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Deutsche

Goldschmiede-Zeitung

DAS FACHBLATT DES GOLDSCHMIEDS

Leipzig

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Nachdruck aus dem Originalinhalt nur mit Genehmigung der Schriftleitung gestattet

Gegen die Anwendung des Namens,,Halbedelsteine".

n Nr. 11 des Jahrgangs 1921 unserer Zeitschrift hatten wir einen Aufsatz von Dr. Alfred Eppler, Crefeld, veröffentlicht, der ausführlich darlegte, daß die Beibehaltung der Benennung „Halbedelsteine" unberechtigt und für den Handel und die Industrie in hohem Maße schädigend sei. Dieser Aufsatz hat jenseits des Ozeans in Fachkreisen lebhafte Zustimmung gefunden, und in der Nummer vom 7. September 1921 machte die amerikanische Fachzeitschrift The Jewelers' Circular" den Vorschlag, auch in Amerika den Namen „Semi-Precious-Stone", der unserem Worte „Halbedelstein“ entspricht, endgültig fallen zu lassen und dafür die Benennungen „jewel stone" oder „gem stone" einzuführen.

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In seiner Nummer vom 26. Oktober berichtet nun „The Jewelers' Circular" folgendes: „Ein Artikel in,The Jewelers' Circular' vom 7. Sept. über den Gebrauch des Ausdrucks,Halbedelsteine' in Verbindung mit gewissen ,gems' hat beträchtlichen Widerhall in Kreisen der Angehörigen unseres Gewerbes gefunden, die sich in der Einbildung beruhigt hatten, daß anstatt des Gebrauchs des Wortes,Halbedelstein' wir den Namen,Juwelenstein' (jewel stone) oder,Gemmenstein' (gem stone) gebrauchen oder auf der anderen Seite den Ausdruck,Schmuckstein' (precious stone) billigen, der jede Abart von,gem' der Quarzgruppe bis zum Diamant, die zur Ornamentierung benutzt wird, in sich schließt. Unser vorgängiger Artikel war inspiriert durch einen Artikel von Dr. Alfred Eppler, dem Edelstein - Sachverständigen des Mineralogischen Instituts der Handelskammer Crefeld, der einen ernsthaften Appell an die deutschen Juweliere gerichtet hatte, die Anwendung der Bezeichnung,halbedel' in bezug auf Steine aufzugeben, und der zeigte, daß in der Auffassung des Publikums eine solche Bezeichnung geeignet sei, die betreffenden Schmuckstücke in ein ähnliches Licht zu setzen, wie etwa die Ausdrücke,Halbseide', ,Halbwolle' usw., und manchem den Glauben beibringe, daß es sich um halbwertige oder gar ,unechte' Steine handle.

Daß viele amerikanische Juweliere mit Dr. Eppler übereinstimmen, zeigt sich nicht nur in dem günstigen Echo, das unser Artikel gefunden hat, sondern auch in direkten Zuschriften an Dr. Eppler selbst. Dieser teilt uns unterm 3. Oktober folgendes mit: „Sehr geehrter Herr Verleger! Einer Ihrer Leser (Juwelier und Diamantenhändler in San Franzisco) sandte mir The Jewelers' Circular mit dem Artikel „Warum den Ausdruck,Halbedelsteine' gebrauchen?", und er schrieb darüber:,Bravo, Herr Dr. Eppler!' Abgesehen von der Tatsache, daß durch einen Druckfehler mein Name unrichtig ausgesprochen wurde, hat Ihr Artikel und die Anerkennung dieses Lesers mir großes Vergnügen gemacht. Man darf nun hoffen, daß der von mir begonnene Kampf gegen die Bezeichnung,Halbedelsteine guten Erfolg haben wird. Der Erfolg wird gesichert sein, wenn die technische Fach

14. Januar 1922

presse nicht abläßt, immer wieder die Aufmerksamkeit auf diesen absurden und beleidigenden Ausdruck zu lenken. Das würde den Dank der ganzen Industrie verdienen. Bereits seit einer Reihe von Jahren führe ich diesen Kampf, und wenn der verhängnisvolle Krieg nicht über uns gekommen wäre, wäre das Interesse daran sicher in weitere Kreise gedrungen. Ich danke Ihnen herzlich dafür, daß Sie sich in die Reihen derer gestellt haben, die sich bemühen, den völlig unnützen Ausdruck zu bannen. Ihre Übersetzungen der Bezeichnung,Schmuckstein' in,Jewel Stone' und,Gem Stone' sind ausgezeichnet. Der Name ,Schmuckstein' ist übrigens weder neu, noch meine Erfindung. Er findet sich schon ziemlich hundert Jahre zurück in der deutschen technischen Literatur.

Einige unserer Leser lenken unsere Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß diese Reform der Namengebung, auf die Dr. Eppler seit Jahren in Deutschland gedrängt hat, hier ebenso von vielen weitsichtigen und intelligenten Kaufleuten und Importeuren verlangt worden ist, daß aber nichts daraus geworden ist, weil die weiteren Handelskreise nicht genügend dafür interessiert worden sind, die Sache entschieden in die Hand zu nehmen. Diesen Umstand verdanken wir weniger der Tatsache, daß die Juwelenhändler und Kleinverkäufer den Wunsch hätten, den Ausdruck „halbedel" zu verewigen, vielmehr ha en sie den Gegenstand bisher einfach für nicht wichtig genug gehalten, um Schritte zu einer allgemeinen Verständigung in diesem Punkte zu tun.

Andere Leser haben darauf hingewiesen, daß der Ausdruck „halbedel" nicht nur die Juwelenkäufer im Publikum verführt hat, sondern Verwirrung unter den Gewerbetreibenden selbst hervorrief, wo versucht wurde, eine Unterscheidungslinie zu ziehen zwischen „edlen" und „halbedlen“ Steinen. Noch andere betonten die Absurdität, daß man gewisse Kristalle und Schmuckmaterialien als „halbedel“ bezeichne, die oder deren besondere Abarten zum Teil weit „edler", also kostbarer, seltener und teurer sind als manche gewöhnlichere Arten des Diamants, des Rubin, Saphir, Smaragd u. a.

Es scheint uns, daß die Bezeichnung,halbedel' mehr aus einer gewissen Trägheit derjenigen Juweliere beibehalten worden ist, die sich nicht die Mühe machen wollen, sich von einer gewohnheitsmäßigen Unterscheidung verschiedener Juwelensorten freizumachen. Es ist dieselbe Sache wie mit den künstlichen oder synthetischen Edelsteinen, die viele Juweliere und sogar Importeure als,zusammengesetzt (reconstructed) bezeichnen. Trotzdem sie wissen, daß es keine zusammengesetzten Steine auf dem Markt gibt, sind sie zu nachlässig, sich von einer Gewohnheit zu korrigieren, sondern diskreditieren gedankenlos weiter die Ware, die sie verkaufen. Wenn aber die Juweliere die Wichtigkeit einer zuDEUTSCHE GOLDSCHMIEDE-ZEITUNG Nr.2

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Dieser Ansicht des Herausgebers des amerikanischen Fachblattes können wir nur beistimmen, und wir halten die Frage für wichtig genug, um unsern Lesern zu empfehlen, doch zu prüfen, ob es in ihrem Geschäftsinteresse liegt, wenn sie noch weiterhin auf ihren Firmenschildern, auf Briefköpfen und Rechnungen, in Geschäftsempfehlungen und Anzeigen die ungerechtfertigte und schädigende Benennung „Halbedelsteine" beibehalten.

Der Herausgeber der genannten amerikanischen Zeitschrift schrieb Herrn Dr. Eppler: „Wir sind in herzlicher Übereinstimmung mit Ihnen in Ihrem Kampfe für den geeigneten Ausdruck zur Bezeichnung dessen, was jetzt ungeeignet,Halbedelsteine' genannt wird, und was wir

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Ihnen diesseits des Atlantischen Ozeans an Unterstützung in diesem Kampfe leisten können, das zu tun werden wir mehr als glücklich sein." Dank der Initiative des Herrn Dr. Eppler ging die Anregung zu dieser Bewegung von der Deutschen Goldschmiede-Zeitung" aus, und wie wir sahen, bis über den Ozean hinüber. Mit ungeahnter Eindringlichkeit und Deutlichkeit ist es dråben in unserem Sinne aufgenommen worden. Wir werden nicht müde werden, den deutschen Juwelieren und Goldschmieden einzuhämmern, daß sie sich gegen ihr eigenes Interesse und das unseres Standes vergehen, wenn sie gleichgültig und unachtsam an einer Gewohnheitsbezeichnung festhalten, die sie nur selbst schädigt.

Zum neuen Jahre pflegt man gewöhnlich gute Vorsätze zu fassen. Wir fordern unsere Leser auf, von jetzt ab einen dicken Strich durch den Ausdruck „Halbedelsteine" in ihrem fachtechnischen Wortschatz zu machen und unter sich wie vor dem Publikum nur noch „Schmucksteine" zu kennen.

Der Draht im Schmuckgewerbe.

in weiterer Apparat, mit dem quadratischer und flachviereckiger Draht, glatt oder bemustert, hergestellt werden kann, ist der Rollenzug. Der Draht wird dabei zwischen vier Walzenrollen durchgezogen, von denen jede eine Seite des Drahtes bearbeitet. Die Walzenrollen sind verstellbar und liefern einen scharfeckigen Draht. Ein etwa gewünschtes Muster kann in die Rollen eingraviert werden.

Neben und nach dem Zieheisen wird auch der Ziehstein verwendet.

Die Drahtziehsteine sind dicke, plattenförmig geschliffene Diamanten, Rubine oder Saphire, in deren Mitte man ein Loch gebohrt hat. Der Rand dieser Edelsteinplatte Der Rand dieser Edelsteinplatte bleibt unbearbeitet. Sie wird in einen ringförmigen Metallrahmen mit Messing oder Flußzeisen eingeschmolzen, mit dessen Hilfe sie leicht in die Drahtziehmaschine eingespannt werden kann. In dieser Maschine wird der scharf gespannte Draht durch mehrere Ziehsteine mit immer feineren Öffnungen hindurchgezogen und dabei so lange gestreckt, bis er die gewünschte Feinheit erreicht hat. Abgesehen von den Diamanten für die feinsten Bohrungen, für welche man auch reine Steine benutzt, verwendet man für Ziehsteine natürlich nur solche Steine, die sich zum Schleifen als Schmucksteine nicht eignen. Sie müssen aber unter allen Umständen frei von Sprüngen, Einschlüssen oder überhaupt frei von Fehlern sein, welche ihre Festigkeit vermindern könnten. Denn auf der Ziehmaschine wird der Draht mit großer Gewalt durch die Bohrung gezogen, und dem muß der Ziehstein Widerstand leisten. Die Herstellung eines Ziehsteines geschieht in der Weise, daß der Diamant erst von zwei Seiten flach geschliffen wird; dann wird von der einen Seite mit einem Diamantsplitter eine kegelförmige Vertiefung, der sog. „Körner“, angearbeitet. Dann wird von diesem Körner aus das eigentliche Ziehloch mit einer feinen Nadel gebohrt, deren Spitze mit Öl und Diamantpulver betragen ist. Wenn dieses Loch eine gewisse Tiefe hat, aber noch nicht ganz durchgebohrt ist, wird auch von der andern Seite der kegelförmige „Körner" eingearbeitet, der auf die Bohrung auftreffen muß. Ist die Bohrung auf diese Art fertig gestellt, so wird sie noch mit einer feineren Nadel und feinerem Diamantpulver ausgeschliffen.

Die innere Bohrung eines solchen Ziehsteines hat also im Durchschnitt etwa das Profil einer Fadenrolle. Die innere Fläche muß gut poliert sein, vor allem der Übergang des Körners zur Bohrung.

(Schluß.)

Der Diamant ist das wertvollste und vollkommenste Material zur Herstellung von Bohrungen für das Drahtziehen. Für weicheren Draht genügt ja Rubin oder Saphir als Ziehstein vollständig. Wenn man aber härtere Drähte herstellen will, die ganz gleichmäßig dick sein sollen, kann kein anderer Stoff den Diamant ersetzen. Alle andern Stoffe schleißen mehr oder weniger rasch aus und der Draht wird dann nicht völlig rund, oder dicker, als er sein soll. Die mit Diamant arbeitenden Drahtziehmaschinen brauchen weniger Bedienung und arbeiten rascher, als solche, die mit anderem Ziehgerät versehen sind. Für das Ziehen der allerfeinsten Drähte ist jeder Ersatz des Diamanten ganz ausgeschlossen. Den Diamanten verwendet man bei uns etwa seit Anfang der achtziger Jahre als Ziehstein. Früher kannte man für diesen Zweck nur den Rubin, der in kleineren Geschäften heute noch den Diamanten vielfach ersetzen muß.

Außer den beiden genannten Ziehsteinen und den Zieheisen aus hartem Stahl verwendet man neuerdings zum Drahtziehen auch verschiedene harte Metallverbindungen, wie Wolfram- und Molybdenkarbid. Ein derartiges Karbid, als Drahtziehstein verwendet, kam in den letzten Jahren unter den Namen Volomit in den Handel. Es soll noch härter sein als Saphir.

Ziehsteine sind für Drahtstärken von 1/10 mm bis 1 mm hauptsächlich bestimmt. Saphir- und Rubin-Ziehsteine dienen zum genauen Ausziehen bereits gezogener Drähte auf eine bestimmte Stärke, sowie zum genauen Rundrichten und Ausgleichen von solchen. Zu diesem Zwecke sind sie wegen ihrer äußerst genauen Bohrung und außerordentlichen Härte besonders geeignet. Der Stein ist aber auch besonders empfindlich gegen unzweckmäßige Behandlung. Wenn eine Bohrung durch starke Benutzung unrund geworden ist, lasse man sie stets wieder neu ausschleifen; die Bohrung wird dann selbstverständlich größer. Die Reparatur ist um so teurer, je stärker der Fehler war. Man kommt daher am besten weg, wenn man jeden durch das Ziehen entstandenen Bohrungsfehler möglichst bald beseitigen läßt.

Das Ziehen der Drähte erfolgt von Hand, auf der Ziehbank oder auf einer Ziehmaschine. Von Hand werden nur dann ausgewalzte Drähte gezogen. Man spannt

dabei das Zieheisen in den Schraubstock und zwar so ein, daß das zu benützende Loch 1 cm oberhalb der Greifkante des Schraubstockes hervorsteht. m Schraubstock wird das Zieheisen wagrecht oder senkrecht eingespannt. Der Draht wird zugefeilt, in das entsprechende

Loch im Zieheisen eingeführt, soweit wie angängig durchgesteckt, dann mit der Ziehzange ergriffen und durchgezogen. Die zum Ziehen benutzten Handzi:hzangen werden in der Länge von 19-40 cm hergestellt, mit langviereckiger, behauener Greiffläche; d r eine Hebelarm derselben ist, des besseren Haltens wegen, nach außen umgebogen. Stärkere Drähte werden auf der Ziehbank gezogen, welche überhaupt vor Einführung der Drahtwalze deren Stelle zu vertreten hatte. Die Ziehbank besteht der Hauptsache nach aus einem hölzernen Bock, auf dessen eiserner Kopfplatte eine besonders konstruierte Zange, die Schleppzange, in welche der zu ziehende Draht eingespannt ist, von einer Kette oder Gurte langsam fortgezogen wird. Am Kopfende der Ziehbank ist das Zieheisen in wagrechter Stellung befestigt. Die Kette oder Gurte wird auf eine Rolle aufgewickelt, welche durch eine Antriebskurbel mit Übersetzung bewegt wird; dadurch wird die Schleppzange fortgezogen und zugleich der Draht durch das Zieheisen gezogen. Der Antrieb der Kurbel erfolgt in der Regel von Hand. Für größere Betriebe werden Ziehbänke benutzt, welche durch Transmission oder Elektromotor bewegt werden. Die Zange wird dabei nicht geschleppt, sondern sie läuft auf Rädern und ist zum selbsttätigen Rücklauf eingerichtet. Sie kann auch zweckmäßig als Parallelzange eingerichtet sein.

Die alte Gmünder Filigranindustrie, die im 17., 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts blühte, bediente sich hölzerner Ziehbänke, deren Mechanik durch Jahrhunderte hindurch gleichgeblieben war, zum Vorziehen des Drahtes bis auf die Stärke von 1-2 mm Durchmesser herunter. Das feine Fertigziehen wurde dann vorgenommen auf einem Werktisch mit hölzernen Trommeln, die in einem Abstand von 1 m sich gegenüberstanden. Über diese wurde der Draht durch ein in der Mitte angebrachtes Zieheisen so oft durchgezogen und aufgewickelt, bis eine Feinheit bis 1/60 mm Stärke erreicht war. Neben den Ziehbänken gibt es auch noch automatische Drahtziehmaschinen; sie sind mit Auf- und Abspulvorrichtung versehen und so konstruiert, daß durch Ausschalten der Übersetzung dünnere Drähte schneller gezogen werden können als stärkere. Kettenfabriken ziehen ihren Bedarf an Draht mit Vorteil auf der automatischen Mehrfachziehmaschine.

Sehr wichtig ist es, sich das Verhältnis klar zu machen, in welchem das Walzen zum Ziehen steht. Bei Doubledrähten ist es zweckmäßig, nicht feiner als 31/2 bis 4 mm zu walzen. Die Ecken des Drahtes sind dann noch stark gebrochen und die Goldauflage hat dann noch eine genügende Stärke; da dieselbe durch das Ziehen weniger in Mitleidenschaft gezogen wird, als durch das Walzen, so ist es besser, früh zum Ziehen überzugehen. Auch für Gold- und Silberdraht ist es bei größeren Quantitäten, also von 1/2 kg aufwärts, vorteilhafter, den Draht nicht feiner walzen zu lassen, als 3,70 bis 3,60 mm viereckig.

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Das ist die Stärke zu 3 mm rund. Der erste Zug macht dann den Draht mit 3,30 mm rund, der zweite mit 3 mm fertig. Im allgemeinen kann man sagen, daß, soweit es sich um die Arbeit auf der Ziehmaschine handelt, das Ziehen rascher fördert, als das Walzen. Um z. B. einen Draht von 3 mm Stärke auf 2 mm zu bringen, muß er sechsmal durch die Walze, aber nur viermal durch das Zieheisen. (Erster Zug 2,60 mm, zweiter Zug 2,35 mm, dritter Zug 2,18 mm, und vierter Zug 2 mm). Um ein weiteres Beispiel zu bringen: Wenn man 1 kg Draht von 2 mm Durchmesser auf 1 mm bringen will, so braucht man mit der Walze 1 Stunde, mit dem Zieheisen 20 Minuten. Bei kleinen Stücken Draht ist es dagegen besser, wenn man ihn möglichst fein herunter walzt, so daß nicht mehr viel gezogen werden muß. In diesem Fall kann durch das Ziehen nichts erspart werden, weil das jedesmalige Einziehen Zeit beansprucht, und weil durch das Anfeilen der Spitzen Metallverlust entsteht.

Wenn der Draht nach einem besondern Querschnitt (Fasson) zu ziehen ist, so walzt man ihn so weit, daß er nach Länge und Breite 0,10 mm stärker ist, als die verlangte Form. Beim Ziehen ist dann das erste und das zweite Loch schwach", also mit geringer Größenabstufung, zu nehmen. Ist der Querschnitt annähernd heraus, so kann man die folgenden Löcher stärker greifen lassen. Beim Ziehen von Fassondraht muß man das schnelle Laufen zu vermeiden suchen. Auch muß man das Schmiermittel (Wachs oder Öl) stärker auftragen. Häufiges und sorgfältiges Glühen des Drahtes ist immer als eine Beschleunigung der Arbeit anzusehen, da man nachher jedesmal stärker ziehen kann.

Beim Arbeiten an der Ziehmaschine ist besonders darauf zu achten, daß der Draht von der ablaufenden Rolle durch das Eisen oder den Ziehstein zur auflaufenden Rolle stets ein Kreuz bildet, d. h. der laufende Draht muß mit der Fläche des Zieheisens genau einen rechten Winkel bilden.

Ehe man den Draht zum Ziehen bringt, wird er geglüht, dann gebeizt oder abgekocht. Vor der weiteren Bearbeitung muß jede Spur von Säure sorgsam entfernt werden, denn diese greift das Loch im Zieheisen an und macht es rasch unbrauchbar, wodurch auch der Draht leicht reißt. Im Großbetrieb läßt man den Draht zu diesem Zweck mit Lappen auf die Ziehtrommel auflaufen, oder man läßt ihn durch eine besondere Putzmaschine laufen, welche ihn zugleich reinigt und trocknet. Ist der Draht so gereinigt, so wird er mit einem Schmiermittel versehen, damit er leicht gleitet und sich nicht erhitzt. Früher wurde dazu allgemein Wachs verwendet, was jedenfalls das reinlichste und beste Schmiermittel bleibt. Es ist aber jetzt so teuer, daß man vielfach zur Verwendung von Öl für die stärkeren und von Seifenwasser für die feineren Drähte übergegangen ist.

Das Qualitätszeichen. Von Syndikus Fritz Hansen-Berlin.

ehr als je muß in unserer Zeit des Wiederaufbaues der Wirtschaft Wert darauf gelegt werden, die Qualitätsarbeit zu heben und zu fördern. Denn nur durch hochwertige Qualitätsarbeit kann unsere Industrie sich gegenüber der Konkurrenz auf dem Weltmarkt behaupten und dem Made in Germany Anerkennung verschaffen. Ein wichtiges Hilfsmittel in diesem Konkurrenzkampf sind lie Warenzeichen, die Fabrikmarken, durch deren Anbringung auf der Ware oder ihrer Umhüllung der Erzeuger deutlich kenntlich gemacht wird. Im Sinne des Gesetzes sind Fabrikmarken Merkzeichen, durch welche kenntlich gemacht werden soll, daß die mit ihnen versehenen Waren

aus der Fabrik oder dem Geschäft eines bestimmten Gewerbetreibenden herstammen."

Ein Warenzeichen muß also geeignet und bestimmt sein, zur Unterscheidung von Waren zu dienen. Es erfüllt aber nicht nur den Zweck, gewerbliche Freibeuter zu verhindern, ihre Waren unter falscher Flagge auf dem Markt einzuführen, indem sie den bekannten Zeicheninhaber als Urheber dieser Waren erscheinen lassen, sondern das Warenzeichen hat auch noch den weiteren Wert, in wirkungsvoller, charakteristischer und künstlerischer Art ausgeführt, für ein Erzeugnis Reklame zu machen.

Mit Recht konnte deshalb die Kommission für das Warenzeichengesetz seinerzeit in ihrem Bericht ausdrücklich darauf hinweisen, daß, wer ein ihm wertvolles Warenzeichen nicht eintragen läßt, die Folgen der Unterlassung sich selbst zuzuschreiben hat und man es dann nicht mehr Unbilligkeit nennen könne, wenn ihm für den Fall der Eintragung des Zeichens durch einen anderen der weitere Gebrauch desselben untersagt wird. Wem deshalb daran gelegen ist, dem großzen Publikum durch eine möglichst kurze, individuell gehaltene Bezeichnung in Wort oder Bild seine Ware vorzustellen, damit das Publikum an diesem Merkzeichen sich die angebotene Ware merkt und auch tatsächlich verlangt, der muß sich dieses Zeichen eintragen lassen.

Dabei ist zu beachten, daß derjenige, der eine große Anzahl Waren fabriziert oder dessen Betrieb auf die mannigfache Ausführung eines einzigen Gewerbes zugeschnitten ist, sich zweckmäßig einer einzigen, möglichst charakteristischen Handelsund Fabrikmarke bedient. Deshalb sehen wir auch bei allen großen Unternehmungen, daß sie ihre Produkte durch Warenzeichen kennzeichnen, und selbst Wiederverkäufer suchen ihrer Ware durch ein Warenzeichen oder eine Fabrikmarke den Stempel der Eigentümlichkeit aufzudrücken.

Auf Grund des alten Markenschutzgesetzes war es nicht immer möglich, auf ein charakteristisches Wortkennzeichen Schutz zu erhalten, und erst das Gesetz zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 gestattet es, durch ein Bild oder ein markantes Phantasiewort eine Ware so zu kennzeichnen, daß sie sich im Gedächtnis des Produzenten leichter einprägt, als die Firma des Fabrikanten. Handel und Industrie haben sich deshalb in umfangreichem Maße des Warenzeichens bedient. Trotzdem befinden wir uns auf diesem Gebiete des Persönlichkeitsrechtes noch zu sehr im Stadium einer keineswegs abgeschlossenen Entwicklung, als daß die Anschauungen sich schon ganz zu festgefügten, keiner Änderung mehr unterworfenen Begriffen kristallisiert hätten. Daher die große Unklarheit, die noch immer über einzelne Bestimmungen des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen besteht und die in zahlreichen Prozessen zum Ausdruck kommt.

So ist es vorgekommen, daß ein Fabrikant sich ein Warenzeichen eintragen ließ, das von einer anderen Fabrik seit Jahren, wenn auch nur gelegentlich, benutzt wurde. Diese ältere Fabrik war der Ansicht, daß es zum Schutze ihres Zeichens vollständig genüge, daß sie die erste sei, die dieses Zeichen führte. Sie glaubte also eine Art Vorbenutzungsrecht zu besitzen, wie es im Patent- und Gebrauchsmusterschutz vorgesehen ist. Der Inhaber der Firma war daher höchst entrüstet, als er davon Kenntnis erhielt, daß das gleiche Zeichen später von einer Konkurrenzfirma angemeldet und in letzter Zeit benutzt wurde. Dabei war aber die Firma, die das Warenzeichen angemeldet hatte, durchaus im Recht. Ein Vorbenutzungsrecht gibt es in bezug auf Warenzeichen im allgemeinen nicht. Diese werden vielmehr erst durch die Eintragung geschützt, so daß nur demjenigen das Recht zusteht, Waren der betreffenden Art oder Verpackung mit dem Warenzeichen zu versehen, wie überhaupt dieses Zeichen zu benutzen, der es angemeldet hat. Dem ersten Benutzer, der die Eintragung des Zeichens versäumt hat, kann die Benutzung des Zeichens verboten werden. Derjenige, der ein Warenzeichen schützen lassen will, muß deshalb verschiedene Punkte des Gesetzes genau beachten, wenn er nicht Gefahr laufen will, daß ihm die Eintragung abgelehnt wird, oder daß ein anderer sich eines ähnlichen Zeichens bedient.

Nach § 5 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnung muß das Patentamt jeden Inhaber eines älteren ähnlichen Zeichens zum Widerspruch auffordern und ihn darauf aufmerksam machen, daß falls er innerhalb eines Monats keinen Widerspruch erhebt, sein Widerspruchsrecht als erloschen zu betrachten ist. Da nur dem Inhaber eines älteren eingetragenen Zeichens nach § 12 das alleinige Recht zusteht, Waren der angemeldeten Art oder ihre Verpackung oder Umgebung mit dem Warenzeichen zu versehen, die so bezeichneten Waren in Verkehr zu setzen, sowie Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen usw. damit zu versehen, so besteht bei der beabsichtigten Benutzung eines neu zu schaffenden Plakats oder einer Etikette usw. große Gefahr, in die Warenzeichenrechte eines anderen einzugreifen. Denn das Reichs

gericht hat den Grundsatz aufgestellt, daß es für die Ähnlichkeit zweier Warenzeichen nicht darauf ankomme, ob Unterschiede bestehen, die nur bei genauerem Zusehen entdeckt werden könnten. Die Frage der Verwechslungsgefahr, so führt das Reichsgericht aus, sei vielmehr vom Standpunkt des kaufenden Publikums aus zu beurteilen und dabei zu berücksichtigen, daß sich den Käufern einer Ware regelmäßig ein Zeichen nicht in alle Einzelheiten einprägt, daß dessen Anblick vielmehr nur ein Erinnerungsbild hinterlassen habe, das zwar die besonders eigentümliche Gestaltung eines Zeichens wiedergebe, Einzelheiten aber nicht festhalte. Deshalb ist bei Entscheidung der Frage, ob Abweichungen die Verwechslung zweier Zeichen „im Verkehr“ ausschließen, an erster Stelle zu berücksichtigen, ob eine Verwechslungsmöglichkeit besteht. Im Verkehr findet eben eine Prüfung auf Einzelheiten durch das Publikum, daß auf eine bestimmte Kennzeichnung Wert legt, allgemein nicht statt. Sie kann auch nicht stattfinden, und wenn die Gefahr einer Verwechselung derart besteht, daß das vorgefundene Zeichen dem Gesamteindruck nach für den Beschauer als das ihm bekannte Warenzeichen gelten kann, so können Abweichungen auch in zahlreichen Einzelheiten die Anwendung der Strafbestimmung nicht ausschließen. Sind also die Abweichungen zwischen dem eingetragenen Warenzeichen und dem neu geschaffenen nicht so groß, daß eine Verwechslung ausgeschlossen ist, so kann es vorkommen, daß ein solches neues Zeichen, obgleich es als individuelle geistige Schöpfung auf Grund des Urheberrechtes Schutz genießt, doch nicht verwendet werden darf, weil das Warenzeichenrecht eines anderen dadurch verletzt werden würde. Deshalb habe ich bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, wie notwendig es ist, jeden Entwurf zu einer Warenausstattung oder Ankündigung, dessen Zeichnung an nahe liegende Motive erinnert, vor der Ausführung zum Warenzeichenschutz anzumelden. Dann erfährt man innerhalb sechs Wochen, ob und welche Firma ähnliche Motive als Warenzeichen bereits besitzt, und kann dann entweder auf die Ausführung des Entwurfs verzichten bzw. ihn völlig ändern lassen, oder aber sich mit der zum Widerspruch berechtigten Firma in Güte einigen.

Den Begriff des sogenannten „Defensivzeichens" kennt das Gesetz nicht. Es geht davon aus, daß nur solche Warenzeichen angemeldet werden sollen, deren sich der Anmeldende in seinem Geschäftsbetriebe zur Unterscheidung seiner Ware von den Waren anderer wirklich bedienen will. Im Verkehr kommt es aber unter Duldung des Patentamtes und der Gerichte vielfach vor, daß Zeicheninhaber neben ihrem eigentlichen, für die wirkliche Benutzung bestimmten Warenzeichen sich ähnliche Zeichen, die sie nicht verwenden wollen, eintragen lassen, um Nachahmungen ihres eigentlichen" Zeichens zu verhindern. Solche Defensivzeichen werden nun in einer in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg nur insofern als gerechtfertigt erklärt, als es sich wirklich um die Sicherung des Schutzbereichs eines zur Benutzung bestimmten Zeichens (Hauptzeichen) handelt. Dagegen gehören dazu nicht solche Zeichen, hinsichtlich deren feststeht, daß sie mit dem zu sichernden Zeichen überhaupt nicht verwechselbar sind.

Aber auch noch andere Bestimmungen des Warenzeichenrechts sind zu beachten. So in erster Linie die Bestimmung, daß die Eintragung zu versagen ist für Freizeichen, die nach Anschauung der beteiligten Verkehrskreise nur die Eigenschaft der Ware, nicht aber ihre Herkunft aus einem bestimmten Verkaufslager charakterisieren. Auch Zeichen, die ausschließlch in Zahlen oder einzelnen Buchstaben bestehen, Wortzeichen, denen die Unterscheidungskraft fehlt, Zeichen, welche öffentliche Wappen aufweisen und ferner solche, die Ärgernis erregende und zur Täuschung geeignete Angaben enthalten, sind von der Eintragung in die Zeichenrolle des Patentamtes ausgeschlossen. Die Erklärung eines Wortes zum Freizeichen erfolgt seitens des Patentamtes erst immer auf Grund eingehender Ermittlungen, da eine umfangreiche Vorbenutzung festgestellt werden muß. Die vom Patentamt ermittelten Freizeichen werden veröffentlicht. Diese VerÖffentlichung kann aber keine Gewähr dafür bieten, daß sie vollständig ist und die veröffentlichten Zeichen frei benützt werden können. Trotzdem wurde eine große Anzahl von bereits eingetragenen Warenzeichen wieder gelöscht, weil sich

herausstellte, daß die betreffenden Zeichen zur Zeit der Anmeldung von vielen Firmen zur Warenbezeichnung benutzt worden waren. Aber auch Zeichen, die nur in Zahlen oder Buchstaben bestehen, dürfen nicht eingetragen werden, ferner sind unzulässig Angaben über Ort, Zeit und Art der Herstellung; auch einfache Beschaffenheitsangaben können nicht geschützt werden, weil es jedem erlaubt sein muß, seine Ware nach ihrer Beschaffenheit zu benennen. Auch Zeichen, die die Wappen eines Staates oder einer Stadt enthalten, sind von der Eintragung ausgeschlossen. Dagegen ist es erlaubt, Teile von Wappen als Zeichen zu führen, was aber, nebenbei bemerkt, mit der Benutzung von Wappen auf Geschäftsdrucksachen nichts zu tun hat. Daraus ergibt sich schon, daß bei der Anmeldung eines Zeichens genau zu prüfen ist, ob für die betreffende Ware nicht schon ein ähnliches Zeichen vorhanden ist. Daß natürlich die Ansichten über die Eintragung seitens des Patentamtes sehr verschieden sind, läßt sich nicht bestreiten. Eine Frage, die für unsere Industrie sehr wichtig ist, besteht darin, ob und wie weit es zulässig ist, Porträts bekannter Persönlichkeiten als Warenzeichen eintragen zu lassen. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, ob die betreffenden Persönlichkeiten mit der Benutzung ihres Bildes in dieser Form einverstanden sind. Denn wenn es sich auch bei diesen Bildnissen um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, für deren Verbreitung und Zurschaustellung nach § 23 des Gesetzes vom 9. Januar 1907 die Erlaubnis der Abgebildeten im allgemeinen nicht erforderlich ist, so kommt doch in Betracht, daß eine Verbreitung und Zurschaustellung von solchen Bildnissen nur dann gestattet ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten nicht verletzt wird. Eine solche Verletzung berechtigter Interessen kann aber eventuell auch in der Verbreitung der Bilder als Warenzeichen liegen. Auch der Name oder Namenszug einer Person darf, wie das Reichsgericht

entschieden hat, ohne deren Genehmigung nicht als Warenzeichen eingetragen werden.

Die Eintragung des Warenzeichens verursacht keine großen Kosten, denn die Gebühr beträgt bei Anmeldung für die ersten zehn Jahre der unbegrenzten Schutzdauer 30 Mark. Es ist daher für jeden Fabrikanten, der Wert auf ein Warenzeichen legt und sich vor Schädigung schützen will, sehr angebracht, die einschlägigen Bestimmungen des Warenzeichengesetzes genau zu beachten und vor allen Dingen die Eintragung des Zeichens nicht zu versäumen. Von den Bestimmungen des Patentamtes über die Anmeldung von Warenzeichen vom 21. Juli 1894 sind die folgenden hervorzuheben: § 1. Die Anmeldung eines Warenzeichens ist in der Form eines schriftlichen Gesuches einzureichen, in welchem die sonst erforderlichen Stücke als Anlagen beizufügen sind. Für jedes angemeldete Zeichen ist ein besonderes Gesuch erforderlich. Das Gesuch muß enthalten:

a) die Angabe des Namens, der Berufsstellung, des Wohnortes oder der Niederlassung des Anmelders,

b) den Antrag, daß das Warenzeichen in die Zeichenrolle eingetragen werde,

c) die Bezeichnung des Geschäftsbetriebes, in welchem das Zeichen verwendet werden soll,

d) ein Verzeichnis der Waren, für welches es bestimmt ist, e) die Erklärung, daß die gesetzliche Gebühr an die Kasse des Patentamtes in Berlin eingezahlt oder gleichzeitig mit der Anmeldung eingehen werde, insofern die Eintragung nicht unentgeltlich zu erfolgen hat (§ 24 des Gesetzes vom 12. Mai 1894).

Der Paragraph 24 des Warenzeichengesetzes behandelt die
Eintragung von Zeichen, die auf Grund eines älteren landes-
gesetzlichen Schutzes in die Zeichenregister nach dem früheren
Gesetze über den Markenschutz eingetragen waren.

Müssen Edelmetallwaren und Uhren unter allen Umständen unter
Wertversicherung versandt werden?

in Juwelier und Uhrmacher in einem thüringischen Orte Silbersachen zum Zwecke der Vornahme von Reparaturen und zwar lediglich unter „Einschreiben". Die Sachen wurden repariert und von der Geraer Firma unter Wertangabe von 500 Mk. zurückgesandt. Das Paket geriet in Verlust, und alle Nachforschungen nach seinem Verbleib waren erfolglos. Die Firma erklärte sich daraufhin bereit, dem Uhrmacher ihre Ersatzansprüche an den Postfiskus abzutreten. Damit war dem Uhrmacher nicht gedient, denn er mußte seinen Kunden die Schmuckstücke ersetzen, die einen weit höheren Wert darstellten, als die Post auf Grund der Wertangabe zu zahlen verpflichtet war. Der Uhrmacher forderte nun den Differenzbetrag von der Firma, weil diese den Wert zu niedrig angegeben habe, also schuld an dem Ausfall sei. Die Firma lehnte das Ansinnen ab mit der Begründung, daß ihr der Uhrmacher keinen Auftrag gegeben habe, die Sachen überhaupt unter Wert zurückzusenden, und daß sie nur aus freien Stücken den Mindestbetrag der Wertsendungen als Wert angegeben, um dem Uhrmacher nicht größere Lasten ohne sein Einverständnis zu bereiten. Die Sachen nur unter „Einschreiben“ zurückzusenden, sei ihr gerecht erschienen, auch habe sie nicht gewußt, welchen effektiven Wert die Gegenstände repräsentierten.

Wie war bisher die Rechtslage?

Wenn der Uhrmacher verlangt hätte, die Sachen unter Wert in bestimmter Höhe zurückzusenden, und die Firma wäre dem nicht nachgekommen, also von dem Auftrag abgewichen, so würde sie selbstverständlich für den entstandenen Schaden in vollem Umfang haften, obwohl an sich ja die Gefahr des Transportes der Empfänger trägt. § 447 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sagt darüber: „Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt, und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich." Was hier vom Kauf gesagt ist, gilt nach § 644, Abs. 2 des BGB. auch für den Werkvertrag bei Reparaturübernahmen. Dieser Fall liegt also klar.

Wie ist es aber, wenn Anweisungen über die Rücksendung überhaupt nicht gegeben worden sind? Bisher war die Rechtsanschauung die, daß der Verkäufer, hier der Unternehmer der Reparaturen, mit der Aufgabe zur Post oder Bahn erfüllt habe und die Gefahr nun auf den Käufer bzw. Besteller übergehe, es sei denn, daß den Versender bei dem Versand ein Verschulden treffe, das den Schaden herbeigeführt habe. Ein solches Verschulden wäre darin zu finden, daß der Absender die Sendung nur unter „Einschreiben“ gehen ließ, obwohl sie ihm unter Wert gesandt worden war, daß er nur eine Wertangabe von 500 Mk. machte, während ihm die Sachen unter Wertangabe von 1500 Mk. gesandt worden waren. In allen diesen Fällen fiele dem Versender ein Verschulden zur Last, weil er nicht die gleiche Vorsicht bei der Versendung anwandte, wie der Auftraggeber, weil er die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und Gewerbetreibenden außer acht ließ. Dagegen wurde immer angenommen, daß bei der Rücksendung keine größere Sorgfalt aufgewandt werden müsse als bei der Sendung, daß also Reparaturstücke, die im einfachen Briefe oder „Eingeschrieben“ oder mit einem bestimmten Werte gesandt würden, in der gleichen Weise zurückgesandt werden könnten. Der Unternehmer sollte nicht verpflichtet sein, eine größere Sorgfalt anzuwenden, als der Besteller selbst in seinen eigenen Angelegenheiten anwende.

Wenn also in unserem Falle die Reparaturstücke unter „Einschreiben“ an die Firma gesandt worden waren, und diese schickte sie mit einer, wenn auch nicht ausreichenden Wertangabe zurück, so tat sie mehr, als sie nach der bisherigen Rechtsanschauung zu tun verpflichtet war, und die Gefahr des Transportes fiel auf den Uhrmacher, der auch den Schaden demnach zu tragen hatte.

Aber die Frage des Verschuldens bei der Versendung hat durch die gewaltige, nie dagewesene Erhöhung der Versendungsgefahr eine Wandlung erfahren. Man hat sich mehr und mehr der Rechtsanschauung zu- gewandt, daß mit Rücksicht auf die durch den Krieg und Revolution geschaffenen unsicheren Zustände jeder Teil verpflichtet ist, die höchste Sorgfalt anzuwenden, und daß dazu auch die Ver

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