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der Unternehmer über die Productionskosten als Wertheinkommen empfängt, bildet blos für ihn, aber nicht für die Nation überhaupt, die ihren Reichthum nicht durch grössern Tauschwerth vergrössert, ein Einkommen.

3) Bei dem Naturalkapital bildet der aufrecht erhaltene Güterstamm, bei dem Unternehmerkapital aber der aufrecht erhaltene Werthstamm das Wesentliche. Dieser Werthstamm wird zwar seiner Form nach von dem Unternehmer stets vernichtet, da aber der Tauschwerth der in der Production vernichteten Güter und Dienste gleichzeitig in das erzeugte Product übergeht und durch den Verkauf derselben wieder erworben wird, so ist das Wesen des Unternehmerkapitals stets aufrecht erhalten oder stets wieder erworben. *)

Insofern nun die Werthkapitale werbend sein müssen, gibt es selbst bei dem Kapitale der Unternehmer kein Nutzoder Zehrkapital; denn was zur Nutzung oder Verzehrung dient, das leistet keinen Erwerbdienst. Da ferner ein Werthkapital der Form nach sich stets vernichtet und demnächst - mit einem Einkommen wieder entsteht, so kann man ein Talent, oder eine Fähigkeit, wodurch sich jemand ein Ein

*) Nicht immer haben die Nationalökonomen das Nationalkapital vom Privatkapital, das productive von dem erwerbenden unterschieden. So z. B. Kosegarten (Geschichtliche und systemat. Uebersicht der Nationalökonomie S. 104.):,, Das Kapital eines Volkes (Nationalkapital) ,, ist derjenige Theil des beweglichen Volksvermögens, welcher zu ,, Zwecken entweder der Production oder des von andern Völkern ab,,zuleitenden Erwerbes bestimmt ist."

Doch haben auch Viele den Mangel der Auseinanderhaltung beider Kapitalarten gerügt, so z. B. Schön (a. a. O. Kap. II. §. 3. S. 48. Anm.),, Leider", sagt er,,,gab Ad. Smith Veranlassung zu der un,, gebührlichen Ausdehnung des Kapitalbegriffs, indem er (II. 9) das ,,Nationalkapital die Summe der Privatkapitalien nannte; der Private ,, nennt aber selbst Zunftrechte Kapital." (S. auch List, Das nationale System der politischen Oekonomie, K. XIX. S. 322.)

kommen verschafft, noch kein Kapital nennen, und ebenso wenig ein Handels-Privilegium. *)

Dagegen können alle werthvolle werbende Güter, namentlich alle Maschinen und Werkzeuge, deren Werth-Deteriorationen durch den erlösten Preis für die durch sie erzeugten Producte wieder erworben wird, allerdings Unternehmerkapital werden.

Die Unternehmerkapitale bildenden Güter unterscheiden. sich aber von den das Nationalkapital bildenden wesentlich darin, dass diese nothwendig Productionsgüter sein müssen; die das Unternehmerkapital bildenden Güter dagegen, auf deren Form, Materie und Eigenschaften es gar nicht ankommt und deren Erwerbdienst und Tauschwerthgrösse das Wesentliche an ihnen ist, können aus allen Arten Güter bestehen. Nicht blos Productions-, Transport- und Conservationsgüter, sondern selbst Consumtionsgüter können Theile des Unternehmerkapitals sein; so z. B. dient dem Bäcker das Backwerk selbst als Kapital. Güter also, die der Nation überhaupt als Consumtionsvorrath dienen, werden den Privatpersonen, den Unternehmern zu einem Kapital. Dies setzt allerdings zweierlei voraus: dass nämlich der Unternehmer diese Güter zu seiner Unternehmung, zum Einkommenerwerb, und nicht zur eignen Consumtion bestimmt, und zweitens, dass dieselben einen Tauschwerth besitzen. Denn wenn werthlose Güter von Unternehmern, wie der Sand von den Glasfabrikanten, in ihrem Gewerbe gebraucht werden, so bilden sie doch keinen Kapitaltheil derselben.

Aus dieser Verschiedenheit der Gesichtspunkte erklärt sich, warum die Unternehmer den fruchtbaren Grund und Boden, der für die Nation eine besondere Güterquelle (die Güterbasen) bildet, als Kapital ansehen.

*) J. B. Say (Cours, Ch. XI. p. 144) aber meint:,, Une capacité „, acquise, un talent, peut être assimilé à un capital productif d'utilité ou d'agrément."

Eine Geldsumme bildet, wenn sie als werbender Werthstamm fungirt, ein Unternehmerkapital, nicht aber, wenn sie als Dahrlehen angelegt ist. Im letztern Falle ist sie nur Rentnerkapital; niemals aber kann sie Nationalkapital werden. *)

Es bedarf ferner wohl keines Beweises, dass nur Privateigenthum bildende Güter, und nicht National- oder Gemeindegüter, Privatkapitalien oder solche der Unternehmer zu werden befähigt sind.

Das Nationalkapital entsteht durch Erzeugung, das Unternehmerkapital aber durch Ersparung. Wer Unternehmer werden will, muss sich von seinem Arbeitslohn, oder Zins, oder von seinem sonstigen Einkommen einen Werththeil zur Ansammlung eines Werthstammes absparen.

Der Zweck des Kapitals überhaupt ist die Erlangung eines freien Einkommens als Consumtionsvorrath. Das Nɛtionalkapital erreicht diesen Zweck durch seine Mehrproduction, indem es mehr Güter erzeugt, als der Güterstamm ursprünglich betragen hat; das Unternehmerkapital aber durch einen Mehrerwerb, indem es von Dritten eine grössere Werthgrösse, als sein verbrauchter oder veräusserter Werthstamm betragen, wieder erwirbt. Die Productionsgüter werden also für den Unternehmer nicht schon dadurch zum Kapital, weil sie productiv sind, weil sie neue Güter erzeugen, sondern nur insofern, als sie einen Mehrwerth für ihn erwerben. Dies ist so wahr, dass wenn ein Producent das doppelte Güterquantum selbst, aber nur dieselbe Werthgrösse gegen früher erzeugt hätte, er seinem

*) S. Rau, a. a. O. §. 128, Anm. a.

Kapitale deshalb noch keineswegs eine grössere Productivität zuerkennen würde. Die Productionsgüter haben demnach durch ihre verschiedenen Zwecke für die einzelnen Producenten und für die Nation überhaupt eine verschiedene Bedeutung; für die letztere werden sie durch materielle. Gütererzeugung, für die einzelnen Unternehmer aber durch den Erwerb abstracter Werthe nützlich.

Die Consumtion oder Deterioration und die Wiederergänzung des Nationalkapitals geht auf ganz andere Weise, als die des Unternehmerkapitals, vor sich. Das Kapital der Nation, wie Viehheerde und Saatfrucht, deteriorirt oder vernichtet in seiner Gütereinkommen-Erzeugung eine Materie, nämlich Productionsgüter, und ergänzt auch nur die abgenutzte oder vernichtete Gütermaterie wieder; bei dem Unternehmerkapitale aber vernichtet sich entweder gar keine Gütermaterie, oder es ist doch nur der in der Materie enthalten gewesene und vernichtete Tauschwerth, was der Unternehmer von seinem Standpunkte als eine Kapitalvernichtung ansieht. Auch wird eine solche Werthvernichtung später durch den Verkauf und Preiserlös wieder erworben und ergänzt. Diese Consumtion geht aber nicht nothwendig mit einer Werthvernichtung und die Wiederergänzung nicht nothwendig mit einer Wiedererzeugung des Werthes vor sich, wie etwa der Mehrwerth des erzeugten Waizens dem Unternehmer den vernichteten Werth der consumirten Saatfrucht, der consumirten Arbeit und des consumirten Pfluges ersetzt, sondern schon eine Werthentäusserung bildet eine Werthconsumtion, und schon eine Wertherwerbung eine Wiederergänzung derselben. So z. B. sieht der Detailhändler schon die verkauften oder veräusserten Waaren als eine Kapitalconsumtion an. Ebenso besteht die Wiederergänzung für den Unternehmer nicht nothwendig in einer Wertherzeugung, sondern schon in einer Wertherwerbung. So betrachtet der Detailhändler seine Geld

einnahme schon als eine Ergänzung seines durch Waarenverkauf verminderten Werthkapitals. *)

Das Nationalkapital vergrössert sich, wenn der productive Güterstamm sich vergrössert; das Werthkapital, wenn der werbende Werthstamm an Werthgrösse zunimmt.

Ebenso sieht die Gesammtheit ihr Einkommen vergrössert, wenn ihre drei Güterquellen mehr Güter als früher einbringen; der Unternehmer dagegen, wenn sein werbender Werthstamm eine grössere Tauschwerthgrösse wie früher als Einkommen erzeugt. Eine Nation ist nicht blos reicher an Kapital, je grösser ihr Güterquantum, sondern auch je vielfältiger die Species derselben sind. So z. B. hat das europäische Kapital durch Verpflanzung der Kartoffel mit der Entdeckung Amerikas sich vergrössert.

Es kann eine Vergrösserung des Nationalkapitals und dadurch des Nationaleinkommens vor sich gehen, ohne eine Vergrösserung des Unternehmerkapitals oder des Unternehmereinkommens hervorgerufen zu haben. Wenn z. B. in diesem Jahre die Nation das Quantum ihrer Saatfrucht verdoppelt, so hat sich dadurch das nationale Kapital und das nationale Einkommen gegen früher vergrössert; wenn aber gleichzeitig der Saatfruchtpreis zur Saatzeit und zur Erntezeit um die Hälfte gegen früher gesunken war, so hat der einzelne Ackersmann weder ein grösseres Kapital als früher seiner Unternehmung gewidmet, noch ein grösseres Wertheinkommen geerntet. Das Nationaleinkommen kann also steigen, während das Unternehmereinkommen sich vermindert. **)

*) Anderer Ansicht ist J. B. Say (Cours, Partie I. Ch. X. p. 129 u. 130). Er ist deshalb gezwungen, eine exportirte Waare als eine Waarenconsumtion für die Nation zu betrachten.

**) Im Jahr 1825 sanken in Folge der sehr ergiebigen Fruchternte zum Schaden der Landgutbesitzer die Fruchtpreise so sehr, dass sie nicht allein ihr ganzes Einkommen einbüssten, sondern auch noch einen grossen Theil ihres Kapitals selbst verloren und Viele dadurch ruinirt wurden.

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