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§. 58. In Orten, wo die bürgerliche Gerichtsbarkeit gemeinschaftlich verwaltet wird, soll das Direktorium den Prozeß bis zum Spruche instruiren, und das Urtheil durch die Stimmenmehrheit bestimmt werden. Wo nur zwei Ges richtsherren vorhanden sind, und sich über eine gemeinsame Meinung nicht vereinigen können, oder wo sonst eine Stimmen: mehrheit nicht zu erzielen ist, soll von Unserem Hofges richte einer Unserer Landrichter, oder ein adelicher Patris monialrichter benennet werden, welcher das erste Instanz erkenntniß mit Vorbehalt der Berufung zu erlassen hat.

§. 59. Von den Rechtssprüchen der Patrimonialgerichte geht in bürgerlichen Rechtssachen der Berufungszug an Un ser Hofgericht, und in peinlichen Rechtssachen sollen die gez schlossenen Untersuchungsakten an dasselbe zur Fällung eines rechtlichen Erkenntnisses eingeschickt werden.

§. 6o. Die adelichen Gutsbesitzer, welche das Recht der peinlichen Gerichtsbarkeit haben, sollen für die Herstellung wohl verwahrter, gesunder und menschlicher Gefängnisse sor: gen, und hiezu nachdrücklich angehalten werden; auch sind dieselben in allen Fällen, in welchen der obgleich verurtheilte Inquifit die Untersuchungskosten zu tragen nicht im Stande ist, die Gutsunterthanen aber zur subsidiarischen Bezahlung derselben rechtlich nicht verbunden sind, die Untersuchungs? kosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten schuldig.

§. 61. Unsere Landgerichte und die adelichen Patri monialgerichte sollen sich einander in Erfüllung ihrer Berufss pflichten wechselseitig unterstüßen, und die im Wege der freundschaftlichen Requisition ihnen zukommenden Anträge, z. B. zur Zeugenstellung, alsbald erfüllen. Sollten in peinlichen Fällen mehrere Gerichtsstände, nämlich jener des Wohnorts des begangenen Verbrechens, oder der Arretirung konkurriren; so befehlen Wir, daß der Gerichtsstand des begangenen Verz brechens allen anderen vorgezogen, und der Inkulpat jederz zeit dahin gegen den Ersaß der Kosten ausgeliefert werden soll.

§. 62. Wenn gleich einem adelichen Gutsbesiker die peinliche Gerichtsbarkeit auf, seinem Gute nicht zustehen solls te; so ist desselben Gerichtshalter dennoch schuldig, auf die in seinem Bezirke vorfallenden peinlichen Verbrechen genaue Aufmerksamkeit zu richten, die peinlichen Verbrecher in Ver: haft zu sehen, und summarisch zu vernehmen. Nach 24 Stunden soll er aber dieselben an die kompetente peinliche Gerichtsstelle ausliefern.

§. 63. Die Patrimonialgerichtshalter können als öffent liche Richter von den adelichen Gutsbesißern nicht eigenmächs tig entlassen werden. Die Entfernung von ihrem Amte kann nur wegen eines Vergehens, nach vorhergegangener Unter: suchung und hierauf erlassenem rechtlichen Erkenntnisse Uni seres Hofgerichts, erfolgen.

III Titel.

Bon den Rechten und Verbindlichkeiten der adelis. chen Gutsbesißer in Bezug auf die Verwaltung ihrer Güter und Einkünfte.

§. 64. Der adeliche Gutsbesiker hat das Recht, die Berwaltung seiner Befihungen und Einkünfte in wirthschaft: licher Beziehung, wie er es für gut findet, einzurichten.

Wir sehen diese Einrichtung als lediglich der häuslichen Willkühr unterworfen an, in welche der richterlichen oder Polizeigewalt des Staats nur in den äußersten Fällen einer gemeinschädlichen Verschwendung oder eines gesetzwidrigen Mißbrauchs vorzüglich solcher Erzeugnisse, deren Gebrauch durch eigene Gesetze bestimmt ist, ein Einfluß gebührt.

§. 65. Nach dieser gefeßlich bestätigten Willkühr ist der adeliche Gutsbesiker, befugt, einen Rents oder Oekonomievers walter anzustellen, ohne daß derselbe Unserer landesherrliz chen Bestätigung bedarf.

§. 66. Dem adelichen. Gutsbesiker ist unbenommen, seir nen Oekonomieverwalter nach Gutbefinden zu entlassen, wenn

in dem zwischen jenem und diesem über die Dienstverhältnis se geschlossenen oder zu schließenden Vertrage nicht etwas An: deres bestimmt ist, als in welchem Falle Herr und Diener nach den vertragsmäßigen Rechten beurtheilt werden.

§. 67. Die Oekonomieverwalter oder Rentbeamten der adelichen Gutsbesißer sind so, wie andere bei der Gutsvers waltung angestellte Diener, z. B. Jäger, Förster, der Regel nach der Gerichtsbarkeit der Patrimonialgerichte unterworfen. Wir behalten uns aber vor, auf Suppliziren der adelichen Gutsbesiker, ihren Oekonomieverwaltern und Rentbeamten, wenn dieselben wissenschaftlich gebildete Beamten find, den privilegirten Gerichtsstand Unseres Hofgerichts ausnahms, weise zu bewilligen.

§. 68. Die Dekonomieverwalter, so wie andere bei der Gutsverwaltung angestellte Diener, sind für ihre Personen nicht militairpflichtig. Ihre Söhne sind aber der Militair: fonskription unterworfen; es wäre denn, daß wir densels ben den privilegirten Gerichtsstand, und hiermit auch die Befreiung ihrer Söhne von der Militairpflichtigkeit ausdrück lich bewilligten.

§. 69. Die adelichen Gutsbesiher find befugt, ihre liqui: den Gefälle und keinem Streite unterliegenden Präftationen, z. B. Frohnden, vermittelst des Amtszwanges, jedoch mit Beobachtung der bestehenden Geseße, durch ihre Oekonomie: verwalter erheben und leisten zu lassen. Die Patrimonial beamten sollen ihre Gutsherrschaften, und derselben Rents oder Oekonomiebeamten in Heraustreibung solcher liquiden gutsherrlichen Gefälle mit rechtlichen Zwangsmitteln im Er: fordernißfalle kräftig unterstüßen.

§. 70. Sind aber die Gefälle illiquid, z. B. werden dieselben auf den Grund eines Vertrags erlangt, gegen wel chen den Gutsunterthanen Einreden zustehen; so haben zwar die Gutsherren das Erekutionsrecht nicht; dieselben sind je doch befugt, entweder selbst, oder durch ihre Oekonomiever?

walter, ihre Gutsunterthanen bei ihren Patrimonialgerichten zu belangen; es wäre denn, daß die Patrimonialbeamten zu gleich die Oekonomieverwalter, oder die Gutsbesiker selbst Patrimonialrichter wären. (§. 49.)

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§. 71. Sind die Patrimonialbeamten zugleich Dekono mieverwalter, oder die Gutsherren zugleich Patrimonialrich: ter, soll bei einem entstehenden Rechtsstreite zwischen dem Gutsherren und Gutsunterthanen von jenem die Anzeige an Unser Hofgericht erstattet werden, welches einen Unserer Landrichter, oder einen nahe wohnenden Patrimonialbeamten als Richter erster Instanz benennen wird, um den fragli: - chen Rechtsstreit mit Vorbehalt der Berufung zu entscheis den.

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§. 72. Die adelichen Gutsbesißer sind befugt, ihre ei genthümlichen Forste und Jagden durch ihre eigenen Forst: und Jagdbediente begehen, verwalten und benußen zu lassen; zu dem Ende sich auch ihres eigenen Waldzeichens, zu bedies nen. Dagegen sind dieselben schuldig, die landesherrlichen Forst: und Jagdordnungen pünktlich zu beobachten. Wer dagegen handelt, soll zur Verantwortung gezogen werden, und gewärtigen, daß auf seine Kosten Lokalkommissionen zur Untersuchung und Abstellung der Mißbräuche erkannt wer

den.

§. 73. Als Mittel zum Zwecke einer sorgfältigen und guten Verwaltung steht den adelichen Gutsbesikern das Recht der Forst und Jagdgerichtsbarkeit in den purifizirten Jagd distrikten ihrer Besikungen und eigenthümlichen Forsten zu welche dieselben nach den bestehenden Geseßen durch ihre Patrimonialgerichte auszuüben haben. Kraft derselben sind. die Gutsherren befugt, die Forst: und Jagdfrevel zu unters suchen und zu bestrafen, wenn die Strafe zehn Gulden, oder einen Arrest von acht Tagen nicht übersteigt. Wenn eine höhere Geld oder Gefängniß oder wenn eine Leibstrafe zu erkennen seyn möchte, sollen die Untersuchungsakten an Unser

Hofgericht zur Fällung eines Erkenntnisses eingeschickt wer den.

§. 74. In gemeinschaftlichen Forsten, in welchen Wir neben adelichen Gutsbesißern ungetheilter Miteigenthümer find, soll die Verwaltung der Forstgerichtsbarkeit unseren Landrichtern oder den adelichen Gutsbesitzern ausschließend überlassen werden, je nachdem W'ir oder diese einen' größe: ren Antheil haben. Ist der Antheil gleich, so haben Unsere betreffenden Landgerichte die Forstgerichtsbarkeit ausschließend zu verwalten. In Koppeljagddistrikten, und bei Jagden endlich, welche von adelichen Gutsbesikern in Art einer Dienstbarkeit auf Unserem unmittelbaren Gebiete ausge: übt werden, steht Unseren betreffenden Landgerichten die Jagdgerichtsbarkeit ausschließend zu,

IV. Titel.

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Von den Rechten und Verbindlichkeiten der adelis. chen Gutsbesiger in Bezug auf die Polizeit gewalt.

§. 175. Die adelichen Gutsbesizer sind schuldig, die fou: veraine obere Polizeigewalt des Staates in dem Umkreise ihrer Besitzungen anzuerkennen, und die Anordnung solcher Anstalten, welche sich auf die Bewahrung der Verhältnisse zwischen Uns und Unseren Unterthanen gegen jede Stő: rung beziehen, oder zur Sicherung ihres Erfolgs die mög lichste Gleichförmigkeit in allen Theilen Unseres Landes er: heischen, lediglich von Uns, oder Unserer Landesadminis strativstelle zu gewärtigen; die untere Polizeigewalt aber, welche Wir denselben hiermit bewilligen, um die geseßlichen Verhältnisse ihrer Gutsunterthanen unter sich gegen gemein: schädliche Störungen zu bewahren, nur mit Unterordnung unter Unsere Aufsicht und Befehle, und die bestehenden Landesgesehe auszuüben.

§. 76. Die Anordnung allgemeiner Sicherheits -- und

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