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indem ohne das Kapital in Geldform, wie wir bereits erwähnt, die erste Function desselben gar nicht wirksam werden kann.

§. 7.

Nutzen des Unternehmerkapitals ins Besondere.

Im Stadium der Naturalwirthschaft, wo noch kein Unternehmerkapital besteht und jeder nur für seine eigenen Bedürfnisse producirt und alle seine Bedürfnisse selbst produciren muss, wird jeder Einzelne seinen Antheil an den drei Güterquellen der Nation nicht weiter, als sein Bedürfniss es erfordert, benutzen wollen. Das Brutto- oder rohe Gütereinkommen der Nation wird deshalb noch sehr klein sein. Weil ferner der einzelne Wirthschafter das rohe Einkommen nicht blos erzeugen, sondern es auch noch zu Gewerks- und Consumtionsgütern verarbeiten muss, wird bei der offenbaren Unzulänglichkeit der ihm zu Gebote stehenden Kräfte und Kenntnisse die Zahl, Qualität und Mannigfaltigkeit der Gewerksgüter sehr klein und in Folge hiervon auch das Netto- oder reine Einkommen, oder der Consumtionsvorrath der Nation sehr gering und dürftig sein und sich nur auf wenige Species beschränken. Ganz anders bei der Geldwirthschaft, wo das Unternehmerkapital zur Geltung kommt. Da wird die nationale Production überhaupt drei Richtungen annehmen, nämlich die zur Gewinnung von Rohstoffen (Bergbau und Fischerei), zur Erzeugung von Rohstoffen (Ackerbau und Viehzucht) und zur Umbildung, Formirung von Rohstoffen (Fabrication). Jede dieser Productionsarten wird sich in Unterabtheilungen (Gewerbe) theilen; die einzelnen Gewerbe selbst wieder werden sich in verschiedene Gewerbs zweige von einander abscheiden oder der Art mit einander in Verbindung stehen, dass das eine für das andere arbeitet, dass das eine Rohstoffe für das andere producirt, woraus dieses andere selbst wieder ein

Halbfabrikat für ein anderes Gewerbe macht und dieses ein fertiges Product daraus herstellt. Schliesslich entwickeln sich die einzelnen Gewerbszweige selbst in vielen Unternehmergruppen mit einem Unternehmer an der Spitze. Durch diese letztere Einrichtung namentlich ist der grosse Nutzen einer gut gegliederten und geordneten Production gewonnen. Ohne Unternehmergruppen und ohne Unternehmerkapital hätte jeder Gewerbszweig durch Productions-Compagnien, wie in Frankreich im Jahr 1848 in nationalen Werkstätten, oder wie nach Considérant *) in Phalansteren von Staatswegen, und zwar zum grossen Nachtheil der nationalen Production, vor sich gehen müssen. Durch das Unternehmerkapital also werden die Productionskräfte bedeutend über das Maass der im Stadium der Naturalwirthschaft vorhandenen erweitert; das Nationalkapital selbst, das Brutto- und Nettoeinkommen und die Gewerksgüter der Nation werden vermehrt, verbessert und vervielfältigt. Einen andern Nutzen des Unternehmerkapitals für die Nation aber gibt es nicht. Es hat das Nationalkapital nicht ersetzt, sich ihm nicht substituirt, auch die Natur desselben nicht geändert, sondern ist nur das Mittel zu seiner vortheilhafteren und ergiebigeren Benutzung als nationale Güterquelle; es hat vielmehr seine ganze Wirksamkeit gerade dem Nationalkapital zu verdanken, und nicht dieses die seinige dem Unternehmerkapital. Wenn dieses für die Nation wichtig ist, so ist ihr jenes geradezu unentbehrlich.

Anders im Verhältniss zum einzelnen Unternehmer. Ihm leistet sein Kapital den Dienst, dass er dadurch ein neues Wertheinkommen, einen Kapitalgewinn, sich aneignet; während es für die Gesammtheit eine schon früher bestandene Einkommenquelle nur verbessert, schafft es für den Unternehmer eine für ihn neue, eine noch nicht vorhanden gewesene.

*) Destinée sociale, Part. II. Liv. III. Ch. I.

Der nationale Nutzen des Unternehmerkapitals entspringt daher aus der Function der das Kapital repräsentirenden Güter, aus der Production besserer Qualität und grösserer Quantität wirthschaftlicher Güter; des Unternehmers Nutzen aber rührt nicht von der Function der Kapital bildenden Güter, sondern von der des Kapitalwerthes, von dem abstracen Werthstamm her. Denn da derselbe nur ihm allein und nicht auch seinen Arbeitern das Privilegium schafft, eine Unternehmergruppe zu errichten, befähigt er ihn, aus diesem seinem Vorrechte einen Gewinn, einen Kapitalgewinn zu ziehen.*)

Wenn daher die Productivität der Kapital bildenden Güter noch so sehr gegen früher vermehrt wird, so wird dies nur einen grössern nationalen Nutzen, aber keine Gewinnvermehrung für den Unternehmer zur Folge haben. Wenn dagegen die Zahl der Unternehmer sich vermindert und hierdurch alle Güterpreise steigen, dann wird das Privilegium, eine Unternehmergruppe bilden zu können, um so wichtiger werden, und der Kapitalgewinn wird hierdurch steigen, wenn auch der nationale Nutzen sich verringert.

§. 8.

Von der Enstehung, Vermehrung oder Verminderung und von der Grenze des National- und Unternehmerkapitals.

Das Nationalkapital entsteht durch Erzeugung, das Werthkapital durch Ersparung. Jenes entsteht durch Erzeugung sich selbst wieder erzeugender Güter; dieses durch Ansparung von Güterwerthen zu Erwerbszwecken.

Freilich ist jenes ursprünglich, wie auch die Güterbasen,

*) Der Arbeiter kann folglich kein Kapital besitzen. Dagegen sagt Schäffle (Die Nationalökonomie, §. 117. S. 164): „Auch der gemeine Taglöhner hat in der Kleidung, ohne welche er nicht arbeiten ,, kann, sein Güterkapital und bedarf eines Werth- (Geld-) Kapitals, wären es auch nur wenige Groschen."

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freigebig von der Natur selbst geboten, aber sein späteres Bestehen und Fortbestehen hat es neben der menschlichen Pflege nur seiner Selbsterzeugung zu verdanken. So wird die Saatfrucht periodisch stets wieder durch sich selbst erzeugt, während der fruchtbare Boden, die Kohlengruben u. s. w. nur der einmaligen Schöpferkraft der Natur ihr dauerndes Dasein verdanken, und hierin unterscheidet sich das Entstehen des Nationialkapitals von dem der Güterbasen. Seine Entstehung unterscheidet sich ferner von der der Gewerksgüter, dass diese weniger durch Erzeugung, als vielmehr durch Formveränderung, also nicht selbstständig, sondern erst aus dem Roheinkommen der Güterquellen entspringen.

Die Entstehung der Werthkapitale durch Werthersparung geht vor sich, indem man kleinere Werththeile zu einem grössern Werthstamm concentrirt und ihn werbend anwendet. Die Werthconcentration ist dabei nicht minder wichtig, als die Ansparung selbst. So z. B. können die Arbeiter durch einzelne periodisch gemachte Ersparnisse selten ein Kapital erwerben oder Unternehmer werden.*)

Die Vernichtung des National- und die des Werthkapitals geht, ihrer Entstehungsart entsprechend, auf verschiedene Weise vor sich: nämlich die des Nationalkapitals, wenn die sich selbst wiedererzeugenden Güterstämme als Consumtionsvorräthe verwendet oder sonst zerstört werden. Ein Werthkapital aber wird schon vernichtet, wenn der Unter

*) Die Vermengung beider Kapitalarten ist die Ursache mancher incorrecten Ansicht über die Entstehung des Kapitals. So z. B. sagt Ad. Smith (II. Ch. III. p. 105):,,Nur Sparsamkeit und nicht Gewerb,,thätigkeit ist die unmittelbare Ursache der Kapitalvermehrung." Dagegen Gerstner (a. a. O. S 7) mit mehr Rücksicht auf das Naturalkapital:,, Die Sparsamkeit setzt bereits entstandene Güter voraus, sie ,,selbst kann nichts entstehen lassen, sondern nur erhalten. Als die unmittelbare Entstehungs- und Vermehrungsursache kann nur ,,Fleiss und Betriebsamkeit betrachtet werden."

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nehmer seine Kapital bildenden Güter veräussert und hierdurch seine Unternehmergruppe auflöst, oder wenn er diesen Werthstamm in Consumtionsvorrath umsetzt und ihn als Einkommenquelle vernichtet.*)

So lange das Kapital einer Nation noch fortbesteht, und mögen auch alle Arten Gewerks- und Consumtionsgüter derselben geraubt, geplündert oder vernichtet werden, kann sie doch, weil ihre Güterquelle noch fortbesteht, bald wieder zu Wohlstand und Blüthe gelangen. Die Ursache dieses Phänomens ist aber nicht, wie Mill**) meint:,„, weil, was der Feind zerstört hat, binnen kurzer Zeit auch von den ,, Einwohnern selbst vernichtet worden wäre", sondern die, weil durch dergleichen Vernichtungen noch keineswegs ihre

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*) Die von den Nationalökonomen unterlassene Unterscheidung beider Kapitalarten war die Ursache der Meinungsverschiedenheit über die Kapitalvernichtung. So z. B. sagt A d. Smith (II. p. 107):,, Indem ,, der verschwenderische Unternehmer den zum productiven Arbeiter,, unterhalt bestimmten Fonds vermindert, vermindert er nothwendig ,, auch, soweit es ihn betrifft, diejenige Arbeiterzahl, welche den ,, Werth der von ihnen verarbeiteten Objecte erhöhen, und vermindert ,folglich den ganzen Werth des jährlichen Products des Bodens und der Arbeitskräfte des ganzen Landes, welche den wahren Reichthum und das Einkommen seiner Einwohner bilden." Ad. Smith meint hier offenbar, dass durch eine unfruchtbare Consumtion des Kapitalwerths von Seiten des Unternehmers seine Unternehmergruppe vernichtet würde. Dagegen erwidert ihm Dietzel (System der Staatsanlehen, S. 44), der mehr die Kapital bildenden materiellen Güter imAuge hat: Es kann überhaupt meistens gar nicht von unmittelbarer Consumtion der neuen Güter die Rede sein, die Kapital werden sollen. Wenn z. B. ein Landmann sich einen Pflug hergestellt hat, wie kann er diesen consumiren? Er kann ihn weder essen, noch , sich damit bekleiden, noch auch ihn zu seinem Vergnügen, etwa als Equipage benutzen u. s. w." Und weiter (S. 45) heisst es: „Der Einzelne kann wohl ihren Werth consumiren vermittelst des Tauschwerthes; aber für die Volkswirthschaft werden sie deshalb noch ,, nicht zu Genussgütern, sondern bleiben Kapital, wenn sie nicht ,, physisch untergehen."

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**) a. a. O. Buch I. Kap. V. §. 7.

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