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Diese periodisch ab- und zuströmenden Geldquellen ermöglichen erst den grossartigen Bankverkehr. Das angesparte Betriebskapital der Banken aber, bestehe es in Privatvermögen des einzelnen Unternehmers, oder in den Einzahlungen der Actionäre in die Gesellschaftsbank, reicht nur für die ersten Bankoperationen, aber nicht dauernd für dieselben aus. Dagegen alimentiren sich die Geldquellen der zweiten Hauptart der Creditinstitute nur in den neu wieder angesparten und zu stetem Ausleihen bestimmten Geldern, oder von solchen, die von ihren Eigenthümern die Bestimmung erhalten, dass, um ein müssiges Zinseinkommen und stets ein solches Einkommen durch sie zu erhalten, sie auch stets zum Ausleihen (nicht auch zum eignen Gebrauch, als Unternehmerkapital) dienen sollen. Die Geldquellen der dritten Art Creditinstitute sind endlich solche Gelder, deren Besitzer nicht auf einen Profit oder Zins, sondern auf den in Aussicht stehenden aleatorischen Gewinn reflectiren.

4) In Betreff der Garantien arten. Die erste Art Creditinstitute verlangt für ihre Darlehen als Garantie eine oder mehrere Bürgschaften, eine oder mehrere gute Unterschriften, wie die Discontobanken, oder auch Faustpfänder, wie die Pfandleihanstalten. Die zweite Art der Creditinstitute, wie etwa die landschaftlichen Creditvereine und Hypothekenbanken, verlangen ein unbewegliches Unterpfand. Bei der dritten Art aber, wo die Anstalt immer Schuldner, nie Gläubiger ist, können natürlich nur die Kunden oder Interessenten eine Sicherheit verlangen, die dann nur in der Solidarität der Anstalt und der Oeffentlichkeit ihres Gebahrens, im Ansammeln eines Reservefonds, in periodischer Revision durch einen Ausschuss der Interessenten und endlich in deren persönlicher Haftbarkeit und in dem Besitze eines grossen Actienkapitals, als entsprechende Garantie für etwa vorkommende ausserordentliche Verluste, besteht.

5) In Betreff ihres nationalen Nutzens. Die

erste Hauptart der Creditinstitute erhält die Production und Consumtion im Gange und hindert, dass sie nicht durch augenblicklichen Geldmangel in Stockung gerathe. Die zweite Art Creditinstitute beschränkt sich nicht auf diese negative Thätigkeit, sondern sie fördert durch ihre unaufkündbaren und langfristigen Geld leihen die Vermehrung der Production und des Handels dadurch, dass sie es dem Grundbesitzer möglich macht, sein Gut zu verbessern, dem Fabrikanten, seine Production zu vergrössern, und sie fördert auch die nützliche Consumtion, indem sie es der Staatsregierung ermöglicht, sehr grosse Anlehen zu einem Vertheidigungskriege aufzunehmen. Die dritte Art Creditinstitute aber bezweckt nur den Nutzen des Einzelnen, nicht die Bereicherung der Gesammtheit. Der Lebensversicherer hat nur einen Privatnutzen, das Wohl seiner Familie im Auge; die Gläubiger der Wittwen- und Waisenkassen wollen ihrer Familie` nützlich sein; der Leibrentenbesitzer und der Tontineninteressent denken endlich nur an den Nutzen für ihre eigene Person, u. s. w. Daher kommt es, dass Viele diese Art Anstalten geradezu für gemeinschädliche Unternehmungen gehalten haben und noch halten.

§. 42.

A. Von den die allseitig bestimmte Geldleihe vermittelnden Creditinstituten insbesondere.

Das bisher über die Creditinstitute Gesagte würde höchst unvollständig sein, wenn wir nicht das Gebahren der Creditinstitute in ihrer Beziehung auf die einzelnen Verhältnisse zeigten, wornach sie sich in Unterarten theilen. Die Creditinstitute der ersten Hauptart, die nur Geldleihen mit bestimmter Verfallzeit vermitteln, sind schon allein heutigen Tages in ihren Functionen und für die verschiedenen Bedürfnisse höchst vielgestaltig unterschieden. Ein Theil dieser

Institute beschäftigt sich hauptsächlich mit der Discontirung von Wechselbriefen, ein anderer mit der Beleihung von Faustpfändern. Dem entsprechend zerfallen diese Anstalten der ersten Hauptart in Disconto banken und in Leihbanken (Lombardanstalten). Die Disconto banken kaufen Wechselbriefe, also bereits errichtete Werthfonds, während die Leihbanken erst solche errichten (§. 9). Beide benöthigen wieder für die Bedürfnisse der verschiedenen Klassen der Bevölkerung verschiedene Einrichtungen; so z. B. bedarf der Handelsstand, die Staatsregierung und der bemittelte Handwerker- oder Arbeiterstand dreier verschiedenen Arten der Disconto banken, nämlich: Handelsbanken, Staatsbanken und Volksbanken (Genossenschaftskassen). Betreffs der Leihanstalten treten dem entsprechend die Handelsleihanstalten und die Volksleihanstalten (Pfandanstalten) hervor und kommen dazu die Sparkassen. Diese sechs Gestaltungen bedürfen einer besondern Betrachtung.

§. 43.

a. Handelsbanken (banques de commerce).

Wie bemerkt, besteht die Aufgabe der Handelsbanken darin, durch Discontirung von Wechseln die Geldbedürfnisse der Industrie und des Handels zu unterstützen.

In der Natur des Wechsels liegt nach Usanz und Gesetz, dass er eine bestimmte Valuta und Verfallzeit ausdrückt. Die Discontirung dieser anmit kurzfristigen Titel ersetzt die Geldleihe. Die Function der Handelsbanken ist also Vermittlung der allseitig bestimmten Geldleihe für Handel und Industrie, und mit Rücksicht darauf hat man besonders die Disconto banken im Auge, wenn man von Handelsbanken redet.

Der Wechselverkehr in seiner Entwicklung durch das Discontogeschäft ist ein Product der Neuzeit. Bankiers

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mögen die alten Griechen schon gekannt haben; wie bedeutend deren Geschäfte waren, zeigt Pasion's,, grosses Vermögen, ,, dessen Wechselbank jährlich hundert Minen reinen Ertrag gab "*); aber Disconto banken kannten sie nicht, weil man den Wechselbrief noch nicht kannte.

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Im Mittelalter vermittelten zwar die Tempelritter vom zwölften bis zum vierzehnten Jahrhundert die Geldgeschäfte zweier Welttheile, die Asiens mit Europa, liehen Fürsten wie Privatleuten, besorgten sogar auswärtige Zahlungen durch Wechselbriefe **), jedoch das Discontogeschäft war ihnen fremd und ist erst mit der Errichtung der englischen Bank im Jahr 1694 zu besonderer Bedeutung gediehen.***)

Der Nutzen der Disconto banken ist ein verschiedener: dem Wechselverkäufer sind, sie nützlich, weil, ohne selbst Credit zu besitzen, seiner Geldnoth abgeholfen wird; der Bank, weil sie dadurch eine Provision gewinnt; der Nation, weil sich dadurch die Production und Consumtion im Fluss crhält. Zur Ausdehnung derselben aber können jene Banken nicht behilflich sein, weil sie, wie bereits erwähnt, nur kurzfristige Papiere discontiren, nur auf kurze Zeit Geld leihen, was zur Geschäftserweiterung nicht dienlich ist.

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Im Discontogeschäft vollzieht sich der Ankauf von bereits errichteten Werthfonds, und insofern sind die Handelsbanken

*) Böckh a. a. O. Kap. I. §. 22. S. 140. Maclead (a. a. O. I. Ch. VII. §. 15 und 16) will von Cheques, Bankiers und Wechselbriefen der Römer wissen.

**) Noiron, Des banques en France, Ch. II.

***) Villiaumé, Traité d'écon. pol. T. I. Ch. IV. §. 3. p. 173. — Bis zum Jahre 1826 war das Discontogeschäft in England insofern Monopol der Bank von England, als ausser ihr keine Bankgesellschaft mit mehr als sechs Theilhabern (joint stock bank), im Gegensatz zu den Privatbanken, zur Betreibung dieses Geschäftszweigs gegründet werden durfte. Im Jahr 1826 wurde dies Privilegium auf den Umkreis von 65 Meilen um London herum beschränkt und erst im Jahr 1833, bei Gelegenheit der Erneuerung der Bank-Charte, wurde es vollends aufgehoben.

allerdings Käufer, Werthfonds-Käufer. Sie sind aber auch noch Leiher, weil sie zu diesem Zwecke Geldlehen, Depositen, von Rentnern annehmen und sie den leihbedürftigen Wechselverkäufern in der Form eines Kaufpreises überliefern. Ausserdem werden sie dadurch zu Leihvermittlern, dass sie oft, wie die Escompteanstalten, die discontirten Wechsel wieder weiter discontiren. Sie sind eine Unternehmung und ihr Kapital ein Unternehmer- und kein Rentnerkapital, auch ist ihr eigenes Kapital gewöhnlich im Verhältniss zu ihren Geschäften unbedeutend, und man kann sich sogar eine Handelsbank ohne alles eigene Kapital denken.

In Beziehung auf den Betrag der Discontirungen richtet sich ihre Wirksamkeit nach ihren Mitteln und der örtlichen Ausdehnung ihres Verkehrs; die Gesellschaftsbanken werden grössere Beträge als die Privatbanken discontiren und Banken der Hauptstädte grössere als die der Provinzialstädte; die grössten und meisten aber die Centralpunkte des Welthandels; so z. B. werden in London die amerikanischen Wechsel discontirt, die wegen der, in kleinen Räumen im grossen Werthbetrage versendbaren Baumwolle oft auf sehr grosse Summen lauten, gleichwie die Tratten auf Ostindien.*)

Die Handelsbanken selbst unterscheiden sich als Privatbanken und Gesellschaftsbanken, Stadtbanken und Provinzialbanken. Die Privatbanken bilden oft die Kundschaft der Gesellschaftsbanken, wie die Detaillisten die Kundschaft der Grosshändler bilden.

Die Kundschaft selbst dieser Banken ist ebenfalls verschieden und zwar der Qualität nach. Die erste Qualität besteht in solchen Häusern, die das Kapital der Bank nur selten oder gar nicht beanspruchen und mehr Depositen der Bank vorschiessen, als sie durch ihre Discontirungen

*) S. Die Lehre vom Wechselcurs; aus dem Englischen übersetzt von Schübler, S. 13.

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