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ZEITSCHRIFT

FÜR

DEUTSCHES ALTERTHUM

HERAUSGEGEBEN

VON

MORIZ HAUPT.

DREIZEHNTER BAND.

BERLIN

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

1867.

ZEITSCHRIFT

FÜR

DEUTSCHES ALTERTHUM

HERAUSGEGEBEN

VON

MORIZ HAUPT.

NEUE FOLGE. ERSTER BAND.

THE
HILDEBRAND

LIBRARY.

BERLIN

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

1867.

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DIE RUNENINSCHRIFTEN DER GOLDBRACTEATEN ENTZIFFERT UND NACH IHRER GESCHICHTLICHEN BEDEUTUNG GEWÜRDIGT.

Τίνος ἡ εἰκὼν αὕτη καὶ ἡ ἐπιγραφή;

Matth. 22, 20.

Von den in verschiedenen ländern, meist in Skandinavien und dem nördlichen Deutschland gefundenen goldbracteaten, die sich im allgemeinen, wie leicht zu zeigen ist, als schmucksachen vorkarolingischer zeit beurkunden, hat fast ein drittel kürzere oder längere inschriften in runen und zwar durchaus in runen nicht skandinavischer art, inschriften die mit ausnahme einer einzigen noch unentziffert sind, die aber wegen ihres alters und ihrer fundorte, länder deren alte geschichte nur spärliche quellen hat, für historische erkenntnifs von unbedingter wichtigkeit sind.

Indem ihre erklärung zunächst nach ihren bildlichen darstellungen und dem inhalt ihrer inschriften hier zum erstenmal im zusammenhang versucht werden soll, geht die absicht des verfafsers dahin, schliesslich ein gesammtbild von der sprache, deren zeitalter und der heimath dieser denkmäler zu entwerfen, und bedarf es voran der angabe der werke, deren nachrichten und abbildungen hier zu grunde gelegt sind.

Die vollständigste sammlung von goldbracteaten befindet sich auf dem königlichen museum zu Kopenhagen; sie sind zugleich mit andern alterthümern, besonders waffen der vorzeit zusammen, abgebildet in dem Atlas for nordisk oldkyndighed, Kjöbenh. 1857 in gr. fol. sie sind hier mit fortlaufenden nummern bezeichnet, und erreichen mit einschlufs einiger vollen goldmünzen sowie der aus silber und kupfer gefertigten bracteaten die summe von 253, wovon drei in der vorrede nachgetragen sind. bringt man die zweiseitigen goldmünzen und die medaillen, die nicht goldenen bracteaten, und die viereckigen goldbleche nr 49-68 in abzug, so bleiben immer noch über anderthalb hundert eigentliche goldbracteaten, d. h. dünne, mit öhren ausgestattete, und nur auf einer seite mit einem gepräge versehene runde goldbleche übrig, wovon etwa fünfzig goldbracteaten mehr oder weniger zahlreiche runenzeichen tragen; hiervon sind Z. F. D. A. neue folge I.

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in die nachfolgende abhandlung nur zwei nicht aufgenommen, nr 109 mit einer undeutlichen binderune und nr 134 weil seine vier kleinen runen unleserlich sind. die nähere beschreibung aller der im atlas dargestellten bracteaten und münzen des genannten museums hat man in der sehr gelehrten und verdienstvollen abhandlung des conferenzraths dr Thomsen in den Annaler for nordisk Oldkyndighed von 1855 s. 265-347 und 381 f. worin jedoch aufser einigen andeutungen zur erklärung der runeninschriften diese selbst nicht versucht ist, obwohl über die zeit und den ursprung dieser denkmäler und sehr umfänglich über ursprung und verbreitung der bracteaten überhaupt gehandelt wird. einzelne wenig gelungene deutungen von Finn Magnusen und von Rafn werden gelegentlich erwähnt werden.

In den vier aus Schleswig herrührenden goldbracteaten des atlas, nämlich nr 83. 88. 117 und 253, ist inzwischen noch ein neuer mit einer sehr grofsen runeninschrift hinzugekommen, der 1863 im kirchspiel Skodborg ausgegraben, und in dem trefflichen werk von Thorsen De danske Runemindesmærkerne, bd 1. Slesvig, Kjöbenh. 1864 nach s. 324 zugleich mit den vier vorigen in farbendruck veröffentlicht wurde, ohne jedoch dafs eine lesung eines der fünf bracteaten des alten Angliens unternommen worden wäre.

Aus sonstigen deutschen gegenden hatte der atlas funfzehn gegeben, sieben vollständige goldbracteaten (nr 20. 23. 30. 156. 164. 158. 159) aus dem mittleren und südlichen Deutschland, und acht deren fundort in Norddeutschland sicher oder wahrscheinlich ist (nr 87. 90. 96. 113. 115. 139. 157. 171); nur einer darunter, nr 113 des atlas, ein wahrscheinlich Meklenburg angehöriger, enthält runen, die zuerst richtig gelesen und, als den namen Vaiga nennend, erkannt wurden von Müllenhoff in einem sich noch über mehrere deutsche runendenkmäler, (den ring von Cöslin, den bracteaten von Vadstena, die büste aus terracotta, und das goldene horn) verbreitenden aufsatz im vierzehnten bericht der schlesw. holst. gesellsch. von 1849 s. 10-32, dessen erwähnung ich vergebens bei Thomsen gesucht habe; von den sehr gut dargestellten gegenständen der dem bericht beigegebenen tafel gehören hierher der ring von Cöslin in Pommern, dessen bildwerk und runeninschrift mit denen auf den bracteaten nah verwandt, hier mit zu besprechen ist; sodann aufser dem Meklenburger ein Cösliner, nr 96 des atlas, von welchem sechs exemplare zusammen mit dem ring gefunden wurden; sämmtliche

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