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Jardinière aus der Silberwarenfabrik Aichele & Co., Pforzheim.

heit hat, dass der Junge moralisch streng erzogen, zur Bescheidenheit und Höflichkeit angehalten wurde (letztere beiden Eigenschaften sind hauptsächlich diejenigen, welche unsern heutigen Lehrlingen und Gehilfen ganz besonders fehlen!), verweigere man fortan all und jede Entschädigung an den Lehrling bezw. dessen Angehörige während seiner Lehrzeit. Ein Lehrling verdient nichts und kann nichts verdienen, wenn er etwas lernen soll. Was er eventuell dem Meister in 8 oder 14 Tagen gelegentlich verdient, ruiniert er ihm in einer Stunde, das ist eine Erfahrung, die jeder von sich selber her kennt. Und ist es denn richtig, wenn wir dafür, dass wir dem Lehrling unsere Kenntnisse, unsere Erfahrungen, die uns doch unser schweres Geld kosten, zum Besten geben, dass wir dafür, weil er dieselben gütigst anzunehmen geruht, dafür, dass er uns unsere kostbare Zeit raubt und ab und zu wissentlich oder unwissentlich reichlich für Ärger und Verdruss sorgt, dass wir ihm dafür noch etwas zahlen? Ich habe ja nichts dagegen, dass man einen solchen Burschen, wenn er sich brav führt, ein wöchentliches Taschengeld von 1 Mark steigend bis zu 3 Mark in den 4 Lehrjahren bewilligt, das sei aber, ausser dem Weihnachtsgeschenk, auch alles. Durch ein solches Vorgehen werden wir nur Söhne solcher Eltern zu Lehrlingen bekommen, denen vor allem daran liegt, dass ihr Kind einen tüchtigen Goldschmied zum Lehrherrn erhält und selbst einmal ein tüchtiger Mann und Meister seines Faches wird. Ist es erst einmal allgemein bekannt, dass, wer Goldschmied werden will, von einer Entschädigung oder vom Lohn, wie man heute auch beim Lehrling sagt, absehen muss, so wird in erster Zeit dem Andrang zu unserem Gewerbe abgeholfen werden, das kommt dann unserer über Bedarf vorhandenen Gehilfenschaft zu gut, dann aber werden sich die einsichtsvolleren, für ihre Kinder besorgten Angehörigen als auch das bessere Publikum nur um so mehr für unser Gewerbe interessieren. Der segensreiche Erfolg eines derartigen Vorgehens und Einschreitens gegen die gewissenlose Annahme von Lehrlingen und mangelhafte Fürsorge für dieselben wird dann sein, dass wir nicht nur arbeitsfreudige und arbeitstüchtige Gehilfen erhalten, sondern wir werden Gehilfen erhalten, welche sich eines wohlanständigen, ehrerbietigen und freundlichen Tones dem Prinzipal gegenüber befleissigen, solche Gehilfen, welche einen grossen Teil ihrer Ehre darin suchen, an der Hebung des Ansehens der im Argen liegenden Gehilfenschaft insbesondere und an dem edlen Goldschmiedegewerbe im allgemeinen mit thätig zu sein.

Den jetzigen Gehilfen aber, hauptsächlich denen, welche im Fahrwasser der modernen Bewegung schwimmen und sich ins Schlepptan einzelner gewissenloser, mit sich selbst unzufriedener oder von der gen. Bewegung sich gute Tage" machender Ge

hilfen nehmen liessen, denen, welchen eine Zeitung verhetzenden und zweifelhaften Inhaltes lieber ist, als eine geistanregende und fortbildende Fachlitteratur, denen sei es nahe gelegt, doch einmal einen Versuch damit zu machen, mit den Prinzipalen Hand in Hand" zu gehen, denselben nicht nur „Arbeiter", sondern Gehilfe" wie ehedem zu sein. Durch ein freundliches, zuvorkommendes Wesen, durch ein Sichanpassen an den Prinzipal versuche man beide, gewiss nicht beneidenswerten, Lagen zunächst erträglich zu gestalten. Ist ein derartiges Verhältnis erst einmal erreicht, alsdann lässt sich gewiss eine Klärung herbeiführen, denn schliesslich dürfen die Gehilfen überzeugt sein, dass bei einem einigen Zusammengehen der Meister und Gehilfen den sogen. wenig anständigen und rücksichtslosen Prinzipalen, welche durch Schleuderpreise und sonstige unlautere Manipulationen sich einzuführen versuchen und zu diesem Zweck erbärmliche Löhne zahlen, dass solchen,,Strebern" dann recht gut beizukommen ist.

Ich bin der festen Überzeugung, dass bei einem engen Zusammenschluss und beiderseitigen guten Willen es dann wieder eine Freude sein wird, einen Gehilfen beschäftigen zu können, mit ihm Meinungen auszutauschen und eine Stütze, einen Berater in seinem Berufe zu haben, während unter den jetzt obwaltenden Umständen einem jeden Prinzipal vor dem Augenblick bangt, einen Gehilfen beschäftigen zu müssen, der durch sein mürrisches, respektwidriges Betragen, durch ein Beeinflussen, Verhetzen der oder des Lehrlings dem Meister die Freude an der Arbeit raubt.

Dass es also eine zwingende Notwendigkeit ist, für eine Regelung, eine Besserung im Lehrlings- und Gehilfenwesen bedacht, ernstlich bedacht zu sein, darüber wird unter allen Meistern kein Zweifel herrschen. Die freien und die Zwangsinnungen in den wenigen Städten unseres grossen deutschen Reiches allein können hierzu nichts thun, wohl aber die Goldschmiede, wenn sie allerorten zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefügt werden, wozu schon in voriger Nummer dieses Blattes aufgefordert wurde. Zur Besserung unserer Lage aber würde nicht zum wenigsten die Heranziehung sorgfältig ausgewählter Elemente zum Goldschmiedsgewerbe ,,ohne jede Entschädigung beitragen. Dass die Lehrlinge bezw. deren Angehörige aber auch eine gewisse Garantie haben müssen, dass von Seiten des Lehrherrn auch genügend Sorgfalt auf ihre Ausbildung verwendet wird, versteht sich von selbst. Diese wird ihnen durch die Lehrlingsaufsichts-Kommission, wie solche schon heute in den Zwangsinnungen besteht, in genügender Weise zu Teil. Darum rufe auch ich: „Schliesst euch zusammen, deutsche Goldschmiede, zu einem einheitlichen Ganzen. Dadurch allein hebt ihr das Handwerk, fördert ihr die Kunst, schafft euch wieder ein erträgliches Dasein, Freude und Lust an der Arbeit!“

Elektrogravüre.

(Schluss.)

Noch rechtzeitig konnte die nunmehr tadellos funktionierende Maschine hergestellt werden, um auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt zu werden und die Generalprobe zu bestehen. Unser nachstehendes Vollbild giebt dieselbe wieder in der Ausführung, wie sie von der zur Verwertung der neuen Erfindung neubegründeten Gesellschaft, der Electrogravüre" G. m. b. H. in Leipzig-Sellerhausen, gebaut und in den Handel gebracht wird.

Wir geben die Beschreibung derselben nach einer vom Erfinder selbst gegebenen Ausführung:

Das in einem Gusseisenrahmen mit zwei Konusschrauben befestigte Gipsmodell ruht auf einem vertikal durch einen Excenter beweglichen Tisch. Über diesem Modelltisch befindet sich die in ihrer Gesamthöhe verstellbare Einspannplatte für das zu

ätzende Metallstück. Eine eigene Vorrichtung ermöglicht das genau parallele Einstellen der Platte zum Modell. Hinter dem Tische befindet sich ein Wagen mit einer rotierenden Bürste. Die Maschine funktioniert derart, dass sie mittelst des beweglichen Tisches das Modell der Metallplatte nähert und zwar in einer Weise, dass jeder Stoss dabei vermieden wird. Das Modell bleibt 15-20 Sekunden mit der Platte in Berührung, hierauf senkt sich der Tisch, der Wagen wird vorgeschoben und die darauf gelagerte Bürste durch einen Excenter in Rotation versetzt, während aus einer gelochten Röhre Wasser darauf fliesst. Der Wagen geht nun mit der rotierenden Bürste zwischen Modell und Metallplatte durch und reinigt beide von etwaigen Ansätzen. Eine nachfolgende Schwammwalze säuert das Modell mit frischem

Elektrolyt an und verteilt den beim Abheben hervorgetretenen Elektrolyt gleichmässig, worauf sich der Tisch mit dem Modell wieder gegen die Metallplatte hebt, so dass die Prozedur in der geschilderten Weise sich wiederholt, solange bis das gewünschte Relief erzielt ist.

Es ist von grossem Wert, dass während des Prozesses stets nach dem Reinigen des Modells frischer Elektrolyt aufgetragen wird; bei dem porösen Zwischenmodell verläuft nämlich der elektrolytische Prozess nicht wie bei freiem Elektrolyt. Während bei diesem das gebildete Eisenchloryd in Lösung geht und an der Kathode Eisen niedergeschlagen wird, so dass fortwährend Chlor frei und der Elektrolyt erneuert wird, nimmt die Bürste alles Eisenchloryd weg, weshalb durch stetige Zugabe von Salzsäure die Rückbildung von Ammoniumchloryd auf der Modelloberfläche veranlasst werden muss.

Die vorstehend abgebildete Maschine besitzt eine Plattengrösse von 200/300 mm und benötigt eine Stromstärke von 50 Ampère bei 12-15 Volt Spannung, falls die ganze Fläche ätzen soll.

Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, das Modell aus einer Masse herzustellen, welche die nötige Haltbarkeit für eine Ätzung von grösseren Tiefen besässe. So müssen also immer noch mehrere Modelle hergestellt werden. Dieselben werden auf einer Vorrichtung gegossen, auf welcher die Rahmen ebenso eingeschraubt werden, wie auf dem Arbeits(Ätz-)Tisch, um unter sich und zu der zu ätzenden Metallplatte vollständig kongruente Modelle ergeben.

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Das Hauptaugenmerk ist bei den Modellen darauf zu richten, dass dieselben möglichst weich anliegen. Es ist aber gar nicht möglich, das Modell so herzustellen, dass es auch für den Fall geschont ist, dass nur eine dünne Spitze zur Anlage kommt. Um nun der Beschädigung des Modells hierbei vorzubeugen, wird

an einer Stelle, die entweder gar nicht oder doch ganz am Schlusse zur Ätzung kommt, eine Art Sicherung angebracht,

die gleichzeitig mit der Spitze dem Ätzprozesse ausgesetzt ist und so den allzustarken Druck von dieser abhält.

Eine Maschine gleich der in unserm Bilde wiedergegebenen ist auf der Weltausstellung in Paris zu sehen. Wenn man auch nicht behaupten kann, dass dieselbe bereits absolut vollständig sei, so ist doch mit derselben das früher unmöglich Dünkende erreicht. Von Stufe zu Stufe werden die Neuerungen und Verbesserungen an derselben vorwärts schreiten, und ehe ein paar Jahre ins Land gegangen sein werden, wird sie einen solchen Grad von Vollkommenheit erreicht haben, dass sie allen Anforderungen genügen wird und nicht nur das bereits gewonnene Feld behaupten, sondern sich noch weitere Gebiete erobern, ja nach Umständen vielleicht noch auf andere, jetzt ganz fern liegende Gebiete übergreifen wird.

Wir haben allen Grund, vor der neuen Erfindung als einer Errungenschaft der geistigen Regsamkeit Deutschlands, vor der Intelligenz und dem unermüdlichen Fleisse ihres Erfinders Achtung zu empfinden; mit Rücksicht auf die an und für sich schon sehr beeinträchtigte und eingedämmte Erwerbssphäre einer dadurch in gewisser Hinsicht auf den Aussterbeetat gesetzten Erwerbsklasse möchten wir aber denn doch fast sagen, es wäre besser gewesen, die Erfindung wäre nicht gemacht worden. Die Gravierkunst hat Jahrhunderte lang als ausschliessliche Handarbeit Tausenden Brot gewährt; wenn diese nun auch für die Zukunft zwar nicht verhungern werden, sind sie doch gezwungen, sich anderem zuzuwenden, und ein gut Teil Kunst, ein grosses Feld für die Bethätigung der menschlichen Handfertigkeit geht der Menschheit verloren. Diese unsere Ansicht wolle jedenfalls nicht in dem Sinne aufgefasst werden, als ob uns daran gelegen wäre, dem Gewerbe seinen Zopf zu lassen und die Fortschritte der Neuzeit hintanhalten zu wollen. Möge also aus der neuen Erfindung der Allgemeinheit und unserm Fache speziell Segen erwachsen!

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Wann ist der Goldschmied und Uhrmacher Kaufmann?

Am 1. Januar 1900 trat an Stelle des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, das die Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. seligen Angedenkens durch Beschluss vom 8. Mai 1861 sämtlichen Bundesregierungen vorgelegt hatte mit dem Wunsche, ,,baldmöglichst und unverändert im geeigneten Wege Gesetzeskraft in ihren Landen zu verschaffen" und welches dann mit dem 1. Januar 1870 bezw. 1871 zum Reichsgesetz erhoben wurde, das neue Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. Mit dem Inkrafttreten dieses neuen Handelsgesetzbuches wurde der Kreis der unter seine Bestimmungen fallenden Personen bedeutend erweitert und so mag es bei der über den Begriff „Kaufmann" herrschenden

Unklarheit, die in verschiedenen Anfragen an die Redaktion unserer Zeitschrift zu Tage trat, angezeigt erscheinen, dem Gegenstand einige Erörterungen zu widmen.

Das Handelsgesetzbuch gilt für den Kaufmannsstand. Wer ist nun Kaufmann? Kaufmann im Sinne des Gesetzbuches ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1, Abs. 1). In diesem Satze ist vor allem der Begriff Handelsgewerbe klarzustellen. Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der zum Gegenstande hat: die Anschaffung und Weiterveräusserung von beweglichen Sachen, Waren oder Wertpapieren, ohne Unterschied, ob die Waren unverändert oder nach einer Verarbeitung oder Be

arbeitung weiter veräussert werden *). Ein Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen des alten Handelsgesetzbuches (Art. 4, Art. 271) zeigt auf den ersten Blick, dass man den Begriff Kaufmann nicht mehr bestimmt nach dem Begriff Handelsgeschäft, sondern nach dem Begriff Handels gewerbe. Der Grund zu dieser Änderung liegt darin, dass man die Eigenschaft als Kaufmann nicht mehr durch den gewerbsmässigen Betrieb einer abgegrenzten Anzahl von Handelsgeschäften, sondern den Anschauungen der Neuzeit entsprechend, durch den Betrieb eines jeden kaufmännisch eingerichteten gewerblichen Unternehmens begründet sehen wollte.

Um Kaufmann zu sein, muss man ein Handelsgewerbe betreiben, d. h. die Absicht muss sich nicht auf einzelne Geschäfte erstrecken, sondern auf eine Gesamtheit von Geschäften. Es muss ferner die Absicht bestehen, einen dauernden Gewinn aus dem Betriebe des Gewerbes zu ziehen, womit aber nicht gesagt sein soll, dass jedes einzelne Geschäft auch Gewinn abwerfen muss. Das Geschäft muss von der betreffenden Person betrieben werden, d. h. die Geschäfte müssen im Namen der Person abgeschlossen werden. Kaufmann ist also nicht der Prokurist, weil er nicht im eigenen Namen abschliesst, sondern im Namen seiner Firma, nicht der Liquidator, nicht der Gehilfe, der den Prinzipal vertritt. Und endlich muss das, was betrieben wird, ein Handelsgewerbe sein. Was ein Handelsgewerbe ist, zählt das Gesetz im § 1, Abs. 2 und § 2 auf. Den Wortlaut von § 1, Abs. 2 haben wir für den uns interessierenden Fall schon mitgeteilt; auf § 2 kommen wir noch zurück. Schliesslich sagt das Gesetz noch, Kaufmann ist, wer ein Handelsgeschäft betreibt. Dieses wer" können sein alle Leute, welche ein Gewerbe überhaupt betreiben können, natürliche Personen und juristische Personen, d. i. mit Rechtsfähigkeit ausgestattete Körperschaften, nicht aber Personen-Vereinigungen ohne juristische Persönlichkeit. Ein in Konkurs Geratener kann ein Gewerbe betreiben, denn er kann sich durch Verträge verpflichten oder berechtigen, also auch ein Handelsgewerbe betreiben: nur kann er nicht über die in der Konkursmasse befindlichen Gegenstände verfügen, seine Verfügungsfähigkeit ist mithin nur in einer ganz bestimmten Richtung beschränkt.

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Wo die Erfordernisse zusammentreffen, dass 1) der Betrieb eines, 2) Handelsgewerbes von 3) einer dazu fähigen Person stattfindet, da ist die Kaufmannseigenschaft gegeben.

§ 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuches zählt eine Reihe von Handelsgeschäften auf, deren Betrieb als Handelsgewerbe gilt. In dieser Aufzählung sind diejenigen Handelsgewerbe gegeben, welche unmittelbar dadurch begründet werden, dass die betreffende Person eine der hier aufgezählten Arten von Geschäften betreibt. Wer also einen Komplex solcher Geschäfte abwickelt, um daraus eine ständige Einnahmequelle zu erzielen, der ist Kaufmann. Eine Eintragung ins Handelsregister ist bei ihm nicht nötig, um ihm die Kaufmannseigenschaft beizulegen, er ist kraft Gesetzes Kaufmann und fällt mit allen seinen Rechtsgeschäften kraft einer gesetzlichen Vermutung bis auf weiteres unter das Handelsgesetzbuch. Diese Rechtsvermutung ist ausgesprochen im § 344, welcher lautet: „Die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte gelten im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig." Wenn also ein Kaufmann nachweisen will, dass in einem Spezialfalle das Handelsgesetzbuch keine Anwendung finden soll, sondern eine Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuches, so hat er, und nicht die Gegenpartei, zu beweisen, dass die einzelnen, in Betracht kommenden Rechtsgeschäfte nicht im Betriebe seines Handelsgewerbes vorgenommen

wurden.

Neben diese in § 1, Abs. 2 namentlich aufgezählten Handelsgeschäfte tritt in § 2 noch eine ganze Reihe von Geschäften, deren gewerbsmässiger Betrieb aber erst durch Eintragung

*) Dies ist der für uns hauptsächlich in Betracht kommende Fall und wir beschränken uns deshalb auf ihn.

des Unternehmers in das Handelsregister zu einem Handelsgewerbe gestempelt wird. Notwendig ist dazu, dass das betreffende gewerbliche Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Eintragung nach den geltenden Vorschriften herbeizuführen, wozu er durch Ordnungsstrafe angehalten werden kann. Diese Art von Kaufleuten kann man im Gegensatze zu den Kaufleuten kraft Gesetzes als die ,,Sollkaufleute“ bezeichnen. Der springende Punkt liegt in der Art und dem Umfange des Geschäfts, welches einen kaufmännischen Betrieb erfordern soll. Es ist also nicht nötig, dass das Geschäft auch wirklich kaufmännisch eingerichtet ist; wenn es nur nach Anschauung des Registerrichters einen kaufmännischen Betrieb erforderlich macht, so genügt das. Unter kaufmännischer Einrichtung hat man im allgemeinen jene Anordnungen zu verstehen, welche das Kaufmannsgewerbe zur Erzielung von Ordnung und Übersicht herausgebildet hat, also vor allem das Führen von Büchern, die Aufbewahrung der eingehenden Korrespondenz, das Kopieren der ausgehenden Korrespondenz, gesonderte Kassenführung etc. Die Beurteilung richtet sich ganz nach dem einzelnen Fall. Ist ein solches Geschäft eingetragen, so ist sein Inhaber Kaufmann und jeder weitere geschäftliche Erwerber wird sofort Kaufmann, wenn er das Geschäft mit dem Recht, die eingetragene Firma weiter führen zu dürfen, erwirbt.

Um das bisher Gesagte nochmals zu wiederholen: Es gibt Kaufleute kraft Gesetzes; diejenigen Arten von Geschäften, welche einen Gewerbetreibenden kraft Gesetzes die Kaufmannseigenschaft beilegen, sind im Gesetz aufgezählt. Es gibt Kaufleute kraft Eintragung. Bei ihnen wird ein gewerbliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die Eintragung ins Firmenregister vorausgesetzt.

Das Gesetz unterscheidet ferner zwischen Vollkaufleuten und Kaufleuten minderen Rechts. Die einschlägige Bestimmung in § 4 lautet: „Die Vorschriften über die Firmen und Handelsbücher und die Prokuren finden auf die Handwerker, sowie auf Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht, keine Anwendung.“ Der Gesetzgeber sagte sich nämlich, dass nicht alle Vorschriften des Handelsgesetzbuches für alle Kaufleute passen können, sondern dass man in dieser Hinsicht zwischen Kaufleuten von grösserer oder geringerer Bedeutung einen Unterschied machen müsse.

Vor allem ist hier der eine Irrtum zu vermeiden, dass einem Minderkaufmann die Kaufmannsqualität fehle. Die Kaufmannsqualität ist vielmehr auch für einen Minderkaufmann unbedingte Voraussetzung. Derjenige, der überhaupt kein Kaufmann ist, kann auch kein Minderkaufmann sein. Die Minderkaufleute zerfallen nach dem Wortlaute der oben citierten Gesetzesbestimmungen in zwei Gruppen: 1) Handwerker und 2) Personen, deren Gewerbe nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht. Andere Leute als Handwerker und Kleingewerbetreibende fallen mithin niemals unter den Begriff des Minderkaufmanns. Leute, welche nicht in diese beiden Kategorien fallen, sind entweder keine Kaufleute und dann selbstverständlich auch nicht Kaufleute minderen Rechts, oder sie sind Vollkaufleute. Ein Maurer, ein Anstreicher, ein Schuhmacher oder Schneider ist ein Handwerker. Geht sein Betrieb nicht über den Umfang des Handwerks hinaus, so ist er kein Kaufmann, mithin auch kein Kaufmann minderen Rechts. Unter den Kleinbetrieb fallen vor allem die Höker, Trödler, die gewöhnlichen Hausierer und die gewöhnlichen Fuhrleute, auch die kleinen Gastwirte, nicht aber die grossen Hoteliers.

Die Inhaber der Gewerbe von § 1, Abs. 2, Ziffer 1 sind also Minderkaufleute, wenn sie nur als Handwerker zu betrachten sind, dagegen Vollkaufleute, wenn sie nicht als blosse Handwerker zu betrachten sind.

Das Handelsgesetzbuch hat es den Regierungen anheimgestellt, Bestimmungen zu erlassen, durch welche die Grenze

des Kleingewerbes auf Grundlage der nach dem Geschäftsumfange bemessenen Steuer oder in Ermangelung einer solchen Besteuerung nach anderen Merkmalen festgesetzt wird. Dass eine Landesregierung bisher von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, ist uns nicht bekannt geworden.

Wenden wir das Gesagte auf den Goldschmied und Uhrmacher an! Auf welche gesetzliche Bestimmung gründet sich seine Kaufmannsqualität? Auf § 1, Abs. 2, Ziffer 1, denn seine Thätigkeit fällt unter den Begriff: „Anschaffung und Weiterveräusserung von beweglichen Sachen (Waren), ohne Unterschied ob die Waren verändert oder nach einer Be- oder Verarbeitung veräussert werden." Wenn er die so skizzierte Thätigkeit zu seinem Gewerbebetrieb, d. h. zu seiner ständigen Einnahmequelle macht, so ist er Kaufmann auf Grund § 1, Abs. 2, Ziffer 2. Damit ist aber auch der Goldschmied und Uhrmacher zum Kaufmann kraft Gesetzes gestempelt, wie denn alle die zahlreichen Anschaffungsgeschäfte von Handwerkern, die eigens von ihnen. angeschaffte, nicht ihnen übergebene Materialien be- oder verarbeiten, denjenigen, der sie vornimmt, zum Kaufmann kraft Gesetzes stempeln (Brauer, Müller, Fleischer, Schneider, Schuhmacher, Bäcker). Die Frage kann nur die sein, ob sie Vollkaufleute sind oder Minderkaufleute. Ist ihr Gewerbebetrieb weniger umfangreich, so dass eine kaufmännische Einrichtung desselben nicht erforderlich ist, so sind sie Minderkauflente. Ist ihr Gewerbebetrieb gross und erfordert er eine kaufmännische Einrichtung, so sind sie Vollkaufleute. Ob eine kaufmännische Einrichtung geboten ist oder nicht, entscheidet der Registerrichter. Auf welchem Wege er sich die Überzeugung der Notwendigkeit einer kaufmännischen Einrichtung verschafft, ist seine Sache.

Wir haben schon oben erwähnt, dass eine Reihe von Rechtsvorschriften auf Minderkaufleute nicht anwendbar sind. Diese Vorschriften sind: 1) das Firmenrecht; Minderkauflente sind also weder berechtigt noch verpflichtet, ihre Firma eintragen zu lassen, entbehren damit allerdings auch des ganzen Firmenschutzes. Den Fall, dass ihre Firma dennoch eingetragen wird, wollen wir später besprechen. 2) Sie dürfen keine Prokuristen anstellen. 3) Sie brauchen keine Handelsbücher zu führen. 4) Minderkaufleute können sich nicht zu offenen Handelsgesellschaften und nicht zu Kommanditgesellschaften vereinigen, auf ihre gesellschaftlichen Vereinigungen findet nicht das Handelsgesetzbuch, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch Anwendung. Ferner enthält das Handelsgesetzbuch noch eine Reihe von Vorschriften, welche den Minderkaufmann angehen. 5) Eine von

einem Minderkaufmann versprochene Konventionalstrafe kann vom Richter herabgesetzt werden, bei Vollkaufleuten ist das nicht statthaft (§§ 348, 351 des Handelsgesetzbuches). 6) Dem Minderkaufmann steht im Betriebe seines Handelsgewerbes die Einrede der Vorausklage zur Seite, d. h. wenn ein Minderkaufmann Bürgschaft geleistet hat, so kann er von dem Gläubiger desjenigen, für den er Bürgschaft geleistet hat, nicht in erster Linie auf Zahlung in Anspruch genommen werden; er kann vielmehr sagen: klage du zuerst deinen eigentlichen Schuldner aus, und wenn und was du von ihm nicht erhältst, das zahle ich dir. Ein Vollkaufmann kann diese Einrede nicht vorschützen. 7) Während ein Vollkaufmann eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis im Betriebe seines Handelsgewerbes formlos eingehen kann, gilt für den Minderkaufmann diese Ausnahme nicht, er ist den Formvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (S$ 766, 780, 781) unterworfen. Schriftliche Abfassung. Alle übrigen Rechte und Pflichten des Kaufmanns finden aber auf Vollkanfleute und Minderkaufleute gleichmässige Anwendung.

Zum Schluss sei noch einer Bestimmung gedacht, welche neu ins Handelsgesetzbuch aufgenommen worden ist und der Firmeneintragung eine weitgehende Wirkung beilegt. § 5 des neuen Handelsgesetzbuches bestimmt nämlich: „Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder dass es zu den im § 4, Abs. 1 bezeichneten Betrieben (Minderkauflente) gehöre." Die materielle Bedeutung dieser Vorschriften beruht darauf, dass jemand, dessen Firma eingetragen ist, ohne dass sein Gewerbe ein Handelsgewerbe ist, zwar kein Kaufmann ist, aber doch für die Dauer der Eintragung als Kaufmann gilt, und jemand, dessen Gewerbe ein Minderhandelsgewerbe ist, zwar kein Vollkaufmann ist, aber doch für die Dauer der Eintragung als solcher gilt. Der Geltungsbereich der Vorschriften kann sich aber nach Lage der Sache nur auf das Gebiet des Privatrechtes beziehen. Es kommen also bei einem solchen zu unrecht Eingetragenen diejenigen Bestimmungen zur Anwendung, welche für die Kaufleute und deren Geschäfte gelten, dagegen kann diese beigelegte Kaufmannseigenschaft nicht für das öffentliche Recht in Frage kommen, denn der zu unrecht Eingetragene gilt nur als Kaufmann, er ist aber kein Kaufmann. Wenn er in Konkurs gerät, so kann also z. B. der Umstand, dass er keine Bücher geführt hat, ihm nicht als straferhöhendes Moment in Anrechnung gebracht werden.

Fabrizieren ohne Kapital.

Zu diesem Thema bringt das Juwelers Circular Weekly folgende bemerkenswerte Ausführungen: So sehr man auch die natürliche Entwickelung aller Industrien wünschen muss, so ist es doch an der Zeit, die Aufmerksamkeit auf die Unüberlegtheit so vieler Personen zu lenken, welche die Verantwortlichkeit übernehmen, Gold- und Silberschmuck zu fabrizieren, ohne die dazu nötigen Eigenschaften zu besitzen. Unter den Schädigungen, die so viele Zweige unserer Branche in der letzten Zeit erlitten haben, ist vor allem die unnötige Konkurrenz zu nennen, die durch das unbedachte Eindringen von Leuten verursacht wurde, die für eigene Rechnung Geschäfte machen wollten. Diese Absicht ist ja ein ganz achtungswerter Ehrgeiz, und wir sind keineswegs dafür, einem solchen entgegenzutreten, sobald er auf gesunder Grundlage beruht. Aber unglücklicherweise zeigt sich dieser Ehrgeiz auch oft bei gedankenlosen Personen. Das Fabrizieren von Gold- und Silberwaren erfordert so vielerlei besondere Fähigkeiten, die den Erfolg verbürgen, dass wir uns gar nicht.

wundern, dass so viele Fabrikanten erfolglos arbeiten. Die beiden Haupterfordernisse sind Erfahrung und Kapital. Es ist mehr als thöricht, nur mit einem von diesen Erfordernissen anzufangen. Ein Angestellter, dem es lange Jahre in seiner Fabrik sehr gut gegangen ist, denkt, er kann für sich ebenso gut schaffen wie für andere und sagt sich eines schönen Tages: „Warum soll ich es nicht thun?" Er geniesst einen guten Ruf als ehrlicher und fleissiger Mann und ist der Ansicht, dass er den Mangel an Kapital durch Kredit bei den Firmen wett machen kann, die ihn so gut kennen. Er fängt also ein Geschäft an mit nur wenig Kapital ausser seinen Erfahrungen und seinem Kredit. Er wird seiner Lage bald bewusst, sobald er anfängt, Arbeiter anzustellen. Die befreundeten Firmen, auf die er gezählt hat, haben ihm wohl Kredit für Materialien und andere Waren gegeben, aber er braucht am Ende der Woche Zahltagsgeld. Das Herbeischaffen dieses Geldes zur Lohnzahlung hat Hunderte kleiner Leute ruiniert. Es giebt leider Käufer, die diese Notlage der kleinen Fabrikanten

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