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glaube, wie ein Possenreisser ihm eine lustige Komödie vorspielen zu können. Das sei die Achtung vor seinem Amte, der durch allzugrosse Milde vielleicht stumpf geworden sei! Bei seinem prahlerischen Worte, dass ihm der Tod Gewinn dünke, wolle er Laurentius nehmen. Aber kein schneller Tod, eine langsame Pein solle ihm beschieden, auf langsamem Kohlenfeuer solle er gebraten werden. Gerade ihn, dem das Amt obliege, in der christlichen Lehre zu unterweisen, solle die Strafe als warnendes Beispiel treffen, er wolle ihm zeigen, was sein Vulkan vermöge. Laurentius wird auf den Scheiterhaufen gebracht; sein Antlitz glänzt gleich dem des Moses, als er vom Sinai zurückkehrte, wie das des Stephanus, als er gesteinigt ward, wie das der im Bade der Taufe neu Erleuchteten. Dagegen gleicht die Blindheit der Bösewichter, die ihr Auge dem Lichte verhüllt, der ägyptischen Finsterniss, die die Heiden bedeckte, während die Juden im Lichte blieben. Eine doppelte Wirkung zeigt das verbrannte Fleisch, da es jenen übeln Dunst zuhaucht und den Christen Wohlgeruch spendet; so erleuchtet das Feuer Christi, das die Schuldigen brennt, die Reinen.

I

Als Laurentius auf der einen Seite geröstet worden, wird er auf die andere unverletzte gelegt, die Marter aufs neue zu dulden. Laurentius erhebt sich nun zu einem längern Gebete zu Christus für Rom. Wie Christus es gefügt habe, dass unter den Grossen Roms die verschiedenen Völker von mannichfaltigen Sitten und Bräuchen sich vereinigten, so möge er auch geben, dass dieses vereinte römische Reich an Haupt und Gliedern endlich christlich werde; noch aber seien die Römer von den aus Troja eingeschleppten Irrthümern gefangen, Vesta, Sterculus, Janus, Saturn und die Penaten hätten ihre Verehrer im Senat. Dass es anders werde, dafür sind Bürgen Paulus, der Heidenberufer, Petrus, der Himmelspförtner, und ihr Martyrium, unter Nero erduldet, bedeute das Ende der Herrschaft Jupiter's. In den letzten Zügen bereits erhebt sich Laurentius zu einer Vision: er sieht einen künftigen Fürsten die Tempel schliessen, die Opfer hemmen, dass die Marmorhallen

I Die Worte: „Decumbe digno lectulo" (vs. 354), und dann ,,Converte partem corporis satis crematam jugiter" (vs. 401 sq.), weisen auf die Rostmarter des Laurentius. Ein römisches Martyrologium weicht davon ab, indem es vom Kochen des Laurentius in einem Kessel redet.

und die ehernen Bilder nicht durch Götzendienst entweiht, rein dastehen.' Die entseelte Hülle des Märtyrers wird nunmehr begraben; aber sein Tod wirkt mächtig zur Minderung des Götzendienstes, und die Waffe gegen ihn geführt, fällt auf der Verfolger Haupt zurück. Vesta's Heiligthum wird verlassen, die ehemaligen Priester heidnischer Gottheit wandeln zu der Apostel Gräber, Kinder werden von ihren Aeltern Gott geweiht, und das Claudische Haus, das früher seine Glieder der Vesta weihte, betet am Heiligthume des Laurentius an. Prudentius preist die Römer, denen dies vergönnt ist, während ihn und seine Landsleute in Spanien Flüsse und Berge davon trennen. Kaum wisse man es, wie viel der Heiligen und wie viele der Gräber der Märtyrer man in Rom verehre. Ihnen bleibe nur übrig, zum Himmel aufzuschauen, und die Wohnung des Geistes des Laurentius dort zu suchen, wo er als Bürger der ewigen Stadt die Krone trage. Im Geiste preist er den Märtyrer als Consul des himmlischen Rom. Seine Macht daselbst beweisen die Gebetserhörungen an seinem Grabe. Immer möge er den Angehörigen seiner Stadt nahe sein, er möge auch auf ihn, den einfachen Dichter hören, der seine Fehler frei eingestehe, der wohl wisse, dass nur der Märtyrer Fürbitte ihn der Erhörung werth mache. Das Gedicht schliesst mit dieser Bitte für sich selbst:

Audi benignus supplicem
Christi reum Prudentium,
et servientem corpori
absolve vinclis seculi.

Der dritte Hymnus gilt dem Martyrium der heiligen Eulalia. Eulalia ist ebenfalls eine spanische Heilige, aus der Stadt Emerita, das heutige Merida in Lusitanien, an den Ufern des Guadiana, wo sie im Anfang des 4. Jahrhunderts das Martyrium erlitt und ihr Todestag am 9. December gefeiert wurde. Daneben feiert noch Barcellona eine heilige Eulalia am 12. Februar2, von deren Ge

1 Unschwer erkennt man hier dieselben Argumentationen wieder, die bereits gegen Symmachus vorgebracht worden sind. Uebrigens sind die Meinungen ver. schieden, wer gemeint sein könne; die meisten denken an Konstantin, Dressel hingegen an Theodosius, weil von ihm das volle Verbot des Heidenthums ausgegangen sei.

2 Ausserdem wird von dem antwerpener Martyrologium auch eine römische Eulalia am 11. December, und eine Eulalia von Almeria in Spanien am 12. De

beinen die Bollandisten und andere meinten, dass sie nach Italien übertragen worden seien. Die Anhänger derselben behaupteten, dass das Gedicht des Prudentius, die Hauptquelle für diese Heilige, der barcellonischen Eulalia gelte und durch einen aus dem schon im ersten Hymnus von Prudentius beklagten Verluste der Märtyreracten (vs. 73-81) entstandenen Irrthume auf die Eulalia von Emerita übertragen worden sei, indessen existirt dafür kein Grund, ausser der Wunsch von Barcellona, nähere Notizen über ihre Heilige zu besitzen.

ver

Eulalia wird von dem Dichter geschildert als eine zwölfjährige Jungfrau von edelm Geschlechte. Schon als kleines Kind den Spielen der Kindheit abhold, hatte sie auf immer der Ehe entsagt, schmähte Blumen und Putz und lebte in Sitten, wie eine Greisin. Die Verfolgung und der Versuch, die Christen zum Opfer zu zwingen, reizt sie, das Martyrium zu suchen. Ihre Aeltern, die das gefährliche Vorhaben voraussehen, suchen sie in ländlicher Abgeschiedenheit zurückzuhalten, aber sie entfernt sich heimlich zur Nachtzeit und gelangt auf Seitenwegen durch Disteln und Dornen mit blutigen Füssen in die Stadt, von einem himmlischen Lichte geführt, wie die Israeliten von der Feuersäule in der Wüste. Sie drängt sich, sobald sie angekommen ist, zum Richter, gibt sich als Christin an und schmäht die heidnischen Götter und den Kaiser Maximianus, jene als Werk, diesen als Verehrer des Werkes von Menschenhand.,,Möge Maximianus", ruft sie,,,sich durch seinen Götzendienst selber entehren, warum aber quält und tödtet er die Christen ?“ Sei das die Weise eines gerechten und gütigen Fürsten, die Unschuld zu ermorden? Nun möge er denn auch gegen sie wüthen mit Feuer und Schwert, die irdischen Glieder vernichten, die Pein des Leibes werde nicht ins Innere dringen. Der Prätor fühlt Mitleid mit ihrer Jugend und sucht sie zu retten, redet ihr von den Freuden der Ehe, von dem Schmerz ihrer Aeltern, wenn sie sterbe, schildert ihr die Martern der Zerfleischung uud Verbrennung, wenn sie auf ihrem Sinn beharre. Mit der Berührung eines Körnchens Weihrauch, eines Stäubchen heiligen Salzes könne sie der Qual entgehen. Sie

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cember gefeiert. Die letztere ist wol die emeritanische und nur durch eine Verwechselung der Namen Almeria und Emerita entstanden. (Vgl. Vetustius occidentalis eccles. Martyr. Hieronymo attributum, p. 1027.)

entgegnet damit, dass sie dem Prätor ins Antlitz speit, das Götzenbild zerschlägt, das heilige Mehlgefäss mit Füssen tritt. Da befiehlt der Prätor ihr die Brüste und Lenden mit der Klaue zu zerreissen. Sie nennt dies furchtlos eine Schrift Christi, die den Sieg des Herrn verkündige. Die Marter wird gesteigert, in die Wunden werden Feuerbrände gehalten, und ihr damit auch das Haar, das ihren Leib verhüllt, verbrannt. Sie stirbt, und ihre Seele steigt als Taube empor; die Brände verlöschen. Schnee fällt plötzlich auf den Marktplatz nieder. Die Peiniger entfliehen. Prudentius ruft ihr nach:

Cedat amor lacrimantum hominum,

qui celebrare suprema solent,

flebile cedit et officium:

ipsa elementa jubente Deo

exequias tibi virgo ferunt (vs. 181–185).

Der Dichter beschreibt darauf ihr Grab in Emerita und erwähnt namentlich den mit Blumen in musivischer Arbeit gezierten Boden der Kirche, unter deren Altar sie ruht. Es endet der Hymnus mit einer Aufforderung an die Jünglinge und Jungfrauen Emeritas, das Grab mit Blumen zu schmücken, die auch der Winter nicht versage. Er wolle dagegen einen Kranz schwacher und armseliger Verse darbringen. Sie, zu den Füssen Gottes gelagert, sehe auf ihr Volk, ihre Gaben und Gesänge mild herab.

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Der vierte Hymnus ist von wesentlich anderm Charakter, er enthält eine Art von Verzeichniss der Heiligen, die in Spanien, und zwar meist unter Maximianus Herculeus, am Anfange des 4. Jahrhunderts, durch dessen Präfecten Datianus das Märtyrerthum erlitten haben, sowie der Städte, die ihre Asche bergen. Mehrere der hier erwähnten Märtyrer werden dann in besondern Hymnen ausführlicher gefeiert. Die beiden Calagurritaner Hemeterius und Celidonius (vs. 31) sind bereits im ersten Hymnus, die heilige Eulalia (vs. 36—40) im dritten Hymnus besungen worden. Andere, wie Cyprianus (vs. 18), werden im dreizehnten, Fructuosus von Tarraco im sechsten, Vin

Carpite purpureas violas

sanguineosque crocos metite:
non caret his genialis hiems,
laxat et arva tepens glacies,

floribus ut cumulet calathos (201—205).

centius im fünften Hymnus besungen. Die übrigen sind grösstentheils von geringerer Bedeutung, doch haben viele von ihnen in der mozarabischen Liturgie eine Stelle gefunden. Dem ganzen Charakter nach ist der Hymnus von geringerm poetischen Werthe, wenn schon anzuerkennen ist, dass er den spröden Stoff eines Heiligenkatalogs mit grosser Mannichfaltigkeit der Farben behandelt.

Die Anlage ist einfach die, dass die Städte, die die Asche der verschiedenen Märtyrer bergen, an dem Tage des Gerichts mit diesen köstlichen Gaben vor Gottes Thron treten und um dieser Asche willen Vergebung erlangen. Den Preis trägt Cäsaraugusta (Saragossa) mit achtzehn Märtyrern davon. Vorher werden die andern Märtyrer besitzenden Städte genannt. Karthago mit der Asche Cyprian's macht den Anfang1, es folgt Corduba mit Acisclus und Zoëllus und drei „Kronen", von denen unbestimmt ist, ob Männer oder Frauen gemeint sind. 3 Sodann folgt Tarraco mit einem Diadem von drei Edelsteinen, Fructuosus, Eulogius und Augurius 4, darauf Gerunda (Giron) mit den Gebeinen des heiligen Felix 5; darauf Calagurris mit seinen beiden schon im ersten Hymnus

1 Cyprian's Gedächtnisstag war der 14. September, an dem sein Natalis mit dem des Bischofs Cornelius von Rom, der in der Crypte der Lucina im Callistcoemeterium begraben liegt, auch dort gefeiert wurde. Die engen Berührungen Spaniens und Afrikas vermögen wol den Prudentius, den Cyprian unter die spanischen Märtyrer zu zählen. (Vgl. Vetustius occid. eccles. martyrol., p. 828 sq.; De Rossi Roma sotter. crist, Bd. 1, Atl. tav. VI, wo auch das Bild des Cyprian mit dem des Cornelius zusammen dargestellt ist.)

2 Acisclus am 18. November, Zoëllus am 27. Juni gefeiert. Beide fielen in der Diokletianischen Verfolgung. Vom Grabe des erstern werden wunderbare immerblühende Rosen erwähnt, die seine Heiligkeit bezeugen und die an seinem Festtage gepflückt werden. (Martyrol, Roman. und Vestust. orientalis eccles. martyrol. Hieronymo attribut, p. 976.)

3 Tresque coronas (vs. 20). Iso Magister denkt an die Heiligen Faustus, Januarius und Martialis, die allerdings das,,Martyrol. Hieron." als Valentia angehörig anführt (p. 279). Dagegen Ruinart, Acta Martyrum ed. Gallura, III, 242 sq.). Cellarius an die drei Jungfrauen Agape, Chionia und Irene (siehe die Acten derselben Ruinart, Acta Martyrum, II, 400 sq.). Die Bollandisten sehen darin nur die den genannten Märtyrern verliehenen Kronen.

4 Vgl. Hymnus 6.

5 Ein wissenschaftlich gebildeter Mann, der im Anfang des 4. Jahrhunderts in Gerunda den Märtyrertod fand.

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