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ANHANG.

UEBERSETZUNG DES GEDICHTES APOTHEOSIS.

Die Apotheosis. *

I

Ist Wahrheit unser?

VORWORT.

dich, den Meister frage ich!

Und, wandeln wir den rechten Weg?

Hat falsche Lehre nicht vergiftend uns berückt,

Im Irrthum uns zum Fall gebracht?

Der Heilsweg, kaum erkennen kann man ihn

Im vielverschlungnen Pfadgewirr.

So manchen Irrgang hat gottloser Sinn

Mit Blendwerk kunstvoll ausgeschmückt.

Die Widersprüche, schlau versteckt, umschlingen sich

Auf allerwärts verwebtem Gleis.

Und, wer in Irre schweifend sich verleiten lässt

Und einmal weicht vom rechten Steg,

པ་

ΙΟ

1 Der Versuch einer Uebersetzung der Apotheosis des Prudentius dürfte vielleicht wundernehmen, da dieses rein dogmatische Gedicht, das lange Partien hindurch nur in abstracten Bestimmungen und Erörterungen sich bewegt, das am wenigsten poetisch werthvolle, und für eine Uebersetzung am wenigsten lohnende des Dichters ist. Dennoch hat dasselbe sein hohes Interesse gerade wegen des Versuchs, die Hauptlehren der Kirche in der Form eines Gedichtes zusammenzu. stellen, und deshalb habe ich die mühsame und spröde Arbeit unternommen, die allerdings wol die Schwierigkeit, einen derartigen Stoff in poetische Form zu giessen, ebenso wenig überwunden hat, als es dem Originale selbst gelungen ist.

Ich unterlasse dabei eine Uebersetzung des ersten Präfatio zu diesem Gedichte, die eine kurze Inhaltsangabe desselben in Form eines versificirten Bekenntnisses zum dreieinigen Gotte enthält. Trotzdem Dressel dieselbe als echt gegen Obbarius vertheidigt und die gegen die Echtheit derselben geltend gemachten Bedenken treffend zurückweist (Prud. carmina, p. 80, Anmerkung), ist dieselbe doch nicht ein integrirender Bestandtheil des Gedichtes selbst und widersteht um ihres Inhalts willen gar zu sehr einer poetischen Uebertragung in unsere Sprache.

Wird jählings fallen in verborgner Grube Nacht,

Die Feindes Hand ihm tückisch grub

Dem Räuber ähnlich, lauernd auf den Wandersmann,

Der falschen Weges Spur verfolgt.

Was hat der Menschen Uebermuth nicht schon vollbracht,
Zu welchem Unheil zog's ihn nicht?

Des allgewalt'gen Gottes Glanz beflecken sie

Mit trügerischem Wortgefecht.

15

20

Mit winz'gen Schlichen reisst des Glaubens Einigkeit
Die frechste Zunge keck entzwei,

Und löst und knüpfet ernster Fragen heil'gen Sinn
Durch Schlüsse trügerisch gewebt.

Weh euch, Verführer voller Trug und Ränkesucht!
Weh dir, gestaltenreiche List!

25

Die zähen Knoten reisst der Wahrheit Lehre auf,
Die feindlich allem Streite ist.

Was Thorheit vor der Welt erschien, erwählte Gott,
Zu stürzen, die sich klug gedünkt1,

30

Und wirft die Starken zu der Schwachen Füssen hin,

Dass Glaubenseinfalt sieghaft sei.

Sieh da den Eckstein fest zum Anstoss aufgestellt 2,

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Still wartet er der Zeit, da schlecht und gut Gewächs

50

Herangereift im Sonnenglühn,

Bis dann geworfelt gute Frucht zur Scheuer kommt,

Zum Feuerbrand die leere Spreu. 3

Doch ziemt's, zu kennen gift'gen Lolches Sam' und Art,
Durch die der Ernte Schaden droht.

11 Kor. 1, 27. 2 Luk. 2, 34; I Petr. 2, 7 und 8.

55

3 Matth. 13, 24 fg.

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Fälschliche Lehren gibt es genug, doch wen'ge nur nenn' ich, Gläubiger Zunge ist's Schmach, so Schändliches nur zu berichten. Wagt es doch einer, den Vater vom ewigen Thron zu vertreiben Und in die Grenzen zu bannen des engen menschlichen Leibes: Ja, er entblödet sich nicht, ihn sterben zu lassen am Kreuze. Leiden duldete Gott? Er, dessen Bild und Gestaltung Noch kein Sterblicher sah; er, dessen herrliches Wesen Menschlicher Sinn, nicht Auge noch Hand zu erfassen vermochte. Sprachen dafür nicht Johannes, des Grossen, erhabene Worte, Nimmer mit sterblichem Blick sei Gott zu gewahren, bezeugend? Das ist des Vaters Natur, dass auch das schärfste der Augen, Mag es das Fernste erspähn, doch nie bis zu ihm hin gedrungen, Dass er in Menschengestalt sein Wesen nimmer gekleidet, Nie in endliche Form und Art einengte die Gottheit. Willst du die Heilige Schrift nicht gottvergessen verachten, Darfst du der Gottheit Glanz, den du niemals mit Augen geschaut hast, Auch nicht in irdischen Stoff und endliche Schwäche herabziehn. Aber der Abglanz des Vaters er bietet sich dar der Betrachtung, Trat erkennbar entgegen bisweilen dem menschlichen Auge. Freilich von Täuschung geirrt, mit dunstumwobenem Blicke, Kann es allein sich ihm nahn, das verstümmelte Forschen des Menschen. Wenn, Gott selber zu schauen, der Mensch sich gerühmt, er erblickt nur Den, den Gott sich gezeugt und ihm eingoss göttliche Fülle: Gottes ewiger Sohn, er erschien, ein Abglanz der Gottheit, Wandelnd in irdischer Form, die sichtbar dem menschlichen Auge, Denn von Begrenzung gelöst ist die Fülle der Herrlichkeit Gottes. Sichtbar wird sie allein, da zur Selbstbeschränkung sie willig. Abraham, Ahn des erlauchten Geschlechts, er sah so die Gottheit Strahlend in dreifachem Bild. Doch Christus war's, der die Erde Damals schon gnädig besucht, und Abraham gastlich sich nahte. Jakob's Arme berührten ihn selbst, da er mit ihm gerungen.2 Moses, der Mittler von Gottes Gesetz, er empfing die Berufung, Nahe zu treten dem Herrn und vertraulich mit ihm zu verkehren. So mit heiligen Sprüchen verband er die eigene Rede, Und er ward sich bewusst, dass er Christum leiblich erschaute. Aber Grösseres heischend erhob er die Seele zu Wünschen, Welche dem Menschen versagt; was sterbliche Kraft überschreitet, Wollt' er: die Gottheit erschaun im Urglanz ohne Umhüllung. Endlich, da er gar oft und vertraulich zu Christus geredet, In der Gestalt, die er trug, auch oftmals ihn selber erblickt hat, Sprach er:,,O, wär' mir's vergönnt, dein Wesen ganz zu erkennen!" Drauf erwidert der Herr: „Mein Antlitz nicht, nur meinen Rücken Lass die Gerechten ich schaun!"3 Und liegt es damit nicht zu Tage, Dass nur irdisch umhüllt das Wort dem Menschen erkennbar,

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1 Joh. I, 18. 2 Gen. 18, 2; 32, 24.

3 Exod. 33, 20 sq.

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