Beobachter, „elegant gekleidete Damen, die ihre Toilette durch eine Fußbanduhr vervollständigt haben. Das sind enge Bänder aus schwarzem Moiré mit einem goldenen Reifen, in dem sich eine kleine, mit funkelnden Diamanten besetzte Uhr befindet. Das sieht auf einem weißen Seidenstrumpf sehr hübsch und anmutig aus. Man fühlt sich aber versucht, die schönen Trägerinnen nach der Zeit zu fragen, denn man möchte zu gern wissen, mit welch kühnen Bewegungen sie das Bein heraufziehen werden, um auf das Zifferblatt zu sehen. Jedenfalls dürfte ein solcher Blick auf die Fußbanduhr nicht sehr bequem sein und an die Anmut der Besitzerin hohe Anforderungen stellen."

Handwerkerausschuß im Reichstag. Im Reichstage haben sich die Reichstagsabgeordneten, die dem Handwerkerstande angehören, zu einem interfraktionellen Ausschuß zusammengeschlossen, der in Handwerkerfragen ein gemeinsames Vorgehen anstreben will. Dem Handwerkerausschuß, zu dessen Vorsitzenden Klempnerobermeister Reichstagsabgeordneter Bartschat (Königsberg) gewählt wurde, gehören 16 Reichstagsabgeordnete aller bürgerlichen Fraktionen an. listischen Gruppen sind dem Ausschuß nicht beigetreten. Der Ausschuß hat bereits praktische Arbeit geleistet. Er wird dem Reichstag folgenden Antrag vorlegen. Der Reichstag wolle beschließen: Die Reichsregierung wird ersucht, durch Verord

Die sozia

nung des Reichspräsidenten unverzüglich eine Stelle ein. zurichten, die einen fortlaufenden Überblick erhält über alle Beschaffungen des Reiches, von welchem Ressort sie auch ausgehen mögen, und bei der die Länder durch ihre Beauftragten in der Lage s.nd, auf die gerechte und wirtschaftliche Verteilung der Reichsaufträge auf die einzelnen Teilwirtschaftsgebiete des Reiches einzuwirken." Nach jungsten Äußerungen des Reichswirtschaftsministers steht die Regierung der Errichtung eines solchen Ausschusses wohlwollend gegenüber.

Die Handelskammer Heidenheim weist auf folgenden wichtigen Erlaß des Reichsfinanzministeriums hin: Anzahlungen auf die Umsatzsteuer, die nach dem Ergebnis des Kalenderjahrs 1920 oder des letzten Kalendervierteljahrs 1920 in dem am 1. Januar 1921 beginnenden Veranlagungsverfahren festzusetzen ist, werden vom Finanzamt mit fünf Prozent vom Tage der Zahlung an bis zum Fälligkeitstermin verzinst; Zinsbeträge unter 5 Mark bleiben außer Ansatz. Geschieht die Anzahlung bis zum 31. Januar 1921, so werden sechs Prozent Zinsen vergütet. Bei Bemessung ihrer Anzahlungen werden die Umsatzsteuerpflichtigen von den Beträgen ausgehen können, welche sie in ihren im Januar fälligen Umsatzsteuererklärungen abzugeben haben.

Müssen Lehrlinge innerhalb der achtstündigen Arbeitszeit die Werkstätte aufräumen? Ein Handwerksmeister hatte einen Strafbefehl erhalten, weil er seine Werkstätte na ch Ablauf der achtstündigen Arbeitszeit durch den Lehrling hatte aufräumen lassen. Der Meister beantragte gegen diesen Strafbefehl gerichtliche Entscheidung mit dem Erfolg, daß er vom Amtsgericht kostenlos freigesprochen wurde. Der Meister hatte zu seiner Verteidigung mit Recht geltend gemacht, daß er sich nicht nur in gutem Glauben befunden habe, sondern daß auch Innungs- und Handwerkskammer der Ansicht seien, daß die Aufräumung der Werkstätte nach Ablauf der achtstündigen Arbeitszeit vor sich gehen müsse, um den Gehilfen am nächsten Tage wieder Gelegenheit zu geben, ihre Arbeitstätigkeit fortzusetzen. Eine Aufräumung der Werkstätte innerhalb der achtstündigen Arbeitszeit hindern Meister und Gehilfen an der ordnungsmäßigen Erledigung ihrer Obliegenheiten. Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein und machte geltend, daß das Urteil der ersten Instanz von irrigen Voraussetzungen und Anschauungen ausgehe. Es sei nicht Sache des Gerichts, nachzuprüfen, ob es praktisch und empfehlenswert sei und im Interesse des Handwerks liege, die Werkstätte nach Ablauf der achtstündigen Arbeitszeit durch die Lehrlinge aufräumen zu lassen. Auch komme nicht in Frage, ob im Lehrvertrag eine derartige Verpflichtung für die Lehrlinge ausdrücklich festgelegt worden sei. Maßgebend allein sei die Verordnung über die achtständige Arbeitszeit, die durch die Aufräumungsarbeiten in der Werkstätte überschritten worden sei. Der Gesetzgeber hat beabsichtigt, jede Arbeitstätigkeit in Handwerksbetrieben nach Ablauf der achtstündigen Arbeitszeit zu unterbinden, und man könne unter Umständen jedes längere Verweilen in der Werkstätte über die achtstündige Arbeitszeit hinaus als eine Überschreitung des Achtstundenarbeitstages ansehen und bestrafen. Das Landgericht als Berufungsinstanz schenkte dieser Begründung Beachtung. Das erstinstanzliche Urteil wurde aufgehoben und der Meister zu einer Geldstrafe in Höhe von 5 Mk. verurteilt. Auch das Landgericht war der Auffassung, daß zur Beurteilung des vorliegenden Falles lediglich die Verordnung über die achtstündige Arbeitszeit in Frage komme. Die achtstündige Arbeitszeit sei aber dadurch überschritten worden, daß der Meister seine Lehrlinge angehalten habe, die Werkstatträume nach Feierabend, also nach Ablauf der achtstündigen Arbeitszeit, aufzuräumen und zur Wiederaufnahme der Arbeit für den folgenden Tag in Stand zu setzen. Es käme nicht in Frage, ob eine derartige Handhabung im Interesse des Handwerkes und der Lehrlinge liege, maßgebend sei einzig und allein die Verordnung über den Achtstundenarbeitstag. Aus dieser Entscheidung ergibt sich notwendig, daß der Meister selbst die Aufräumung der Werkstätte besorgen oder den Gesellen gegen Überstundenvergütung übertragen muß.

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Die Kleintechnik des Goldschmieds

Goldbad für Kontaktvergoldung. Für kleine Werkstätten empfiehlt es sich oft, geringere Stücke noch durch sogenannte Kontaktverfahren zu galvanisieren. Für solche Verfahren hat sich ein Vergoldungsbad in nachfolgender Zusammensetzung sehr bewährt:

1 Gramm Chlorgold,

4

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10

35

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reines 100% iges Cyankali,
neutral-schwefligsaures Natron,
phosphorsaures Natron,

3/3 bis / Liter destilliertes Wasser.

Dieses Bad ist mäßig erwärmt in Gebrauch zu nehmen, wobei der zu vergoldende Gegenstand mit dünnem Messing- oder Silberdraht auf einen zuvor blank geschabten Zinkstreifen aufgebunden wird. So in das Bad gebracht, wirken die beiden Metalle wie ein schwaches Element, und die Vergoldung läßt sich leicht und gut vollenden. Hauptsache ist bei einer Kontaktvergoldung, daß die Cyankalilösung ziemlich kräftig, ungefähr 6 bis 9 mal so stark als bei Elementvergoldung ist. Patinierung von Messingteilen, Figuren und Kunstgegenständen. Wer schon mit Plastelin auf einer Messingblechunterlage modelliert hat, wird gefunden haben, daß das Messing an allen Stellen, wo es mit Plastelin in Berührung kam, eine blaugraue Fårbung angenommen hat. Die Patina haftet sehr fest und ist nur durch Scheuern mit angreifenden Mitteln zu entfernen. Diese Beobachtung hat dazu geführt, Plastelin direkt zum Patinieren von Messing zu benutzen. Mit diesem einfachen und billigen Mittel es genügt bereits verarbeitetes Plastelin erhält man eine schöne dauerhafte Patina. Zum Gebrauch muß das Plastelin geschmolzen werden, indessen nicht direkt auf Feuer, sondern in einem Doppelgefäß. Der Schmelztopf wird in kochendes Wasser gestellt. Die zu färbenden Gegenstände müssen in bekannter Weise durch Entfetten, Beizen und Kratzen vorbereitet werden. Alsdann werden sie in die geschmolzene Masse getaucht, und nach dem Herausnehmen wird die Masse mit einem Lappen bis auf einen hauchdünnen Überzug entfernt. Größere Gegenstände werden erwärmt, in flottem Tempo mit einem weichen Pinsel mit der Masse bestrichen und später ebenfalls mit Lappen abgerieben. Die Patina tritt nun nach und nach in die Erscheinung. Nachdem die passende Farbe eingetreten ist, gibt man durch Überstretchen mit Lack oder Überbürsten mit einer auf Wachs abgezogenen Bürste eine Schutzschicht. Da Plastelin in der Zusammensetzung verschieden ist, fällt auch die Patinierung danach aus. Man mache daher eine Probe.

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Beseitigung von Stutzen u. dgl. an Glasschalen usw. An Reparaturteilen sind manchmal Reste von abgebrochenen Stutzen (Zapfen) zu beseitigen. An Stelle des Zapfens wird dann ein Loch gebohrt und die Schale mit einer Schraube befestigt. Eine in dieser Weise hergerichtete Glasschale ersetzt vollkommen die Neuanschaffung. Zum Abschleifen des abgebrochenen Stutzens ist eine kleine Scheibe aus Korund oder Silizium-Karbid erforderlich, die in jeder Werkzeughandlung zu haben ist. Die Scheibe wird auf der Spindel einer Dreh-, Schleif- oder Polierbank befestigt. Beim Abschleifen lasse man reichlich Seifenwasser über die Schleifstelle laufen. Mit dieser einfachen Vorrichtung kann man, besonders an Orten, wo keine Gelegenheit zum Glasschleifen ist, die verschiedensten Arbeiten selbst leicht und schnell ausführen. Die Scheiben sind nicht teuer, nützen sich langsam ab und sind auch zum Schärfen von Werkzeugen, sowie zum Schleifen von anderem harten Material geeignet. Wo z. B. an gehärteten Stahlstanzen beim Pressen etwas im Wege ist, kann man mit Hilfe der Scheibe das Hindernis beseitigen, ohne die Stanze erst ausglühen zu müssen. Wenn man die heutigen hohen Versand- und sonstigen Spesen berechnet, die beim Einschicken an eine Glasschleiferei entstehen, wird man finden, daß die Anschaffung dieser Einrichtung bei ihrer vielseitigen Verwendungsmöglichkeit sehr vorteilhaft ist. Bei dem Glasbohrer müssen die Schnittflächen möglichst im stumpfen Winkel angeschliffen sein. Beim Bohren selbst wird die Bohrstelle reichlich mit Terpentinöl angefeuchtet. Eine Unterlage aus Leder oder Gummi ist zweckdienlich, da

durch den Druck Glassachen mit dünnen Wänden leicht springen. Man gebe überhaupt nur soviel Druck, als der Bohrer zum Anfassen benötigt, mehr ist vom Ubel. Glasgegenstände mit dicken Wänden bohrt man am besten von zwei Seiten an.

Auskunftsstelle

für fachtechnische Fragen.

5217. Welcher Kollege kennt ein Verfahren zum Bleichen von gelb ge wordenen Messerheften, ohne die Klingen zu entfernen? J. R. in G. 5218. Wer kann Aufschluß geben, welche Ohrringverschlüsse und Brisuren patentiert und mustergeschützt sind? A. L. in P.

5219. Auf welche Weise werden kleinere Eisenteile im Feuer vergoldet? Es handelt sich um antike Möbelbeschläge, welche zum Teil noch eine starke Feuervergoldung aufweisen. Teile dieser Beschläge müssen neu im Feuer vergoldet werden. A.W. in A.

5220. Wie kann man schwarz gewordenes Zinngeschirr reinigen, und wie läßt sich Zinn polieren? A. L. in F.

5221. Ich brauche gewalzten Silberdraht mit einer Lotseele zum Verarbeiten auf einer automatischen Börsengeflechtmaschine, wo die Ringe automatisch gelötet werden. Der Draht besteht bekanntlich aus einer Lotseele, die von einem Silbermantel überzogen ist. 1. Wie verfahre ich mt dem Drahteinguß der Lotseele und des Silbermantels? 2. Welchen Feingehalt müssen Lotseele und Silbermantel haben, damit der Draht 800 fein wird? 3. Welche Beschaffenheit muß das Silberlot haben? ☐ S. B. in W.

5222. Ich möchte zur Befestigung von Porzellanwaren ein Weißmetall verwenden, welches eine Brenntemperatur von 1000-1100° unbeschädigt aushält, ohne zu schmelzen oder zu oxydieren, unter möglichster Verwendung unedler Metalle oder solcher mit möglichst geringen Edelinetallmengen legiert. Kann mir ein Kollege ein Rezept mitteilen? E. M. in H. ᄆ

5223. Wie werden fehlfarbene Opale verbessert?

5224. Welche Zusätze haben erprobte Gold- und Silberamalgame? ☐ J. N. in B. 5225. Das Abtreiben höherkarätigen Goldes gelingt manchmal trotz Salpeter und Sublimat sehr schwer. Muß vielleicht letzteres von besonderer Beschaffenheit sein? J. N. in B. J. N. in B.

5226. Welche Zusätze hat das beliebte Kniefellot?

5227. Wie ist die beste chemische Zusammensetzung einer Silberbrenne zum Weißbrennen nach dem Schleifen für Bestecke und Großsilberwaren? Wie ist der Arbeitsprozeß? A. St. in W.

5228. Wer kann mir das Rezept eines guten Goldfirnisses für Messing. waren angeben? T.F. in Sch. R. R. in L.

5229. Wie setzt man säurefreies Lötwasser an? 5230. Wie kann man zwei Ametyste in der Farbe einander angleichen?

A. I. in E.

5231. Mein Vergoldungsbad gibt trotz peinlichster Beachtung aller Regeln und größter Aufmerksamkeit unreine, unansehnliche Niederschläge. Woran liegt das? M. in D.

5232. Wer gibt mir eine Legierung für Weißgoldblech an? M. F. in H. 5233. Wieviel Zusatz ist zu machen, um aus 695/000 Gold 585/000 zu erhalten? K. Sch. in Sch.

Antworten aus dem Leserkreise.

5220. Waschen Sie die Zinnwaren in etwas verdünnter Salzsäure aus, bis sich das Oxyd gelöst hat. Darauf kratzen Sie die Sachen blank, spülen mit Panamarindenabkochung und trocknen mit Sägemehl. Auch mit sehr feinem weißen Sand läßt sich bisweilen sehr guter Erfolg erzielen, wozu freilich ein wenig Übung gehört. A. D. in C.

Antworten unserer Mitarbeiter.

5214. Eine allgemeine Beantwortung dieser Frage ist unmöglich. Man muß den Grund der Erscheinung in jedem einzelnen Fall erst kennen, wonach sich dann Maßregeln angeben lassen. In der Regel liegt die Schuld schon an der Zusammensetzung der Gußlegierungen; ferner können aber auch die Gießgeräte und die Art der Vorbereitung zum Poröswerden führen. Schließlich kann allzu kaltes Ausgießen den Anlaß geben. Bei näheren Angaben sind wir gern bereit, Ihnen ausführlichen Aufschluß zu geben.

5217. Über das Bleichen von Elfenbein ist in Nr. 26 unter Antwort auf Frage 5203 erschöpfeudo Auskunft gegeben. Legen Sie die Hefte so in die dort angegebene Flüssigkeit, daß die Klingen von der Flüssigkeit nicht benetzt werden. Bei Beachtung der gegebenen Ratschläge werden Sie ein einwandfreies Resultat erzielen.

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5219. Über die Behandlung des Eisens vor der Feuervergoldung habe ich in Nr. 23 unserer Goldschmiede - Zeitung unter Werkstattpraxis berichtet. Ich rate Ihnen, das auf den Beschlägen befindliche Gold abzuziehen, zu entgolden und dann zu verkupfern. Wenn Sie für diese beiden Arbeiten keine Einrichtung besitzen, verfahren Sie folgendermaßen: Die Gegenstände werden in eine erhitzte Flüssigkeit getaucht, bestehend aus 12 Teilen Quecksilber, 1 Teil Zinkspänen, 2 Teilen Eisenvitriol, 1,5 Teilen Salzsäure und 12,5 Teilen Wasser. Das Eisen nimmt dann einen silberartigen Überzug an, eine dünne Quecksilberschicht, die zur

Verbindung des Goldes mit der Unterlage notwendig ist. Auch wenn Sie das Eisen erst verkupfern, muß dem Auftragen des Goldes eine Verquickung vorangehen. Durch das oben angegebene etwas umständliche Verfahren kann man die Verkupferung ausschalten. Hierauf wird das Goldamalgam aufgetragen, die Gegenstände erhitzt usw.

5220. Zum Blankmachen von kunstgewerblichen Zinngeschirren wird feiner weißer Sand, sogenannter Silbersand, und Sodawasser verwendet. Mit einem nassen Lappen und etwas Sand reibt man immer nach einer Richtung, nicht etwa kreuz und quer. Auf diese Weise erhalten die Zinngeschirre in den kunstgewerblichen Fabriken nach dem Schleifen ihr vorzügliches Aussehen, wie man es an den prächtigen Tafelgeräten aus Kayserzinn, Orivit und dgl. besonders um die Jahrhundertwende bewundern konnte. Für den Hausgebrauch gibt auch Schachtelhalm mit Sodawasser ein gutes Resultat. Die Bearbeitung geschieht ebenfalls in der oben angegebenen Weise. Jedoch ist der Effekt nur dann zufriedenstellend, wenn die Gegenstände pfleglich behandelt, d. h. von Zeit zu Zeit geputzt wurden. Ist dagegen die Oxydschicht alt und fest, so müssen die Waren mit Lederscheiben und Bimssteinmehl geschliffen und mit Nessel- und Flanellscheiben mit den üblichen Mitteln poliert werden, wodurch sie ein vollkommen neues Aussehen erhalten. Ohne diese Einrichtung kommen Sie nicht zum Ziel. In diesem Falle würde ich raten, die Sachen einer Fabrik, wie z. B. J. P. Kayser Sohn, Crefeld, Orivit, Köln usw. zwecks Aufarbeitung zu übergeben.

5221. Ihre Anfrage ist unklar. Sie meinen jedenfalls Drähte aus Silber mit gleichzeitig angebrachter Lotseele. Diese werden im sogenannten fugenlosen Verfahren hergestellt. In diesem Falle ist der Außenmantel in dem Silberfeingehalt gehalten, den die fertige Ware haben soll. Die eingezogene Lotseele wird auch (und das besonders bei Exportwaren wegen Nachprüfung des Feingehaltes an der Grenze) nur soweit mit Zusätzen versehen, daß der Schmelzpunkt des Lotes gegenüber der sonstigen Legierung um 50-70 Grad gedrückt wird, so daß nicht die Hauptlegierung schmilzt oder schnurit, bevor das Lot fließt. Die Art der Zusätze ist verschieden, und wir müßten zur näheren Beantwortung schon wissen, was Sie anzufertigen gedenken: Ketten, Bijouterien im allgemeinen oder was sonst. 0

5223. Eine Befreiung der Opale von ihren Fehlern ist nur beim Verarbeiten in Kasten, also nicht bei à jour gefaßten Steinen möglich. Es wird den zu ersetzenden Farbenreflexen entsprechende farbige Seide ganz fein geschnitten und in den erforderlichen Mischungen unterlegt. Es kommt rote, grüne, gelbe, blaue und violette Seide in Frage.

5224. Amalgame nennt man bekanntlich Quecksilberverbindungen. Sie sind bei gewöhnlicher Temperatur teils flassig, teils teigartig oder auch fest. So gibt es also Gold-, Silber-, Kadmiumamalgam usw. Goldamalgam wird hergestellt, indem man Goldschnipsel im Graphittiegel zur Rotgluthitze bringt, darauf etwa das achtfache Quantum vorgewärmten Quecksilbers zusetzt und die gutgemischte Masse in Wasser ausgießt. Der giftigen Eigenschaften des Quecksilbers wegen müssen diese Prozesse unter geeigneten Vorsichtsmaßregeln in erster Linie bei frischem Luftzug vor sich gehen.

5225. Höherkarätige Goldlegierungen machen insofern Schwierigkeiten beim Abtreiben, als die geringen Zusätze zähe haften, bevor sie sich durch den Salpeter verschlacken lassen und aus dem Edelmetall ausscheiden. Man muß reichlich Salpeter nehmen und gegebenenfalls während des Abtreibungsprozesses zusetzen. ᄆ

5227. Sie meinen offenbar das sogenannte „Weißsieden" der Silberwaren. Hierbei werden die Gegenstände zuerst einige Minuten in einer Lauge von Ätzkali behandelt und dann in einer Lösung von 40 Teilen Wasser auf 1 Teil konzentrierter Schwefelsäure aufgekocht. Silberne Münzen werden in der Regel glühend gemacht und in dieser Beize gelöscht, wodurch sie ein mattweißes Aussehen erhalten. Es kommt dabei natürlich auf den Feingehalt des Silbers an. Geringhaltige Silberlegierungen zeigen eine etwas ins Graue gehende Färbung.

5228. Ein Goldfirniß für Messing waren besteht aus 4 Teilen Gummilack, 1 Teil Drachenblut, Teil Kurkuma-Mehl, gelöst in 84 Teilen rektifiziertem Weingeist. Ein zweites Rezept setzt sich zusammen aus 16 Gramm lichtbraunem Schellack, gelöst in 1 Liter Alkohol, in welcher Lösung 1 Löffel Kurkuma eingerührt wird. Nach 24 Stunden wird filtriert. Die Gegenstände werden vor der Behandlung erwärmt.

5229. Man stelle sich eine gesättigte Lösung von Zinkabfällen (in kleine Stücke geschnitten) in Salzsäure her. Die vollständig klare Lösung wird abgegossen, verdünnt und filtriert. Zur Lösung des anfangs entstehenden kleinen Niederschlages setzt man etwas Ammoniak zu.

5230. Zur Erreichung Ihres Zweckes lösen Sie von etwas Ametystfolie mit erwärmtem Spiritus den Ametystbelag ab und streichen ihn vorsichtig auf die Unterseite des helleren Steines. Ist nach dem Trocknen der Ton noch nicht der gewünschte, so wiederholt man das Verfahren. 5231. Entweder liegt hier eine schadhafte Stelle in der Vergoldungswanne vor (vielleicht tritt das Eisen einer emaillierten Wanne an einer Stelle heraus?) oder aber es ist zu wenig Blutlaugensalz in der Lösung. In beiden Fällen enstehen gräuliche bis schwarzgraue Abtönungen. 5232. Eine weiß- bis silbergraue Weißgold-Legierung ist: 43, 59 Teile Gold, 56, 41 Teile Tellur. Ein weiteres Rezept lautet: 70 - 94 Atomprozent Nickel, 4-30 Atomprozent Kupfer, 0,5-20 Atomprozent Platin werden dem Golde zugesetzt. Durch Versuche muß die gewünschte Farbe gefunden werden. Die erste Legierung (Tellurmischung) ist ziemlich brüchig. ᄆ

5233. Zu jedem Gramm der hochkarätigen Mischung setze man 0,188 Gr. Zusatz zu. Die Zusammensetzung des Zusatzes nach Silber, Kupfer oder anderen Metallen richtet sich nach der gewünschten Farbe, Widerstandsfähigkeit und dem beabsichtigten Schmelzpunkt der fertigen Legierung.

Rechtsauskunftsstelle.

An dieser Stelle veröffentlichen wir die von uns auf Anfragen aus Fachkreisen erteilten Rechtsauskünfte, soweit sie von allgemeinem Interesse sind. Ist Rohmetall luxussteuerpflichtig? T. Sch. in L. Beim Verkauf von Rohsilber ist die Luxu steuer nicht zu zahlen, wenn das Silber zum Zwecke gewerblicher Verarbeitung direkt an einen Gewerbetreibenden verkauft wird, dann kommt nur die allgemeine Umsatzsteuer von 1% in Frage. Nach Ihrer Sachdarstellung haben Sie aber doch an gewerbliche Firma zur Verarbeitung verkauft. Die Absicht des dortigen Finanzamtes erscheint uns also irrig.

Verband, Innungen, Vereine

Verein der Juwellere, Gold- und Silberschmiede Badens E. V., Sitz Karlsruhe. Generalversammlung vom 10. Oktober 1920 in Karlsruhe. Den Bericht über das abgelaufene Geschäftsjahr erstattete der Vorsitzende Künkel in Fa. Ludwig Bertsch, Hofjuwelier, Karlsruhe. Er gedachte zunächst der großen Verdienste, welche sich der jüngst verstorbene langjährige Schatzmeister und Mitbegründer des Vereins Robert Schrempp um unsere Sache erworben hat. Zum ehrenden Gedenken erhoben sich die Anwesenden von den Sitzen. Dem weiteren Bericht war zu entnehmen, daß der Verein ein arbeitsreiches Jahr hinter sich hat. Dank der allseitigen Mitarbeit ist die Mitgliederzahl von 23 auf 70 gestiegen. Bei allen in Betracht kommenden Behörden haben wir den Einfluß gewonnen, welcher für unser ferneres Wirken notwendig ist. Das Landesfinanzamt ist uns stets in zuvorkommender Weise entgegengekommen, was auch darin zum Ausdruck kommt, daß wir einige Kollegen vor nachteiligen Folgen einer ungenauen Einhaltung der Buchführungspflicht bewahren konnten. Auch bei unserem Vorgehen gegen die wilden Händler fanden wir beim Landesfinanzamt Unterstützung. Die Anregung des Vereins, an den einzelnen Plätzen engere Fühlung unter den Kollegen zu nehmen, Preisvereinbarungen wegen dem Verkauf von Trauringen und Bestecken, dem Ankauf von Altgold und Altsilber zu treffen, fiel auf fruchtbaren Boden, so daß solche Vereinbarungen für Karlsruhe, Mannheim, Freiburg und Konstanz getroffen wurden. Durch die Aufstellung von Richtlinien für Reparaturenberechnungen und durch Festlegung einer Reparaturenpreisliste sind die Klagen über nicht zeitgemäße Reparaturenberechnungen verstummt. Da die Beschlüsse des diesjährigen Verbandstages im engsten Zusammenhang mit unseren heutigen Beratungen stehen, so wurde der Punkt 6 „Bericht über den Verbandstag in Weimar" vorweg erledigt. Vorsitzender Künkel erstattete einen klaren Bericht über die Verbandstagsverhandlungen. Es wurde ganz besonders begrüßt, daß unser längst gehegter Wunsch nach Umgestaltung des Verbandes zur Interessenvertretung für den Kleinhandel endlich in Erfüllung gegangen ist. Bei der Aussprache über die gehörten Berichte dankte Herr Paul Netter in Fa. E. Netter & Co., Mannheim, Herrn Künkel sowohl für seine ausführlichen Berichterstattungen als auch für sein energisches und zielbewußtes Eintreten bei den Verbandsverhandlungen für unsere berechtigten süddeutschen Wünsche. Als wirkungsvolles Mittel bei unserem Vorgehen gegen wilde Händler schlug er vor, gegen die Fabrikanten, welche solche wilden Händler beliefern, ohne jede Rücksicht vorzugehen, insbesondere die Namen solcher Fabrikanten in den „Mitteilungen" zu veröffentlichen, was erzieherisch und abschreckend wirke. Ein dahingehender Antrag wurde einstimmig angenommen. Den Kassenbericht erstattete Schatzmeister Hermann Bertsch, in Fa. Ludwig Bertsch, Hofjuwelier, Karlsruhe. Das Vereinsvermögen beträgt 5977.60 Mk. Der Vermögenszuwachs von über 5000 Mk. ist nur auf die freiwilligen großen Zuwendungen der Mitglieder zurückzuführen, da die laufenden Einnahmen bei weitem nicht ausreichen, um die laufenden Ausgaben zu decken. Aus diesem Grunde wurde der Jahresbeitrag auf 30 Mk. einstimmig festgesetzt, doch soll es jedem Mitglied überlassen bleiben, sich nach seinen Verhältnissen und der Größe seines Betriebes zur Beitragsleistung selbst einzuschätzen. Ihre Bereitwilligkeit zur Unterstützung der Organisation bewiesen die anwesenden Mitglieder durch freiwillige Beitragszeichnung, indem sie insgesamt 2300 Mk. zeichneten. Es darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß auch die Nichtanwesenden durch Zeichnung eines Betrags erneut das Interesse an unserer Organisation bekunden. Für diese große Opferfreudigkeit wurde seitens des Vorsitzenden der beste Dank abgestattet. Unter Dankesworten für seine selbstlose und aufopfernde Tätigkeit im vergangenen Jahre, wurde dem Gesamtvorstande Entlastung erteilt, und zum Punkt „Neuwahl des Vorstandes" wurde der Gesamtvorstand ersucht, die Geschäfte unseres Vereins auch weiterhin in solch mustergültiger Weise zu besorgen. Der Gesamtvorstand wurde durch Zuruf einstimmig wiedergewählt. Bei der allgemeinen Aussprache ersuchte Herr Netter, jede Gelegenheit wahrzunehmen, um gegen die hohe und ungerechte Luxussteuer anzukämpfen. Den in Frage kommen-` den Behörden müsse immer wieder vor Augen geführt werden, daß infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und der hohen und ungerechten Luxussteuer ein Niedergang der Luxuswarenbranche unausbleiblich sei. Herr Fischer, Baden-Baden, regte an, in den einzelnen Städten den Polizeibehörden alljährlich einen freiwilligen Beitrag zur Verfügung zu stellen, damit die Polizeiorgane auf die Bewachung unserer Geschäfte besonderes Augenmerk richten. Herr Müller, Konstanz, regt an, für die nächstjährige Generalversammlung Konstanz zu wählen. Da im kommenden Jahre der Verbandstag möglicherweise in Karlsruhe stattfindet und sich dann die Abhaltung unserer Generalversammlung in Karlsruhe empfiehlt, kann darüber noch nicht entschieden werden. Wenn jedoch der Verbandstag nicht in Karlsruhe stattfindet, so soll unsere Generalversammlung im kommenden Jahre in Konstanz tagen. Unter Dankesworten für den guten Besuch und die rege Beteiligung an der Aussprache schloß der Vorsitzende die Generalversammlung mit der Aufforderung zur weiteren tätigen Mitarbeit an unserer Standessache. K. Amann, Schriftführer

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In dem hastenden Leben der Gegenwart mit seinen tiefgehenden wirtschaftlichen Kämpfen und Interessengegensätzen ist es manchmal recht lehrreich, rückschauend bei der uns überlieferten Vergangenheit Einkehr zu halten. Denn nur wer die Vergangenheit begreift, versteht die Gegenwart. Für einen solchen Rückblick aber bietet die deutsche Goldschmiedezunft des Mittelalters ganz außerordentlich dankbares Material. Auch für das Standésbewußtsein, dessen Hebung zu den Notwendigkeiten unserer Zeit gehört, kann ein Rückblick auf die glänzende Tradition der Goldschmiedekunst nichts schaden.

Die Geschichte der deutschen Goldschmiedezunft ist bisher immer nur vom kunsthistorischen Standpunkte aus betrachtet worden. Bücher und Hans Meyer haben als Kunsthistoriker in bedeutenden Werken die Ergebnisse ihrer Untersuchungen über die Geschichte der Goldschmiedezunft niedergelegt, Werke, aus denen wir heute mit großem Nutzen schöpfen. Aber auch die rechtliche und wirtschaftliche Seite, die Monographie aus dem Zunftleben des edelsten Handwerks, dem der Goldschmiede, ist in allen Teilen von Bedeutung, da die Art der kunstvollen Verwendung des Goldes den Maßstab für den Kulturgrad eines Volkes gab.

Von höchstem Interesse für den Kulturhistoriker, wie für den Kunstforscher ist die Geschichte der orientalischen und griechischen Goldschmiede vor unserer Zeitrechnung gegenüber dem Bronzezeitalter. Nicht nur knöcherne und steinerne, sondern auch goldene Schmuckgegenstände, hauptsächlich von getriebener Arbeit, wurden im Altertum vielfach hergestellt.

In Deutschland kannte man damals keine Goldproduktion. Goldminen wurden erst kurz nach Christi Geburt entdeckt, aber bis zur Völkerwanderung wurde viel Gold durch den Handel von außen eingeführt. Julius Cäsar, von dessen Prachtliebe die Geschichtsschreiber berichten, besaß eine große Vorliebe für die Germanen. Er war in jeder Art bemüht, sie in gewerblicher Beziehung auszubilden, indem er ihnen römische Lehrmeister sandte.

Im 3. und 4. Jahrhundert gab es in Deutschland noch keine Gewerbetreibenden, sondern nur Hausarbeit für den eigenen Bedarf. Ein Goldschmied hatte damals sehr viel zu lernen, da seine Tätigkeit eine ziemlich ausgedehnte war. Er mußte zugleich die Arbeit des Malers, Kupferstechers usw. verrichten und stand deshalb bei

Herrscher und Volk wegen seiner Geschicklichkeit in hohem Ansehen. Selbst Könige und Fürsten wurden Goldschmiede und führten die Insignien derselben, zwei übereinandergelegte Stäbe mit Schlangen umwunden. Die Sage erzählt, daß besonders Geiserich und König Wieland als Goldschmiede geschickte Arbeiten aller Art erzeugten.

Die Arbeitsteilung begann erst allmählich nach der Völkerwanderung, indem durch die bestehenden Volksrechte die Leibeigenen nach verschiedenen Gewerben gesondert wurden. Den höchsten Schutz für das Handwerk genossen die Goldschmiede, und da die Herstellung von Gold- und Silbersachen nicht für den Absatz berechnet war, so wurde sie auch später noch von Fürsten und Edlen ausgeübt. Auch viele Mönche in den Klöstern und Ritter in den Frohnhöfen beschäftigten sich mit Goldarbeiten. Die Zahl der Goldschmiede wurde dadurch im 9. Jahrhundert eine außerordentlich große und machte der ungeheure Zufluß an Edelmetall in Deutschland erklärlich. Im 10. Jahrhundert machte sich der Einfluß der Ottonen geltend. Das strenge Christentum war ein Feind des Luxus, besonders der Luxus des Goldgeschmeidetragens wurde auf kurze Zeit eingedämmt.

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Unter Otto I. im 12. Jahrhundert wurde die Städtegründung geändert, und damit erstarkte das bürgerliche Gewerbe; namentlich das Ansehen und die Macht der Goldschmiede stieg erheblich; Kaiser und Landesfürsten entliehen von ihnen große Summen. Den Goldschmieden wurde auch das Privilegium eingeräumt, Münzen zu prägen — staatliche Münzinstitute gab es damals noch nicht - wodurch ihr Einfluß noch bedeutend vermehrt wurde. Die Arbeiten der Goldschmiede mußten mit der größten Sorgfalt ausgeführt werden, und das war umso leichter möglich, da niemand nach dem Preise dafür fragte. (Schluß folgt.)

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