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Wo bleiben die Vertreter der Industrie? So muß man fragen, wenn man die Kandidaten ansieht, die nach den derzeitigen Aussichten vom Wahlkreis Baden zur deutschen Nationalversammlung gewählt werden. Es sind vermutlich: 5 Juristen, 1 Redakteur, 1 Professor, 4 Arbeitersekretäre, 1 Landwirt, 1 Arbeiter und nur ein einziger Industrieller. Für Pforzheim, das seither durch einen Bijouteriefabrikanten im Reichstag vertreten war, ist dieser Umstand nicht erfreulich. Ein Vertreter der hiesigen Industrie ist zwar auf dem demokratischen Wahlzettel aufgestellt. Er steht aber erst an achter Stelle und hat keine Aussicht, gewählt zu werden. Auch unter den Wahlvorschlägen der anderen Parteien steht kein Pforzheimer an aussichtsreicher Stelle, sodaß unser für die deutsche Volkswirtschaft so wichtiger Ort in der deutschen Nationalversammlung leider unvertreten sein wird." Was hier beklagt und gefordert wird, das beklagen und fordern wir für das ganze Edelmetallgewerbe, dem es nicht besser geht als der Pforzheimer Industrie an sich. Und haben wir vor Kurzem die Notwendigkeit des restlosen politischen Einsatzes aller unserer Kräfte für Bestehen und Fortschritt unseres Gewerbes klargemacht, so mahnen wir unsere Freunde heute von neuem, nicht zu ruhen, bis diejenigen Kräfte und Einflüsse in der politischen Arena auftreten, welche uns nützen können und wollen. H. Bick.

Der

Deutschland und England.

er Krieg ist vorüber. Die englische Fachzeitschrift, aus der wir unsern Lesern auch während des Krieges regelmäßig Auszüge übermitteln konnten, die ein Bild der Stimmung jenseits des Kanals gaben, feiert dies Ereignis in der uns jetzt zugegangenen Dezember-Nummer natürlich in ihrem Sinne und wir glauben, dem Leser der Deutschen Goldschmiede-Zeitung einen Dienst zu tun, wenn wir ihm übersetzen, was der Herausgeber des „Watchmaker" bei dieser Gelegenheit zu sagen hat. Er äußert sich, wie folgt, im Leitartikel: „Der Krieg hat in einer fast so tragischen Weise geendet, wie er begonnen hatte. Uns gehört der Tag. Durch lange Tage des Leidens und der Spannung haben wir gearbeitet und gewartet gearbeitet daheim und gekämpft in drei Weltteilen für die Freiheit der Völker. Das Ergebnis unserer Anstrengungen müssen wir noch abwarten und noch einmal möchte ich meinen Lesern zurufen: Unsere Taten verpflichten uns! Unsere Soldaten besetzen deutsches Gebiet, die großen Kriegsschiffe sind uns ausgeliefert worden, und das sind zwei Dinge, die wir immer erwartet haben. Am Anfang des Krieges habe ich immer dargelegt, daß wir zu unserer Flotte Vertrauen haben könnten und sie hat uns nicht enttäuscht. Während wir zu Weihnachten die Gläser zum Ruhme unseres tapferen Heeres erklingen lassen, wollen wir nicht die ruhmreichen Toten vergessen, die das höchste Opfer gebracht haben, damit wir lebend die Früchte der Freiheit genießen können. Wir sind es den Toten schuldig, daß wir von dieser Freiheit den möglichst besten Gebrauch machen. Wir können dies einzeln und in der Gesamtheit tun, indem wir jede Gelegenheit ergreifen, um das Glück und den Fortschritt der Menschheit zu fördern. Bei diesem Gedanken dürfen wir nicht vergessen, welcher Schatten von den Hunnen und ihren Verbündeten über die Erde verbreitet worden ist, und frei von Rachsucht gegen unsern besiegten Feind — wie es einem Sportsmanne geziemt müssen wir dafür sorgen, daß er die Tatsache für lange Zeit anerkennt, daß er die Strafe für seine Untaten bezahlen muß. Zweifellos wird er wieder über unsere Schwelle treten und uns seine Hand reichen, um wieder Geschäfte

mit uns zu machen, aber wir müssen aus Gerechtigkeit gegen die von ihm so schlecht behandelten Verbündeten und gegen uns an unsere Pflicht denken, daß Gerechtigkeit geübt werden muß! Wir wollen die im Kriege geübte Kameradschaft auch im täglichen Geschäftsleben weiter hochhalten und in Anerkennung der Gefühle der Brüderlichkeit diese in allen gegenseitigen Beziehungen walten lassen."

Das ist kein gehässiger Ton mehr von Seiten des Engländers, aber er zeigt uns deutlich genug die Stimmung, die jetzt noch drüben gegen uns besteht und die darin gipfelt, daß wir im geschäftlichen Verkehr mit England stets gegen seine Verbündeten zurückgestellt werden sollen und vor allen Dingen, daß wir durch eine hohe Kriegsentschädigung derart geschwächt werden sollen, daß wir als ernste Wettbewerber für England auf lange Jahre hinaus nicht mehr in Frage kommen. Dies ist auch an anderer Stelle des englischen Fachblattes ausgeführt, wo gesagt wird, daß auf den Schultern des englischen Volkes durch den Krieg außerordentlich große Lasten ruhen, die natürlich auf die Urheber des Krieges, die Hunnen, abgewälzt werden müssen. Es sei gänzlich verkehrt, in dieser Beziehung irgendwelche Sentimentalität walten zu lassen, denn umgekehrt hätten die Deutschen den Engländern auch kolossale Kriegsentschädigungen auferlegt. Wenn Deutschland jetzt leiden müsse, so ginge das die Engländer garnichts an. Wenn England jetzt nachsichtig wäre, so müßte es auf ein halbes Jahrhundert die Bürde tragen, die von Rechts wegen von den Hunnen getragen werden müßte.

Interessant ist, was der Engländer über die Aussichten des Geschäfts in unserm Fache sagt, nachdem er festgestellt hat, daß der Geschäftsgang bisher ein ziemlich guter gewesen ist. Er fügt hinzu, daß dies auch ferner so sein werde, denn wenn auch die hochbezahlten Munitionsarbeiter als Kunden künftig wegfallen würden, so träten an ihre Stelle doch andere Leute, die während des Krieges sparsam gewesen seien und nun ihre Börsen auch wieder zum Kaufe von Schmuckwaren öffnen würden. Auch das Fallen der Lebensmittelpreise würde erhebliche Summen für Luxusartikel frei machen. Die Steigerung der Lebensmittelpreise wird für England für Butter, Milch, Fleisch u. dergl. auf nicht weniger als 235% berechnet! Dann wird auch über das Heruntergehen der Preise gesprochen genau wie bei uns und ebenso wird auch ausgeführt, daß auf ein solches Fallen auf absehbare Zeit hinaus nicht gerechnet werden kann. Ob das Gold bald wieder zum Friedenspreis zu haben sein werde, sei sehr ungewiß; außerdem fehle es an den meisten Rohstoffen und sonstigen zur Fabrikation erforderlichen Materialien. Arbeitskräfte seien noch schwer zu haben und teuer, da die Löhne in Anbetracht der teueren Lebenshaltung noch nicht so bald wieder sinken würden. Also genau dieselben Gründe, die auch in Deutschland dafür geltend gemacht werden, daß an ein Herabsetzen der Verkaufspreise einstweilen nicht gedacht werden kann.

Und das ist ein Trost für uns und unsere Fabrikanten, daß die Bedingungen, unter denen die Friedensarbeit wieder aufgenommen werden kann, bei unsern bisherigen Feinden genau so drückend sind, wie bei uns. Ein weiterer Trost liegt darin, daß es den Engländern noch immer an einer so gut ausgebildeten Arbeiterschaft fehlt, wie wir sie in Deutschland durch unsere Kunstgewerbeschulen erzogen haben. Wir sind deshalb in der Lage, gerade durch den Mangel an Rohstoffen uns mehr als bisher noch auf die Erzeugung hochklassiger Qualitätsware für den Weltmarkt zu werfen und dadurch den Absichten unserer Feinde, uns auszuschalten, wirksam entgegenzutreten. Dies erkennen auch die Engländer

und rufen ihre eigenen Fabrikanten ebenfalls dazu auf, nicht mehr auf Massenproduktion zu sehen, sondern auf gute und dauerhafte Ware, die dem geläuterten Geschmacke entspricht.

Ein weiterer Vorteil für uns Deutsche liegt in dem Umstande, daß unsere Industrie bisher und wohl auch in Zukunft von der Bankwelt finanziell weit besser gefördert worden ist, als dies in England der Fall war. Ein besonderer Artikel im Watchmaker beklagt diesen Umstand im Interesse der englischen Industrie sehr, weil drüben der Kleinkredit sehr viel schlechter organisiert ist, als bei uns und die wenigen großen Banken sich um die Industrie herzlich wenig bekümmern. Und das ist ein ausschlaggebender Faktor. So sehr auch unsere finanziellen Kräfte durch den ungünstigen Ausgang des Krieges geschädigt worden sind und auf lange Zeit hinaus leiden werden, so dürfen wir doch hoffen, daß bei uns bald wieder der Unternehmungsgeist und die zähe Tatkraft des deutschen Kaufmanns einsetzen werden, sobald wir erst einmal genau erkennen und übersehen können, was uns die Zukunft bestimmt hat. Dann werden auch die Banken wieder wie vor dem Kriege der Industrie die erforderlichen Kredite zum Wiederaufbau zur Verfügung stellen können. Notwendig dazu ist aber das Eine, daß wir allen inneren Hader und alle Parteiinteressen beiseite lassen und daß wir uns stets bewußt sind, daß nur durch ernsteste zielbewußte Arbeit und unverdrossenen Fleiß unsere Zukunft gesichert werden kann. An Arbeit sind wir gewöhnt und sie soll uns nicht verdrießen, aber Ordnung und Ruhe müssen im Lande herrschen und dazu kann ein Jeder an seinem Teile beitragen, denn jetzt gilt es nicht der Partei es gilt unserm teuren Vaterlande!

Was haben und was bekommen
wir für Steuern.

I. Wir haben:

1. Einkommensteuer. Sie beginnt in Preußen bei einem Einkommen von mehr als 900 Mk., in Sachsen von mehr als 400 Mk., in Bayern von mehr als 600 Mk., in Württemberg von 500 Mk. ab, mit Erhöhungen für Verheiratete mit Kindern usw. Es kommen hier landesgesetzliche Vorschriften in Frage, so daß ein weiteres Eingehen auf diese Steuer nicht möglich ist. Sie wird zweimal als Staatssteuer und als Gemeinde-(Kommunal-) Steuer erhoben. Die Steuersätze sind natürlich überaus verschieden bemessen. Hinzu kommen Kirchen-, Schul-, bei Grundstücksbesitzern Grundsteuern und andre lokale Abgaben.

2. Vermögens- oder Ergänzungssteuer. Sie beginnt in Preußen bei einem steuerbaren Vermögen von mehr als 6000 Mk., in Sachsen von mehr als 12000 Mk., in Bayern (Kapitalrentensteuer) von 70 Mk. an, doch wird sie nicht erhoben von Witwen, geschiedenen oder verlassenen Ehefrauen, vaterlosen Minderjährigen und erwerbsbeschränkten Personen, wenn ihre steuerbare Kapitalrente nicht mehr als 400 Mk. und ihr gesamtes steuerpflichtiges Einkommen nicht mehr als 800 Mk. beträgt, in Württemberg (Kapital - Ertragssteuer) ohne Beschränkung für den Staat 2,1 %, für die Gemeinde 1% aus dem Gesamtkapitaleinkommen. Zu den Steuern unter 1, in Preußen auch unter 2, werden Kriegszuschläge erhoben.

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3. Gewerbesteuer. In Preußen befreit, wenn der jährliche Ertrag 1500 Mk. und das Anlage- und Betriebskapital 3000 Mk. nicht erreicht. Es sind 4 Gewerbesteuerklassen gebildet.

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Klasse III jährlicher Ertrag 4000 Mk. bis einschließlich 20000 Mk., oder Betriebskapital im Werte von 30000 bis 150 000 Mk.

Klasse IV jährlicher Ertrag 1500 Mk. bis einschließlich 4000 Mk., oder Betriebskapital im Werte von 3000 bis 30000 Mk.

In Bayern frei, wenn Betriebskapital nicht mehr als 4000 Mk., Ertrag nicht mehr als 1500 Mk. Die Steuer richtet sich nach dem Ertrag und beginnt bei 1.50 Mk. Auch Württemberg hat Gewerbesteuer, nicht aber Sachsen.

4. Umsatzsteuer auf Lieferungen und Leistungen von 5 y. Tausend, bei Luxusgegenständen von 10%, berechnet nach den vereinnahmten Entgelten und zwar brutto. □

5. Besitzsteuer als Vermögenszuwachssteuer, wenn der Zuwachs den Betrag von 10000 Mk. und das Vermögen 20000 Mk. und mehr beträgt. Bei Vermögen von 20000 bis 30000 Mk. unterliegt der steuerpflichtige Zuwachs nur insoweit der Steuer, als die steuerfreie Grenze (20000 Mk.) überschritten wird.

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Die Steuer beträgt für den ganzen Erhebungszeitraum bei einem steuerpflichtigen Vermögenszuwachs von nicht mehr als 50 000 Mk. . . . . . 0,75% des Zuwachses mehr als 50000 bis 100000 Mk. 0,90% 100000 300 000 1,05% 300000 500 000 1,20% 500 000 1000 000 1,35% In den höheren Stufen erhöht sich die Steuer prozentual. Das Vermögen der Ehegatten wird zusammengerechnet. 6. Kriegssteuer. a) Außerordentliche Kriegsabgabe der Einzelpersonen und Gesellschaften für das Rechnungsjahr 1918. Die Abgabe vom Mehreinkommen beträgt für die ersten 10000 Mk. des abgabepflichtigen Mehreinkommens 5%, für die nächsten angefangenen oder vollen 10000 Mk. . . . . 10% 30000 50000 100000

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Zu dieser Abgabe wird außerdem ein Zuschlag zu Gunsten des Reiches in Höhe von 20% erhoben, mit Ermäßigung bei 2, 3 und 4 Kindern unter 18 Jahren auf 15, 10 und 5%.

II. Wir bekommen:

1. Eine neue außerordentliche Kriegsabgabe

für das Jahr 1919, verschieden für Einzelpersonen und Gesellschaften bemessen.

Alte und neue Techniken.

Prof. L. Segmiller, Kunstgewerbeschule Pforzheim. Wir machen auf die Reihenfolge dieser Artikel besonders aufmerksam, weil sie in klarer Darstellung eines unserer ersten Fachleute in eigenartige, zum Teil verschwundene oder aber auch neuartige technische Vorgänge und Möglichkeiten hineinleuchtet und dadurch zu den mannigfaltigsten Anregungen Veranlassung geben wird. Niello, Verroterie, Schliff, Gravierungen, Ätzungen, Guß, Reduktion u. a. werden eingehende Behandlung erfahren. Die Redaktion. I. Email.

a) Einzelpersonen zahlen vom Mehreinkommen Die Vorläufer der Emailtechniken finden wir in Ägypten;

(bis 3000 Mk. steuerfrei)

für die ersten 10000 Mk. ..

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5%

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In Frage kommt dabei der Vermögenszuwachs in der Zeit vom 31. Dezember 1913 bis 31 Dezember 1918. Die auf Grund der früheren Gesetze bezahlte Steuer wird in Abzug gebracht. Die Steuer darf in Kriegsanleihe gezahlt werden. Etwa gemachte Schenkungen sind dem Vermögen zuzurechnen. Der „Verflüchtigung" des Vermögenszuwachses, die sich darin vollzieht, daß Beträge, die zum Erwerb von Gegenständen aus edlen Metallen, Edelsteinen oder Perlen, Kunst-, Schmuck- und Luxusgegenständen sowie Sammlungen aller Art aufgewendet werden, der Steuerpflicht entzogen sind, wird dadurch begegnet, daß der Wert der Gegenstände, soweit er insgesamt 10000 Mark übersteigt, dem Vermögen zuzurechnen ist.

3. Über dieses hinaus eine große allgemeine Vermögensabgabe mit starker Progression, aber unter höherer Belastung der großen Vermögen.

4. Stärkere Belastung der hohen Einkommen, Einführung einer allgemeinen Kapitalertragssteuer und Betriebsertragssteuer, sowie eine Erhöhung der Erbschaftssteuer, unter Ausdehnung auf Abkömmlinge und Ehegatten. Über die Lasten unter 3 und 4 ist Näheres noch nicht bekanntgegeben.

Wir behalten daneben natürlich Landes- und Gemeindeeinkommensteuer mit Nebensteuern, Ergänzungssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Besitzsteuer, so daß im Ganzen ein Steuermenü geboten wird, bei dem sich der deutsche Bürger den Magen verderben kann.

sie reichen dort bis ins mittlere Reich, also bis in den Zeitraum 2200-1800 v. Chr. zurück. Die Schmuckwirkung, die an Ähnlichkeit an die später zu beschreibenden Zellenemailtechniken herangeht, ist künstlerisch eine sehr hochwertige und eine lange Zeit haltbare. Mischungen von farbigem Glas und Ton ergeben Glaspasten von kräftiger Tönung. Diese Pasten, die kalt eingefüllt wurden, hielt man lange für echten Zellenschmelz; so groß war die Fertigkeit der Ägypter in dieser Technik, sich künstlerisch zu vertiefen. Die eigenartigsten Schmuckstücke dieser Art fanden sich in den Königsgräbern von Daschour. Prächtige Goldplatten von tempelartiger Form mit religiösen Symbolen erfahren eine Höhung durch grünliche, rote und gelbliche Pasten, die sie zum reichsten Brustschmuck ausbilden.

Reines Zellenemail zeigt schon der Schmuck einer äthiopischen Königin (Antiquarium München, Berliner Museum), der in einer Pyramide zu Meroe aufgefunden wurde und Armbänder, Halsketten, Anhänger mit Göttersymbolen in sich schließt. Das Wesen des Zellenschmelzes (email cloisonné) besteht darin, daß auf einer Goldplatte hochkantig stehende feine Stege aufgelötet werden, welche die Zellen bilden, in die die Glasflüsse eingeschmolzen werden. Diese Stege stellen die Linien der Zeichnung dar. Die Farben sind durchsichtig oder undurchsichtig. In Europa, Griechenland und Etrurien reicht der Goldzellenschmelz etwa bis zur Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. zurück und wurde später am Hofe von Byzanz, an dem außergewöhnlicher Luxus herrschte, eifrig gepflegt. Der Goldzellenschmelz stellt einen der bedeutendsten Zweige der byzantinischen Goldschmiedekunst überhaupt dar. Die ersten Anfänge fallen wahrscheinlich in die Zeit der Völkerwanderung. Durch den Handel oder schenkungsweise gelangte diese Technik in der Karolingischen Periode nach Westen, in germanische und gallische Länder. Seit dem zehnten Jahrhundert lassen sich an zeitlich feststellbaren Arbeiten genaue Entwicklungsstufen ersehen. Frühe Arbeiten, etwa aus dem 9. Jahrhundert, besitzen das Kensington-Museum in London und die Sammlung Pierpont Morgan sowie die Markus-Bibliothek und San Marco in Venedig. Die bevorzugtesten Farben für den durchsichtigen Goldzellenschmelz im Mittelalter sind smaragdgrün, saphirblau, rubinrot und lila. Von den undurchsichtigen Tönen werden besonders weiß, graublau, türkisblau, gelb und rosa, gelbe und braune Fleischtöne gerne angewendet. Aber nicht nur größere Platten schmückt man mit Zellenschmelz, sondern auch Anhänger, Kreuze, Medaillons, Reliquienbehälter, Kronen und Diademe. In den Klöstern Georgiens erreichten provinzielle Arbeiten eine große Ausdehnung. Nach dem 12. Jahrhundert tritt Kiew in Südrußland in den Kreis der Betrachtung. Bald aber, gegen Ende des 14. Jahrhunderts, werden die Stege durch unförmige Drähte ersetzt, und die Technik wird dem Verfall entgegengeführt.

Die Entwicklungsstufen in Deutschland ergeben folgendes Bild: Nachdem im 9. Jahrhundert das Karolingische Reich zerfallen war, flüchtete die Kunst hinter die schützenden. Mauern der Klöster. Sogar unter den Ottonen traten die

Klosterwerkstätten noch sehr in den Vordergrund. Neben St. Gallen erfreut sich besonders die Werkstätte in Trier unter Bischof Egbert eines großen Rufes in der Zellenschmelztechnik. In Hildesheim ist vor allem Bischof Bernward zu nennen. Die hervorragendste Arbeit des 10. Jahrhunderts, den Andreasschrein, bewahrt der Domschatz in Trier. Von Köln sei die Severinsplatte erwähnt und aus dem Mainzer Museum eine Mantelschließe aus dem 11. Jahrhundert. Aus der Regensburger Werkstätte stammen ein Tragaltar im Cluny -Museum in Paris, ein solcher im bayerischen Nationalmuseum, ein Kreuz in der reichen Kapelle und ein Buchdeckel in der Staatsbibliothek zu München. Aus der Essener Werkstätte bewahrt die Münsterkirche in Essen einen größeren Schatz. Auch ein Tragaltar des Benediktinermönches Rogerus von Helmershausen, in dem man den Verfasser der schedula diversarum artium erkennt, stammt von dort. Andere Kunstwerke beweisen, daß sich der Goldzellenschmelz im 11. Jahrhundert auch in kleinere Werkstätten einnistet.

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Um das 12. Jahrhundert zeigen sich die Anfänge einer neuen Schmelztechnik: des romanischen Kupfer- und Grubenschmelzes, die als ein Sprößling der spätrömischen Zeit anzusehen sind.

Der Kupferschmelz oder Grubenschmelz (email champlevé) besteht darin, daß zunächst statt Goldplatten Kupferplatten genommen werden; daher der Name. In diese werden Vertiefungen oder Gruben gestochen, weshalb man diese Technik auch Grubenemail nennt. Das Email, welches eingegossen wird, ist undurchsichtig. Eine Bereicherung bedeutet es, wenn in größere Gruben Kupferstege eingelötet werden, ähnlich wie beim Zellenschmelz. Diese erhalten ebenso wie der Plattengrund Vergoldung. Die Anwendung des Kupferschmelzes läßt sich in der Zeit vom 4. zum 12. Jahrhundert nicht genau verfolgen, obgleich Funde wie das Reliquiar St. Maurice und der Buchdeckel aus Lindau angeführt werden müssen. Hauptstücke befinden sich ferner im Kircherianum in Rom, im Hildesheimer Dom, im lothringischen Maastal, in Köln, Aachen, Hildesheim und Westfalen. In Frankreich sind die berühmtesten Werkstätten im 12. Jahrhundert in Limoges. Von den bedeutenderen Arbeiten des früheren Mittelalters verweisen wir besonders auf zwei Stücke, die technisch etwas von der normalen Übung abweichen und deshalb bedeutsam sind, so die Prophetenbilder des Heribertschreins in Deutz des Goldschmieds Godefroid de Claire, die insofern von der gewohnten Schmelzart abweichen, als sie auf Goldgrund in vielfarbiger Abschattierung Gewänder und Fleischteile aufweisen. Auf dem Altaraufsatz für Neuenburg bei Wien von Nikolaus von Verdun sind die Figuren auf blauem Hintergrund angebracht, sie selbst aber sowohl in den Fleisch- als Gewandteilen vergoldet. Die Schattenpartien des Faltenwurfes, die Muskeln und Haare wurden mit kräftigen Linien oder breiten Gruben eingestochen und mit blauem und rotem Glasfluß gefüllt. Eilbertus in Köln arbeitet in ähnlicher Weise. Den Höhepunkt der kölnischen Schmelzkunst erreicht ein Nachfolger, dessen Name nicht feststeht, in einem Tragaltar des Berliner Kunstgewerbemuseums und in einem Kupferreliquiar im Welfenschatz zu Wien. Schon in der Frühgotik verlor der Kupferschmelz an Bedeutung, und es tritt an seine Stelle der Tiefschnittschmelz oder Silberschmelz. (Fortsetzung folgt.)

Die Buchführung

sagt uns, wie wir uns von unseren Gläubigern frei machen können.

Wie ist der Goldschmied

gegen Schaden durch Plünderungen geschützt? ie Ereignisse in Berlin und anderen deutschen Städten, wo benutzt hat, sich am

der Bürger zu vergreifen und sich durch Plünderungen zu bereichern, machen obige Frage zu einer brennenden, denn noch ist volle Ruhe nicht eingetreten, noch hat die Vernunft bei den Massen die Herrschaft nicht überall wiedergewonnen und eine wahnbetörte Menge bringt durch Aufruhr, verbunden mit Raub, Diebstahl, Sachbeschädigung und Blutvergießen, den Kampf in das eigene Land, und schlägt der Freiheit, für die man schwärmte, durch wüsten Terrorismus ins Gesicht. Der Zustand der Anarchie, wie er von den Spartakusmännern erstrebt und zum Teil auch in Berlin und anderen Städten praktisch durchgeführt wurde, legt uns die Frage nahe, ob der Staat für den Schaden, der aus solchen anarchistischen Zuständen erwächst, aufzukommen hat, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang. In Frankreich, wo die große Revolution ebenfalls Plünderungen und Verwüstungen im großen Stil nach sich zog, wurde 1795 in einem Gesetz ausgesprochen, daß der Staat als Gesamtheit für den Schaden im Einzelnen aufkommen muß, der dem Bürger ohne sein Verschulden durch rechtswidrige Handlungen der Aufrührer zugefügt wurde. Dieses Gesetz blieb in Kraft und kam auch nach der Revolution von 1871, die den Aufruhr der Commune nach sich zog, zur Anwendung.

In Deutschland konnte zunächst ein allgemeines Gesetz nicht in Frage kommen, da ja in der Zeit der Kleinstaaterei jeder Bundesstaat sein eigenes Recht sich schuf und mit Argusaugen darüber wachte, daß dieses Recht unangetastet blieb und nicht von Rechtsanschauungen durchbrochen wurde, die auf dem Boden anderer Bundesstaaten erwachsen waren. Nach der Revolution von 1848 traten aber die Bundesstaaten zum

großen Teil der Entschädigungsfrage näher, von der richtigen Erwägung ausgehend, daß der Staat, der von seinen Bürgern die Deckung seines Haushaltes fordert, ihnen Steuern und andere Oblasten auferlegt, auch die Pflicht hat, für die Sicherheit der Person und des Eigentums seiner Bürger zu sorgen. Wie ist die Entschädigungsfrage in Deutschland geregelt? Wenn wir hier darauf eingehen, so hat das seinen Grund darin, daß gerade die Geschäfte der Juweliere und Goldschmiede, auch die der Uhrmacher, neben den Handlungen mit Nahrungsmitteln am meisten bei Plünderungen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich hat sich mit dieser Frage nicht beschäftigt, auch andere deutsche Reichsgesetze sind auf dieselbe nicht eingegangen, weil man der Anschauung war, daß diese Materie durch die einzelnen Bundesstaaten geordnet werden müsse. Diese Haltung war bedauerlich, da wahrlich ein stichhaltiger Grund, die Regelung den Einzelstaaten zu überlassen, nicht vorlag. Handelte es sich doch nur darum, das Prinzip der Staatshaftung festzulegen! Die Vorschriften, welche in den einzelnen Bundesstaaten erlassen wurden, blieben aber in Kraft und gelten noch heute.

Preußen hat durch ein Gesetz vom 11. März 1850, betreffend die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens, die Sache so geregelt, daß, wie in Frankreich, die einzelnen Gemeinden des Staates für den Schaden aufzukommen haben, der durch einen Aufruhr hervorgerufen wird. Einen Tag später erschien in Bayern ein gleiches Gesetz, Württemberg und Baden folgten 1851 und Hessen durch ein Gesetz vom 3. März 1859. In diesen Staaten kann also der Goldschmied, der bei einem Aufruhr einer Plünderung unterworfen war, sich an seine Gemeinde halten, die ihm den Schaden zu ersetzen hat, der ihm aus dem Verlust von Waren und Beschädigungen solcher entstanden ist. In Sachsen wurde eine solche Haftung des Staates oder der Gemeinden nicht eingeführt. Hier kann sich der Goldschmied bei Plünderungsschäden auf kein Gesetz berufen, das ihn gegen Eingriffe in sein Eigentum schützte. Allerdings ist die Vorschrift des § 1496 des Bürgerlichen Gesetzbuches für Sachsen, nach welchem Anstifter und Teilnehmer an einem Aufruhr als Gesamtschuldner für allen entstandenen Schaden haften, der zeitlich mit ihrer Teilnahme zusammenfällt, noch in Kraft. Das ist aber ein schwacher Trost, denn die Aufrührer werden nach

träglich schwer zu ermitteln sein, und wenn sie ermittelt werden, meist in der glücklichen Lage sein, nichts zu besitzen. Übrigens ist eine solche Haftung auch für das ganze Reichsgebiet durch § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich gegeben. Sachsen ist also rückständig, unseres Wissens in gleicher Weise die übrigen kleineren Bundesstaaten. Nach unserem Dafürhalten wäre es jetzt Zeit, ein Reichsgesetz zu schaffen, das dem Bürger die Sicherheit brächte, nicht ohne Schadenersatz über Nacht ausgeraubt zu werden.

Man wird sich darauf berufen können, daß der einheimische Staatsbürger ein Recht auf Staatsschutz hat. Das erkennt auch der große Staatsrechtslehrer Bluntschli an. Daraus folgt, daß der Staat eintreten muß, wenn er diesen Schutz nicht gewährt hat. Das ist z. B. ohne Weiteres anerkannt worden, wo es sich um den Schadenersatz handelt, der zu leisten ist, weil der Feind in das Land eingebrochen ist und Plünderungen vorgenommen hat, wie es den Goldschmieden und Uhrmachern in Ostpreußen beim Russeneinfall erging. Hier ist vorgesehen, daß aus Mitteln des Reiches eine Entschädigung gezahlt werden soll, und in Preußen sind in einzelnen Fällen schon Vorschüsse darauf gewährt worden. Preußen erkennt eine Fürsorgepflicht des Staates an, und das Landratsamt nimmt auf Antrag die Ermittelungen vor. Dieser Fürsorgeanspruch dem Staate gegenüber soll auch bestehen, ohne daß ein Gesetz die Entschädigung vorschriebe. Ein solches Gesetz soll, wie in dem Kriegsleistungsgesetz von 1873 vorgesehen ist, immer erst nach Friedensschluß erlassen und darin festgesetzt werden, an wen und in welchem Umfang die Unterstützungen zu gewähren sind. Ob nach dem jetzigen Weltkrieg ein solches Gesetz erlassen werden wird, ist bei den herrschenden Finanzverhältnissen und den Lasten, die uns die siegreichen Feinde aufbürden, fraglich. Der Fürsorgeanspruch an den Staat aber bleibt bestehen und zwar nach unserem Dafürhalten auch in den Staaten, die eine gesetzliche Regelung der Frage bislang vermieden haben.

Es ist aber kein Grund vorhanden, diesen Fürsorgeanspruch auf die Fälle zu beschränken, wo der äußere Feind eingefallen und zu Plünderungen geschritten ist. Diese Fürsorgepflicht trifft den Staat vielmehr auch dann, wenn ein innerer Feind zu rechtswidrigen Plünderungen schreitet, wie es jetzt der Fall gewesen ist. Das Schutzrecht, das dem Bürger gegen den Staat zusteht, ist auch in Fällen des Aufruhrs im eigenen Lande gegeben, auch dann, wenn es sich um revolutionäre Umbildungen einer Staatsform handelt. Der Geist des Staatswesens garantiert diesen Schutz und verpflichtet den Staat, wo er versagt. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, muß jedem geschädigten Bürger Hilfe werden, und er mag ungescheut einen Fürsorgeanspruch geltend machen.

Die uns interessierenden Vorschriften des neuen Arbeiterrechtes.

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letzter Zeit sind wieder Verordnungen erschienen, welche sich mit der Beschäftigung der gewerblichen Arbeiter in der Übergangswirtschaft befassen. Sie betreffen Tarifverträge, Arbeiter- und Angestellten-Ausschüsse, Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten und Einstellung, Entlassung wie Entlohnung während der Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung. Sie sind unter dem 23. Dezember und 2. Januar 1919 ergangen. Die Hauptpunkte daraus sollen im Nachstehenden behandelt werden.

1. Tarifverträge. Wo solche bestehen, sind Abmachungen, welche von ihnen abweichen, soweit dies der Fall ist, unwirksam, es sei denn, daß die Tarifverträge solche Abmachungen gestatten oder der Arbeitnehmer durch sie besser gestellt wird. An Stelle unwirksamer Vereinbarungen treten die Bestimmungen des Tarifvertrages. Das Reichsarbeitsamt kann Tarifverträge, die in dem betreffenden Berufskreis weitgehende Bedeutung haben, für allgemein verbindlich erklären, wenn ein Antrag darauf gestellt wird. Der Antrag wird, mit einer Frist für etwaige Einwendungen, im Deutschen Reichsanzeiger bekanntgegeben. Allgemein verbindliche Tarifverträge werden in das Tarifregister eingetragen und im Deutschen Reichsanzeiger veröffentlicht.

2. Arbeiter- und Angestellten-Ausschüsse. In allen Betrieben, in denen nach § 11 des Hilfsdienstgesetzes Arbeiterund Angestellten-Ausschüsse eingesetzt werden mußten (regel

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Die Mitglieder der Ausschüsse werden von den Arbeitern oder Angestellten des Betriebes, Verwaltungs- oder BüroAbteilung, aus ihrer Mitte in unmittelbarer und geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.

Wahlberechtigt und wählbar sind alle mindestens 20 Jahre alten Arbeiter beiderlei Geschlechts, die sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Der Arbeitgeber hat aus den ältesten Arbeitern, bzw. Angestellten, einen aus 3 Mitgliedern bestehenden Wahlvorstand zu bestellen, der sich einen Vorsitzenden wählt. Ist die Wahl ergebnislos, führt der Älteste an Jahren den Vorsitz. In Betrieben mit weniger als 50 Arbeitern oder Angestellten genügt es, wenn der Ausschuß aus je drei Mitgliedern und ebensoviel Ersatzmännern besteht. ᄆ Die Ausschüsse haben die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter und der Angestellten in dem Betriebe, der Verwaltung oder dem Büro dem Arbeitgeber gegenüber wahrzunehmen und gemeinschaftlich mit letzterem darüber zu wachen, daß die Tarifverträge durchgeführt werden, und wo solche nicht in Frage kommen, die Löhne und sonstigen Arbeitsverhältnisse den Interessen der Arbeitnehmer ensprechend geregelt werden. Sie sollen das gute Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fördern, eine Bestimmung, die hoffentlich nicht nur auf dem Papier steht. Außerdem haben sie ihr Augenmerk auf die Bekämpfung der Unfall- und Gesundheitsgefahren im Betriebe, Verwaltung oder Büro zu richten und die Gewerbeaufsichtsbeamten, wo solche in Frage kommen, zu unterstützen. Die Arbeitnehmer dürfen wegen Ausübung ihres Wahlrechts zu den Ausschüssen, wegen ihrer Tätigkeit in denselben und wegen der dadurch gebotenen Versäumung von Arbeitszeit nicht benachteiligt werden. Arbeitgeber oder deren Vertreter, welche dagegen fehlen, werden mit Geldstrafe bis zu 300 Mark oder mit Haft bestraft.

3. Schlichtungsausschüsse. Auch die Schlichtungsausschüsse sind neu zu bilden. Sie bestehen aus je zwei ständigen und je einem unständigen Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ihres Bezirks. Außerdem kann ein unparteiischer Vorsitzender zugezogen werden. Geschieht dies nicht, wählt der Ausschuß aus dem Kreise seiner ständigen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer seinen Vorsitzenden. Die nichtständigen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden durch den unparteiischen Vorsitzenden oder, wenn ein solcher nicht in Frage kommt, durch die beiderseitigen ständigen Vertreter gewählt. Die Mitglieder der Ausschüsse erhalten eine Vergütung, die von der Landeszentralbehörde festgesetzt wird. Das Verfahren vor den Schlichtungsausschüssen ist gebühren- und stempelfrei.

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Die Schlichtungsausschüsse können bei Streitigkeiten über die Löhne oder sonstige Arbeitsverhältnisse von beiden Teilen angerufen werden, wenn nicht ein Gewerbegericht, Kaufmannsgericht oder Einigungsamt einer Innung zuständig ist.

Was ist das Amt des Schlichtungsausschusses? Er soll, wenn er angerufen wird, Arbeitsstreitigkeiten gütlich schlichten, aber auch von selbst darauf hinwirken, daß Einigungsverhandlungen bei ausbrechenden Streitigkeiten stattfinden. Er kann auch selbst eingreifen, wenn zwar eine andre Einigungs- oder Schlichtungsstelle zuständig wäre, diese aber nicht angerufen wird. Zuständig ist immer der Schlichtungsausschuß, in dessen Bezirk die beteiligten Arbeitnehmer beschäftigt sind. In ganz besonders wichtigen Fällen kann auch das Reichsarbeitsamt die Durchführung des Einigungsund Schiedsverfahrens übernehmen oder einer anderen Schlichtungsstelle, insbesondere einer bundesstaatlichen überlassen, doch müssen in beiden Fällen bei der Verhandlung und Abgabe des Schiedsspruchs Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl als Beisitzer mitwirken.

Der Vorsitzende kann zur Einleitung der Verhandlung, wie auch in deren Verlauf an den Streitigkeiten beteiligte Personen vorladen und vernehmen. Wer nicht Folge leistet, kann in Strafe genommen werden. Beide Teile sind zu vernehmen,

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