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Rheinische Bund.

Zehntes heft.

1.

Verordnung die Rechte und Verbindlichkeiten der adelichen Gutsbesiker und ihrer Unterthanen im Großherzogthum Würzburg betreffendend

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Wir Ferdinand, von Gottes Gnaden kaiserli cher Prinz von Oesterreich, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, Erzherzog von Desterreich, Großherzog zu Würzburg, und in Franken Herzog 20. 20.

Die Auflösung der Reichsverfassung und der in derselben gegründeten Verhältnisse der Unserer höchsten Gewalt nunmehr unterworfenen adelichen Gutsbesißer Unsers Großs herzogthums, und ihrer Unterthanen, hat die Nothwendig, keit herbeigeführt, die Rechte und Verbindlichkeiten derselben durch eine eigene landesherrliche Verordnung zu bestimmen. Sie zerfällt der Natur der Sache nach in zwei Haupttheile, von denen der Erste von den Rechten und Verbindlichkeiten der Adelichen, und der Zweite von den rechtlichen Verhälts nissen ihrer Unterthanen handeln wird.

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Die Rechte und Verbindlichkeiten der Adelichen gehen entweder aus ihren persönlichen Standesverhältnissen hervor, oder dieselben entwickeln sich aus ihrer Eigenschaft als Güter: besizer. Der erste Theil Unserer landesherrlichen Verord: 'nungen zerfällt daher wieder in zwei Abschnitte, von denen der Eine ihre persönlichen Rechte und Verbindlichkeiten, der Andere ihre Rechte und Verbindlichkeiten als Güterbe: fizer bestimmen wird.

1. Abschnitt.

Von den persönlichen Rechten und. Verbindlich: keiten der Adelichen.

§. 1. Wer sich bisher im Genusse der Rechte des Adels befand, oder von Uns als adelich anerkannt wird, soll die Rechte des Adels auch in unserem Großherzogthume ge nießen.

6. 2. Unter dem Adel unseres Großherzogthums sind auch jene vormaligen Reichsstände begriffen, deren Besihun: gen Unserer Souverainität unterworfen sind. Die bundes: mäßigen Vorzüge derselben vor den übrigen Adelichen wer den Wir theils im Verfolge dieser Unserer landesherrli chen Deklaration angeben, theils in eigenen Reskripten bes stimmen.

§. 5. In unserem Großherzogthume giebt es keine Korporation des Adels. Derselbe darf weder für sich in eine Korporation treten, weder mit einer auswärtigen Korpora tion sich in Verbindung sezen.

Wir werden auf die Vorstellungen der Einzelnen aus Unserem Adel jederzeit die geeignete landesväterliche Rücksicht nehmen; dagegen untersagen Wir alle Vorstellungen im kol lektirten Namen des Würzburgischen Adels.

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§. 4. Alle Attribute der vormaligen Korporationen, Nechte, Titel, Ehrenzeichen, als da sind die Uniformen, Orden u. dgl., sind erloschen.

Die ehemaligen Direktoren, Räthe, Beamten und Die: ner derselben, welche Uns in Gemäßheit der Verträge mit den betheiligten Souverains zugetheilt werden, sollen nach Maasgabe des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25ten Februar 1803. §. 59. behandelt werden.

Die Kantonsschulden, welche Uns zur Bezahlung über: wiesen werden, sollen wie Landesschulden betrachtet, und die Zinsen bis zu ihrer gänzlichen Bezahlung pünktlich entrichtet werden.

§. 5. Der Adeliche in Unserem Großherzogthume ist ein Staatsbürger, und zwar ein privilegirter Staatsbürger. Als Staatsburger hat er alle Rechte eines solchen. Wir geben demselben insbesondere die bisher beschränkt gewesene Fähigkeit zum Erwerbe bürgerlicher Güter. Dagegen soll derselbe auch alle Verbindlichkeiten eines Staatsbürgers er: fillen, wenn das Geseß ihn nicht ausdrücklich hievon be: freit.

§. 6. Die Privilegien der Adelichen sind folgende: Vor: erst haben dieselben das Recht, die vermöge der Verordnung vom 18ten März d. J. bestimmte Uniform zu tragen.

Jeder volljährig Gewordene hat für sich das Recht hierzu, nicht minder jeder Minderjährige, wenn er wirkli cher Güterbefizer ist. Wer noch nicht volljährig, oder kein wirklicher Güterbesißer ist, bedarf hierzu Unserer ausdrücks lichen Bewilligung.

§. 6. Dem Adelichen steht das Recht auf den priviles girten Gerichtsstand Unseres Hofgerichts für sich, seine Gemahlin und Kinder zu. Ihre Dienstboten sind dem Forum ihres Wohnsißes unterworfen.

6. 8. Das Recht auf diesen privilegirten Gerichtsstand umfaßt alle bürgerlichen und peinlichen Fälle. Sollte ein

vormaliger Reichsstand in einen peinlichen Prozeß verwickelt werden; so werden Wir in Gemäßheit der Bundesakte Art. 28. ein eigenes Aufträgalgericht niedersehen.

§. 9. Ju peinlichen Fällen hat jeder Adeliche das Recht, zu verlangen, daß er vorerst zur schriftlichen Verantwortung gezogen werde, ehe derselbe protokollarisch vernommen wird; es wäre denn, daß die Natur des in Frage kommenden Vers brechens, oder der Gang der Untersuchung die Beobachtung dieser Form unthunlich machte.

§. 10. In Polizeisachen sind die Adelichen den Anord nungen der Lokalpolizeigewalt unterworfen. Die an dieselben ergehenden Weisungen sollen jedoch, eilige Fälle allein aus: genommen, schriftlich ausgefertigt werden,

§. 11. Alle Unsere Stellen, mit Ausnahme Unserer höchsten Landesadministrativ: und Justizstellen, welche ihre Entschließungen in Unserem Namen erlassen, sollen densel ben das Prädikat Herr in ihren Ausfertigungen ertheilen, Den vormaligen Reichsständen soll dieses Prädikat auch von Unseren höchsten Landesstellen gegeben werden.

§. 12. Den adelichen Pupillen, welchen noch keine Vors minder weder durch Vertrag, weder durch eine lehte Wil: lensverordnung bestellt worden sind, soll wenigstens Ein Vor: mund aus dem Adel von Unserem Hofgerichte gegeben werden,

§. 13. Die Familienstatuten der Adelichen, Successions: ordnungen und Fideikommisse, welche von einem der vorma; ligen Reichsgerichte bestätigt worden sind, sollen auch in Zukunft aufrecht erhalten, und von unseren höheren Jus stizstellen bei Beurtheilung ihrer rechtlichen Verhältnisse als erste Entscheidungsnorm zu Grund gelegt werden. Ausge: nommen hievon sind alle Bestimmungen, welche sich auf die erloschene Verfassung des Reichs, oder der vormaligen Kan; tone und auf nicht mehr bestehende Institute beziehen, als welche zwecklos geworden sind, mithin ihre verbindliche Kraft verloren haben.

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Damit Wir aber in volle Kenntniß derselben kommen, sollen beglaubigte Abschriften davon binnen 3 Monaten an Unsere Landesdirektion eingeschickt werden.

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§. 14. Familienftatute, welche von einem der vormali gen Reichsgerichte nicht bestätigt worden sind, können gleich: wohl als vertragsmäßige oder als testamentarische Anordnuns gen, in so fern sie die hierzu erforderlichen geseßlichen Ei: genschaften haben, unter den Kontrahenten, und unter sol chen Personen, welche durch testamentarische Anordnungen gebunden werden können, ihre verbindliche Kraft behaupten.

§. 15. Auch für die Zukunft steht den Adelichen das Recht zu, Familienstatute, Successionsordnungen und Fideis kommiffe zu errichten. Dieselben bedürfen aber zu ihrem Rechtsbestande nothwendig und wesentlich der oberrichterlichen Bestätigung Unseres Hofgerichts, ohne welche sie als nich. tig zu betrachten sind.

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§. 16. Die Statute der ehemaligen ritterschaftlichen Korporationen sind mir der Auflösung derselben erloschen. Kein Adelicher darf sich demnach bei. Rechtsgeschäften, welche vor Auflösung der ritterschaftlichen Korporation noch nicht rechtlich zu Stande gekommen waren, auf dieselben als auf rechtsverbindliche Normen berufen, und kein Richter diesel: ben znm Grunde seiner Entscheidungen nehmen.

§. 17. Bei Beurtheilung der rechtlichen Verhältnisse der Adelichen werden zunächst die Familienstatute, in deren Er manglung die Geseze und Gewohnheiten Unseres Groß: herzogthums u. s. w. zu Grund gelegt.

§. 18. Wenn es sich von der wirklichen gerichtlichen Verfolgung ftrittiger Rechte der Adelichen handelt; so macht der Uebergang ihrer Rechtsstreite von den ehemals zuständig › gewesenen Gerichten an die oberen Gerichte Unseres Groß: herzogthums einige gesetzliche Bestimmungen nöthig. o Werfehen demnach als gefeßliche Regel fest : daß alle Rechtssachen, dey Adelichen, welche bei den, Kantonsgerichten,

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