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Industrie und Handwerk.

Dem Handwerkerstande, welcher sich in früheren Jahrhunderten zu einem der mächtigsten Teile der bürgerlichen Bevölkerung erhob, steht heute ein gefährlicher Gegner gegenüber: die Maschine. Kalt und unbarmherzig sucht sich diese so mancher Fertigkeiten, welche bisher als ein unantastbares Privilegium des Handwerks betrachtet wurden, zu bemächtigen. Die Maschine ist eben zu einem Faktor geworden, mit welchem das Handwerk auch das Kunsthandwerk zu rechnen hat.

Die Maschine herrscht gewissermassen als die Seele der Industrie in Europa, in Amerika und in den Kolonien der Kulturvölker auf den übrigen Weltteilen; sie ist das Mittel, dessen sich die Völker zur Erwerbung von Macht und Reichtum bedienen müssen, sie ist eine Bedingung geworden für den friedlichen Kampf der Völker, für den Wettstreit auf wirtschaftlichem Gebiete. Doch ist das Handwerk durch sie nicht völlig besiegt und vernichtet, richtig betrachtet ist sie ja die treueste Bundesgenossin des Handwerkers im Kampfe gegen fremde Konkurrenz, und dem Handwerke selbst stehen trotzdem noch Mittel und Wege zu Gebote, seine Selbständigkeit neben dem allgewaltigen Sieger zu behaupten.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine Reihe von handwerksmässigen Gewerben dem Untergang verfallen ist, seitdem die Maschine in deren Produktionssphäre eingetreten ist. Fragen wir uns nun, ist es vorteilhaft, ihrer Macht zu weichen und ihr das Gebiet freizugeben, oder soll der Handwerker sich mit aller Energie dagegen wehren, dass die Maschine eindringe in seine Thätigkeitssphäre und seine Handarbeit lahm lege? Man wird hier jedenfalls auf die verschiedensten Ansichten stossen, unsere eigene ist die: Die Maschine möge alles das produzieren, was schablonenhafte Arbeit erfordert, da wo die Arbeit Ueberlegung und Talent erfordert, wird sie an und für sich ausser Betracht kommen. Durch die ihr also an und für sich zufallende Thätigkeit nur das fertigzustellen, was speziell im Kunsthandwerk sozusagen als lästiger Ballast angesehen werden muss, darf sie für den Kunsthandwerker und speziell für die Edelmetallverarbeitung als willkommene Hilfskraft angesehen

werden, umsomehr wenn er es versteht, die Maschine seinen Zwecken vollauf dienstbar zu machen. Die Maschine besorgt die Arbeiten genauer, regelmässiger und weitaus rascher, als es Menschenhände vermögen. Das Schleifen und Polieren von Gold- und Silberwaren, z. B. das Drücken, Pressen und Durchschlagen von Blechen all das kann gegenüber der massenhaften und billigen Herstellung unmöglich mehr Gegenstand gewöhnlicher Handarbeit sein; denn eine Konkurrenz mit der gewaltigen Kraft der Maschine auf diesem Gebiete wäre eine Thorheit.

Schon mit der steigenden Kultur des Menschengeschlechtes, mit den höheren Anforderungen, welche der gebildete Mensch an die künstlerische Vollendung vieler Gebrauchsgegenstände stellt, fällt dem Handwerk in der Erzeugung seiner Produkte auch eine andere, fast edler zu nennende Aufgabe zu; die Verarbeitung der Edelmetalle werden ebenso eine geübte Hand als feinere kunstverständige Auffassung erfordern. Gold- und Silberschmiede werden ihren Bestand trotz der mechanischen Industrie erhalten, sofern sie es vermögen, durch kunstvollere, gefälligere, und dabei doch praktische Herstellung ihrer Erzeugnisse für diesen einen Markt sich zu schaffen. Hunderte von Dingen müssen der Gestalt des Menschen angepasst, dem Raum, Zweck und Stil entsprechend, dem persönlichen Geschmack zusagend gefertigt werden, was bei Massenartikeln, welche tausende von Stücken gleicher Art erzeugt, nicht immer erreichbar ist. Auf diese Art muss sich das Handwerk einen Kundenkreis unter jenen Personen suchen, welche das durch Menschenhand geschmeidiger, dauernder und geschmackvoller hergestellte Erzeugnis des Handwerks dem Massenartikel vorziehen. Gewiss ist dann eine höhere Bildung dieses Gewerbestandes, sowohl in der schulmässigen Theorie als auch in der praktischen Fertigkeit, ein unumgängliches Erfordernis. Dann aber wird das Handwerk auch an jene glänzenden Traditionen wieder anknüpfen können, welche ihm einstens seine Bedeutung im Staate und seine wichtige Stellung im Bürgerstande erringen halfen.

Mangel an geschulten Kräften.

Zu unserem kürzlich unter dieser Ueberschrift gebrachten Artikel geht uns noch Folgendes zu:

Die amerikanischen Verhältnisse sind mir aus eigener Erfahrung bestens bekannt. Ich muss dem Verfasser des betr. Artikels vollauf Recht geben, die Zustände sind der Wahrheit entsprechend naturgetreu geschildert.

In den U. S. of America fällt weder die Kunst noch die Anstandsmassregeln, wenn es heisst Geld zu verdienen, so ins Gewicht wie bei uns. In diesem Lande heisst es eben: nur Geld verdienen, so schnell wie möglich und auf die bequemste Art. Der Goldschmied ist dort fast nur Fabrikarbeiter und arbeitet nur auf ein Stück, worin er grosse Fertigkeit erlangt, weil er dann mehr und leichter Geld verdient, als wenn er vielseitig wäre, oder er ist Reparateur. Die Geschäfte sind meiner Ansicht nach meistens in Händen von Kaufleuten, Uhrmachern und Optikern. Kleine Werkstuben giebt es kaum. Die Durchschnittsgehälter stellten sich 1895 ungefähr: Gold

schmied 9 bis 12 Doll. pro Woche, Weihnachten bis 25 Doll.; Graveure 12 bis 18 Doll., Weihnachten bis 45 Doll.; Brillantfasser 15 bis 25 Doll., Weihnachten 50 Doll. Diese höchsten Summen haben die Leute auch nur 1 bis 2 Wochen verdient. Ich kannte zwei Fälle, dass ein Graveur und ein Fasser ständig 25 Doll. die Woche verdienten. Die obenstehenden Durchschnittspreise sind nur für die ständig Arbeitenden angegeben, viele haben im Jahre 1/4 bis 1/2 Jahr Feierabend.

Was den Stil anbetrifft, so haben wir einen neuen, einen nordamerikanischen Stil, es ist das ein Phantasiestil, zusammengewürfelt aus allen Stilarten, was erklärlich ist, wenn man in Betracht zieht, dass doch die amerikanische Nation auch aus den verschiedensten Völkern besteht. Soll in Amerika Gutes geleistet werden, so muss sich ein neuer Stil herausbilden, wie sich auch eine neue Sprache herausbildet. Nur so wird aus dem zersplitterten Rassensystem ein einiges Ganzes werden können. H.

Der Trauring der Jungfrau Maria.

Es wird unsern Lesern interessant sein, zu erfahren, dass der Trauring der Jungfrau Maria in einer Kirche in Perugia als Reliquie aufbewahrt wird. Der fragliche Ring ist aus Onyx oder Amethyst gefertigt und kam im Jahre 996 durch einen Jerusalemer Juwelier an Ranerius, einen Edelsteinhändler aus Clusium. Seine wunderthätigen Eigenschaften wurden entdeckt, als er den Sohn des Ranerius ins Leben zurückrief, und in der Folge vollbrachte der Ring viele Heilungen von Lahmen und Blinden, er trieb den Teufel und andere böse Geister aus und diente besonders zur Versöhnung von Eheleuten, die sich gerne zankten. Im Jahre 1486 wurde der Ring gestohlen und nach Perugia gebracht. Ringe in Siegelringform, wie der erwähnte, wurden sowohl von jüdischen Männern wie von Frauen meistens um den Hals gehängt, getragen; Verlobungsringe kannte

man bei den Juden schon lange vor der christlichen Aera. Wir wissen aus dem Traktate: ,,Kidduschim", dass bei der Verlobung, die für ebenso bindend wie später die Heirats-Ceremonie gehalten wurde, der Bräutigam seiner Braut eine Anzahl wertvoller Geschenke überreichte, unter andern auch einen Ring, bei dessen Uebergabe er die Worte sprach:,,Mögest du durch diesen Ring mir geheiligt sein!" In den biblischen Zeiten war der Mindestwert der Brautgeschenke auf einen Wert von nach heutigen Begriffen 150 Mk. festgesetzt, die manches Mal in baar, manches Mal in Schmuck bei der Unterzeichnung des Ehevertrages übergeben wurden, später kam mehr und mehr das Schenken von Schmuck auf. Die Ringe wurden auch oft auf dem Daumen getragen, doch schliessen sich heutzutage auch die Jüdinnen der allgemeinen Sitte an.

Volkswirtschaft. Handelspraxis. Gesetzgebung.

Rückwirkende Kraft des neuen Handelsgesetzbuches. Das Reichsamt des Innern in Berlin teilte der Verwaltung des deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes mit, dass die Eingabe dieses Verbandes vom Februar vorigen Jahres, dem Abschnitt des neuen Handelsgesetzbuches rückwirkende Kraft zu verleihen, abschlägig beschieden werden musste. Demnach steht es also endgiltig fest, dass Dienstverträge, die zwischen Prinzipalen und Gehilfen vor dem 1. Januar 1898 abgeschlossen wurden, durch die Bestimmungen des neuen Handelsgesetzbuches nicht berührt werden.

Nach einer Bekanntmachung der Pforzheimer Handelskammer fanden am 27. und 28. April zu Berlin im Reichsamt des Innern Verhandlungen über den Abschnitt 16 (Metalle und Metallwaren, ausser Eisen) des Entwurfs einer neuen Anordnung des deutschen Zolltarifs statt. Da in diesem Abschnitt die die Pforzheimer Industrie hauptsächlich interessierenden Artikel eingereicht sind, wurde auch ein Vertreter der Handelskammer zugezogen. Die Handelskammer forderte deshalb vorher die Interessenten auf, etwaige Wünsche kundzugeben. Ueber das Resultat der Verhandlungen wird natürlich vorläufig nichts Genaueres bekannt werden.

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Herr Gold- und Silberwarenfabrikant Kommerzienrat Martin Mayer in Mainz schenkte für das dort zu errichtende GutenbergMuseum 10000 Mk.

Aus Anlass der Vermählung des Mitinhabers der Fa. Fr. Speidel, des Herrn Fr. Speidel jr. mit Frl. Ober, wurde am 21. April im Saale des Kolosseums das ganze Geschäftspersonal der Pforzheimer Centrale solenn bewirtet. Die Firma gab ein Diner zu 260 Gedecken, das recht animiert verlief und Zeugnis davon ablegte, dass zwischen Geschäftsleitung und Personal wieder vollkommene Harmonie zur Herrschaft gelangt ist. Das Personal hatte seinem Chef einen prächtigen silbernen Tafelaufsatz als Hochzeitsgabe gewidmet. Auch in der Filiale Nagold fand eine ähnliche Feier statt, an welcher die 100 Filialarbeiter vollzählig teilnahmen. Besondere Verehrung wurde bei beiden Veranstaltungen dem Gründer des Geschäfts, Herrn Fr. Speidel sen, zuteil.

Herr Friedrich Schäfer in Berlin konnte am 1. April d. J. auf eine 25jährige Thätigkeit im Hause Bundert & Lettré in Berlin zurückblicken. Vielseitige Ehrenbezeigungen wurden dem Jubilar zu diesem Feste zu teil.

Das Juwelier J. Knollsche Ehepaar in Gmünd feierte dieser Tage im Kreise seiner zahlreichen Kinder und Enkel die goldene Hochzeit.

Herr Juwelier S. B. Schelé in Stuttgart ging in ein besseres Jenseits hinüber.

In Stuttgart verstarb Herr Bijouterie fabrikant Louis Podszuck. Herr Juwelier Herrmann Reincke in Libau (Russland) starb vorige Woche. Ein Herzschlag hatte dem geschäftseifrigen Manne ein rasches Lebensende bereitet.

Herr Juwelier Otto Pabst in Augsburg verstarb vor Kurzem daselbst.

Vereine und Versammlungen.

Die Allgemeine Ortskrankenkasse Pforzheim hatte nach ihren Jahresbericht pro 1898 16124 Mitglieder 15012 im Jahr vorher, darunter 8971 (8724) männliche und 7148 (6288) weibliche, davon in; Klasse I 2809, Klasse II 4261, Klasse III 4795 und Klasse IV 4259die Zahl der Arbeitgeber betrug 1520. Es wurden 9016 Kranken. scheine für Erwerbsunfähige und 10020 für Erwerbsfähige abgegebenDie Ausgaben betrugen für Krankengeld 110182 Mk., für Wochenbett, geld 21322 Mk., für Sterbegeld 6675 Mk., für Arzthonorare 64331 Mk. für Medizin 30681 Mk., für Heilmittel 5928 Mk., für Krankenhausverpflegung 39463 Mk., für Krankenunterstützung nach § 57a des K.-V.-G. 45146 Mk. Die Verwaltung erforderte 17748 Mk. für Gehälter und 10816 Mk. für sonstige Unkosten, wogegen die Beiträge 336700 Mk. erreichten. Das Hauptkontingent der Mitglieder stellen die Arbeitnehmer aus der Edelmetallindustrie.

Innungswesen.

Die Gold- und Silberschmiede der Pfalz haben sich zum Zwecke der Kräftigung ihres Gewerbes, des Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb und der Ausrottung bestehender Missstände am 9. April d. J. zu einer „Innung der Pfälzischen Gold- und Silberschmiede“ zusammengethan. Ende April soll in Neustadt a. d. H. eine Innungsversammlung stattfinden mit der Tagesordnung: Wahl des Vorstandes; Anträge, Vorschläge und Wünsche.

Kunstgewerbliches. Fachschulwesen.

Der grosse Radleuchter im Dome zu Hildesheim, der aus dem 11. Jahrhundert, angeblich von Bischof Hezilo herrührt, soll, wie die Zeitschrift für Deutsche Denkmalspflege meldet, nach Anweisung des Kultusministers einer gründlichen Wiederherstellung unterzogen werden. Der Radleuchter besteht aus einem rund 6 Meter im Durchmesser haltenden, mit stark vergoldetem Kupferblech bekleideten Reifen als Lichtträger, an welchem 12 als Thore und ebensoviel als Türme ausgebildete Gehäuse, die vermutlich mit Lampen besetzt waren, angebracht sind. Aehnliche Radleuchter sind noch im Münster zu Aachen und in Comburg (Schwaben) erhalten. Der Hildesheimer Leuchter befindet sich heute in einer sehr heruntergekommenen Verfassung. Besonders infolge einer im Jahre 1818 erlittenen Wiederherstellung durch einen einfachen Klempnermeister ist er derartig mitgenommen, dass von seiner ursprünglichen Gestalt vieles verschwunden ist und dadurch eine sorgfältige Neubearbeitung sehr erschwert wird. Wieviel bei einer früheren im Jahre 1601 durch einen Hildesheimer Goldschmied ausgeführten Ausbesserung zerstört wurde, ist nicht mehr festzustellen. Verschwunden sind auch die Engelgestalten, mit denen der Leuchter an hohen Festtagen geschmückt wurde. Im Jahre 1868 hat der Bildhauer Professor Küsthardt in Hildesheim eine Nachbildung des Radleuchters für das South Kensington-Museum angefertigt und dabei die mutmassliche Form wiederhergestellt. Von dieser wird

zunächst ein Probestück des Radleuchters von 19 des Ganzen angefertigt, an dem die demnächstige Anbringung der Beleuchtungskörper (ob Kerzen oder elektrisches Licht, ist noch zweifelhaft) versucht werden soll.

Handel und Verkehr.

Die Pariser Weltausstellung wurde programmmässig eröffnet, wie dies aber in der Regel bei grossen Ausstellungen ist, sind die ersten Besucher sehr enttäuscht, insofern als die Ausstellung kurz gesagt, eigentlich nur im Rohbau fertig gestellt ist. Die Gebäude sind zwar aussen wenigstens fertig, immer jedoch wird fleissig weitergearbeitet. Zwischen hohen Haufen Bauschutt liegen die Kisten und Kasten mit Ausstellungsgegenständen noch wohl verpackt. In der Abteilung für Bijouterie waren am Eröffnungstage noch nicht einmal die Kasten aufgestellt, geschweige denn irgend etwas ausgepackt. Teilweise sind ja bekanntlich die deutschen Edelmetallstücke noch gar nicht nach Paris abgegangen.

In der französischen Abteilung sind mit der Bijouterie verwandte Artikel ziemlich ausgiebig ausgestellt.

Man hört deutsche Aussteller vielfach behaupten, dass sie ihre Ausstellungsobjekte überhaupt nicht auspacken lassen, ehe nicht mehr Ordnung herrsche. Trotz alledem ist der Besuch der Ausstellung ein so gewaltiger, dass sich die Menschenmassen nur als ein dichter Knäuel bewegen,

So wie es zur Zeit aussieht, dürften noch Wochen darüber hingehen, bis die Ausstellung ein halbwegs geordnetes Bild bietet.

Die stille Zeit, welche nach Ostern für die Pforzheimer Bijouteriefabrikation regelmässig einsetzt, hat sich diesmal viel ernsthafter geltend gemacht, als es im vorigen Jahr der Fall war. Schon in den letzten Wochen vor Ostern war es ruhig geworden. Das gilt vor allem vom deutschen Geschäft, während im Export noch und auch wieder manche Firmen lebhaft beschäftigt ind. Die Pforz heimer Arsbeiten für die Pariser Weltausstellung sind noch nicht abgegangen, weil einige Aussteller noch im Rückstand sind. Doch ist anzunehmen, dass bis zum 1. Mai Alles unterwegs sein wird. Was bis jetzt von den einzelnen Objekten bekannt geworden, rechtfertigt die Annahme, dass Pforzheim in Paris gut bestehen und der deutschen Gesamtausstellung nicht zur Unehre gereichen wird.

Stipendien zum Besuche der Weltausstellung. Der Regierungspräsident in Düsseldorf hat an sämtliche Bürgermeister und Handelskammern des Düsseldorfer Regierungsbezirkes eine hoch anerkennenswerte Verfügung gerichtet, nach der der Staat für Handwerker und gewerbliche sowie kunstgewerbliche Arbeiter Stipendien zum Besuche der Pariser Weltausstellung bewilligen will. Die Bürgermeister und Handelskammern werden aufgefordert, geeignete Personen, die sich durch Tüchtigkeit auszeichnen, in Vorschlag zu bringen. In den übrigen Regierungsbezirken dürfte die Verteilung der staatlichen Beihilfen zum Besuch der Weltausstellung in ähnlicher Weise erfolgen.

Eine Punzierungsstätte in Mährisch-Trübau streben die Goldund Silberschmiede der Provinz Mähren bei der Regierung an. Die Silberwaren-Erzeugung hauptsächlich bezieht eine grosse Menge von Halbfabrikaten, welche im Inlande nicht erhältlich sind, aus Pforzheim, Hanau und Schwäb.-Gmünd. Nun müssen diese Waren einen Umweg machen, indem sie auf das Punzierungsamt nach Prag geleitet werden, wodurch 7-10 Tage verloren gehen, bis endlich der Adressat in den Besitz der Waren gelangt. Würde nun in Mähr.-Trübau ein Punzierungsamt errichtet, so würde die Arbeit in 2-3 Tagen beendigt sein. Die Errichtung dieser Stelle wäre daher sowohl für die deutschen Fabrikanten wie auch für die Besteller von grossem Werte. Uebrigens ist die Fabrikation in Mähren spez. in Silberwaren eine stärkere geworden. Dieselbe exportiert grösstenteils nach Rumänien und Russland. Mit Ungarn geht das Geschäft fortgesetzt zurück, es treten dort auch vielfach Zahlungsschwierigkeiten ein. Die Löhne wurden im Laufe des Jahres fast durchweg um 15 Proz. erhöht, wogegen die Preise durch die Konkurrenz vieler kleiner Fabrikanten gedrückt werden.

Eine russische Goldindustrie hat sich seit dem vorigen Sommer in dem chinesischen Gebiete Dsungarei entwickelt. Vor etwa einem Jahre begab sich der Ssemipalatinsker Kaufmann und Goldindustrielle Mosskwin nach der Dsungarei und traf mit den örtlichen chinesischen Behörden ein Uebereinkommen zur montanindustriellen Exploitation. Mosskwin brachte geübte russische Arbeiter aus Orenburg und dem Altei mit, und mit Hilfe solcher vorzüglichen Arbeitskräfte und unter Anwendung der nötigen Maschinen, welche bis dahin in diesem chinesischen Gebiete unbekannt waren, hat er in China eine russische Montanindustrie gründen können. Die Ausbeute liefert reichliche Erträge. Im Bezirk des Flusses Dshagun lagen Millionen von Pud Golderde, die man in alten Zeiten aus dem Boden herausgeschafft und dann liegen gelassen hatte. Die Golderde bearbeiteten die Chinesen mit Handmitteln, ohne Maschinen und technische Vorrichtungen.

Mosskwin hat mit seiner Expedition dort einen modernen Industriebetrieb eingerichtet. In den Bergen der Dsungarei sind zwei russische Niederlassungen entstanden. Das Gebirge ist reich, nicht nur an Goldsand, sondern auch an Steinkohlen und Naphta und stellt somit eine sehr ergiebige Schöpfquelle für die russischen Industriellen dar.

Technisches.

Email zu entfernen. Mit gleichem Vorteil als Lötzinnentfernungsflüssigkeit zu verwenden.

Man übergiesse gepulverten Flussspat oder schön violetten Fluorcalcium in einem irdenen oder bleiernen Gefässe mit soviel Vitriolöl (konzentr. Schwefelsäure), dass die Teile gerade bedeckt sind, wodurch Flusssäure entsteht. Bei Gebrauch taucht man den an einem Draht aufgehängten Gegenstand so lange in die Flüssigkeit, bis die Email oder das Zinn zerfressen oder aufgelöst sind, wobei der Gegenstand auch nicht im geringsten beschädigt wird. In erwärmtem Zustande arbeitet die Flüssigkeit schneller. Wenn nur immer möglich, nehme man die Arbeit stets im Freien vor und hüte sich sowohl vor dem Einatmen der Dämpfe, welche im höchsten Grade gesundheitsgefährlich sind, als dem Benetzen der Haut, da die Flusssäure (auch Fluorwasserstoffsäure genannt) eine der gefährlichsten Gifte ist. Wie bereits oben gesagt, darf die Flusssäure nur in irdenen oder bleiernen Gefässen, nicht aber in Glasflaschen aufbewahrt werden.

Beize zum Gelbbrennen von Messing. Das Verschönern der Messing-, Tomback- und Kupferwaren geschieht durch das Gelbbrennen. Zu diesem Behufe werden dieselben in verdünntem Vitriolöl (braune Schwefelsäure), Verhältn. 1:10, vorgebeizt, dann in eine Mischung von 10 g. rotem Weinstein, 10 g. Kochsalz, 1 1. engl. Schwefelsäure, sowie 1 1. Scheidewasser getaucht (doch nur einen Augenblick), im Wasser gut abgespült und in Sägespähne getrocknet.

Zur Erzielung einer schönen matten Goldfarbe wird obiger Gelbbrenne noch der zwanzigste Teil Zinkvitriol (schwefelsaures Zinkoxyd beigefügt.)

10 g

Andere Gelbbrenne. Glanzruss oder auch Schnupftabak, 10 g Kochsalz, 10 g roter Weinstein werden mit 1/4 1 Salpetersäure angerührt und hernach noch 1 1 Schwefelsäure zugefügt; oder man mische 7 TI. Scheidewasser (Salpetersäure) mit 10 Tl. engl. Schwefelsäure.

Für das Mischungsverhältnis der Säure ist die Art und Legierung des Metalles massgebend und ergiebt sich dasselbe am besten aus praktischen Vorsuchen. Je besser die Legierung und je weniger Zink- oder Bleiteile sie enthält, desto schöner wird die Farbe. Echte Bronze erhält zum Beispiel eine goldartige Farbe. Um Messung das Ansehen einer schönen Vergoldung zu geben, übergiesst man sie gerne mit dem sogenannten

Goldfirnis (siehe dort!) indem man diesen mittelst Pinsel oder Schwamm dünn aufträgt und gleich nachher das Metall übe schwachem Kohlenfeuer erwärmt.

Vermischtes. Granatsteine.

Deutsch- ostafrikanische

Die „Ostafrikanische Zeitung berichtet: Schon lange ist das Vorhandensein von Granaten im Süden unserer Kolonie bekannt. Bereits in den siebziger Jahren wurden von der Massassi-Mission (nördlich des Rovuma, der Südgrenze Deutsch- Ostafrikas) diese Edelsteine gefunden, doch wurde die Sache nicht energisch genug verfolgt. Bergassessor Bornhardt erstattete hierüber 1898 Rapport an das Gouvernement und empfahl dringend die Ausbeutung der Granatfelder. Auf Veranlassung der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes wurde eine Partie von Bornhardt aufgebrachter Steine geschliffen. Die Qualität, Farbenreinheit und Grösse fanden allseitig den grössten Anklang. Besonders letztere Eigenschaft macht sie begehrenswerter als böhmische Granaten. Das ganze Fundgebiet ist bereits an einen Privatunternehmer vergeben worden, welcher nach einer überaus gut ausgefallenen Besichtigungsreise alles Land als Schürffeld belegte. Innerhalb 26 Tagen gelang es Herrn Marquardt, über 600 Kilo frei umherliegender gut sortierter Granaten zu sammeln. (Besser wäre es eigentlich gewesen, wenn Herr Marquardt Abnehmer für Granaten gefunden hätte, damit die vorhandene böhmische Ware hätte an den Mann gebracht werden können. D. Red.)

Die Weltausstellung bedeckt ein Gebiet von ungefähr 1080 000 qm, von denen 460000 qm bebaut sind. Der Gebietsumfang der früheren Pariser Weltausstellungen war: 1855 168000 qm, von denen 120000 bebaut; 1867 687 000 qm (166 000); 1878 760 000 qm (280 000); 1889 960000 qm (290 000). Man sieht also, dass der Flächeninhalt der Ausstellung von 1900 nicht allzu viel grösser ist als der von 1889. Dagegen ist die Bebauungsfläche diesmal ungleich bedeutender. Diese einfachen Zahlen beweisen, wie eng gedrängt

die Weltausstellung von 1900 gebaut ist; die Verkehrsstrassen sind sehr schmal, und auf dem ganzen Ausstellungsterrain giebt es nur zwei grössere freie Plätze; die festplatzartige breite Avenue Nikolas II. und den Raum, der auf dem Marsfelde zwischen den hufeisenförmigen Palastanlagen freigeblieben ist. Allerdings ist auch die Zahl der Aussteller diesmal erheblich grösser als sie 1889 war. Dauernde Aussteller sind mehr als 76000 angemeldet, davon 40000 aus Frankreich und seinen Kolonien, 36 000 aus dem Auslande. Rechnet man die Teilnehmer der zeitweiligen Ausstellungen hinzu, so kommt man auf ungefähr 100000 Aussteller 37000 mehr als 1889. Der offizielle Katalog hatte 1889 neun Bände. Der Katalog von 1900 wird achtundzwanzig oder dreissig Bände haben!

Ohrgehänge im Werte von 700 000 Mark, wohl die teuersten die existieren, befinden sich im Besitze der fürstlich Metternichschen Familie in Wien. Einstmals besass den Schmuck die Maitresse Ludwigs XV., die Dubarry. Diese liess ihn der Königin Marie Antoinette für die Gunst anbieten, von ihr bei Hofe wieder empfangen zu werden. Nachdem die Königin dieses Ansinnen entrüstet zurückgewiesen hatte, schenkte die Maitresse des Königs die Ohrgehänge ihrer Kammerfrau mit den Worten: „Deine Ohren sind der Brillanten ebenso würdig, wie die der Oesterreicherin!" Die Kammerfrau_verkaufte den seltenen Schmuck an den österreichischen Gesandten in Paris, von welchem Fürst Metternich den Schmuck erwarb.

Ein Standbild aus festem 14 karätigem Golde, Miss Maud Adams, die beliebteste Schauspielerin Amerikas darstellend, gehört bekanntlich zu den Sehenswürdigkeiten der Pariser Ausstellung. Eine englische Zeitung hat nun über die Dame und ihre Statue folgende hübsche Statistik aufgestellt: „Die goldene Miss Adams kostet 600000 Mk., die wirkliche Miss Adams würde 200000 Mk. kosten, wenn man ihr wirkliches Gewicht in Gold berechnete, die goldene Miss Adams wiegt 700 Pfund, die wirkliche Miss Adams 100 Pfund, die goldene Miss Adams ist 6, die wirkliche Miss Adams ist 5 Fuss hoch."

Einbruchsdiebstähle etc.

Nicht weniger als 6 Einbruchsdiebstähle wurden in der Nacht zum 14. April in Uhren- und Goldwaren-Geschäften in Hamburg versucht. Den Dieben fiel jedoch nur geringe Beute in die Hände, da der grösste Schaden an einer Stelle nur ca. 400 Mk. beträgt, die N. Nathan, Holstenstr., an Waren verlor.

Geschäftliche Mitteilungen.

Das Konsortium für die Wachwitz'schen Metallplattierungspatente wird nach einer Mitteilung des „Kosmos" in den nächsten Tagen auf Grund der deutschen Patente eine Aktiengesellschaft unter der Firma Deutsche Wachwitz-Metall-A.-G. mit dem Sitze in Nürnberg und einem Aktienkapital von wahrscheinlich 21, Mill, Mk. konstituieren.

Versicherungswesen. Die Badische Schiffahrts-Accecuranz-Gesellschaft in Mannheim hat nunmehr auch eine Abteilung für BijouterieReiselager-Versicherungen eingerichtet. Die Gesellschaft sucht direkt mit den Versicherten in Verbindung zu treten und will die ersparte Agenturprovision als Extravergütung den Versicherten zukommen

lassen.

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Der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Uruguay vom 20. Juni 1892, welcher am 31. Juni 1897 ausser Kraft getreten war, ist wieder in Kraft gesetzt.

Canada-Markt. Die Importe an Gold- und Silberwaren sowie Uhren haben sich den canadischen amtlichen Mitteilungen zufolge von Jahr zu Jahr gesteigert. So betrug die Einfuhr 1897 $ 749 881, 1898 $ 860 858 und 1899 995 310. Auch die Einfuhr in Musikinstrumenten zeigt Aufschwung. Während 1897 für $ 230 295 eingeführt wurden, belief sich der Import in 1899 auf $ 349 047. Wieweit Deutschland an diesen Zufuhren beteiligt ist, darüber geben die canadischen Aufzeichnungen leider keinen Aufschluss.

Zum Geschäft mit Australien. Für die am Handel mit Australien beteiligten Firmen wird es von Interesse sein zu erfahren, dass die Geschäftsverhältnisse in Neu-Süd-Wales, der für uns am meisten in Betracht kommenden Kolonie, sich wesentlich besser gestaltet haben. Es geht dies auch aus der geringeren Zahl der Konkurse hervor, die im Vorjahre registriert wurden. Wie Austral. Trade Review mitteilt, weisen die amtlichen Aufzeichnungen im Jahre 1899 für Neu-Süd-Wales insgesamt nur 633 Bankerottfälle auf, gegen 787 im Jahre 1898. Die Summe der Verbindlichkeiten im letzten Jahre betrug 321 913 im Vergleich mit 605 563 in 1898 und die Aktiva bezifferten sich 1899 auf 175 345 gegen 263 500 im Jahre 1898.

Frage- und Antwortkasten.

Frage 118. Wer liefert garantiert absolut schwefel- und chlorfreies Seidenpapier zum Einwickeln von Silber waren? K. & B., Br. Frage 119. Ich las vor einiger Zeit in irgend einem Fachwerke eine Anweisung, wie Feilen auf elektrischem Wege zu schärfen seien, kann das Rezept aber nicht wieder auffinden. Kann mir vielleicht einer der Herren Kollegen dasselbe mitteilen? A. R. in F. Frage 120. Wer fabriziert oder liefert in Pforzheim Compositions-Coliers, franz. Scheibenmuster? F. R. Z. Frage 121. Wer liefert Brochefassungen in Silber etc. R. P. Frage 122. Von wo bezieht man am besten Vereinsabzeichen in Silber?

Büchertisch.

In dieser Rubrik bringen wir Fach- und populäre Litteratur und zwar nenes und altes jedoch nur solche Werke, die der Empfehlung wert sind. Dieselben können zu den beigesetzten Preisen durch die Expedition der D. G. Z. bezogen werden. Deutsches Bürgerbuch. Ein praktischer, allgemein verständlicher Ratgeber für Personen aller Stände etc. von Dr. Menzen, Amtsgerichtsrat in Frankfurt a. M. ca. 1600 Seiten gross Oktav, vollständig in 32 Lieferungen à 30 Pfg. Wir verweisen bezüglich dieses Werkes auf die Beilage in No. 8 der Deutschen GoldschiedeZeitung.

Das deutsche Handwerk in seiner kulturgeschichtlichen Entwickelung. Von Direktor Dr. Eduard Otto. Mit 27 Abbildungen auf 8 Tafeln. („Aus Natur und Geisteswelt." Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen aus allen Gebieten des Wissens. 12 monatliche Bändchen zu je 90 Pf., geschmackvoll gebunden zu je Mk. 1,15.) Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Auf Grund der Werke unserer hervorragendsten Volkswirtschaftslehrer und Geschichtsforscher, sowie eigener Forschungen und Quellenstudien giebt der Verfasser in knapper Form eine Darstellung der Entwickelung des deutschen Handwerks bis in die neueste Zeit. Vorzügliche Abbildungen erhöhen den Wert des geschmackvollen und dabei so preiswerten Bändchens, dessen Anschaffung bestens empfohlen werden kann.

Silberkurs.

Der Durchschnittswert des feinen Silbers war an der Hamburger Börse Mk. 81,59 per Kilo.

Darnach berechnen die vereinigten Silberwarenfabriken für 0,800 Silber Mk. 71,- per Kilo. giltig vom 11.-20. April 1900.

Erscheint am 1. und 15. eines jeden Monats. Abonnementspreis: Kleine Ausgabe (ohne Beilagen) pro Quartal M. 1.50 für Deutschland, 90 Kr. für Oesterreich, M. 8.- pro Jahr für das Ausland. Grosse Ausgabe (mit der Beilage,,Schmuck und Mode") pro Quartal M. 2.- für Deutschland, fl. 1.20 für Oesterreich; für das Ausland pro Jahr M. 10.-. Inseratenteil (ohne Text) kostet pro Jahr M. 2.- für Deutschland. Insertionspreis die 4 gespaltene Nonpareillezeile 25 Pfg., 14 Seite M. 1.50 brutto. Bei Wiederholungen wird Rabatt gegeben. Beilagen nach Uebereinkunft, gefälligen Anfragen wolle man stets Muster beifügen. Arbeitsmarkt die 4 gespaltene Nonpareillezeile 20 Pfennige.

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Inhalt: Die Gmünder Bijouterie in Paris. -Gothisches Trinkgerät. Der Streit um die südwestafrikanischen Diamanten. Industrie und Handwerk. Mangel an
geschulten Kräften. Der Trauring der Jungfrau Maria. - Volkswirtschaft. Handelspraxis. Gesetzgebung. Firmen. Personalien. Vereine und Versammlungen.
Innungswesen. Kunstgewerbliches. Fachschulwesen. Handel und Verkehr. -Technisches. - - Vermischtes. - Einbruchsdiebstähle etc.- Geschäftliche Mitteilungen.
Ausfuhrhandel. Frage- und Antwortkasten. Büchertisch
Schmuck und Mode. - - Konkurse und Insolvenzen. Arbeitsmarkt. Inserate.
Nachdruck aus dem Inhalt vorliegender Zeitung ist nur unter genauer Quellenangabe gestattet.

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Silberkurs.

Eröffnung der Weltausstellung von 1900.

Von unserm Spezialberichterstatter.

Es ist im allgemeinen nichts Neues, dass bedeutende Ausstellungen zur Zeit ihrer Einweihung nicht fertig sind, aber soweit von ihrer Vollendung zurück, wie die grosse Weltausstellung von 1900, ist wohl selten ein derartiges Unternehmen bei der Eröffnung gewesen. Es wird darum auch mit Recht viel über die verfrühte Ueberlieferung des grossen Werkes an die Besucher geklagt und die Regierung muss sich täglich von den Blättern eine Menge Spott gefallen lassen, den sie redlich verdient hat.

Obwohl wir von Bekannten, welche vor der Eröffnung Zutritt hatten, wissen, dass wir kaum mit Vergnügen durch die im Herzen von Paris geschaffene Sonderstadt wandern können, ziehen uns doch die Neugier und das schöne Wetter zu ihr hinein, denn wir haben ja nicht viel zu riskieren; ein,,Ticket" unseres Bons können wir schon opfern. Wir werden als Einwohner von Paris immerhin auf die Kosten kommen, zumal es unmöglich ist, Fahrgeld zu verschwenden, denn die Droschken und Plätze in den verschiedenen Verkehrsmitteln für das grosse Publikum sind schon jetzt so sehr in Anspruch genommen, dass man sie nur schwer bekommt. Selbst bei einem längeren Wege zieht man daher vor, auf Schusters Rappen zu reiten, da man sonst vielleicht bis gegen Schluss der Ausstellungspforten nach Droschken und Pferdebahnen würde haschen müssen. Wir nähern uns deshalb zu Fuss dem monumentalen Eingang auf dem Konkordiaplatze und arbeiten uns durch die vor dem mächtigen Thorbogen angesammelte Menschenmasse, unter die sich zahlreiche Verkäufer von Eintrittskarten gemischt haben, welche uns auf Schritt und Tritt mit ihrem Angebot belästigen, sodass wir den aufdringlichsten gerne einen Stoss versetzen möchten.

Man sieht, dass alle Mühe darauf verwendet worden ist, um den Haupteingang fertig zu stellen; er ist es denn auch annähernd, aber sowie wir denselben hinter uns haben, befinden. wir uns auf einem Bauplatz, wo trotz des heiligen Ostertages an einem Dutzend kleineren Gebäuden, hauptsächlich Treibhäusern, gearbeitet wird. Der Boden ist aufgerissen, zum Teil um Wasser- und Lichtleitungen aufzunehmen und scheinbar auch noch zur Etablierung einiger Fundamente. Wer gut springen kann, kommt ziemlich flott an das Ende dieses zum Glanzpunkte der Ausstellung führenden Weges; rechts die neue holzgepflasterte und breite Avenue Nicolas II. mit links der neuen AlexanderBrücke und deren Fortsetzung nach dem neuen Invalidenstifte hin. Avenue und Brücke sind wenigstens soweit fertig, dass man dort bequem promenieren kann.

In der Avenue werfen wir einen Blick auf die grandiosen

Façaden der beiden sich gegenüberstehenden Paläste der schönen Künste, welche die Ausstellung überdauern sollen.

Wir versuchen es, in den grossen Palast hineinzugehen, kommen aber nicht weit, denn der ganze Raum ist mit Gerüsten bestellt und ein Heer von Arbeitern ist in fieberhafter Thätigkeit um die Dekoration des weiten Baues zu vollenden und die bunt durcheinander stehenden Kunstwerke zn montieren.

Weiter vorgeschritten ist der durch seine harmonische Architektur auffallende kleine Palast. Derselbe soll diejenigen Werke aufnehmen, welche einen Rückblick auf die Entwickelung der französischen Kunst gestatten; aber vorläufig fehlt noch das erste Stück hierzu.

was

Wir kehren um, denn hier ist weiter nichts zu sehen und uns am meisten interessiert: Die Bijouterie- und Uhrenabteilungen sollen sich auf dem anderen, linken Ufer der Seine jenseits der Alexanderbrücke befinden. Sobald wir diese überschritten haben, gelangen wir zur Abteilung der Esplanade des Invalides. Hier erheben sich rechts und links von einer geräumigen Strasse zwei langgestreckte, helle Gebäude, mit graziösen und reich verzierten, indes unvollendeten Fronten. Am Ende der Strasse taucht als glücklicher Abschluss des Gesamtbildes die vergoldete Kuppel des Invalidenheims auf.

Unsere Schritte richten wir zunächst zum linken Gebäude und dort nach der Gruppe, welche die Bijouterie französischen Ursprungs enthalten soll. Gross ist unsere Enttäuschung, denn wir finden nichts als eine Reihe von Schaukästen, die nicht einmal mit ihren Scheiben versehen sind, geschweige denn mit Schmucksachen.

Ebenso geht es uns in der nebenan befindlichen Sektion für Silberwaren.

Auch Uhren sind nicht zu sehen, ausser einigen grösseren Turmuhrwerken. In der Hoffnung, auf der anderen Seite, im Gebäude der fremden Mächte, unsere Schaulust besser befriedigen zu können, bewegen wir uns selbstverständlich zunächst nach der deutschen Abteilung, die gerade gegenüberliegt. Obgleich dieselbe in ihrer Gesamtheit den Eindruck macht, als ob sie weiter gediehen sei, da wir die Produkte verschiedener Industrien z. B. der Nürnberger, schon vor uns ausgebreitet sehen und die Dekorationen fast vollendet sind, müssen wir mit Bedauern konstatieren, dass hier nicht einmal Schaukästen für die Erzeugnisse des Goldschmiedegewerbes vorhanden sind.

Dagegen haben wir das ,,Vergnügen", eine Unzahl von uns teils im Wege liegenden Kisten betrachten zu können, die ihrer Leerung harren.

Man sieht, dass offenbar in der deutschen Abteilung fast

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