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Fragen zur WiederverkaufsBescheinigung im Umsatzsteuergeset. olkswirtschaftlich werden zwei große Gruppen des Handels unterschieden, der Großhandel, den Fabrikanten und Grossisten betreiben, und der Kleinhandel, Detailhandel, der sich zwischen dem Kleinhändler und dem Konsumenten abspielt. Dem Großhändler fällt im Handelsverkehr die wichtigere, wirtschaftlich bedeutungsvollere Rolle zu, und ihm sind deshalb seit alter Zeit immer Vorrechte eingeräumt worden, um seine gemeinnützige Tätigkeit zu fördern. (Roscher-Stieda, Nationalökonomik des Handels, S. 28; Jentsch, Volkswirtschaftslehre, S. 196 ff.) Das ist so geblieben bis heute, wo auch der Kleinhandel mehr und mehr eine wirtschaftlich ins Gewicht fallende ehrenvolle Rolle spielt und über das alte Krämertum und Kleingewerblertum hinausgewachsen ist. Der Unterschied zwischen Groß- und Kleinhandel tritt auch bei gesetzgeberischen Maßnahmen vielfach zutage.

Das frühere Umsatzsteuerrecht, Gesetz über einen Warenumsatzstempel vom 26. Juni 1916, machte keinen Unterschied in der Warenbesteuerung zwischen Großhandel und Kleinhandel. Anders das neue Umsatzsteuergesetz vom 26. Juli 1918 in seinem wesentlichsten Teile, der die Luxussteuer betrifft, von welcher nur der Kleinhandel betroffen wird, während der Großhandel davon befreit bleibt und, soweit er Luxuswaren umsetzt, nur der allgemeinen Steuer von 5 vom Tausend unterworfen ist. Aber der Großhandel soll diese Befreiung nicht schlechthin genießen. Es sollen Garantien geboten werden, daß er nicht etwa selbst detailliert und an den unmittelbaren Konsumenten Waren abgibt. Zu diesem Zweck ist die Bescheinigung eingeführt, aus der hervorgeht, daß die Warenabgabe nur an den ,,mittelbaren Konsumenten", den Wiederverkäufer oder Weiterbearbeiter und Verarbeiter erfolgt.

In unserer Branche sind Zweifel darüber aufgetaucht, ob der Großhandel solche Bescheinigungen verlangen müsse. Wie verhalten sich die §§ 8, 9 und 20 des Umsatzsteuergesetzes zueinander?

§ 8 spricht aus, daß die allgemeine Steuer zur Luxussteuer auf 10% erhöht wird, wenn im Kleinhandel, nicht im Großhandel, der unter § 1 fällt, Edelmetalle, Gold- und Silberwaren, Edelsteine, Perlen, Taschenuhren im Preise über 100 Mk. usw. geliefert werden.

§ 9 gibt nun die Erläuterung zu § 8. Der Gesetzgeber fühlte sich bewogen, zu erklären, was er nicht unter den Kleinhandel rechnet, sondern unter den Großhandel. Wir haben es hier mit einer sogenannten negativen Erläuterung zu tun. Kleinhandel bei Luxuswaren, im Sinne des § 8", soll nicht vorliegen, wenn die Gegenstände zur gewerblichen Weiterveräußerung erworben werden, gleichviel, ob sie vor der Weiterveräußerung verarbeitet oder bearbeitet, oder in derselben Beschaffenheit dem Wiederverkäufer zugeführt werden. Was liegt dann vor? Großhandel! Die Folge ist, daß statt 10% nur 5% Steuer fällig werden. Nun könnte aber der Großhändler leichtgläubig jedem, der ihm erklärt, er sei Goldschmied oder Uhrmacher oder sonst was, auf das ehrliche Gesicht hin Waren abgeben, während eine gewerbliche Weiterveräußerung" gar nicht in Frage kommt. Das wollte der Gesetzgeber vermeiden. Darum verlangt er, daß derjenige, der nur die Steuer für den Großhandel entrichten will, wie § 9 ausdrücklich sagt, „den Sicherungsvorschriften des § 20" genügt haben muß.

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§ 20 ist lediglich als eine Sicherungsvorschrift dagegen anzusehen, daß Verkäufer, die im Kleinhandel verkaufen, auch das Vorrecht des Großhandels für sich unberechtigterweise in Anspruch nehmen.

Nimmt im Falle des § 8, heißt es im § 20, nämlich im Falle der Besteuerung von Luxuswaren mit 10% im Kleinhandel, der Steuerpflichtige Befreiung von der Luxussteuer in Anspruch, weil er eben nicht im Kleinhandel verkauft, sondern die Gegenstände zur gewerblichen Weiterveräußerung abgibt, so muß er sich bei der Bestellung oder der Entnahme der Gegenstände vom Käufer nachweisen lassen, daß die Waren in dessen Geschäft weiterveräußert oder verarbeitet werden. Dieser Nachweis muß ihm durch Vorlegung der behördlichen Bescheinigung geführt werden.

Man hat diese Vorschrift lediglich auf den Aushilfshandel zwischen zwei Kleinhändlern beziehen wollen. Dieser

Handel zur Aushilfe kommt nun zwar bei Gold- und Silberwaren,

Uhren, im Steinhandel usw. vor, d. h. ein Goldschmied oder Uhrmacher hilft wohl einem Kollegen gelegentlich aus, wenn dieser ein bei ihm bestelltes Stück nicht auf Lager hat, aber diese Art von Handel wird weder in den Motiven zum Gesetz berührt, noch ist sie in den Verhandlungen des Ausschusses für den Reichshaushalt und im Reichstag selbst zur Sprache gekommen. Vielmehr wird überall nur der Gegensatz zwischen Groß- und Kleinhandel berührt. Ein Aushilfsverkauf unter Kleinhändlern ist auch in unserer Branche immer nur ein Ausnahmegeschäft und kommt, wie wir auf Umfrage in Erfahrung brachten, bei den Posten 3-11 des § 8 fast überhaupt nicht vor, und für die Goldschmiede und Uhrmacher ist sicherlich der § 20 nicht als Extrabrot gebacken worden. Übrigens ist solcher Handel, allerdings ganz ungerechtfertigterweise, sogar als „Kettenhandel" angesehen worden, wenn der aushelfende Kleinhändler dadurch, daß er einen besonderen Nutzen auch für sich nimmt, den Preis steigert. (Vergl. Alsberg, Kriegswucherstrafrecht, S. 89). Als ob ein solches Geschäft gegen die Anschauungen eines ehrbaren Kaufmanns verstieße! Wie ist aber in solchen Fällen der Verkäufer in bezug auf die Steuer zu beurteilen? Da er an seinen Kollegen zum Weiterverkauf abgibt, hat er nur 500 Steuer, also die allgemeine Umsatzsteuer zu entrichten, während dann den Kollegen die Luxussteuer zu 10% trifft. Er muß sich aber auch in diesem Falle die Bescheinigung vorweisen lassen und sie in sein Verkaufsbuch eintragen. Er gilt für dieses Geschäft als Großhändler.

Das alles ist nicht nur die Meinung der Reichssteuer-Amtsstellen, sondern auch die des Sächsischen Finanzministeriums. Wir haben uns nun weiter über die praktische Handhabung der Bescheinigungs-Vorschriften an zuständiger Stelle eingehend informiert und in mehreren gehabten Besprechungen auch bereitwilligst Auskunft erhalten.

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Danach ist die Angelegenheit in folgender Weise zu behandeln:

1. Die Vorlegung der Bescheinigung seitens des Goldschmieds oder Uhrmachers hat nur einmal, nicht etwa bei jeder Bestellung und Lieferung zu erfolgen. Es genügt, daß dem Grossisten einmal die Bescheinigung übersendet wird, aus der er sich dann die Nummer, die er für sein Lieferungsbuch braucht, notiert. Er sendet dann umgehend die Bescheinigung zurück, und der Goldschmied sendet sie dann wieder einem anderen Lieferanten zu, bis er die Reihe durch ist.

2. Ist dies Verfahren zu umständlich, so kann sich der Kleinhändler von der ihm ausgefertigten Bescheinigung Abschriften anfertigen und diese gerichtlich oder notariell beglaubigen lassen. Diese Abschriften gelten dann dem Grossisten oder Fabrikanten gegenüber ebensoviel wie das Original.

3. Einfache Abschriften ersetzen die Vorlegung des Originals nicht. Der Grossist kann sich mit einer einfachen Abschrift wohl begnügen, er tut es aber auf sein Risiko und hat der gesetzlichen Form nicht genügt.

4. Die Vorlegung der Bescheinigung ist nach § 21 der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz alljährlich zu wiederholen. 5. Wenn der Grossist nun schon jahrelang mit einem Goldschmied oder Uhrmacher in Geschäftsverbindung steht und infolgedessen ganz genau weiß, daß die Waren, die er liefert, zum Weiterverkauf bestimmt sind, so muß er trotzdem die gesetzlichen Formalitäten beachten, so lächerlich es oft erscheinen wird, wenn dies geschieht. Er kann sich wohl von dem Goldschmied die Nummer seiner Bescheinigung sagen lassen und diese in seinem Buche vermerken, ohne die Bescheinigung selbst gesehen zu haben, er kann sich auch mit einer einfachen Abschrift begnügen, aber das alles geschieht auf sein Risiko, und wenn er getäuscht worden ist, wenn der Goldschmied oder Uhrmacher die Bescheinigung gar nicht besitzt, so hat er die Folgen davon zu tragen, denn die Steuerbehörde weiß an der Hand ihrer Liste sofort, ob die Bescheinigung besteht oder nicht. „Es ist alles Vertrauenssache", sagte man uns, wenn sich jemand nicht strikt an die Vorschriften hält, denn er hat sich die Folgen dann selbst zuzuschreiben!"

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6. Welches sind diese Folgen? Alle Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Gesetzes können nach § 38, Abs. 4

mit einer Ordnungsstrafe bis zu 150 Mark belegt werden. Würde sich also herausstellen, daß die Bescheinigung nicht vorhanden ist, und der Grossist geliefert hat, ohne sich über dieselbe vergewissert zu haben, so könnte ihm eine Geldstrafe aufgebrummt werden. Abzusehen ist davon, wenn die Zuwiderhandlung entschuldbarer Art ist. Außerdem aber geht der Grossist der Rechtswohltat der Befreiung von der Luxussteuer verlustig. Er muß vielmehr nun 10% Umsatzsteuer zahlen.

Man hat uns an zuständiger Stelle ohne weiteres zugegeben, daß es unter Umständen wirklich lächerlich wirken wird, wenn ein Grossist von einem Goldschmied, mit dem er Jahrzehnte lang in Geschäftsverbindung steht, die Bescheinigung verlangt, daß er Wiederverkäufer sei. Man hat uns aber darauf hingewiesen, daß unter Umständen auch ein Geschäft veräußert wird, ohne daß der Grossist davon erfährt und infolgedessen eine Bescheinigung an den früheren Besitzer gar nicht mehr erteilt worden ist, der sich aber Waren verschaffen will, um „unter der Hand“ zu verkaufen, also nicht zur gewerblichen Weiterveräußerung erwirbt.

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Aus den Anfängen der deutschen Goldschmiedekunst.

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(Schluß) 'ahlreicher denn je zuvor traten jetzt Freie, Mönche wie Ritter, Bischöfe wie Fürsten in den Dienst der Goldschmiedekunst, und nach den Überlieferungen der zahlreichen Urkunden, welche die gelernten Arbeiter in den Klöstern und den Fronhöfen der Großen erwähnen, nahmen unter den hörigen Handwerkern die Vertreter der in breitester Ausdehnung gepflegten Goldschmiederei überall einen Ehrenplatz ein. Auf den königlichen Domänen durften sie nirgends fehlen; in jedem Ministerium, so bestimmt im Jahre 812 das capitulare de villes, soll der judex, der Amtmann des Haupthofes, tüchtige Handwerker, wie Eisenschmiede, Silberschmiede und Goldschmiede in Arbeit haben. Wie die anderen Gewerbetreibenden, so standen auch hier die Goldschmiede als abgegrenzte Gruppe unter einem ministerialischen Magister, und diese Absonderung, welche die ganze karolingische Dienstumfassung zu einer Schule des Zusammenarbeitens erhob, war gerade für die Goldschmiede ein wichtiges Organ, das die Geheimnisse der schwierigen Gewerbetechnik von Geschlecht zu Geschlecht überlieferte. Unter den Klöstern waren namentlich die der Benediktiner gute Schulen der Metallgewerbe. St. Gallen hatte schon 820 besondere Werkstätten für Goldschmiede, Schmiede, Metalldreher, Schwertfeger, Schilterer, Schleifer usw. und in Corweg finden sich 822 neben Schustern, Walzern, Sattlern, Zimmerleuten etc. Goldschmiede, Grobschmiede, Schilterer, Gießer, Schleifer u. a. m. Die rechtliche Stellung aller dieser unfreien Gewerbetreibenden war eine untergeordnete geblieben, aber doch je nach der Qualität der eigenen Arbeitsleistung und nach der gesellschaftlichen Bedeutung des Fronherrn für die Einzelnen mehr oder weniger günstig geworden; und es ist erklärlich, daß insbesondere den vielbegehrten Goldschmieden die ehrenvollen Aufgaben wie imposanten Leistungen ihres Gewerbes den Weg zu gesicherter sozialer Stellung bahnten. Das Goldschmiedehandwerk selbst erhielt damit einen nachhaltigen Impuls zu rascherer und üppigerer Entfaltung, in der es unter den Strahlen der ottonischen Pracht im zehnten Jahrhundert die herrlichsten Früchte zeitigte. Der byzantinische Prunk und Luxus Theophanes, der Gemahlin Otto I., lief die Goldschmiedearbeit vor Allem in den Sachsenlanden einen erstaunlichen Aufschwung nehmen. Die Werkstätten von Hildesheim, wo Bischof Bernward selbst werktätig war, die Goldschmiedereien von Paderborn, Münster, Minden usw. fertigten Wunder des deutschen Kunsthandwerks. Durch Kauf und als Geschenke kamen die dort entstandenen Arbeiten über das ganze Land, wo sie der Goldschmied des Fronhofs und des Klosters sah, von ihnen lernte und Besseres noch zu gestalten sich bemühte. Nicht nur die fruchtbarsten, sondern auch in ihrer Einwirkung auf alle übrigen Kunstgewerbe sind so die Goldschmiede die einflußreichsten Handwerker der ganzen romanischen Stilzeit geworden. Diese innere Entwicklung und die äußere Entfaltung im Zusammenwirken mit dem sich mehr und mehr ausdehnenden Marktverkehr hatte wie für alle unfreien

Handwerker, so auch für die hofhörigen Goldschmiede die wirtschaftliche Neubildung zur Folge, daß sie gegen Ende des elften Jahrhunderts in reger Weise anfingen, neben dem Dienste am Fronhof für den Markt zu arbeiten. Da jetzt mit der erheblicheren Handelsentwicklung die Arbeit für Andere ihren knechtischen Charakter zu verlieren begann, und ein breiterer Absatz auf dem Markt überdies zu reicherer Einkommensquelle wurde, fanden sich auch mehr und mehr Freie, die berufsmäßig Hand an das edle Goldschmiedegewerbe legten. Neben den Laien sind es aber vorwiegend die conversi fratres barbati der Clugniacenser und Benediktiner, welche der Goldschmiedearbeit in technischer Schulung und künstlerischer Fortbildung eine eingehende Pflege angedeihen ließen. Für die letzteren fanden auch die ersten Aufzeichnungen der mannigfachsten Manipulationen im Handwerksbetrieb statt, von deren Vielseitigkeit und formalen Vervollkommnung im Einzelnen vor Allem die schedula diversarum artium des Benediktiners Theophilus das sprechendste Zeugnis ablegt. Von den fast hundert Kapiteln der schedula, die das ganze Gebiet der bildenden Kunstgewerbe behandelt, umfassen nicht weniger wie etwa die Hälfte die Werkweisen des Goldschmiedes. Und mit Stolz zeigt der Verfasser auf den alle fremde Goldschmiedekunst überstrahlenden Glanz der heimischen Goldschmiederei hin und preist gerade im Hinblick auf sie Deutschland vor allen anderen Ländern als sollers Germania. Die Verwendung der Goldschmiedearbeit im Dienste der Kirche ist gerade für das elfte Jahrhundert wohl von noch höher anzuschlagender Bedeutung wie die Pflege der Goldschmiedearbeit durch die Kirche, obschon Beides kaum streng auseinander zu halten ist. Wenn das Christentum anfänglich der Kunst und dem Glanz überhaupt wenig günstig war und mit rigoroser Tendenz jeder freudigen Unbefangenheit feindselig gegenübertrat, so wies es die Pracht der Goldschmiedekunst am schroffsten von sid. Erst unter den Ottonen erwärmte sich seine Neigung zum Prunk, und erst der Einfluß der Kreuzzüge mit ihren praktischen Erfahrungen und ihrem praktischen Geist machte die Frömmigkeit der Reichen für die Golddekoration der Kirchen fruchtbar. Silberne und goldene Kruzifixe und Altartafeln, Monstranzen und Reliquiarien entstanden im elften Jahrhundert in Menge, und verschwenderisch wurde dem weiten Bedarf der Kirche Genüge getan, bevor noch die Gotik hereindrang, die Städte in ihren Dienst nahm und das Bürgertum berief, die neu erbauten Dome mit aller Goldpracht auszustatten. Auf eine so breite Basis war die deutsdie Goldschmiederei gestellt, als sie im zwölften Jahrhundert erhöhte Bedeutung gewann. Selbstverständlich übten die gewaltigen politischen wie wirtschaftlichen Reformen dieses Jahrhunderts auch auf das Gewerbe eine bestimmende Wirkung aus. Unter den Staufern war eine neue Zeit erstanden, die Städtegründung hatte begonnen und mit ihr die Schaffung zahlloser neuer Märkte, Quellen des Verkehrs und des Wohlstandes und frischer Keime einer intensiven lokalen Gewerbepflege. Im Vordergrunde standen die rheinischen Bischofssitze, die schon seit dem elften Jahrhundert zugleich mit Augsburg, Regensburg, Goslar und einigen anderen Orten sich zu Städten entwickelt hatten, und unter denen insbesondere Cöln und Straßburg weit hervorragten. Die unter einem Magister arbeitenden hofrechtlichen Handwerkerinnungen verloren hier auf dem Wege des Vertrages mit dem Bischof mehr und mehr ihre absolute Rechtlosigkeit und grenzten den Kreis ihrer hofrechtlichen Pflichten und Rechte allseitig ab. Die Verfassung blieb aber insofern noch die alte, als die Beibehaltung eines bischöflichen oder patrizischen Beamten als Vorgesetzten die Innung nicht über die Stellung eines bloßen Organs der bischöflichen oder städtischen Verwaltung hinauskommen ließ. Mit der zunehmenden Bedeutung des Markt-, Münz- und auch des Zollwesens wuchs natürlich auch das Ansehen der diese Institutionen handhabenden Personen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, und zwar erfreuten sich die Münzer auf Grund ihrer verantwortlichen Stellung einer ganz besonderen Bevorzugung. Zu den Münzern gehörten aber fast allgemein die Goldschmiede; sie waren bei dem Arbeitsmaterial und dem künstlerischen Charakter ihres Handwerks gewiß am geeignetsten, als eigentliche Münztechniker fungieren zu können. Schon unter den Merowingern, mit dem Beginn der selbständigen Ausmünzung, sind beide Gewerbe verbunden, und

gemeinsam gehen sie durch die Jahrhunderte aus dem hofrechtlichen Wirtschaftskreis in die Jugendzeit des Städtelebens hinüber. Mit der im dreizehnten Jahrhundert sich mehr und mehr detaillierenden Arbeitsteilung, mit der Festigung der aus den Konflikten zwischen bischöflicher und städtischer Entwicklung hervorgehenden Neubildungen, mit dem Erwachsen der hofhörigen Handwerker zu einem organisierten Verband von mehr oder minder selbständigen, unter einem patrizischen Meister gewerbetreibenden Bürgern, und mit zunehmender Fixierung eines städtischen Gewerberechts mußte sich da, wo Münzer und Goldschmiede in einer hofrechtlichen Innung verbunden waren, sehr bald eine rechtliche Scheidung beider Gewerbe herausbilden. Bei dieser Trennung machten in manchen Städten die Münzer noch Jahrhunderte lang eine Art patrizische Innung aus, während die Goldschmiede, in der Weise anderer früher hofhöriger Handwerker, einen besonderen Gewerbeverein bildeten. Dies ist damit begründet, daß erstere, ursprünglich den Goldschmieden gleichstehend, wohl als Äquivalent für Aushilfe in Geldnot Anteil an der Münze erhalten hatten, zu reichem Besitz emporgestiegen waren, die Münze dann selbst erwarben und so als Münzherren gegenüber den untergeordneten Münzhandwerkern, den Goldschmieden, eine gesellschaftlich hervorragende Stellung einnahmen. Vielfach aber waren, je nach dem Umbildungsprozeß, der sich in den einzelnen Hofwirtschaften und in den städtischen Verfassungen vollzogen hatte, Münzer und Goldschmiede überhaupt nicht streng verbunden und nur wegen der Gleichheit des beiderseitigen Arbeitsmaterials die Goldschmiede auch als selbständige Zunft einer jurisdiktionellen Oberaufsicht des früher ministerialen Münzmeisters unterstellt, oder aber die Goldschmiede waren nach der

1914

Aus der Praxis der Emaillierkunst. Von O. Parkert.

[nter Emaillieren versteht man im allgemeinen die Herstellung

sich aber im Laufe der Zeit alsbald zu einer Dekorierkunst der verschiedensten Stoffe entwickelt. Wir unterscheiden darnach auch Schmelzemaille und sogenannte Kaltemaille.

Unter Schmelzemaille hat man durchsichtige oder undurchsichtige, meist farbige Glasmassen zu verstehen, welche zur Ausschmückung von Metallwaren verschiedener Art dienen. Das Ausgangsmaterial bildet, der sogenannte Emailfluß, d. i. eine farblose, leicht flüssige Glasmasse, welche durch Zusammenmischen von reinem Quarzpulver (weißem Sand), kohlensaurem Kali oder Natron und Bleioxyd gewonnen wird. Durch Zusatz verschiedener Metalloxyde kann dieser Fluß beliebig gefärbt werden. Der gebräuchliche Fluß für durchsichtige Emailsorten setzt sich sammen aus 444 T eisenfreiem Quarzsand, 370 T Bleioxyd, 188 T Pottasche, 3,5 T Braunstein und 1,5 T weißem Arsenik (Gift!).

EHRENTAFEL

FÜR DIE IM KAMPFE FÜR DAS DEUTSCHE VATERLAND GEFALLENEN TAPFEREN HELDEN Leutnant d. R. Adolf Sponsel, Sohn des Bijouteriefabrikanten Alphons Sponsel in Firma A. Voltz-Bier in Hanau, fiel fürs Vaterland. Leutnant d. R. Paul Schweinfurth, Prokurist der Rodi & Wienenberger A.-G. für Bijouterieund Kettenfabrikation in Pforzheim, erlitt den Heldentod.

Leutnant d. R. Erich Niessen, Buchhalter der Bijouterie-Großhandlung Theodor Schmidt in Oberstein, fiel auf dem Felde der Ehre.

Den teuren Toten, die ihr Leben für
uns opferten, ein ehrendes Gedenken!

zünftigen Abtrennung von den Münzherren immer noch als das Manipulationspersonal in der Münzfabrikation tätig, oder endlich die Münze war im Ganzen in die Hände der Goldschmiede übergegangen. In die letzte dieser Klassen gehörten zum Beispiel die Goldschmiede von Basel, wo eben aus diesem Grunde die Münzerhausgenossen, dem Bestande nach ausschließlich Goldschmiede, in der Reihe der Zünfte mitzählten. Der zweiten Klasse waren einzureihen z. B. die Goldschmiede von Augsburg, welche im Stadtrecht um 1276 ausdrücklich neben den „quätern" als Münzer genannt werden, und die von Wien, für welche das Münzbuch Albrechts von Eberstorf technische Vorschriften vorzeichnet; und zur ersten Klasse zählten u. a. die Goldschmiede von Cöln, wo 1259 eine Verordnung des Erzbischofs Konrad das Silberkaufsrecht der Goldschmiede nach Maßgabe des Münzbedarfs regelt und den Einkauf von Silber über das nächste Bedürfnis mit Bestrafung durch den Münzmeister bedroht. Dazu zählten auch die Goldschmiede von Erfurt, die nur unter einem vom Münzmeister gemuteten Zeichen arbeiten durften, dazu auch die von Magdeburg, Braunschweig usw. Die Loslösung aus der Vormundschaft des patrizischen Magisters und die zünftige unter einem bürgerlichen Handwerkermeister oder nur genossenschaftlich sich vollziehende Verselbständigung der deutschen Goldschmiede reicht wohl an keinem Ort über das dreizehnte Jahrhundert zurück. In Braunschweig wurde ihnen 1231 das magisterium operis verliehen, in Cöln erscheint die Goldschmiedezunft zum ersten Male 1259, in Breslau 1298, in Erfurt um 1300, in Magdeburg 1330 usw., bis im Jahre 1362 auch endlich Straßburg als letzte folgte.

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Außerdem benützt man noch durchscheinende Emailsorter, deren Zusammensetzung folgende ist:

Rotemail-95 T Fluf (Grundsubstanz des oben erwähnten durchsichtigen Emails), 12 T Borax, 2 T Braunstein und 1 T Goldpurpur. Blauemail 9 T Flußemail, 1 T Borax, 1,4 Kobaltoxyd. Grünemail - 18 T Fluß, 2,5 T kohlensaures Kupferoxyd, 1,5 T Borax.

Die undurchsichtigen Schmelzemaille werden mit verschiedenen Füllstoffen versetzt. Am gebräuchlichsten ist das Weißemail, welches auch als Ausgangsmaterial für weitere Farbenemaille anerkannt wird. Von besonderer Wichtigkeit ist, daß man bei Herstellung der Farbenemaille immer die reinsten Materiale verwendet, und zwar ist speziell auch darauf zu achten, daß die Mischsubstanzen stets vollständig eisenfrei sind. Für Weißemail gelten folgende Mischsätze: Weißemail A man schmilzt 1 T Zinn mit 1 T Blei, kalziniert die Mischung bei mäßiger Rotgluthitze. Die dabei erhaltene Oxydmasse wird zerrieben, durch Ausschlemmen von den eingemengten Metallteilchen befreit, worauf man das Emailgut mit weißem Sand, gereinigter Pottasche oder kohlensaurem Natron vermischt: Mischverhältnis: 4 T bleihalt. Zinnoxyd, 4 T Sand, 1 T Kochsalz.

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Weißemail B 12 T bleihalt. Zinnoxyd (Verhältnis 6 T Zinn, 5 T Blei), 5,5 T Sand, 4,6 T Pottasche. Die Schmelzbarkeit des Emails wird durch Zusatz von Mennige gefördert.

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Verwendung und Verarbeitung des Schmelzemails. Das Email kann nur in feinstverpulvertem Zustande zur Anwendung kommen. Der Feinheitsgrad des Emails richtet sich daher in erster Reihe mit nach der Körnungsart. Das Email wird also in stählernen Mörsern zerkleinert und in einer Reibschale aus Achat unter Zusatz von Wasser zerrieben. Hierauf wäscht man das Emailgut wiederholt mit Wasser aus, entfernt die obenauf schwimmenden Unreinigkeiten und setzt die Reinigung und Waschung solange fort, bis die über dem Emailsatz liegende Flüssigkeit wasserklar bleibt. Die damit zu verzierenden Metallwaren werden unmittelbar vor dem Arbeitsvorgange schwach geglüht und bis zum Auftragen des Emails in staubdichten Behältern aufbewahrt. Das Auftragen muß möglichst gleichmäßig erfolgen.

Eine gute Bindung des Emailpulvers wird erzielt, wenn es mit Boraxwasser vermischt aufgetragen wird. Gewöhnlich bedürfen die Farben keiner begrenzenden Einfassung, da sie beim Einbrennen höchst selten ineinanderfließen. Bei Metallarbeiten ist aber in der Regel zur Abteilung und Aushebung des Musters diese Abgrenzung oft schon im Metall vorgesehen. Bei dünnen Metallgegenständen bringt man an der Rückseite derselben oft auch eine Emailschicht zur Versteifung der Artikel an. Das Einbrennen des Emails geschieht in Muffelöfen, und zwar ist dabei zu berücksichtigen, daß nie ein größerer Hitzegrad zur Anwendung kommt, als unbedingt zur Schmelzung des Emailguts notwendig ist, da sonst das sogenannte „Ausbraten" erfolgt. Nach erfolgter Abkühlung zeigt sich der Emaildekor in seiner Farbenreinheit mit einem schönen Schmelzglanze, daher auch der Name Schmelzemail zum Gegensatz des Schliffemails, welches in seiner Zusammensetzung durch größere Menge Quarzsandes schwerer schmilzt, weniger Schmelzglanz nach dem Brande aufweist, dafür aber wie Glas geschliffen und poliert werden kann und dann einen äußerst feinen glasartigen Hochglanz annimmt.

Kaltemailfarben werden zur Imitation des echten Schmelzemails angewandt. Meist finden sie bei Stoffen Verwendung, wo ein Einbrennen des Emails unmöglich ist, wie auf Holz, Horn, Kunstmassen usw. Auch hier unterscheidet man zweierlei Qualitätsstufen. Erstens Kaltemailfarben, welche aus gewöhnlichen Erd- oder Mineralfarbstoffen unter Zuhilfenahme von Hartharzlacken hergestellt werden, und Kaltemailfarben mit Kunstlacken. Als Hartharzlacke kommen bei ersteren in Betracht Kopallack in Verbindung mit Damarlack, Zaponlack usw. Speziell die mit Zaponlack verwendeten Emailfarben finden wegen ihres täuschend ähnlichen Aussehens ausgiebige Verwertung. Man hat auch Kaltemailfarben mit Kaseinleimlösungen in den Handel gebracht, welche sich, mit schlechttrocknenden Ölen versetzt, ähnlich wie die Zaponemaille durch große Elastizität auszeichnen.

In neuerer Zeit verwendet man zur Herstellung des sogen. Kunstemails wasserklare Resinitlacklösungen, welche man mit beliebigen Farben zur Imitation des echten Schmelzemails verwendet. Dieses Email wird ebenfalls im Muffelofen einer Temperatur von 60-70 Grad C ausgesetzt, nimmt dann schönen Schmelzglanz an, läßt sich auch polieren und ist ähnlich wie das Glas- oder Schmelzemail vollkommen widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit, Säuren und höhere Temperatureinflüsse, weshalb es in der Industrie mannigfache Verwertung gefunden hat.

Zur großen Münchner Kunstausstellung im Glaspalast 1918.

Wie

Vie in früheren Jahren blieb man auch heuer im Glaspalast", der über 4000 Gemälde und Plastiken enthielt, der trefflichen Gewohnheit treu, neben diesen auch kunstgewerbliche Erzeugnisse auszustellen. Am bedeutsamsten trat in dieser Gruppe wieder die edle Goldschmiedekunst hervor. Was man sah, atmete alles gediegenen Handwerksgeist. Das hervorragendste Stück war ein großer Aufsatz von F. v. Miller, auf den wir an anderer Stelle näher eingehen. Ähnlich prunkvolle Arbeiten, darunter auch Adressen, hatten E. Steinicken, Th. Heiden und Prof. F. Schmidt zur Schau gestellt. Eine Reihe prächtiger Silbergeräte stammen von A. v. Mayerhofer, Wetzlar, Römer u. a. Hier fiel besonders die feine Kultur der Form auf. Von Alfons Ungerer (Pforzheim) und Jos. Poelmann (z. Z. Nürnberg) waren

neben Schmuck ziselierte Etuis bezw. Dosen zu sehen. Viel Auftrieb besaß der Schmuck. Hier möchte man besonders A. v. Mayerhofer hervorheben, der in Gold und Silber Schmuckstücke von edler. Reife und seltenem Geschmack gebaut hatte. Hauser hat seine aparten Email- und Goldarbeiten zu neuen Zielen geführt. Ganz reizvoll in Erfindung und Materialverständnis sind die Arbeiten des jungen F. Mayer. Rothmüller zeigte wieder einige pompöse Schmuckstücke von bekannter Art. Hubert Wilm war durch Emailmalereien gut vertreten, auf die wir schon früher eingegangen sind. Von den Schmuckarbeiten K. J. Bauers werden wir einiges im Kunstteil finden. Sehr erfreulich ist es, daß auch der Verkauf in dieser Abteilung berechtigte Erwartungen erfüllte. Die Ausstellung bestätigte aufs Neue, daß trotz der Kriegsnöte, die Münchner Goldschmiede fest an der Arbeit sind und es verstanden haben, sich einen Nachwuchs von gutem Können und vornehmem, modernem Geschmack zu erziehen. Zum Abschluß der Ausstellung schreiben die „Neuesten Nachrichten": Die Kunstausstellung im Glaspalast ging heute nach viermonatiger Dauer zu Ende. Der rege Besuch, gesteigert noch in den letzten Tagen, ließ ein ungeschwächtes Interesse weiter Kreise an der Kunst und ihren Erzeugnissen erkennen, das sich auch in den außergewöhnlich zahlreichen Verkäufen äußert. Die tüchtigen Geschäftsführer können heute rund 1960 000 Mk. auf der Habenseite buchen, eine in der Geschichte der Münchner Ausstellungen bisher unerreichte Summe, die alle früheren Abschlüsse, auch den vorjährigen, bisher höchsten, in den Schatten stellt. Die Berliner Kunstausstellung hatte nur etwa 600 000 Mk. an Verkaufseinnahmen zu verzeichnen. Wären Kriegsgewinnler, wie viele geglaubt, in der Hauptsache die Abnehmer gewesen, dann müßte wohl die Reichshauptstadt mit ihrem weit regeren Geschäfts- und Verkehrsleben den Vogel abgeschossen haben. Die erfreuliche Anteilnahme an der Kunst ist nicht nur nach der wirtschaftlichen, sie ist auch nach der ethischen Seite zu würdigen; die Deutschen, auf den eigenen Markt angewiesen, haben sich wieder ihrer Künstler erinnert, und die Liebe zu ihren Schöpfungen durch die Tat bekundet. Auch Münchens und Bayerns Kunstgewerbe hat an dem Erträgnis reichen Anteil; er würde sicher noch viel größer sein, wäre nicht gerade auf kunstgewerblichem Gebiete die Beschaffung mehrfach begehrter Gegenstände infolge der Materialschwierigkeiten unmöglich geworden. Selbst die drückenden letzten Nachrichten über die Kriegslage auf dem Balkan haben der Kauflust keinen Abbruch getan.

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A

Die beste Politik.

n dem Ausfall der neunten Kriegsanleihe werden unsere Feinde wie an einem Barometer ablesen, ob wir feststehen oder müde werden, ob wir Vertrauen zu unserer Führung haben oder an uns selber irre werden, ob wir auch nach einem vorübergehenden Rückschlag im Felde die Einmütigkeit und Zähigkeit einer großen Nation zeigen, oder ob wir mit einem Erlahmen im Schlußkampf alle Erfolge dieser Kriegsjahre in Frage stellen. Jedes Nachlassen in unserer finanziellen Opferfreudigkeit würde den Feinden eine Bresche in unserer moralischen Rüstung verraten, und das würde bei ihrem von neuem angeschwollenen Vernichtungswillen das gefährlichste Friedenshindernis sein, das sich denken ließe. Darum muß die neunte Kriegsanleihe zu einer erbarmungslosen Enttäuschung werden für die wohlbekannte feindliche Propaganda, die auf deutsche Uneinigkeit, oder auf ein Matterwerden einst überheblicher Stimmungen spekuliert. Einfache Pflichterfüllung ist also im Augenblick beste Politik. Das ganze Volk muß es wissen, daß es keine wichtigere Unterstützung aller Friedensbestrebungen geben kann, als ein Ergebnis der Kriegsanleihe, das den Feinden die absolute Unzerlösbarkeit unserer inneren Front zu Gemüte führt. Keine der bisherigen Kriegsanleihen hat ein solches moralisches Gewicht gehabt als wie diese! Nur der höchste finanzielle Erfolg wird entscheidend dazu beitragen, das Tor zum Weltfrieden aufzustoßen. Professor Hermann Oncken.

Kunstgewerbliches

Das Preisausschreiben für Reichspostmarken, das das kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart mit den hierfür von der Bank Stahl & Federer A.-G. zur Verfügung gestellten Mitteln veranstaltete, hat seine Entscheidung gefunden. Die Preisrichter, nämlich Olaf Gulbransson (München), Prof. Haustein, Geheimrat Dr. Jessen (Berlin), Geheimrat M. Klinger (Leipzig), Hofrat Koch (Darmstadt), Prof. Dr. Pazaurek und der Direktor der genannten Bank, M. Strauch, konnten allerdings unter den 766 aus allen Teilen Deutschlands, auch von unseren Fronten eingesandten Arbeiten keine mit den in Aussicht genommenen Preisen bedenken, haben aber doch die besten eingelieferten 20 Arbeiten ausgewählt und mit einem Betrag von je 400 Mk. ausgezeichnet. Diese Entwürfe stammen von E. P. Börner (Meißen), M. Eschle (München), C. W. W. Hadank (Berlin), Gertrud Kleinhempel (Bielefeld), H. Lehmann (Hohendölzschen), K. Michel (Berlin), Aenni Müller-Knat (Frankfurt a. M.), Paul Plontke (im Feld), G. Schlipf (Schorndorf), Th. Schwab (Berlin), Otto Ubbelohde (Marburg), A. Uzarski (Düsseldorf), Paul Wenk (Berlin), O. Wirsching (Dachau), Peter Wolbrandt (Crefeld) und J. Wuerst! (München). Ist somit das beabsichtigte Ziel auch nur zum Teile erreicht, da man wohl zahllose ungleich bessere Lösungen, als die gegenwärtige Reichspostmarke, aber doch keine einzige voll überzeugende Lösung gefunden hat, so ist doch eine Fülle ausgezeichneten Materials zusammengekommen, das der Reichspostverwaltung zweifellos nicht nur wichtige Anregungen geben kann, sondern diese auch auf künstlerische Individualitäten hinzulenken vermag, die vielleicht nach weiteren Anstrengungen das zu leisten imstande sein werden, was das ganze deutsche Volk von ihnen erwartet. Sämtliche eingereichten Arbeiten werden im Oktober im kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart zur Ausstellung gelangen und hierauf noch in anderen Städten wenigstens in einer entsprechenden Auswahl vorgelegt werden.

Die Fritz v. Miller-Ausstellung im Kunstgewerbemuseum zu Schw. Gmünd war Gegenstand eines Hauptartikels in der vorigen Nummer. Über das Lebenswerk des ersten Goldschmieds Deutschlands tragen wir noch folgende Einzelheiten nach: Professor Fritz v. Miller hat in den 70er Jahren mit seinen Gehilfen und Schülern erst wieder in der alten handwerklichen Kunst gearbeitet und darin hervorragende Meisterstücke wieder erstellt. Ein gesunder Gedanke beherrscht die ganze Komposition. Der Aufbau seiner Arbeiten ist in schönen Linien klar und großzügig gegliedert. Seine Hohlkörper, Gefäße, zog er wieder mit dem Hammer auf, und gab ihnen durch gewundene Drähte und handgetriebene Ornamentwülste die natürliche Profilierung. Durch sparsame Ornamentierung findet das Auge auf

großen Flächen wohltätige Ruhe. Guter figuraler Schmuck gibt seinen Werken eine besondere Zierde. Fein gewählte Farbschmelze, Edelsteine und geschmackvolle Patinierung vollenden die schöne Arbeit. So bewundern wir acht auserlesene Meisterstücke. Von diesen wollen wir nur erwähnen den mächtigen Hubertusaufsatz. Der stolze Ritter kniet in Andacht vor dem legendenhaften Hirsch unter einem Föhrengebüsch, dessen expressionistische Behandlung, in verlorenem Silberguß, besondere Beachtung verdient. Im Sockel ist der Zwinger für die Jagdmeute untergebracht, die in ihrer naturalistischen Auffassung viel Bewunderung findet. Ein größeres Stück ist der Goldenehochzeitbecher mit der so kunstvoll frei montierten Deckelkrone, die aus dem Flachblech herausgetrieben, als frische, freie Arbeit anmutet. Ganz modern wirkt eine silbergetriebene Kassette durch den einfachen tektonischen Aufbau. Ruhigdezenten Farbschmuck bekommt sie durch die Einlagen des Deckels und der Seitenwände, die das Leben der Fische in der Tiefsee in schillernden Emailfarben vorzaubert. Auch in den anderen schönen Arbeiten waltet prächtig des Künstlers sprudelnde Phantasie. Diese reichen Anregungen in ihrer lebendigen ehrlichen Technik sollen die Edelmetallindustrie geschmacklich schulen und erziehen, sich besonders vor Überladungen des ornamentalen Schmucks zu hüten, und die Wege zu zeigen, dem Edelmetall besondere Reize durch handwerkliche Technik zu geben, die auch in der Industrie noch besser gepflegt werden kann. Diese Ausstellung von kunsthandwerklichen Qualitätsarbeiten ist von der Industrie mit Dank begrüßt worden, was der rege Besuch beweist. Vielfach geben die Fabrikleitungen in der Arbeitszeit ihren besseren Kräften Gelegenheit, die Ausstellung zu besichtigen. Ebenso kamen schon studiumhalber Besuche von Heilbronn und Geislingen; solche von Pforzheim und Hanau sind angesagt.

Allgemeine Rundschau

Zur Wiederanknüpfung von Handelsbeziehungen mit der Ukraine. Wie der Export-Verein im Königreich Sachsen erfährt, soll Firmen, die bereits vor dem Kriege Handelsbeziehungen nach der Ukraine unterhalten haben, kein Hindernis in den Weg gelegt werden, durch ihre Vertreter diese Handelsbeziehungen wieder anzuknüpfen. Nur müssen sich diese Firmen mit der Ausfuhr-G. m. b. H. wegen der Zuschläge verständigen. Übrigens wird der gegenwärtige Bedarf an Einfuhrartikeln nach der Ukraine den Fachverbänden mitgeteilt und diesen dann die Verteilung unter ihre Mitglieder überlassen. Weiter bemerkt der Verein, daß gegenwärtig u. a. eine starke Nachfrage nach billigen Bijouteriewaren vorliegt.

Die hunderttausend Besucher der Leipziger Herbstmesse. Die Schätzung der Besucherzahl der letzten HerbstMustermesse in Leipzig gründete sich auf die vom Meßamt ausgestellten Bescheinigungen für die Fahrt nach Leipzig zu ermäßigtem Preise. Die Zahl von hunderttausend Besuchern findet eine Bestätigung in den Feststellungen der Fahrkartenausgaben in Leipzig. Während der Meßwoche wurden von der sächsischen und der preußischen Fahrkartenausgabe, sowie von der Filiale des Mitteleuropäischen Reisebureaus im Meßamt insgesamt 98 600 ermäßigte Fahrkarten abgegeben. Diejenigen Meßbesucher, die ihre Rückreise erst nach Ablauf der Meßwoche angetreten haben, sind hierbei nicht mitgezählt.

Schmuggel mit Diamanten und Juwelen. Es soll zurzeit mit Diamanten und Juwelen ein umfangreicher Schmuggel getrieben werden. Von zuständiger Seite wird davor gewarnt, wie auch vor dem Ankauf von Personen, bei denen die Vermutung nahe liegt, daß sie durch Schmuggel in den Besitz der Diamanten und Juwelen gelangt sind.

Die Pforzheimer Handelskammer wird bei dem Bundesrat und dem Reichstag wegen der Mängel vorstellig werden, welche die Handhabung des neuen Umsatz- und Luxussteuergesetzes für das Schmuck warengewerbe mit sich bringt. So wird beanstandet, daß auch der Hersteller und der Großhändler den Nachweis über den Wiederverkauf braucht, um nicht der erhöhten Luxussteuer zu unterliegen. Allein für das Schmuckwarengewerbe mit rund 25000 Kleinverkäufern, je mit 100 Bezugsquellen angenommen, wären jährlich rund 2, Millionen Bescheinigungen notwendig. Unmöglich sei für das Schmuck

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