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Die Angehörigen unseres Faches sind sich ihrer Pflicht gegen den Staat voll bewußt und wie alle Volksgenossen bereit, ihren Anteil zu den notwendigen Steuern beizutragen. In den Beratungen der wirtschaftlichen Verbände, Innungen und Vereine unserer Berufe, sowie in den Handelskammern unserer Industriestädte herrschte darum nicht etwa das Bestreben, auf eine gänzliche Befreiung von der Steuer hinzuwirken, sondern vielmehr die ernstliche Erwägung, welche Höhe der Belastung wir ohne Schädigung auf uns nehmen können.

Unter dem geradezu Bestürzung erregenden Eindruck der außergewöhnlichen Forderung von 20%, sowie der berechtigten Befürchtung, daß der Steuerantrag ohne die Anhörung von Sachverständigen kurzerhand zum Gesetz werden könnte, hat man anfangs die Herabminderung des Satzes auf etwa 5-10% als Ausgleich, als eine zu ertragende Belastung betrachtet und angestrebt. Wiederholte Beratungen haben aber ergeben, daß auch dieser herabgeminderte Satz immer noch viel zu hoch ist, im Hinblick darauf, daß wir uns nach dem Kriege völlig geänderten Verhältnissen gegenüber befinden werden. Die reichgewordenen Kriegslieferanten haben teure Schmuckstücke und kostbare Uhren in unseren Lägern zu finden gewußt. Diese Ankäufe sind aber infolge der Kriegsgewinnsteuer so gut wie eingestellt. Es kommt noch hinzu, daß unsere Läger so gut wie ausverkauft sind, und eine Ergänzung infolge der Einfuhrsperre auf Brillanten, Perlen, goldene Uhren, sowie auch dadurch, daß dem Fabrikanten seitens der Reichsbank Gold zu gewerblichen Zwecken für das Inland nicht mehr geliefert wird, weiterhin durch die Beschlagnahme der übrigen Metalle, fast völlig ausgeschlossen ist. Unter diesem Gesichtspunkte würde selbst die höchste Steuer bezüglich ihres Erträgnisses aus unserem Fach ein Fehlschlag sein und trotzdem die Erdrosselung in sich tragen.

In gleicher Weise ist die Einführung jeglicher Freigrenze auf die größten Bedenken gestoßen. Um nun dem Plan des Gesetzentwurfes zu folgen, wurde von der Freigrenze ausgegangen und die Heraufsetzung von 20 Mark auf 100 Mark, sogar auf 500 Mark in Erwägung gezogen. Es hat sich aber herausgestellt, daß das Übel dadurch nicht beseitigt, sondern nur verschoben und sogar vergrößert würde.

Bezüglich der Erhebung der Steuer sind in kaum einem anderen Fach größere Schwierigkeiten als bei uns vorhanden, denn in keinem solchen gibt es so viele Umtausche, An- und Restzahlungen. So würde beispielsweise bei Umtauschen von versteuerten Gegenständen in unversteuerte der bereits gezahlte Steuerbetrag und damit ein Teil seines Gewinnes dem Verkäufer verloren gehen. Um der Steuer zu entgehen, würden auch nicht mehr ganze Bestecke gekauft, sondern diese in kurzen Fristen nach und nach in einzelnen Stücken erworben werden. Ebenso lassen sich Schmucksachen gewissermaßen zerlegt verkaufen, so daß an einem Tag der Anhänger, am andern Tag die Kette erstanden wird. Daß sich die Fabrikation ebenso wie der Handel auf diese Möglichkeiten einrichten würden, erscheint fraglos. Die Steuererklärung seitens des Verkäufers würde darum auf ungeheure Schwierigkeiten und große Ungenauigkeiten stoßen. Ungewollte Steuerhinterziehungen würden die Folge sein, wie auch betrügerischen Maßnahmen Tür und Tor geöffnet wären. Dagegen würde eine allgemeine Abgabe vom Warenumsatz oder Verbrauchssteuer in der Höhe von 1% des gesamten Umsatzes auch in unserm Fach zu dem gewünschten Ziel höheren Erträgnisses führen, ohne Industrie, Handel und Gewerbe zu hemmen.

Daß die Geschäfte der Versteigerer, Pfandleiher, Schieber in Kaffeehäusern u. a. m. ebenfalls herangezogen werden, ist eine dringende Notwendigkeit, da sich diese Kreise bisher schon von jeder oder zum mindesten von einer gerechten Steuerbelastung frei zu machen wußten.

Wir fassen darum unsere wiederholt und eingehend beratenen Vorschläge in folgendem zusammen:

1. Eine Luxussteuer ist grundsätzlich zu verwerfen. Ist ihre Einführung geboten, so hat sie sich nicht auf einige wenige Luxusartikel, sondern auf die Gesamtheit der Luxuserzeugnisse, auf alle Arten des Luxus zu erstrecken, wie beispielsweise Pelze, teure Hüte und Kleider usw.

2. Es werden unter Wegfall jeder Freigrenze und ohne Rücksicht auf Feingehalt sämtliche Schmuckerzeugnisse und Geräte, einschließlich der Herstellungs- und Abänderungsarbeiten, der Edelmetall- und Taschenuhrenindustrie, also Waren aller Metalle und deren Legierungen, z. B. aus Gold, Silber, Platin, Stahl, Nickel, Bronze, ferner vergoldete, versilberte oder verplatinierte oder mit Edelmetallen doublierte Waren, weiterhin alle Edel-,

Halbedel- und Schmucksteine und Perlen, gefaßt und ungefaßt, in echter und unechter Fassung, von ihr ergriffen und der Steuersat auf 1% festgesetzt.

3. Die der Luxussteuer unterworfenen Gegenstände, gleichviel welcher Art und von welcher Seite sie an den Verbraucher übergeben, müssen von der Steuer erfaßt werden, also auch der Verkauf unter Privaten ist steuerpflichtig.

4. Die Steuerberechnung ist im Anschluß und nach Art der Warenumsatzsteuer auf den Kasseneingang festzusetzen, wodurch auch ein Weg gegeben wäre, um die im Handel abschreckend wirkende Bezeichnung „Luxussteuer" zu vermeiden.

Unsere Vorschläge, welche die Ausdehnung der Steuer auf alle dem Luxus dienenden Waren empfehlen und steuertechnisch besser durchführbar sind, werden ein günstigeres Steuerergebnis zeitigen als nach der geplanten Vorlage, ohne das Kunstgewerbe, Uhrmachergewerbe und die Edelmetallindustrie zu gefährden.

Wir bitten, diesen Ausführungen Aufmerksamkeit zu schenken und bei Wiederberatung des Steuerprojektes unserem Vorschlage der Ablehnung der Steuer, und insofern dies nicht angängig, den übrigen Vermittelungsvorschlägen zuzustimmen, auch die Heranziehung von Sachverständigen in Erwägung zu ziehen.

Berlin W 57, November 1917. Kurfürstenstraße 21/22.

Ehrerbietigst

Verband Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede E. V., Berlin.

Deutsche Uhrmacher-Vereinigung, Garantiegemeinschaft Deutscher Uhrmacher E. V., Leipzig.

Freie Vereinigung des Gold- und Silberwarengewerbes zu Berlin.

Verein der Juweliere, Gold- und Silberschmiede von Rheinland und Westfalen. Köln a. Rh.

Verein der Juweliere, Gold- und Silberarbeiter Münchens.

Verein der Juweliere, Gold- und Silberschmiede des Großherzogtums Baden E. V. Karlsruhe i. Baden.

Verband Düsseldorfer Juweliere. Düsseldorf.

Verein der Juweliere, Gold- und Silberschmiede Württembergs E. V. Stuttgart.

Landesverband badischer Uhrmacher. Karlsruhe i. Baden.

Verband der Grossisten des Edelmetallgewerbes E. V., Leipzig.

Verband Deutscher Uhren-Grossisten, Leipzig.

Verein der Stuttgarter Goldwarenfabrikanten, Juweliere und Graveure. Stuttgart.

Verband der Silberwaren - Fabrikanten Deutschlands E.-V., Berlin.

Arbeitgeber-Verband der Edelmetallindustrie für Berlin.

Verein Deutscher Schmuckwarenfreunde E.-V., Crefeld.

Deutsche Goldschmiede Zeitung

Unberechtigter Nachdruck aus dem Inhalt verboten

12. Januar 1918.

Was dem deutschen Handel, insbesondere der Edelmetallbranche, not tut. Betrachtungen am Anfang des neuen Jahres.

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ir hoffen alle, daß das neue Jahr 1918 uns den Frieden bringen wird, der von Osten aus.... ex oriente lux ... seinen Weg zu nehmen scheint. Es gilt damit zu rechnen, selbst wenn wir erleben müßten, daß die Hoffnung trügerisch war. Da tritt an uns im Handel, in der Industrie, im Gewerbe die große Frage heran: Sind wir gerüstet für die Arbeit, die der kommende Frieden von uns fordern wird? Ist die Bahn bereitet, in der das neue Wirtschaftsleben im Lichte des Friedens vorwärts schreiten soll? Wir wollen uns nichts vormachen und offen bekennen, daß es in dieser Beziehung noch viel zu tun gibt und wir nicht viel über das Stadium der Erwägungen hinausgekommen sind. Wir wollen uns aber auch nicht schlechter machen als wir sind und uns eingestehen, daß bereits mehrfache praktische Vorschläge gemacht worden sind, welche auf eine Rüstung von Handel und Industrie für den drohenden Wirtschaftskampf um den Weltmarkt nach dem Kriege abzielen. Als ich kürzlich las, daß der beratende Ausschuß des englischen Handelsamtes es durchgesetzt hat, daß England auf Staatskosten einen Fachmann nach Amerika senden will, um sich über die Aussichten für den englischen Juwelen-, Silberund Alfenidewaren-Handel zu unterrichten, und daß man die gleiche Absicht gegenüber Rußland hege, auch vom Finanzministerium bereits 5000 Pfund für das Studium gewisser Überseemärkte ausgeworfen seien, da fragte ich mich unwillkürlich: Und wie weit sind wir? Wir sind noch nicht über die untersten Sprossen der Leiter hinausgekommen, die uns auf den Baum helfen soll, der goldene Früchte trägt. Was muß geschehn? Der Wirtschaftskampf ist unvermeidlich und Peters hat recht, wir dürfen ihn nicht geringschätzig betrachten. Er wird unsere volle Intelligenz und Tatkraft herausfordern. Der Staatssozialismus, der immer, wo er dominiert, Stillstand, Rückschritt, Verknöcherung, Schema bedeutet, der bürokratisch und damit teuer und schwerfällig arbeitet, kann uns künftig nicht mehr helfen. Seine Aufgabe war nur, die gerechte Verteilung der Rohstoffe und Lebensmittel an alle Glieder des Volkskörpers während des Krieges. Hat er diese Aufgabe nicht mehr zu erfüllen, so hat er für uns abgewirtschaftet und muß dem freien Handel wieder die Herrschaft überlassen, der uns einst den Platz an der Sonne erobert hat. Wir werden eine schwere Konkurrenz auf dem Weltmarkt vorfinden, namentlich das Land der Sterne und Streifen und das Inselreich des Mikado werden uns zu schaffen machen. Da gilt es, die Michelskappe vom Haupte zu ziehen und vom hohen Horste mit Falkenaugen in die Welt zu schauen. Wir werden uns vor allem mehr zu nationaler Wirtschaft erziehen und die Selbstkonkurrenz einschränken müssen, die uns im Ausfuhrhandel viel geschadet hat. Die freie Konkurrenz soll bleiben, aber ein Zusammenschluß der Fabrikanten und Großhändler zu gemeinsamer Exportarbeit, der es verhindert, daß der eine dem andern durch Preisschleudereien und andre Machenschaften das Feld abgräbt, wird mehr. denn je eine Lebensfrage des deutschen Ausfuhrhandels werden. Und unser Außenhandel muß wieder seine volle Kraft entfalten können, wenn unsere Zukunft gesichert sein soll. Frankreich, England und Italien arbeiten bereits daran, uns die Straßen zum Markte Zentral- und Südamerikas für immer zu versperren. Dort hatte sich der deutsche Handel in fünfzehn Jahren, namentlich auf Kosten Frankreichs, verzehnfacht. Das vergift man uns nicht, und wenn der Krieg nicht sowieso gekommen wäre, so hätte man ihn erfinden müssen, wie den Gott Voltaires! Großbritannien, Frankreich, Italien, also große

Märkte, mit denen zu rechnen ist, wollen uns vor geschlossene Türen stellen, so daß wir in der Öffnung weiterer Märkte im Osten und Südosten uns ein Äquivalent suchen müssen, wenn die Verringerung unsres Gesamtaußenhandels nicht allzu fühlbar werden soll. Dazu bedarf es einer Exportpolitik, die sich von den Mängeln befreit, die ihr bisher angehaftet haben. Man hat überhaupt zu wenig Exportpolitik getrieben. Unsern Exporteuren fehlte die richtige Einsicht in die wirtschaftlichen Vorgänge der fremden Staaten, die jeweiligen Bedürfnisse ihres Handels, weil es an einer durchgreifenden Mitwirkung aller amtlichen Vertretungen im Ausland gebrach. Und hier muf die Reform einsetzen.

Wir bedürfen auch für unsere Edelmetallbranche einer intensiven Unterstützung des Ausfuhrhandels seitens der amtlichen Vertretungen, denn wie wir oben sahen, ergreift England bereits Schritte, um uns in der neuen Welt schärfsten Wettbewerb zu bereiten. Wir haben nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Argentinien, Brasilien, Chile, Columbien, Peru, Mexiko, Uruguay, Cuba usw. noch bis in das erste Halbjahr 1914 hinein gute Absätze gehabt, was Goldwaren anlangt; und auch in Tafelgeräten, Schmuckgegenständen aus Silber und Bijouterieen ergab sich mit diesen Staaten ein lohnendes Geschäft. Diese Absatzquellen können wir nicht missen. Wir müssen aber auch mit unseren Pforzheimer, Gmünder, Hanauer, Oberstein - Idarer Erzeugnissen usw. auf ,,Entdeckungsreisen" gehen, um uns für die Ausfälle bei den neutralen Staaten zu decken. Der Klein-Orient wurde bislang, wie auch die Türkei selbst, mit einer gewissen Zaghaftigkeit in den Handelsverkehr einbezogen. Auch mit den Nordlandsstaaten und mit Spanien läßt sich das Geschäft noch einträglicher gestalten, und in Rußland wird der Hunger nach deutschen Waren auch der Edelmetallindustrie zugutekommen.

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1. Berufskonsuln aus dem Stande des Handels und der Industrie, die zu Auskünften über die auswärtigen Marktverhältnisse nicht nur bereit, sondern auch befähigt sind, und denen Handelssachverständige für die einzelnen großen Gruppen unserer Gütererzeugung beigegeben werden, bei denen sich der Exporteur Rat über Warenbedarf, Absatzverhältnisse, Kreditverhältnisse, Rechtsangelegenheiten usw. im Ausland holen kann. Als Experten versagen die deutschen Konsulate heutzutage in den wichtigsten Fragen. Kreditauskünfte werden künftig gerade für den Ausfuhrhandel in Edelmetallen einen unentbehrlichen Faktor bilden.

2. Gründung von Auslands-Handelskammern, mit denen schon einmal in Belgien der Anfang gemacht wurde. Man besaß kein Verständnis für ihre hohe wirtschaftliche Bedeutung, und schließlich ging auch die einzige bestehende Kammer in Brüssel ein. Der deutsche Handel in Übersee muß endlich organisiert werden, wenn er eine gedeihliche Entwickelung finden soll. Als aus Valparaiso, Buenos Aires, Rio de Janeiro und anderen wichtigen Überseehandelsplätzen die Nachricht kam, daß die dort ansässigen deutschen Handelskreise aus eigener Initiative heraus mitten im Kriege „Deutsche Auslands-Handelskammern" gründen, haben wir das mit großer Genugtuung begrüßt. Dabei darf es aber nicht bleiben,

denn diese Institutionen sind privater Natur, und wir bedürfen einer offiziellen Organisation. Es müssen von Reichs wegen solche Handelskammern zur Einführung kommen. Daß diese für uns ein kommerzielles Machtmittel würden, ahnen schon die Engländer. In den „Times“ war zu lesen: „Ein wohlorganisierter Handel in Übersee würde für den deutschen Handel bald ein ebenso festgeschlossener Wall sein, wie ihn heute die Soldaten des Kaisers auf allen Fronten bilden." Daß gut geleitete Handels- und Gewerbekammern die Entwickelung des Wirtschaftslebens begünstigen, sehen auch die Russen jetzt ein, die in jedem Gouvernement solche Kammern errichten wollen. 3. Errichtung eines Reichshandelsamtes. Als der Vorschlag kam, ein Reichshandelsamt zu errichten, hat die deutsche Industrie begeistert zugestimmt. Mit Recht hob dabei Kommerzienrat Emil Kollmar, i. Fa. Kollmar & Jourdan in Pforzheim, hervor, daß es allerdings eine unerläßliche Bedingung sei, daß eine aus dem Handel oder der Industrie hervorgegangene Persönlichkeit an die Spitze dieses Amtes gestellt werde. Auch Geheimer Kommerzienrat Dr. Junghans in Schramberg befürwortete unter gleichen Voraussetzungen die Schaffung eines Reichshandelsamtes. Es soll nach einer Rede Dr. Stresemanns im Reichstag vom 14. Mai 1917 „der wirtschaftliche Generalstab" werden, der im Verein mit dem Auswärtigen Amt unsere Handelsinteressen tatkräftig wahrnimmt und namentlich dem Ausfuhrhandel eine sachkundige, zielbewußte Unterstützung angedeihen läßt. Die Front der auf das Auslandsgeschäft angewiesenen Erwerbtreibenden wird nach dem Kriege gewaltig anschwellen, und was früher in hunderten von Kanälen hinüber und herüber rollte, das wird künftig durch Tausende von Adern und Äderchen fließen. Die deutsche Volkswirtschaft wird in viel umfangreicherem Maße als bisher zum Weltmarkt

Uhlig in Tübingen hat die Bedeutung der schwäbischen Schöpfung trefflich charakterisiert. Die segensreiche Arbeit, welche von den Export-Mustermessen geleistet wird, ist am besten daraus zu ersehen, daß man nach Leipziger Muster auch anderwärts solche Messen einrichten will, obwohl die dadurch entstehende Zersplitterung nicht gutzuheißen ist. Wir erinnern an die neueren Bestrebungen in Wien, Hamburg usw. Für die oben erwähnten Export-Mustermessen hat man in England immer viel Verständnis gezeigt, und die Ausstellung deutscher und Österreichischer Waren in den Musterräumen des Deparment of Comerciel Intelligence in London ist neuerdings wieder um etwa 3000 neue Waren vermehrt worden.

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6. Mitwirkung der Fachpresse durch ExportSondernummern. Wir haben solche Nummern für die Edelmetallbranche wiederholt veranstaltet und dem Ansehen der letzteren im Ausland dadurch nachdrücklich gedient. Solche Auslands-Nummern wären auch in anderen Branchen zu veranstalten, denn sie geben jenseits der schwarzweißroten Grenzpfähle eine leicht zugängliche, zielbewußte Orientierung über die deutsche Produktion auf allen Gebieten, wenn sie mehr sind als ein planloses, spekulatives Anzeigen - Unternehmen ohne bestimmte wirtschaftliche Tendenz.

Wir haben damit gezeigt, was der deutschen Industrie und dem deutschen Handel nottut und was geschehen muß, um uns schnell wieder auf die Höhe zu führen, auf der wir standen, ehe das verderbliche Kriegshorn seine schrillen Töne über die besten Kulturlande der Welt schmetterte.

Pz.

Die Frage der künstlerischen Vorbildung im Edelmetallgewerbe,

drängen, sie wird mit seiner Eroberung oder mit seinem Verlust Wir dürfen wohl voraussetzen, daß unsere Leser die pro

tatsächlich stehen oder fallen. In dem Reichshandelsamt aber soll dazu beigetragen werden, daß wir eine Eroberung zu verzeichnen haben. Hier sollen die Fäden unserer Außenhandelsbeziehungen zusammenkommen, hier soll der Außenhandel einen wirksamen Schutz finden, neue Impulse bekommen, aber auch der Innenhandel eine offizielle Stelle haben, bei der sein Wohl und Wehe aufmerksamer Fürsorge unterworfen ist. Ein besonderes „Außenhandelsamt", eine Zentralstelle nur für den Außenhandel zu schaffen, wie Dr. Apt in einer lesenswerten Schrift befürwortet hat, würde unseres Erachtens nicht das Richtige treffen, wie andererseits eine solche neue Zentralstelle durch das Reichswirtschaftsamt nicht überflüssig wird, da dasselbe bei einer wirklich zweckdienlichen Erfüllung der gestellten Aufgabe sofort überlastet sein würde, sodaß die innere Wirtschaftspolitik darunter leiden müßte. Das Reichshandelsamt müßte auch die Zentralstelle für das Auskunftswesen in Fragen der Zollsätze, des Eisenbahnverkehrs, der Rechtsverhältnisse des Erdballs usw. werden, und die AuslandsHandelskammern würden ihm zu unterstellen sein. Das Ausland spannt bereits, was wir tun werden. Erhalten wir es in dieser Spannung. Organisieren, zentralisieren wir, damit wir uns die „siegende Kraft im Welthandel", um den Titel einer Broschüre von Felix Stahl zu gebrauchen, erhalten.

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4. Die Gründung einer Exportbank im großen Stil wäre ebenfalls ins Auge zu fassen. In Frankreich wurde auf Anregung des Vorstandes französischer Handelskammern im Ausland der Handelsminister bereits wegen einer solchen Gründung interpelliert. Sie sollte auch bei uns den Exportunternehmungen ein finanzielles Fundament geben.

5. Export-Muster-Ausstellungen, welche einen Überblick darüber geben, was im Ausland begehrt wird, in welcher Herstellungsart und Aufmachung es erwünscht ist und wie es mit der Preisbildung steht, würden von unverkennbarem kommerziell-pädagogischem Werte sein, und auch die Gründung des deutschen Auslands-Museums in Stuttgart verdient allseitige Unterstützung, weil uns darin der ganze stoffliche und geistige Kulturbesitz der Auslandsdeutschen vorgeführt werden soll, auf die wir uns nach dem Kriege mehr denn je werden stützen müssen, wenn wir die Punkte ohne Aufenthalt finden wollen, wo der deutsche Ausfuhrhandel die Hebel anzusetzen hat. Indem uns aber ein Spiegelbild des Lebens unserer deutschen Brüder im Ausland gegeben wird, eröffnet sich uns zugleich ein Einblick in das Wesen der Auslandsgebiete selbst, in denen der Auslandsdeutsche tätig ist. Prof.

grammatische Behandlung dieser Frage in unserer Zeitschrift aufmerksam verfolgt haben. Die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer rechtzeitigen Neuorientierung in der Heranbildung des mehr denn je für unser Gewerbe erforderlichen künstlerischen Nachwuchses ist klar, und wenn wir dieser sozusagen bedeutsamsten Frage für die Zukunft des Edelmetallgewerbes einen breiten Raum gegeben haben, so geschah es in der Erkenntnis, daß nicht nur eine Klärung der Anschauungen, sondern auch ein praktisches Ergebnis erzielt werden muß. Wir begannen damit, einige Proben aus der Diskussion zwischen berühmten Vertretern der hohen Kunst über das Thema „Hohe oder angewandte Kunst" in Nr. 35/36 v. J. wiederzugeben und die Aufforderung an die berufenen Vertreter des Edelmetallgewerbes zu richten, nach analogen Meinungsäußerungen über die Ausgestaltung unserer speziellen Fachschulen. Zunächst folgte dann ein Aufsatz des berühmten Altmeisters der Goldschmiedekunst, Prof. Fritz v. Miller (München), worin die Aufgabe der Schule zur Veredelung der praktischen Werkstattausbildung und die Schulung begabter Talente nach den vorbildlichen Arbeiten großer Meister behandelt wurde (Nr. 39/40 v. J.). Auf die tieferen Zusammenhänge der künstlerischen Schulung mit der Erzielung von Qualitätsarbeit und Anpassung an den Auslandsmarkt, ging dann unser kunstgewerblicher Redakteur, Herr Prof. Segmiller, in Nr. 41/42 v. J. ein. Zusammenfassend wurde damit Ausbildung in Fabrik und Schule, Hinaufschraubung der technischen, zeichnerischen und plastisch-darstellenden Fähigkeiten als grundlegende Forderung für das gesamte Schmuck gewerbe aufgestellt. Es folgten zwei Äußerungen aus Geschäftskreisen. Unter Hinweis auf das gegen früher viel kostbarer gewordene Ausbildungsmaterial wurde darin in Nr. 45/46 v. J. erstens dargetan, daß die Ausbildungsarbeit von Werkstatt und Schule ökonomischer und rationeller als bisher gestaltet und manche Einseitigkeit der beiden bisher nebeneinander verlaufenden Richtungen beseitigt werden muß. Wie aber die neue Schmuckkunst zum Allgemeingut der gesamten Schmuckindustrie und damit zur Zukunftshoffnung jeden Zweiges und jeder Niederlassung der letzteren werden kann, das wurde zweitens darin in Nr. 51/52 v. J. gezeigt.

Ein mitten in der Arbeit an unserer Jugend und an der Zukunft des Gewerbes stehender Führer schließt sich in der heutigen Nummer mit der Forderung unverzüglicher Maßnahmen zur vollen Wiederinstandsetzung der Fachschularbeit und vorbereitender Schulbildung für das Hauptgewerbe in allen schmuckerzeugenden Städten an, die keineswegs zu kühn er

scheint. Sehr lehrreich wird auch die Gegenüberstellung der Vorbildung des Nachwuchses im Edelmetallgewerbe in Frankreich und Deutschland wirken, die wir gleichzeitig bringen, und die besonders aktuell wirkt im Zusammenhang mit der von der französischen Konkurrenz geplanten großen Offensive. Weitere, schon in unserer Mappe liegende Arbeiten werden vom „Kulturwert des Werkunterrichts" und von den Lehren handeln, welche aus dem Ganzen zu ziehen sind. Sogar ein vollständiger Lehrplan für Zeichnen und Modellieren" im Sinne aller durch unsere Zeitschrift gegebenen Anregungen liegt uns vor, ausgearbeitet von einem bewährten Fachmann. Haben wir somit das unsrige bald getan, soweit es eine führende Fachzeitschrift kann, so wird es Zeit sein, daß die führenden Persönlichkeiten und Körperschaften aus Industrie, Handel und Gewerbe selbst das ihrige tun zur Durchführung und staatlichen Garantie dessen, was als unerläßlich notwendig gefordert und nachgewiesen wurde.

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Die erste Stufe.

chon vor dem Krieg machten sich in Baden, Bayern, in Hamburg und anderwärts Bestrebungen geltend, die darauf hinzielten, in der Jugend durch den Unterricht für die Qualitätserzeugung Interesse zu erwecken und sie zu einem einwandfreien Einkauf zu erziehen. Dort haben diese Absichten, ebenso wie in Preußen, behördlicherseits lebhafte Anteilnahme erweck', und es wurde vielfach energische Förderung nach dem Krieg durch Abhaltung von Einführungskursen für Lehrer an Volksschulen und Mittelschulen über den geschmackbildenden Unterricht in Aussicht gestellt. Inzwischen hat das bayrische Schularchiv für Zeichnen diese Bestrebungen aufgegriffen und das Institut für wissenschaftliche Projektion von Dr. Franz Stödtner in Berlin zehn Serien über Geschmackskunde mit Erläuterungen herausgegeben, die sich für die Schule und auch für Vereine und Fachkurse zur Vorführung eignen. Die hier gebotenen Lichtbilder enthalten die Werke unserer führenden Kunstgewerbler und Gegenbeispiele. Schon seit längerer Zeit ist dieses Lehrfach an den Kunstgewerbeschulen bezw. Fachschulen in Dresden, Hanau, München, Offenbach, Pforzheim und an der Handelshochschule, sowie an der technischen Hochschule in München segensreich zur Einführung gelangt. Die Geschmackbildung der Jugend, die wir in der Musik und in der Literatur längst nicht mehr missen möchten, erscheint tatsächlich als der einzige erfolgreiche Weg, um den Massen Verständnis für gute Form, Qualität und Farbe zu vermitteln und sie von der schädlichen Bewunderung ausländischer Produktion abzubringen. Die Qualität allein aber ist es, durch die wir den Weltmarkt wieder gewinnen werden.

Erscheint nun dieses Vorgehen im allgemeinen schon bedeutsam, um zu einer wirklichen Kultur unserer Erzeugung zu gelangen, so kommt ihm offenbar an den Hauptmittelpunkten des Kunstgewerbes und der Kunstindustrie noch viel höherer Wert zu.

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Vielfach wurde während des Krieges an unseren Hauptplätzen der Edelmetallindustrie schon der Zeichenunterricht an den Volks- und Mittelschulen stark vernachlässigt, weil man glaubte, ihn leichter entbehren zu können als irgend ein anderes Fach. Man hat sich viel zu wenig vor Augen gehalten, daß diese Lehranstalten in diesem Fall nicht nur die Vermittlung der allgemeinen Bildung zu betätigen, sondern daß sie die Aufgabe haben, in solchen Städten mit vorbereitend für das jeweilige Hauptgewerbe zu wirken. Die Folgen zeigen sich jetzt schon umfangreich genug, indem die Fachschulen, die selbst wiederum einer viel zu starken Beschränkung hinsichtlich des Lehrpersonals unterlagen, ein sehr wenig vorbereitetes Schülermaterial vorfinden. Diese wenig erfreuliche Tatsache wird noch nach Jahren fühlbar sein, gerade in einer Zeit, in der die Industrie so stark wie niemals vorher auf ein gut vorgebildetes Arbeitermaterial angewiesen ist. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, diese Schäden so rasch als möglich auszugleichen; denn gerade der Nachwuchs der nächsten Jahrgänge ist es, der die durch den Krieg entstandenen Lücken vom Zeichner und Techniker bis herab zum Lehrling ergänzen soll. Mit dem ganzen Schwergewicht der wirtschaftlichen Erwägungen müßte darauf gedrungen werden, daß der Zeichenunterricht an all den Anstalten, an denen er ganz ausfiel, unverzüglich wieder

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Fernerhin erscheint die Notwendigkeit, das Augenmerk auf die Einführung des kunstgewerblichen, stilgefühlbildenden Geschmacksunterrichts zu richten, der eng mit dem Zeichenunterricht zu verbinden wäre. Dabei kämen nicht nur jene Schulen in Betracht, die an den Hauptmittelpunkten der Industrie ihren Sitz haben, sondern auch die Schulen jener Orte, aus denen sich ein großer Teil der Arbeiterschaft rekrutiert. Es müßte eine umfassende Organisation geschaffen werden, die in enger Verbindung mit den Zentralpunkten zu arbeiten hätte. Keiner der Lehrbetriebe, die irgendwie mit der Industrie in Verbindung stehen, soll außer Beziehung mit dem allein leitenden Gedanken einer gründlichen Durchbildung unserer Techniker, Goldschmiede, Graveure usw. stehen. Dieser mit dem Zeichenunterricht verbundene Geschmacksunterricht muß von Anfang an auf den Schüler seine erzieherische Wirkung äußern. Das Gefühl für Material, Form und Farbe soll in Stufen in dem zu Erziehenden schon möglichst früh geweckt werden, damit es in ihm schon bis zu einem gewissen Grade gereift ist, wenn er in die höheren Schulen Aufnahme findet. Schon an den einfachsten Gegenständen kann dem Schüler die Schönheit oder Unschönheit des Aufbaues vor Augen gestellt und mit den einfachsten Mitteln können Farbenzusammenstellungen geübt werden. Zeichnerische Fertigkeit, Gefühl für Form und Farbe sind aber die Grundelemente für den Beruf im Edelmetallgewerbe. Die Konzentration unserer zukünftigen Arbeit macht es zur Notwendigkeit, schon jetzt auf diese Zusammenhänge hinzuweisen; denn jetzt stehen wir in der Zeit der Vorbereitung auf die wichtigen Zukunftsaufgaben. Das rege Interesse, das die bisherigen Erörterungen in der „Deutschen Goldschmiede-Zeitung" über die Vorbildung des Nachwuchses in der Edelmetallindustrie allseits gefunden haben, beweist allein die Wichtigkeit der gestreiften Frage. Es liegt auf der Hand, daß die Auswirkung aller künstlerischen Arbeitskräfte in der Industrie nur dann voll zur Geltung gelangen kann, wenn alle Punkte, die irgendwie die Möglichkeit zu einer tieferen Durchdringung der Organisation der Arbeit darbieten, auf ein Ziel hin ausgenutzt werden. Einem roten Faden gleich muß es sich durch alle Entwicklungsstufen des Lehrganges hindurchziehen. Demnach ist der Wunsch begreiflich, daß auch die Bildungsquellen schon in dieser Richtung geleitet werden.

In Frankreich und Deutschland.

ei einem Vergleich der künstlerischen Vorbildung des NachFrankreich muß man sich, um sachlich urteilen zu können, vor allem die Strucktur des ganzen Aufbaues dieser Industrien in beiden Ländern vor Augen halten. Oberflächliche Außerungen, die einerseits die französische Vorbildung weit über die unsere stellen, oder solche, die sie geringschätzig abtun, hört man genug. Zumal die abfällige Beurteilung unsererseits ist recht häufig. Doch kommt es sehr darauf an, von welchem Gesichtspunkt aus man die Bewertung der Erziehung des französischen Goldschmiedelehrlings vornimmt. Für die kommende Zeit des nicht minder harten wirtschaftlichen Krieges wird es daher von besonderem Interesse sein, auch diesem wesentlichen Faktor für die Konkurrenzfähigkeit einer Industrie volles Augenmerk zu schenken.

Unzweifelhaft steht fest, daß Deutschland den Löwenanteil der Gesamteinfuhr im Schmuck in Frankreich bis zum Ausbruch des Krieges sich gesichert hatte, was umso schwerer wiegt, als dabei alle Schmuckarten fast gleichmäßig beteiligt sind. In Doublé und unechten Schmuckwaren lieferte Deutschland die Hälfte bis zu / der Einfuhr aller übrigen Länder, wie aus unserem Aufsatz „Die französische und deutsche Schmuckwarenindustrie in französischer Beleuchtung" (Übersetzung von Dr. Kaesemacher) hervorgeht. Dieser äußerst bedeutsame Erfolg ist aber nicht etwa auf das Versagen der Vorbildung

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Nunmehr läßt sich die Frage, ob die Vorbildung des französischen Goldschmieds auf der Höhe der Anforderungen steht, schon genauer stellen. Sie lautet: Genügt seine Vorbildung für die von ihm geforderte Handarbeit?

Betrachten wir seinen Werdegang. Nach der Elementarschule, auf der im Vergleich zu unserem ausgezeichneten Reformzeichen- und Handfertigkeitsunterricht in diesen Fächern keine besondere tiefschürfende Vorbildung vermittelt wird, besucht er in der Regel eine Art Fachschule, auf der aber gleichfalls nicht so methodisch gearbeitet wird wie an ähnlichen Anstalten in Deutschland. Das hervorstechende Merkmal aber ist seine frühzeitige praktische Arbeit in einer Werkstätte in Paris, in welcher Stadt die Haupterzeugung in Schmuckwaren stattfindet. Diese Werkstatterziehung ist vorzüglich, da diese Kleinbetriebe auf einer bedeutenden künstlerischen Höhe stehen. Die künstlerische Erziehung des jungen französischen Edelschmieds könnte also sehr wohl eine umfassendere und methodisch vertieftere sein. Daß sie aber den Anforderungen auf ihrem Gebiet genügte, beweist der Umstand, daß sie 60% des Inlandes mit Arbeiten versorgte, die wir wegen ihres handwerklichen Charakters nur in geringem Maßstabe herstellen. Weiterhin die Tatsache der sehr hohen französischen Ausfuhr nach Deutschland, von der aus Deutschland wieder große Mengen in andere Länder z. B. Südamerika, Rußland, Skandinavien, Österreich (siehe Berthoud) gehen. Dazu kommt der wichtige Umstand, daf die Formgebung dieser Erzeugnisse auf der Pariser Tradition fuft und sich auf Käuferkreise stützt (auch im Ausland), die eben diese Tradition hochschätzen. Auch ist beachtenswert, daß sich der Nachwuchs aus in Paris geborenen oder doch dort erzogenen Elementen zusammensetzt und dadurch automatisch alle jene Vorteile ausgelöst werden, die das Leben in der Großstadt in künstlerischer Hinsicht voraushat. Diese beiden Momente sind allerdings keineswegs ausschlaggebend, vermögen aber doch einen Teil methodischer Erziehung zum Geschmack zu ersetzen.

Die Situation stellt sich demnach, objektiv betrachtet, folgendermaßen dar: Frankreichs Schmuckerzeugung, deren Tendenz und Art überlieferungsgemäß gleichgeblieben ist, sieht sich von einer ganz anders gearteten, auf Großbetrieb gestützten deutschen Konkurrenz in erheblichem Maße bedroht, auf die es zwar von seinem künstlerischen Standpunkt aus herabblickt, gegen die es aber waffenlos ist. Ein wirksamer Gegendruck wäre nur im Anstreben der gleichen Art des Betriebes, der gleichen finanziellen Gebahrung, der gleich raffinierten Ausnützung von Maschinen und Motoren (die schon wegen der andersgearteten hydrographischen Verhältnisse nicht möglich ist), sowie des hochstehend methodisch ausgebauten Fachunterrichtes erreichbar. Ein aussichtsloser Versuch, denn er bedeutet eine Umwälzung, die nur in Jahrzehnten ausreifen könnte, und der die Festlegung ungeheurer Kapitalien erforderte! Sollten sich manche dieser Faktoren zu Frankreichs Gunsten ändern lassen, so würde letzten Endes das pädagogisch gebildete Fachschullehrerpersonal mangeln, das nur dort zu haben ist, wo sich der gesamte übrige Unterricht auf gleicher jahrzehntelang vorbereiteter Grundlage aufbaut. Aus diesen Gründen dürfte man in Frankreich die Hand davon lassen, der deutschen Konkurrenz auf dem ihr eigenen Gebiet in großem Ausmaße entgegenzutreten.

Umso mehr aber wird man die Eigenart der französischen bodenständigen Schmuckindustrie auszubeuten suchen, die den Hauptwert auf die künstlerische Durchdringung legt und stets gelegt hat. Darauf scheint das Schweigen zu deuten, das sich in allen französischen Be

richten über unser Thema in Hinsicht auf die künstlerische Ausbildung findet. Auffällig ist auch die fast immer anzutreffende Feststellung über die künstlerische Höhe des französischen Schmuckgewerbes. Wir finden sie in neuester Zeit wieder in der von uns gebrachten Abhandlung Berthouds und weiterhin in einem Buche „Agir" des Bürgermeisters von Lyon, Edouard Herriot, in dem er für die Schaffung einer der Leipziger Messe ähnlichen Unternehmung in Lyon energisch eintritt. Er äußert sich sehr zuversichtlich und sagt u. a.: „daß das deutsche Spielzeug, die deutschen Beleuchtungskörper, der Schmuck der Pforzheimer Industrie, die Mannheimer Zelluloidwaren und nicht zuletzt das barbarische deutsche Kunstgewerbe bald aus dem Sattel gehoben und durch bessere, geschmackvollere französische Arbeiten ersetzt sein werden." Diese in solchen Außerungen liegende Stimmung ist beachtenswert, um so mehr, als die oben erwähnte Einfuhr französischer Schmuckwaren nach Deutschland, die deutsche Einfuhr von Schmuck nach Frankreich (nach Berthoud) aufwiegt. Fest steht, daß wir auf Grund unserer Verhältnisse auch hinsichtlich der Vorbildung des Nachwuchses durch geeignete Maßnahmen in der Lage wären, diese französische Einfuhr nach Deutschland stark zu beschneiden und einen großen Teil davon auf unsere eigene Fabrikation zu übertragen. Diese Maßnahmen sind wohl von den in betracht kommenden Stellen längst geprüft.

Für die breitere Öffentlichkeit geht aus den vorliegenden Erwägungen das eine hervor, daß unsere Erzeugung auf dem Gebiet des Schmuckes in bezug auf künstlerische Qualität noch weiter gehoben werden muß, wollen wir den uns wirtschaftsfeindlichen Bewegungen des Auslandes wirksam entgegentreten. Jedenfalls ist es unsere Pflicht, schon jetzt unser Augenmerk auf die Vorbildung des Nachwuchses im Edelmetallgewerbe zu richten. Vielleicht haben wir den durch den Krieg veranlaßten Einschränkungen im Schulbetrieb, nicht nur an den Fachschulen, sondern auch an den Vorschulen, schon zu viel Raum gelassen. Prof. L. S.

Die französische und deutsche
Schmuckwaren-Industrie

in französischer Beleuchtung. Nach, La Bijouterie, l'Orfèvrerie et la Joaillerie" von Jules Berthoud, Docteur en Droit. Übersetzt von Dr. C. Kaesemacher, Syndikus der Handelskammer Pforzheim. (5. Fortsetzung)

c] Das Feingehaltsgesetz.

ach einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der franzö

den der Gold- und

Silberwaren stellt Berthoud fest, daß die französische Schmuckwarenindustrie in ihrer Produktion für den heimischen Markt gebunden ist, keine Ware unter dem Mindestfeingehalt herzustellen, für die Ausfuhr aber volle Freiheit zur Herstellung von Gold- und Silberwaren in allen Feingehalten genießt. Welchen Einfluß hat nun diese gesetzliche Regelung auf die Entwicklung der französischen Schmuckwarenindustrie gehabt? Die Frage wird zunächst für den heimischen Markt beantwortet. An sich scheint völlige Freiheit im Interesse sowohl des Schmuckwarenproduzenten wie des Schmuckwarenverbrauchers zu liegen. Das Gesetz über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren vom 7. November 1797 schreibt aber vom Standpunkt des Verbrauchers der Schmuckwarenproduktion ganz bestimmte Bedingungen vor. Ist es nun aber nicht im Gegenteil der Verbrauch, der die Produktion regelt und wendet sich nicht jedes Gesetz, das dieses Verhältnis umzukehren unternimmt, gegen die Interessen der Produktion selbst?

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Der Zwang zur Herstellung von Waren eines höheren Feingehalts schränkt ganz offensichtlich den Verbrauch ein, und nur die Freiheit der Herstellung von Waren in jedem Feingehalt setzt einen unbeschränkten Kreis von Verbrauchern in den Genuß dieser Produktion, ohne den reichen Verbrauchern irgend einen Zwang aufzulegen, die nach wie vor die teuren Gegenstände kaufen werden. Denn maßgebend werden stets bleiben die Bedürfnisse der Verbraucher aller Klassen und aller Vermögensverhältnisse; nach diesen wird sich die Produktion

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