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Credit zu Gewerbzwecken wird umgekehrt gewöhnlich eine Bereicherung des Creditnehmers zur Folge haben; denn wer Geld borgt, um dasselbe als Unternehmerkapital zu gebrauchen, erzielt dadurch bei richtiger Berechnung einen Profit. 3) Die Creditnahme zum Zwecke des Ankaufs oder der Errichtung eines Werth- oder Sachfonds bewirkt an sich weder einen Anwuchs noch eine Einbusse am Vermögen, sondern lediglich eine Umwandlung desselben. Denn wer z. B. ein Darlehen zu dem Zwecke aufnimmt, um dadurch ein zu verpachtendes Landgut oder eine zinstragende Staatsobligation zu kaufen, um dadurch seine demnächst eingehenden Vermögensmittel jetzt schon in einen Fonds zu verwandeln, der hat einerseits eine Schuldenlast und eine Zinsenlast sich aufgeladen, anderseits aber sein Vermögen um einen fruchtbaren Fonds und um ein Zinseinkommen vermehrt, und folglich sein Vermögen weder vermindert noch vermehrt; er hat nur das Leihkapital, welches sein Creditor in einen fruchtbaren Fonds für sich verwandelte, selbst wieder in einen solchen für sich verwandelt. Mit andern Worten: bei derartigen Geschäftsoperationen hat der Schuldner oft weniger den Gewinn, als vielmehr die Vermögensanlage im Sinne. 4) Wer endlich borgt, um seine Schulden zu zahlen, der bringt dadurch keine Veränderung, nicht einmal eine Verwandlung seines Vermögensstandes zu Wege, sondern er substituirt nur einen Gläubiger an die Stelle eines andern. Das einzige Resultat, das er durch eine derartige Operation bewirkt, ist eine Verschiebung seiner Schulden; die Person seines Gläubigers wird in eine andere umgewandelt.

§. 16.

Wirkungen des Credits.

Wir können uns natürlich hier nur mit den unmittelbaren und wirthschaftlichen Wirkungen des Credits beschäf

tigen; denn die mittelbaren und ausserwirthschaftlichen sind unzählige.*)

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Die wichtigste Frage in dieser Beziehung ist die: kann der Credit die Kapitalien vermehren oder kann er es nicht? John St. Mill1**) beantwortet sie folgendermaassen:,,Wie ,,häufig spricht man von einer Ausdehnung des Credit: als einem Ersatz für die Herbeischaffung von Kapital, gleich ,, als ob Credit in Wirklichkeit Kapital wäre. Es muss befremden, dass es überall nöthig ist darauf hinzuweisen, dass weil der Credit nur die Erlaubniss ist, das Kapital eines ,, Andern zu benutzen, die Productionsmittel an sich durch denselben nicht vermehrt, sondern nur übertragen werden ,,können. Wenn für den Borgenden die Mittel zur Production und zur Arbeitsbeschäftigung durch den ihm gewährten Credit vermehrt werden, so vermindern sich in demselben Maasse die Mittel des Ausleihenden. Die nämliche Summe kann nicht von beiden, sowohl vom Eigner als auch von der Person, der sie geliehen worden, als Kapital benutzt werden; sie kann nicht ihren vollen Werth in Arbeitslohn, ,, Geräthschaften, Stoffen zweien verschiedenen Arbeiter,, personalen auf einmal gewähren." Mill lässt hier unentschieden, von welcher Art Kapitalien er spricht; ob er meint, dass die Unternehmerkapitale oder die Leihkapitale, oder ob beide Kapitalarten durch den Credit nicht vermehrt werden können? Zuerst, wo er sagt:,,die Productionsmittel an sich können durch den Credit nicht vermehrt, sondern nur übertragen werden", sollte man glauben, er spräche blos von den Unternehmerkapitalien, aber gleich darauf sagt er: ,, die nämliche Summe kann nicht von beiden, sowohl vom ,, Eigner als auch von der Person, die sie geliehen, als

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*) Steph. Szechényi, Ueber den Credit. Uebersetzung aus dem Ungarischen, Leipzig 1830.

**) A. a. O. Buch III. Kap. VI. §. 1. S. 545.

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,, Kapital benutzt werden," und das gilt offenbar von dem Leihkapitale.

In Wahrheit kann der Credit weder die Leihkapitale noch die Unternehmerkapitale vermehren, denn er ist, wie wir dargethan (§. 12), eine Circulationskraft und keine Productivkraft. Er kann folglich die vorhandenen Leihkapitale circuliren machen, sie von der Hand einer Person in die einer andern überführen, er kann aber weder die Leih- noch die Unternehmerkapitale vermehren.*)

Wohl aber kann der Credit eine Kapital art in eine andere umwandeln und auf diese Weise eine Kapitalart auf Kosten der andern vermehren. So z. B. wird durch den Credit von dem Unternehmer das Leihkapital in Unternehmerkapital umgewandelt und diese letztere durch die Verminderung der erstern vermehrt. Diese Kapitalumwandlung geht in der Jetztzeit nicht blos durch den Credit der Unternehmer, sondern auch durch den Credit Dritter vor sich. Wenn z. B. der Unternehmer einen Werthfonds, einen guten Wechselbrief auf einen seiner Kunden besitzt und diesen einem Bankier verkauft, discontirt, so ist der Credit eines Dritten zur Umwandlung eines Leihkapitals in ein Unternehmerkapital benutzt worden. Diese nützliche Kapitalumwandlung haben nun viele Oekonomisten als eine neue Kapitalschaffung und als eine Kapitalvermehrung angesehen.**)

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*) Dasselbe sagt Gust. du Puynode (De la monnaie, du crédit. Ch. III. p. 111): Les institutions de crédit sont des institutions ,,de circulation; ce ne sont pas des institutions de production. ,,Quand on a soutenu le contraire, on a méconnu entièrement la nature ,, du crédit et celle du capital."

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**So sagt Coquelin (Du crédit et des banques, Ch. II. §. 2. p. 111): Quiconque a livré des marchandises à crédit devient donc „porteur de billets, et ces billets, il lui suffit de les négocier pour ,, rentrer immédiatement dans ses fonds. Dès lors chacun est maître de recouvrer promptement sous une autre forme les valeurs dont il

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Ebenso kann durch den Credit ein todtes oder müssiges Kapital in ein thätiges, actives umgewandelt werden; aber auch dadurch werden noch keine neue Kapitale geschaffen, werden sie noch nicht vermehrt. Wenn z. B. der Credit gebende Droguist den Färbermeister veranlasst, dass er mehr Farbwaaren kauft, so bewirkt der Credit, dass mehr müssige Farbstoffe, mehr müssiges Kapital vom Lager geräumt und in thätiges umgewandelt wird; er vermehrt aber hierdurch die Kapitale noch nicht der Zahl nach.*)

Diese beiden durch den Credit bewirkten Umwandlungen (nämlich des Leihkapitals in ein Unternehmerkapital und des müssigen in ein thätiges Kapital), die man als eine Vermehrung der Kapitale durch den Credit angesehen, waren die Ursachen, warum man im J. 1819 bei Gelegenheit der Bankfrage in einer von dem englischen Oberhaus gewählten Commission folgende zwei Fragen an Ricardo stellte **):

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a fait l'avance, tandis que celles qu'il a reçues au même titre lui restent jusqu'à l'échéance de ses billets. Ses moyens, ses ressour,, ces, sa puissance productive, s'accroissent par conséquent de toute ,, la somme des avances qu'il a reçues, sans être diminués par celles „qu'il fait lui-même. Il est clair que dans ce système il y a pour ,, chacun un accroissement net de capital, accroissement „égal à toute la somme du crédit qu'on lui accorde."

*) C. Horn (Le crédit populaire, p. 7) will diese Art Umwandlung einer Vermehrung der Kapitale gleichachten: „On peut juger ,, par là combien était mal fondée l'opinion de J. B. Say lorsqu'il disait: » Le crédit ne crée pas les capitaux, c'est-à-dire que si la „, personne qui emprunte pour employer productivement la valeur em,,pruntée, acquiert par là l'usage d'un capital, d'un autre côté, la personne qui prête, se prive de l'usage du même capital. « Cela serait vrai si le prêteur voulait et pouvait lui-même faire usage de la valeur qu'il avance, mais nous venons de voir que les choses ne se passent pas toujours ainsi, et que souvent le prêteur se ,,prive de valeurs qui auraient été inutiles entre ses ,mains."

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**) S. Mac Culloch, Principien der Pol. Econ. P. I. Ch. III. S. auch Wolowski in seinem neuesten Werke: La banque d'Angleterre, p. 31.

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1),,Wissen Sie denn nicht, dass, wenn viele Bestellungen bei den Fabrikanten einlaufen, der Credit, der selbst die Bestellungen erzeugt, auch dem Fabrikanten einen aus,, gedehnteren Gebrauch von seinem Kapital zur Vermeh,, rung seiner Producte zu machen erlaubt ?" Auf diese Frage antwortete Ricardo:,, Es ist mir unbekannt, dass der Credit im mindesten zur Production von Gütern behilflich , zu sein vermag. Güter können blos durch Arbeit, Maschinen und Rohstoffe erzeugt werden, und wenn diese Hilfsmittel irgendwo angewandt werden sollen, so müssen sie nothwendig einem andern Platze entzogen werden. Der Credit ist das von dem Einen auf den Andern übertragene ,, Mittel, das vorhandene Kapital in Thätigkeit zu setzen; der Credit erzeugt kein Kapital, sondern er bestimmt, durch wen das Kapital in Thätigkeit gesetzt werden soll. Die Uebertragung des Kapitals von einer Anwendung zu einer andern kann ebenso nützlich als schädlich sein."

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Bei dieser Frage hatte die Commission offenbar eine Vermehrung des Unternehmerkapitals durch eine Umwandlung des Leihkapitals in dasselbe im Sinne, während Ricardo nur von einer absoluten Vermehrung des Unternehmerkapitals durch die Vermehrung von Kapital gütern (Rohstoffe, Werkzeuge u. s. w.) spricht.

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2) Man fragte Ricardo weiter:,, Kann denn ein Privatmann nicht durch die Garantie seines vortheilhaft angewandten Kapitals, wie etwa die Anlage in Landgütern, bei einer Bank Credit erhalten und kann er dann nicht durch diesen Credit eine grössere Quantität Maschinen und Rohstoffe kaufen oder erzeugen, eine grössere Zahl Arbeiter unterhalten, ohne das Kapital, welches bereits im ,, Lande eine Anwendung gefunden hat, zu depla,,ciren?"

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Auf diese zweite Frage war die Antwort Ricardo's folgende:,,Dies ist unmöglich; eine Person kann wohl durch

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