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doch endlich die Möglichkeit gegeben, Aluminium in grösseren Quantitäten leicht erzeugen und somit vorerst die charakteristischen Eigenschaften desselben ausprobieren und feststellen zu können.

Um die gleiche Zeit hatte sich auch der französische Chemiker Deville mit Aluminium-Analysen beschäftigt, und namentlich diesem scharfsinnigen Gelehrten gebührt das Verdienst, die Achtsamkeit nicht nur der wissenschaftlichen, sondern auch der technischen Kreise auf die vielfache Verwendbarkeit des wunderbaren Metalles eindringlich hingewiesen zu haben. Napoleon III., sowie die französische Akademie unterstützten Deville fortlaufend durch Gewährung reichlicher Geldmittel. 1855 wurde unter seiner Leitung zu Javelle bei Paris die erste Aluminiumfabrik errichtet und im selben Jahre noch konnten die ersten AluminiumBarren auf der Pariser Weltausstellung bewundert werden.

Der ausserordentlich hohe Preis stand jedoch zunächst noch der allgemeinen Verwendung in der Technik hindernd im Wege. Zur Gewinnung von einem Kilo Aluminium bedurfte man einer Menge von drei Kilo Natrium und dieses kostete damals pro Kilo 2000 Franken. Das erste aus Aluminium hergestellte Kunstprodukt war eine Kinderklapper. Deville legte dieselbe dem am 16. März 1856 zur Welt gekommenen Prinzen Lulu in die Wiege. Eine teure Kinderklapper! Jetzt kostet das Kilo Natrium ungefähr 6 Mk. Die Erwartungen, die man von dem neuen Metall hegte, haben sich indessen so rasch nicht erfüllt. Es war zwar durch Verbesserungen bei der Herstellungsart gar bald im Preise erheblich gesunken von 2000 Franken das Kilo auf 300, aber für eine allgemeine Benutzung an Stelle anderer Metalle doch immer noch zu teuer. (Fortsetzung folgt.)

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Pariser Neuheiten in Hutnadeln.

'n der Modeepoche, die wir durchmachen, wo man nach Gelegenheit, Luxus zu entfalten, bis in die unteren Regionen der Strumpfband- und Schuhschnalle herabsteigt honny soit qui mal y pense ist es selbstverständlich, dass ein Artikel,

dessen Bestimmung es ist, den höchsten Gipfel der Damentoilette zu überragen, ich meine die Hutnadel, mit grösster Sorgfalt behandelt wird damit erstere ein glanzvolles Aussehen erhält, um die hohe Stellung, die sie einnimmt, auch würdig auszufüllen. Wie alle,,Hochgestellten" bedient auch die Hutnadel sich zu diesem Zwecke des Goldes und der Edelsteine, deren mannigfachste Verbindungen in zahlreichen neuen Façons in letzter Zeit erschienen sind. Manche darunter nehmen eine beträchtliche Grösse an, drei und sogar vier Centimeter für den Hutnadelkopf sind gerade keine Seltenheit. Es sind dies meist die aus grauen oder ivoire Perlen gebildeten Nadeln, wobei man je

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doch nicht an die runde, mehr oder weniger regelmässige Perlenform zu denken hat, vielmehr sind es grosse, unregelmässige auf der Oberfläche knorrige Perlenauswüchse, die ihrer jeweiligen Form entsprechend eingefasst sind. Am häufigsten ist die längliche birnenähnliche Form, die mit

Fig. 6. Japanische Theelöffel.

dem schmäleren Ende in einer Fassung aus Gold und Brillanten steckt. Letztere ist zumeist in Ajourarbeit ausgeführt und zeigt die verschiedensten Muster. So hat eine 3 cm lange graue knorrige Perle einen Ansatz, der, aus kleinen mit Brillanten dicht besetzten Bogen bestehend, eine Kugel bildet; eine andere Perle geht aus den halbgeschlossenen Blättern einer Blume hervor; manchmal ziehen sich die Spitzen der einzelnen Blätter, ganz dünn auslaufend bis über die Mitte der Perlen; nicht selten sind es auch Arabesken aus gedrehtem Golddraht, welche den unteren Teil der Perle umgeben, und zwischen die kleinen runden Oeffnungen der Arabeske sind hier und da kleine Steinchen eingefügt. Eine grosse,

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graue Perle hat die Form einer breiten stark gekrümmten Bohne und ist demgemäss in eine Goldfassung eingesetzt, die in Form einer länglichen Arabeske ihren ganzen gewölbten Rücken umschlingt, während an den Seiten breite Windungen bis in die gekrümmte Mitte reichen. Auch hier ist die Goldfassung durchwegs mit kleinen Brillanten besetzt. Ausser Perlen findet man auch allerlei farbige Edelsteine in kostbare Fassungen eingesetzt, doch sind die ersteren allerdings bedeutend kleiner als die Perlen. Die dazu verwendeten Topase, Opale, Ametyste, Türkisen, Rosalinden und dunkelblauen Steine, wie auch Achate aller Art sind entweder kugelrund, birnenförmig oder eirund. Ihre Fassungen bestehen ebenfalls aus Gold und Brillanten; manchmal findet man jedoch statt der Brillanten kleine Perlen eingesetzt und statt des Goldes schwarz oxydiertes Metall. Letzteres mit Brillantenbesatz um einen hellfarbigen Nadelkopf macht sich besonders elegant.

Die Façons, welche die Fassung dieser Nadeln annimmt, sind den vorher beschriebenen ähnlich, nur bedeutend kleiner.

eingesetzt sind. Gold mit eingesetzten Brillanten bildet auch hie und da den Hutnadelkopf selber, ohne erst einen Stein einzufassen. Dieses Genre ist wieder recht gross, wir sehen z. B. ein 3 cm grosses Fragezeichen, oder eine Arabeske aus einem flachen gewundenen Goldstäbchen, welches von beiden flachen Seiten mit Steinen besetzt ist. Feine goldene Drahtnetze oder Arabesken aus Golddraht umfassen manchmal ausgehöhlte Gold- oder schwarz oxydierte Kugeln. Sehr zierlich machen sich diese Nadeln, wenn ihnen um den mittleren Umfang, oder etwas höher erhabene

Fig. 7.

Saucière aus Meissener Porzellan.

Für kugelrunde Steine sind überdies silberne und goldene, mit Steinen oder Perlen besetzte Raubvogelklauen sehr beliebt. Eine andere Art der Fassung entbehrt des unteren Ansatzes und stellt einen Reifen um die Steinkugel dar. Dieser umgiebt die Kugel entweder wie ein Längemesser die Erdkugel, oder wie ein Äquator, oder endlich ist er schief gestellt. Manchmal kreuzen sich auch zwei Reifen über der Kugel. Die Reifen sind zumeist glatt und nur der Länge nach dicht, oder in Unterbrechungen mit Brillanten oder Perlen eingesetzt, doch man findet auch Reifen, welche einen Kranz aus winzigen Goldblättchen bilden, zwischen denen hie und da Steinchen als Knospen

Steinchen, meistens Türkisen hinzugefügt sind.

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Zu den

grösseren Nadeln gehören noch solche, welche bestimmte Gegenstände in Gold dargestellt zeigen. Wir sehen hier z. B. eine antike Maske mit Smaragdaugen, eine kleine Schildkröte mit Rubinenaugen, eine schwarz oxydierte

Louis XVI. Schleife mit einem Brillant in der Mitte. Zu den neuesten Modellen sind endlich die Nadeln zu zählen, die aus dickem Golddraht allerlei darWindungen stellen, die um die eigentliche Nadel

laufen, die oben mit einem Stein endet. So bilden auf einer Nadel 127 förmig gebogene Drähte eine birnenförmige Figur, die als oberen Abschluss einen kleinen farbigen Stein zeigt. Bei einer anderen sind es runde in einander greifende Schlupfen, die sich flach um die Nadelspitze als Rosette legen. Der Stein befindet sich hier in der Mitte der Rosette. Eine Nadel, die mit einem kleinen Stein endet, ist oben mit einer goldenen Schlange umwickelt, deren nach oben überlegter Kopf manchmal auch noch mit einem Stein verziert ist. Hierher gehört auch eine Peitsche, deren goldener Griff mit dem oben ausgebogenen und umgewickelten Strick aus einem Stück gemacht sind.

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Die alte Goldschmiedezunft in Pforzheim. (Von Wilh. Westermann, Pforzheim.)

Wie

forzheim hat soeben über 900 Edelmetallfabriken und Hilfsgeschäfte hierfür mit rund 12000 Arbeitern. Gegründet wurden die ersten Bijouteriefabriken im Jahre 1767. Vorher gab es hier nur eine Goldschmiedezunft, welche die Goldschmiede und die Glaser Pforzheims zünftig vereinigte. Die erste Ordnung für die Zunft der Goldschmiede erliess Markgraf Christoph I. von Baden, ein erleuchteter Fürst, der strenge Ordnung auf dem Gebiete der Verwaltung verlangte. Er starb 1527, nachdem er 1486, 1491 und 1500 die Stadtordnung für Pforzheim erneuert hatte. Als 1698 nach dem langen schweren Kriege alle Zünfte mit ihren Meistern neu eingetragen wurden, fanden sich für die Goldschmiedezunft 27 Meister, Wovon ungefähr die Hälfte aus Goldschmieden bestand. Demnach dürfte die Zahl dieser vor dem 30jährigen Kriege auf 15-20 angenommen werden. bei allen Zünften, so waren auch hier Schauer bestellt, damit die vorgeschriebenen Gesetze beachtet und strenge befolgt wurden. Die Schauer hatten nämlich über die ordnungsmässige Beschaffenheit der Waren zu wachen. Grössere Gegenstände mussten sie einzeln, kleinere, die unter einer halben Mark Silber an Gewicht hatten, in Partien besehen. Waren sie richtig, so wurden sie bezeichnet. Hieraus ersehen wir, dass die heute vom Staate verlangte Stempelung vor 400 Jahren schon üblich war. Die Behandlungsart in der Arbeit war freilich von der jetzigen sehr verschieden. Einen Unterschied zwischen Gold- und Silberarbeiter kannte man nicht. Arbeiten in Silber waren dazumal häufiger als in Gold, weil letztere der plumpen Form wegen zu schwer waren und gar hoch zu stehen kamen. Die Arbeiten in Silber wurden gewöhnlich vergoldet oder gold plattiert. Gegossene silberne Waren mussten 14 Lot, ge

Gold nicht in Karaten, sondern nur allgemein beurteilt. Es wurde dabei rheinisches, ungarisches und Dukatengold unterschieden. Verschiedene andere Vorschriften und Befehle wird der geehrte Leser in der nachfolgenden ,,Zunftordnung der Goldschmiede" finden.

Verzeichnus eyner Ordnung das goltschmidt Handwerk antreffend, So in der Markgraveschaft Baden für genomen, und gehalten werden soll.

Zum ersten, sol alles Versamelten, und abgegossen Goldschmidtwerks, Als von Gürteln und anderer arbeit, die Mark an silber halten vierzehen Lot.

Jtem des gehemmerten Werks, Als schalen, köpff, Becher und dergleichen arbeit, da soll die Mark zum myndsten halten fünfftzehendhalb (1412) Lot, und nit darunder.

Jtem Von demselben soll dem goltschmidt ein halb Lot hinzubezalt werden an der mark, für abgang, Als vil Es besser ist dann das ander werk silber, Doch mag der goldschmidt, das nachlassen, oder Es uff den Lon vergleichen, so Jme von der arbeit wirdet.

Jtem Beslegde (Beschläge) Es sy wyss oder vergült, das sol Alles zu fünfftzehendhalben Lot halten, wie das gehemmert Werk.

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Jtem were aber das ymeand Beslegde haben wolt, das uffgestossen (plattiert) were, so mag der goltschmidt das auch machen, doch das Er kein uffgestrichen Beslegde für uffgestossenes geb.

Jtem was von grossen Stücken gearbeit oder gemacht wirdet, Als gürtel und anderes die da halten ein halb mark oder mee, dieselben grossen stücke oder arbeit, sol ein yeglicher goltschmidt den Schauwern (Schauern) zeugen, so Es gemacht ist, Und ist es gerecht, So sollen sie es zeichenen (stempeln). Jtem was von kleinen Dingen ist von golten Ringen oder ander Kleinen Arbeit, das mögen die Schauwer zu yedemmale mit dem grossen

Fig. 5. Bronze-Vase aus Japan.

hämmerte oder geschmiedete 141/2 Lot halten, die Mark zu 16 Lot gerechnet. Das Silber durfte nur mit Kupfer oder Messing legiert werden. Die Vergoldungen wurden mit der Kratzbürste probiert. Arbeiten, welche die Probe nicht aushalten konnten, waren verboten. Was bereits vergoldet war, durfte nicht wieder vergoldet werden; ausgenommen waren Monstranzen und ähnliche Gegenstände des kirchlichen Gebrauches. Glasflüsse, sogenannte falsche Edelsteine, durften nur für Fürsten in Gold gefasst werden; sonst galt solches als Betrug. Für den gewöhnlichen Verkehr wurde das

besehen.

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Jtem wann erfunden wirdet, das das silber nit helt als obsteet (wie oben steht), nemlich das versammelt zu vierzehen Loten, und das gehemmert und Beslegde zu fünfftzehendhalb Loten, So sol dasselb Silber oder die arbeit von stund von den Schauwern zu hauff geschlagen werden und soll der goltschmidt dazu zu pene (Geldstrafe) verfallen sin, von der mark ein ort (ein Gulden), von der halben

mark ein halb ort, so vil des silbers ist, oder minder, ob des silbers minder ist x x, nach anzale.

Jtem ein yeglich silber sol geleyert (legiert) sin mit Kupffer und mit mesing, und wo das verbrochen (übertreten) Oder anders gehalten wirdet, So sol der goltschmidt dasselb silber alles verloren han, unablässlich, Es sy wenig oder vil und mag Jne dazu myn gnediger her auch straffen.

Jtem ein yeglich vergült silber das nach dem, so Jme sin Farb gegeben ist, die Kratzbürst mit Erleyden mag, ist verboten by einer pene von yedem Lot silbers ein schilling pfennyng, unablässlich zu geben, ussgescheiden (ausgenommen) das uffgestrichene golt, uff den Beslegde wie vorstet (vorstehet), das hat syn meynung.

Jtem wie ein yeglicher goltschmidt ein golt weret (währet, taxieret) dafür er es git (giebt), also sol Es sin wo das feelet, So sol Es der goltschmidt bessern (nachhelfen) Nemlich sol kein ungerisch (ungarisches Geld) oder Dukaten für fein gegeben werden, Rinisch (rheinisch) für Dukaten, und böseres für besseres (nemlich Gold).

Jtem ob es aber zum halben oder dritten teil felet, oder So merklich das man schinbarliche geferlichkeit merckte, So sol der goltschmidt als (so) vil goltes, als Er also gegeben hette, auch so vil zu pene verfallen sind.

Jtem es sol auch keiner der golte verarbeit, dasselb golt von Nuwem (neuem) vergülten by der pene verlierung des golts.

Jtem es sol keiner keinen mesin vergülten, Als zu Kleinottern (Kleinodien) oder sollichen Dingen, Dann Es ist ein falsch, doch monstranzen und desgleichen davon kein Falsch geschicht (womit kein Betrug geschehen kann), die mag man auch vergülten.

Jtem es sol keiner kein münz, die dem golt, oder guldin gleichen mag, vergülten, Er slahe (schlage) dann ein sichtbar Loch dardurch.

Jtem Es solen weder goltschmidt, oder andere keinen kelch, Crütz (Kreuz) odere andere kirchengezierde von Arwonigen (verdächtigen) Luiten kauffen by Jren eiden.

Jtem Wem also Ettwas Argwonigs fürkäme, der sol schaffen, ob er mag, das Es gerechtvertigt werde, ob er Es anders mit selber gerecht vertigen kondt.

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Jtem man soll kein glass das Edelgestein glichen mag, Zu golt versetzen (fassen), dann Es ist ein Falsch, doch mag man es eim Fürsten machen.

Jtem von Aller arbeit mag ein goltschmidt Lons nemmen, Als er des ungeverlich geniessen mag oder vil, doch sol man nymann über billichs übernemmen.

Jtem die Ordnung muss man uff den Jarmerkten und sunst allen goltschmidten, und Kremern verkünden, Und die solnd fremd und heimisch, nüht (nicht) anders fyl haben, verkauffen, dann was die Ordnung Erlyden mag, und wellicher die Ordnung darüber verbricht, der sol den gemelten penen Jn obgeschriebener mass underworffen syn, und die zu yedem male geben.

Zur modernen kunstgewerblichen Bewegung.

Von Georg Hermann.

W

enn man noch vor wenigen Jahren, kaum vor einem Jahrzehnt, das Lied unseres Kunstgewerbes hätte singen wollen, so wäre es ein langes Miserere geworden, und die Worte: Maschinen, Überproduktion, schlechtes Material, Surrogat und Geldmangel hätten den Refrain der einzelnen Strophen gebildet. Einst hat in Deutschland dieses Lied ja anders gelautet, und wer SO glücklich ist, an einem Orte zu leben, in dem ihn noch überall die Reste früherer Thätigkeit ansprechen, oder wer in einer Grosstadt mit reichen kunstgewerblichen Sammlungen wohnt, der begreift kaum, wie das Zeitalter der Maschinen es ermöglicht hat, all diese herrlichen Techniken, diese Fülle von Können und Persönlichkeit zu Grunde zu richten. Und das waren einfache Handwerker, die solche Arbeiten schufen? fragt man sich stets von neuem erstaunt? Ja und nein. Dem Wort nach Handwerker, dem Sinn nach Künstler, denn eine Renaissance kannte kaum den Unterschied zwischen Kunst und Handwerk, nicht zwischen hoher und niederer Kunst. So sind fast alle Meister des Florentiner Quattrocento aus Goldschmied werkstätten hervorgegangen, so glaubten ein Dürer und Holbein nicht zu gut zu sein, um z. B. Entwürfe für Dolchscheiden zu schaffen. (Man hätte einmal einem Cornelius oder Kaulbach etwas derartiges zumuten sollen!) Aber damit, dass der Handwerkerstand

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im Kampfe mit dem Unternehmertum erlag, dass der Kaufmann, die Fabrik an seine Stelle trat, dass nicht mehr die Frage nach:,,schön, haltbar oder zweckmässig" leitend blieb, sondern die Frage billig". Damit war das Todesurteil des Kunstgewerbes besiegelt; wohl jagte man noch von Stil zu Stil, imitierte heute maurisch, morgen barock, unfähig, von ihnen mehr als die Äusserlichkeiten zu erfassen, noch unfähiger, irgend etwas neues zu schaffen, um endlich, nachdem alles durchhetzt, vor völligem Bankerott zu stehen.

Mit der Wiedergeburt des Kunstgewerbes werden für die Zukunft die Namen Sauper, Meurer, Grasset, Walter Crane und besonders William Morris verbunden bleiben. Heute hat der bildende Künstler schon allgemein wieder erkannt, dass auch die Ausschmückung des Hauses, die Schaffung von Gebrauchs- und Luxusgegenständen ihm ebenso Aufgaben stellt, in denen er seine Eigenart ausleben kann, wie Malerei oder Plastik, und hiermit gehen wir notgedrungen einem neuen Stil entgegen, welcher erstehen muss, sowie das Kunstgewerbe in die Hände Berufener gelegt ist; denn jede Zeit steht unter anderem Gesichtswinkel, stellt andere Anforderungen, und gerade die Gegenwart mit ihren tausend Neuerungen, ihren Erfindungen, die angethan sind, unsere ganze Lebensweise umzugestalten, muss sich von selbst neue Formen schaffen, die alten umgiessen. Man ist redlich und eifrig bei der Arbeit. Eine Reihe vorzüglicher Zeitschriften wie

,,Kunst und Dekoration", „,Deutsche Kunst", ",the Studio", „Pan“, „Ver sacrum“ u. s. f. widmen sich mehr oder weniger ausschliesslich der Reproduktion von Werken der ,,angewandten Künste". Mit welchem Fleiss allenthalben geschafft wird, davon gab die Berliner Ausstellung ein kleines Bild. Begrenzen wir den Begriff Kunstgewerbe ganz eng, nehmen wir es nur als Ausstattung von Wohnräumen, so finden wir kaum etwas, dem man nicht versuchte, neuen Geist zu geben; da sind Schränke und Stühle, Tische, Truhen, Sopha, Ruhebänke, Uhren, Beleuchtungsgegenstände, Wandbecken, Öfen, Vorhänge, Teppiche, Kissen, Tischdecken, Paradehandtücher, Ziergläser, Fayencen, Steingut, Porzellane, getriebene Kupfergefässe, da sind Tapeten, dekorative Friese, Kachelpaneele, Supraporten, da sind Ledermappen und Fächer, da sind farbige Glasfenster und Kachelmosaiken für Aussenflächen. Und alles in Formen, von denen man nicht sagen kann, dass sie sich einem bestimmten Stil einreihen liessen.

Ja aber worin besteht denn nun dieses vielgepriesene Neue? Sollte es wirklich so ganz aus dem Nichts entsprungen sein? Was sind seine Gesetze, die Forderungen, die Grundzüge? Was ist heute das Erreichte?

Ein Hauptfehler unseres bisherigen Kunstgewerbes war, dass alle Dinge mehr scheinen wollten, als sie eigentlich vorstellten; das Steingut wollte Porzellan sein, Neusilber sich als Silber geberden, Holz oder Pappe die Ornamentik des Leders nachahmen, jedes wollte Form und Behandlungsweise eines Edleren annehmen, also täuschen, und so blieb es weder es selbst, noch wurde es ein anderes. Die heutigen Bestrebungen halten sich stets in den natürlichen Grenzen, welche dem Material und seiner Behandlung gezogen sind. Mit diesem über sich Hinauswollen des Früheren musste naturgemäss ein zweiter Hauptfehler ein zu viel, ein zu reich verbunden sein, man häufte masslos die für uns nichtssagende, sterile, meist sogar noch unerfasste Ornamentik und übertrieb oft derart, dass man leicht die eigentliche Bestimmung eines Gegenstandes übersah, man war entweder zu kleinlich oder zu schwer; und die ersten Forderungen jeder dekorativen Kunst das grosse Wirken von Fläche gegen Fläche, Ton gegen Ton, die grösstmögliche Vereinfachung und doch schärfste Charakterisierung der Form, das Haushalten mit den Mitteln liess man unberücksichtigt.

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Jede Anpassung, alle Schmuckmotive die mathematische Raumfüllung des orientalischen Linienornaments, das naive, reiche Romanisch, die philosophisch-abstrakte Gothik, die Renaissance, die kräftige Barockvolute, das leichtlebige, schnörkelige Rokoko - waren leblos, hatten ihren Gipfelpunkt erreicht, konnten unmöglich noch über sich hinaus gebracht werden. Das empfand man, aber dass man sich einfach einmal an den ewigen Reichtum der Natur wenden, von ihr, ihrem Leben neue Formen abstrahieren könne, fiel niemandem ein.

Da müssen endlich die Arbeiten der Japaner erlösend gewirkt haben, wohl sind sie uns oft fremd im Geist, erscheinen bizarr oder manieriert, aber die Gesetze und Forderungen der dekorativen Kunst erfüllen sie, wie sie kein zweites Volk der Erde erfüllt. Der französische Romancier Pierre-Loti charakterisiert einmal in seiner ,,Chrysanteme": ,,Jedes Ding sieht sehr einfach aus, ist aber im Detail desto kostbarer, der Japaner setzt seinen Stolz darein, selbst die unbedeutendsten Gegenstände in seinem Haushalt in künstlerischer Ausführung zu besitzen das nennt er Luxus.

Ihr Sinn für das Einfache, Gediegene und Zweckmässige; die wunderbar ausgebildeten Techniken; das Gefühl für Kontur und Linie; die unerhörte Freiheit in der Flächen- und Fleckenverteilung; die Kraft und der Mut zur reinen Farbe; die harmonische Tonwirkung; die grosszügige, vereinfachte Auffassung des Einzelnen, — welche nur mit Fläche oder Linie, aber nicht mit Licht oder Schatten zu modellieren sucht und dabei doch sich völlig dem Ganzen unterordnet; zuerst und zuletzt aber das unmittelbare Naturstudium der Japaner nicht nach der toten Form, sondern nach dem lebenden Objekt." All das muss ja befreiend gewirkt haben.

Bitte mich nicht falsch zu verstehen, ich sage nicht, dass das heutige Kunstgewerbe unter dem Einfluss der Japaner steht, sondern nur dass Japan über Forderungen und Gesetze der dekorativen Kunst dem Abendland die Augen geöffnet hat. Und wie allgemein in Deutschland jetzt das Verständnis hierfür geworden ist, zeigt wohl am besten das Reussieren von Zeitschriften, wie Jugend" oder „,Simplicissimus", deren ganze Illustrationsweise doch fast vollkommen dekorativen Gesetzen unterworfen ist.

Technisches.

Vorsicht beim Einschmelzen von Münzen. Vor Jahren passierte es mir einmal, dass unter den zum Legieren zerschnittenen Doppelkronen ein Stück mit dem Bildnis Kaiser Friedrichs sich vorfand, welches ein Gewichtsmanco von 0,5 Gramm aufwies. Bei näherer Untersuchung ergab sich, dass die Münze gefärbt war. Sie wurde jedenfalls früher in einer Andenkenbroche getragen und von der Besitzerin oder ihrem Nachfolger später wieder in Cours gesetzt d. h. als Geld ausgegeben. Ich selbst hatte einen Schaden von etwa Mk. 1.25 und traf Anordnungen, dass die Münzen fernerhin vor dem Zerschneiden immer zu wiegen seien, was seither gewissenhaft geschehen ist. Nun hat es vor einigen Wochen mit dem Schmelzen einmal besonders geeilt, Silber und Kupfer standen gewogen parat, und als die Münzen

eintrafen, wurden sie in der Eile ungewogen zerschnitten. Beim Controllieren des Gesamtgewichts der Legierung ergab sich ein Manco von genau einem Gramm. Wo lag nun wieder der Fehler? Erst wurde das Kornsilber herausgelesen, gewogen, es stimmte; ebenso das Kupfer. Sollten es denn wieder die Münzen sein? Und richtig, hier war genau der gleiche Gewichtsunterschied, der vorher bei dem. Gesamtgewicht bemerkt wurde. Beim Zusammenstellen der halben Stücke fand sich eine vor mit dem Münzzeichen A und dem Bildnis Kaiser Wilhelm I. mit auffallend stumpfer Bildnisseite, welche nur 7,0 Gramm wog; sie wurde durch ein vollgewichtiges Stück ersetzt. Später untersuchte ich den für zu leicht befundenen Goldfuchs genauer und zweifle nicht daran, dass hier mit Vorbedacht und Absicht eine Ver

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