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§. 91. Den adelichen Gutsbesißern verbleibt der herge brachte Antheil an Bestellung der gemeinen Aemter, z. B. der Schultheißen, Bürgermeisterämter, und an Besekung der Dorfsgerichte; dagegen soll auch den Gemeinden der ih; nen hieran gebührende Antheil nicht entzogen werden. Die Vorstände der Gemeinden sollen übrigens Unserer Landes: direktion jedesmal angezeigt werden.

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§. 92. Den adelichen Gutsbesißern steht das Recht der Aufsicht über die forstmäßige Benutzung der gemeinen Waldungen, auf die Erhaltung und Berichtigung der Dorfs: und Markungsgränzen, auf die Unterhaltung der Wege, Stege und Zäune, mit Ausnahme der Landstraßen und Brücken, auf Wirthshäuser, Biers und Branntweinschenken, Märkte, über Maaß, Elle und Gewicht u. dgl. zu. Auch find dieselben die Polizeitaren, z. B. bei dem Fleisch und Backwerke u. dgl., zu reguliren befugt.

§. 93. Dieselben sind die gebohrnen Vorstände bei den Ortspolizeikommissionen, denen zunächst obliegt, dafür, zu sorgen, daß wahre Arme unterstüßt, Müßige zur Arbeit ans gehalten, Bettler und Vagabunden entfernt gehalten, und die Industrieanstalten erhalten und befördert werden.

§. 94. Dieselben sind befugt und schuldig, nach den bes stehenden Gesetzen und unter der höchsten Oberaufsicht Unserer Landesdirektion, für die Erhaltung und zweckmäßige Benutzung des Gemeindevermögens zu sorgen, und die rich tige Stellung der Gemeinderechnungen zu betreiben. Wegen Einschickung, Revision, Monirung und Verbescheidung der Gemeinderechnungen Unserer adelichen Gutsbesißer sollen aber die Gemeinden derselben Unseren großherzoglichen Gemeinden vollkommen gleich gehalten werden.

Unsere Landesdirektion wird in einem eigenen Aus: schreiben den Vollzug dieser geseßlichen Bestimmung sichern.

§. 95. In Einquartierungs:, Marsch und Lieferungs: fachen sollen dieselben den Verfügungen Unserer Unter

marschkommissariate Folge leisten; die unmittelbare Vollstrek: kung derselben, und die Vertheilung der sich ergebenden Lasten steht aber Unseren adelichen Gutsbesißern zu.

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§. 96. Dieselben bestimmen die zur Bestreitung des ge meinen Aufwandes erforderlichen Anlagen der Eemeinde. Sie sind aber ihre Beschlüsse vor einlangender Genehmi gung Unserer Landesdirektion vollziehen zu lassen nicht befugt.

§. 97. Wir belassen Unseren adelichen Gutsbesißern, jedoch mit Aufhebung aller eine eigene Souverainität anzei genden Feierlichkeiten, das Recht des Kirchweihschußes da, wo sie denselben hergebracht haben, kraft dessen sie schuldig und befugt find, unter Berufung auf Unserè Befehle die angemessenen Polizeiverordnungen zu verkündigen, auf Be: obachtung der Sittlichkeit und guten Ordnung bei Kirchweiz hen zu sehen, und die Zuwiderhandelnden zu bestrafen.

§. 98. In der Erwägung, daß die Kondominate nire gendwo 'schädlicher, als in Polizeisächen, seyen, und daß das öffentliche Wohl gebiete, die kräftige Handhabung aller cines schnellen Vollzuges bedürfenden Polizeianstalten nur Einem Subjekte anzuvertrauen, verordnen und befehlen Wir: daß der Vollzug allgemeiner Landespolizeianstalten (§. 77.), der Dorfs: und Gemeindeordnungen, und die Bestrafung der Zuwiderhandlungen, oder der Unterlassung gebotener Hands lungen (§. 89.), die Erlassung polizeilicher Verfügungen und Anordnungen zum Vollzuge bestehender Gesche (§. 90.), die Aufsicht auf die Erhaltung und Berichtigung der Markungsi gränzen, auf die Unterhaltung der Wege, Stege und Zäune, auf die Wirthshäuser, Schenken und Märkte, auf Maaß, Elle und Gewicht, die Handhabung und der Vollzug der Feuer und Löschanstalten, die Regulirung der Polizeitaren (§. 92,), der Vollzug der in Marsch, Einquartierungs; und Lieferungssachen ergehenden Verfügungen (§. 95.), die Hand: habung des Kirchweihschußes (§. 97.), nur Einem Subjekte,

der bestehenden Kondominatverhältnisse ungeachtet, anvertraut werden sollen.

§. 99. In solchen Orten, wo Uns bisher neben ritters schaftlichen Gutsbesißern das Kondominat zustand, und Un: sere unmittelbaren Unterthanen die Mehrzahl der Einwoh. ner ausmachen, oder die Unterthanen ungetheilt waren, soll Unser nächstgelegenes, Landgericht befugt und schuldig seyn, die §. 98. bestimmten Rechte und Pflichten ausschließend auszuüben; wogegen Wir da, wo die ritterschaftlichen Uns terthanen die Mehrzahl ausmachen, die ausschließende Auss übung dieser Rechte und Pflichten jenem adelichen Gutsbe: fizer überlassen, welcher die meisten Unterthanen zählt..

§. 100. In Orten, wo das Kondominat nur aus adelir chhen Gutsbesitzern bestand, und die Unterthanen getheilt was ren, soll das privilegirte Subjekt gleichmäßig derjenige seyn, welcher die Mehrzahl der Unterthanen hat. Waren aber die Unterthanen bisher ungetheilt, soll von dem Gutsherrn ein Direktoriun gewählt werden, welchem auf das wenigste drei Jahre hindurch die Verwaltung der (§. 98.) bestimmten Zweige der Polizeigewalt überlassen werden soll.

§. 101. Wir belaffen es dagegen, was die (§. 98.) nicht ausdrücklich benennten, oder unter dem daselbst anges nommenen - Gattungsbegriffe nicht zu subsumirenden Zweige der Polizeigewalt betrifft, bei der gemeinschaftlichen Leitung und Verwaltung nach der bisherigen Uebung. Es versteht sich jedoch von selbst, daß Unserem betreffenden Landgerich te bei Leitung und Verwaltung gemeinschaftlicher Angelegens heiten das Direktorium gebühre.

V. Titel.

Von den Rechten, und Verbindlichkeiten der adelis chen Gutsbesißer in Bezug auf die Kirchengewalt.

§. 102. Das den Rittergutsbesißern in Bezug auf ihre katholischen Unterthanen bisher zugestandene jus circa sacra,

und die demselben über ihre protestantischen Unterthanen zu gekommene Kirchen und Episkopalgewalt geht an uns als souverainen Landesherrn über. Die adelichen Gutsbesiker der verschiedenen christlichen Konfessionen, mit den auf ihren Gütern befindlichen Pfarreien und Unterthanen stehen mit allen übrigen Unterthanen, Güterbesißern, Pfarrern und Geistlichen unseres Großherzogthums in einem ganz gleis chen Verhältnisse zu Unserer höchsten Gewalt in Religions: und Kirchensachen, und zu den von diesem Zweige der Staatsgewalt ausgehenden Anordnungen.

§. 103. Was insbesondere die katholischen Gutsbesißer und Unsere katholischen Mediatunterthanen betrifft, mag es bei dieser Assimilirung ihrer kirchlichen Verhältnisse mit jenen unserer übrigen großherzoglichen Unterthanen sein Bewenden haben. Nur wegen Besehung der katholischen Pfarreien auf diesen Rittergütern, und wegen der Aufsicht auf das Vermögen der Gotteshäuser und milden Stiftungen, finden Wir ein und das andere anzuordnen für nöthig.

§. 104. Wenn den adelichen Gutsbesißern das Präsen tationsrecht zu ihren katholischen Gutspfarreien zusteht; so behalten wir uns die Bestätigung des Benannten vor, welche Wir in der Regel nur den aus dem Klerus Unses rer Territorialkirche gewählten Subjekten ertheilen werden.

§. 105. Von den adelichen Gutsbesißern, welche in dem Bezirke ihrer Güter katholische Gotteshäuser und miide Stift tungen haben, sollen Verzeichnisse derselben, mit Beneynung der Stifter und genauer Angabe ihres Vermögens, und der lehten revidirten und abgehörten Rechnung, binnen vier Wochen, von dem Tage der Bekanntmachung dieser Verords nung an, on Unsere Landesdirektion eingeschickt werden, welche ihre oberste Aufsicht über die Gotteshäuser und milde Stiftungen mit der nämlichen Pünktlichkeit, wie über jene in unseren unmittelbaren Befihungen, ausüben wird.

§. 106. Wir belassen Unseren adelichen Gutsbesikern das Recht der Aufsicht auf die Verwaltung des Vermögens der Gotteshäuser und milden Stiftungen, auf die Anordnung und Bestellung der Verwalter und Pfleger, und auf die ge naue und richtige Stellung der Rechnungen. Alle Ausgaben, welche 5 fl. rhein. übersteigen, sollen aber mit einer Ratifis kation Unserer Landesdirektion gedeckt, und die jährlichen Rechnungen eben so, wie dieses von den Rechnungen der Gotteshäuser und milden Stiftungen in Unseren altwürz burgischen Landen verfügt ist, zur Revision, Monirung und Verbescheidung eingeschickt werden.

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§. 107. Unsere höchste Episkopal: und Kirchengewalt über die adelichen Gutsbesißer und ihre Unterthanen, welche der protestautischen Religion zugethan sind, ihre Kirchen und Gotteshäuser, geistliche und alle kirchlichen Gegenstände wers den Wir mit Aufhebung aller bisher bestandenen Konsistor rien einzelner Gutsbesiker von einem protestantischen Konsi storium ausüben lassen. In Sachen, welche zur Konsisto: rialgerichtsbarkeit gehören, soll Unser Höfgericht das Kon: fiftorium seyn, welches demnach alle Desertions; und Ehes scheidungsprozesse, sie betreffen nur die Trennung vom Tisch und Bette, oder des Bandes der Ehe, wie auch die Kons senssupplirungsprozesse, mit Vorbehalt der Berufung an Unsere oberste Justizstelle, zu erledigen, und alle hieraus sich ergebenden Verfügungen zu erlassen hat. Wogegen die Sponsalien und Schwängerungssachen, mit Vorbehalt der Berufung an Unser Hofgericht, von den Patrimonialgerich ten entschieden werden.

. 108. In nicht gerichtlichen Konsistorialsachen, z. B. j. Dispensationsfällen, in Sachen, welche den Gottesdienst, den Wandel der Geistlichen u. dgl. betreffen, verbinden Wir das protestantische Konsistorium mit Unserer Landesdirektion dergestalt, daß dasselbe aus dem Direktor Unserer Regie: rungskammer, einem katholischen und zwei protestantischen

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