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lassen. Es giebt so viele Unternehmer in unserem Fach, denen Geld und alle modernen Hilfsmittel zu Gebote stehen, dass es ihnen ein Leichtes ist, gute Mittelware als Zwischending sachgemäss herstellen zu lassen, welche einen verständlichen Übergang zum neuen Stil bilden, bevor der neue Stil was ich befürchte der Allgemeinheit verloren geht,

denn nur durch ein verständliches Zwischending kann der Geschmack geweckt, vervollständigt und erhalten werden; vom Konkreten zum Abstrakten und dann zur Allegorie; je fasslicher der Übergang, je schneller wird das Verständnis geweckt! Hugo Lemcke.

Pforzheimer Brief.

Unsere Edelmetallindustrie ist zur Zeit in allen Spezialzweigen so gut beschäftigt, wie noch selten. Sowohl für den inländischen als für den ausländischen Markt haben die Fabrikanten alle Hände voll zu thun, um allen Nachfragen zu genügen. Dabei sind die brauchbaren Arbeitskräfte so rar, dass man froh ist, auch nur halbwegs verwendbare Arbeiter halten zu können. Vollends Arbeiterinnen, mögen das nun Kettenmacherinnen, Polisseusen, Emailleusen, Vergolderinnen oder sonst was sein, sind gar nicht zu bekommen, wenn sie nicht, was bedauerlicherweise auch vorkommt, durch das Versprechen höherer Löhne und anderer Vorteile aus anderen Fabriken weggelockt werden. Die Löhne für männliche wie für weibliche Arbeiter sind infolge dessen erheblich gestiegen und stehen, was ausdrücklich betont werden muss, nicht mehr im Verhältnis zu den Preisen der fertigen Waren. Letztere stehen noch immer auf einem Preisniveau, das den Fabrikanten nur bei alleräusserster Anstrengung einen kleinen Nutzen lässt. Das eben Gesagte gilt in der Hauptsache für die eigentliche Gold- und Silberwaren branche. Im Rayon der Doublé fabrikation liegt die Sache ein wenig anders. Hier hat die Vervollkommnung der Technik, insbesondere der maschinelle Betrieb in den grossen Fabriken, den Preisdruck einigermassen ausgeglichen und hier ist auch die Akkordarbeit der Preisbewegung besser gefolgt. Die aufs äusserste angespannte Intensität der Akkordarbeit hat durch Mehrleistung ausgeglichen, was am Preis für das einzelne Stück nachgegeben wurde. Hier beginnt aber auch eine Arbeiterbewegung einzusetzen, die in dieser Richtung bisher hier unbekannt gewesen. Im Sommer waren es die Kettenmacher, welche eine mögliche Verminderung des Akkordlohnes sofort mit dem Streik beantworteten. Von den Arbeitern in Doubléfabriken geht auch eine Bewegung aus, welche der Verminderung der Akkordlöhne für Fasser entgegenarbeiten will. Bereits haben zwei Versammlungen stattgefunden, in denen über Mittel und Wege, dem Rückgang der Akkordlöhne vorzubeugen, beraten wurde, und in der letzten wurde eine Organisation der Fasser zu bilden beschlossen, von welcher ein Lohntarif ausgearbeitet werden soll. Es mag auf den ersten Blick befremden, dass inmitten einer ausserordentlichen Geschäftsthätigkeit einzelne Arbeiterkategorien über Rückgänge der Akkordlöhne klagen. Die Erklärung dafür ist darin zu suchen, dass diese SpezialArbeiter, ebenso wie andere, die vielleicht noch später sich

rühren werden, nicht nur mit den Fabrikanten, sondern auch mit den Heimarbeitern ihrer Spezialität zu rechnen haben, die zum grossen Teil jedem Versuch, die Preise bezw. die Löhne zu drücken, willig folgen. Es wurde in der letzten Versammlung z. B. erzählt, dass ein Fasser für eine Arbeit 40 Pfg. rechne, für welche der Fabrikant, wenn der billige Mann nichts mehr bewältigen kann, gern andern Fassern 1 Mk. 25 Pfg. bezahle,

Nur

Wenn gegen solche Pfuschlöhne die Arbeiter sich wehren, so kann man es ihnen nicht verdenken. dürfen sie nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Es scheint übrigens, als ob der Zusammenschluss dieser Arbeiter, welche sich als besondere Fassersektion innerhalb des Goldarbeiterverbandes konstituieren wollen, mehr durch einen Zufall erwogen und zu Stande gekommen ist. Denn in der ersten Versammlung wurde wiederholt Bezug genommen auf eine Strafkammer-Verhandlung in Karlsruhe, in welcher es sich u. a. auch darum gehandelt hatte, ob der sog. Fasserkrätz Eigentum des Fabrikanten oder der Hausindustriellen bezw. Heimarbeiter sei. Die Ansicht der fachmännischen Zeugen ging übereinstimmend dahin, dass, wenn im Lokal des Fabrikanten gefasst wird, selbstredend der Abfall dem Fabrikanten gehöre, dass ausserdem in der Regel der selbständige Fasser, also der Inhaber eines Hilfsgeschäfts, wenn nichts anderes ausgemacht sei, berechtigt sei, den Abfall aus dem Fassen für sich zu behalten. Doch komme auch hier vor, dass Abmachungen getroffen werden, wonach der Ausstich zurückzuliefern sei. Strittig liegt die Auslegung dann, wenn der Arbeiter eines Geschäfts die im Geschäft begonnene Arbeit mit nach Hause nimmt, um sie in seiner Wohnung fertig zu machen. Sein Lohn ist derart bemessen, dass er keinen Anspruch auf den Abfall haben soll; auch spricht die Gepflogenheit dagegen, dass festangestellte Arbeiter den Abfall reklamieren dürfen. Anderseits verbraucht der Arbeiter in seiner Wohnung Licht und Heizung, wofür ihm keine Entschädigung zu teil wird. Dafür, dass ihm diese in der Zuwendung des Abfalls zukommen solle, wurde seitens einiger Arbeiter in der ersten Spezialversammlung eifrig plaidiert. Indessen sind derartige Dinge nicht einseitig zu entscheiden, und auch einen allgemein gültigen Tarif aufzustellen, wird bei der Verschiedenartigkeit der zu leistenden Arbeit nur schwer durchzuführen sein.

Schmuck und Mode.

Unsere neueste Ausgabe von ,,Schmuck und Mode" hat, wie wir von vornherein annahmen, besten Anklang gefunden, es beweist uns dies, ausser der zahlreichen Bestellung von Exemplaren zu Versandtzwecken an die Kundschaft, hauptsächlich auch die grosse Anzahl von eingegangenen Anerkennungsschreiben und die Nachfrage nach unsern Clichés.

Wir können nunmehr ruhig behaupten, dass wir mit dem Teile der Presse, der hauptsächlich einen Einfluss auf die Modenrichtung und das Schmucktragen übt, mit den Moden- und Familienzeitungen in regem Verkehr stehen und so in der Lage sind, deren Artikel und die gesamte Haltung zur Schmuckfrage beeinflussen zu können.

Den besten Beweis für die Richtigkeit bietet die Thatsache, dass eine Reihe von Moden- und Familienzeitungen unsere Abbildungen und unsere Artikel veröffentlicht, wie der Augenschein darthut.

In gleichem Masse hat eine grosse Reihe namhafter Schriftsteller und Schriftstellerinnen unsere Spezialausgaben von,,Schmuck und Mode" mit dem lebhaftesten Interesse aufgenommen und lässt sich unsere Ausführungen über Schmucksachen und deren Verwendung zur Richtschnur dienen.

Dass die Tageszeitungen sowohl grössere Artikel als auch kleine für das Fach vorteilhafte Notizen fast regelmässig bringen, ist ja wohl jedem Leser aus eigener Wahrnehmung bekannt.

Die Beitrittserklärungen zur Centralstelle haben sich auch in letzter Zeit in erheblicher Weise gemehrt, was für uns ein guter Hinterhalt ist, das ausgelegte Netz unserer Thätigkeit für die Vorteile der Branche immer mehr zu erweitern um stets wachsenden Erfolg verzeichnen zu können.

Volkswirtschaft. Handelspraxis. Gesetzgebung.

In einem Pforzheimer Emailliergeschäft, in dem 25 meist weibliche Personen beschäftigt sind, hatten diese nach der Anzeige eines Schutzmannes wiederholt selbst über 13 Stunden gearbeitet, obgleich nicht einmal für die 13 stündige Arbeitszeit ein Dispens eingeholt worden war. Ausserdem hatte der Geschäftsinhaber ein 15 jähriges Mädchen wiederholt über 10 Stunden täglich beschäftigt. Wegen Uebertretung der §§ 135 und 137 der Gew.-O. hatte sich nun der Inhaber des Geschäftes dieser Tage vor Gericht zu verantworten. Der Angeklagte bestritt ein Fabrikgeschäft zu haben, sein Betrieb sei ein mehr handwerksmässiger; es sei ein Hilfsgeschäft, das nur auf Bestellung an ihn übergebener Waren eine Teilarbeit verrichte, das keinen Warenverschleiss habe, keine durchgeführte Arbeitsteilung kenne und bei dem der technische vom kaufmännischen Betrieb nicht getrennt sei. Der Sachverständige, Handelskammerpräsident Meier, gab sein Gutachten im gleichen Sinne ab, indem er erklärte, die Aehnlichkeit zwischen diesen Hilfsgeschäften der Bijouterie und den Bijouteriefabriken habe zwar viele äussere Merkmale, innerlich sei aber die Scheidung aus den oben vorgebrachten Gründen eine vollkommene. Uebrigers fehle noch immer die genaue Definition für den Begriff Fabrik. Der Gerichtshof sprach daraufhin den Angeklagten kostenlos frei. Von besonderer Wichtigkeit ist die anlässlich dieser Verhandlung von dem Vorsitzenden des Gerichtshofes gemachte Bemerkung. Er bemerkte nämlich, dass sozialpolitisch ein Unterschied zwischen einem Fabrikbetrieb und einem derartigen Hilfsgeschäft durchaus nicht vorhanden sei. Thatsächlich ist sonst die Stellung einer Arbeiterin in einem solchen Hilfsgeschäft und einem faktischen Bijouteriefabriktrieb ganz die gleiche. Die Fälle sind gar nicht selten, dass ein solches Hilfsgeschäft über Nacht zum Fabrikbetrieb, also zur Herstellung fertiger Waren übergeht, indem Goldarbeiter und Polisseusen dazu engagiert und beschäftigt werden, wobei die Beschäftigungs-, Auslohnungs-, Anstellungs- und Entlassungsformen der bisherigen Hilfspersonen auch nicht die geringste Aenderung erfahren. Andererseits giebt es und gab es schon seit Jahren kleinere Fabriken von Emailbijouterie, welche bald hauptsächlich, bald nebenher für andere Fabriken die Emaillierarbeit übernehmen. Die geschäftliche und technische Anforderung an die Arbeiterin ist im Hilfsgeschäft wie in der Fabrik genau dieselbe. Trotzdem ist die Stellung der Arbeiterin in Bezug auf den Arbeiterschutz, je nachdem ihre Brotstelle als Hilfsgeschäft oder als selbständiger Fabrikbetrieb angesehen wird, eine so grundverschiedene.

Krankenversicherung. Nach einem neuerlichen Urteil des badischen Verwaltungsgerichtshofes muss der Arbeitgeber, welcher die Anmeldung zur Krankenversicherung unterlässt, die Beiträge nur für die Zeit, in welcher die nicht angemeldete Person bei ihm in Arbeit war, nicht bis zu dem Zeitpunkt der nachgeholten Anund Abmeldung nachzahlen.

Stempelpflicht kaufmännischer Briefe. Das preussische Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895 besagt, dass unter Umständen auch ein geschäftlicher Briefwechsel stempelpflichtig sei.

Der § 1 Abs. 3 des genannten Gesetzes lautet: Ergiebt sich die Einigung über ein Geschäft aus einem Briefwechsel oder einem Austausch sonstiger schriftlicher Mitteilungen, so wird in der Regel ein Stempel hierfür nicht erhoben. In einem solchen Falle tritt aber die Verpflichtung zur Entrichtung des betreffenden Stempels dann ein, wenn nach der Verkehrssitte über das Geschäft ein förmlicher schriftlicher Vertrag errichtet zu werden pflegt, diese Errichtung indessen nicht stattgefunden hat, und von den Beteiligten beabsichtigt wird, durch den Briefwechsel oder den Austausch der sonstigen schriftlichen Mitteilungen die Aufnahme eines solchen Vertrages zu ersetzen". Das Reichsgericht hat nun in einem Erkenntnis vom 9. Juni d. J. nach dem „Berl. Akt." diese Bestimmung dahin interpretiert, dass die StempelBefreiung auf einseitige Rechtsgeschäfte (z. B. Schuldverschreibungen) keine Anwendung zu finden hat. Es lag der Fall zu grunde, dass für einen kaufmännischen Brief, der eine Schuldverschreibung enthielt, die Befreiung vom SchuldverschreibungsStempel auch auf Grund des obigen Paragraphen gefordert wurde. Dem entgegen führte das Reichsgericht aus, es genüge zur Bekundung einseitiger Verträge, dass die Willenserklärung desjenigen Kontrahenten, der die Verpflichtung übernehme, in die schriftliche Form gebracht werde. Die einseitige schriftliche Willenserklärung stelle daher in diesen Fällen die Urkunde über das Geschäft dar, und es sei dabei ohne Erheblichkeit, ob dieser Urkunde die Form einer besonderen Geschäftsurkunde, oder diejenige eines Briefes gegeben werde. Der § 1 Abs. 3 beruhe aber darauf, dass durch den Briefwechsel erst ein Surrogat für die sonst übliche VertragsUrkunde geschaffen werde, beziehe sich also nur auf zweiseitige oder mehrseitige Rechtsgeschäfte. Demnach ist auch der erste Teil der Bestimmung, der von der regelmässigen Stempelbefreiung spricht, auf einseitige Rechtsgeschäfte nicht anwendbar.

Personalien. Geschäftsnachrichten.

Eduard Bichler †. In Pforzheim ging am 18. d. Mts. Herr Bijouterie-Fabrikant Eduard Bichler nach fast 81jähriger Pilgerwanderung auf dieser Welt in ein besseres Jenseits hinüber. Ein imposantes Leichenbegängnis bewies, welch' grosse Verdienste der Verstorbene sich um die gemeinnützigen Bestrebungen in Pforzheim erworben und wie sehr sie anerkannt werden. Bichler vertrat 1875/81 die Stadt Pforzheim als nationalliberaler Abgeordneter im Landtage, bis er von dem Demokraten Schober abgelöst wurde.

Herr Graveur und Ciseleur Fürst in Schwäb. Gmünd wurde als Graveurlehrer für die gewerbliche Fortbildungsschule daselbst bestellt.

Der Königliche Kronenorden vierter Klasse wurde dieser Tage Herrn Albert Weiss, erster Restaurator beim Königl. Kunstgewerbe-Museum in Berlin, verliehen.

Aus der Firma Gebrüder Hamm in Viersen ist infolge Übereinkommens der seitherige Teilhaber Herr Anton Hamm aus

geschieden. Die Firma ist mit Aktiven und Passiven auf den Mitinhaber und Begründer derselben, Herrn Wilh. Alexander Hamm, übergegangen, welche dieselbe in unveränderter Weise fortführt.

Geschäftsnachricht. Die Firma May & Palma, Edelsteinhandlung in Turnau i. B., hat in der Louisenstrasse in Pforzheim eine Filiale errichtet.

Geschäfts-Jubiläum. Auf ein 25jähriges Bestehen der Firma L. Rosenthal in Riga kann der Gründer und Besitzer derselben, Herr Ludwig Rosenthal, zurückblicken. Mit bescheidenen Mitteln etablierte sich der Jubilar im Jahre 1874 als Uhrmacher und hat es im Laufe dieses Vierteljahrhunderts durch Geschicklichkeit, Fleiss und strenge Reellität dahin gebracht, dass aus seinem kleinen Uhrengeschäft eines der grössten Juwelen-, Uhren-, Gold- und Silberwarenlager geworden ist.

Die Magdeburger Rückversicherungs-Gesellschaft beabsichtigt ihren Geschäftsbetrieb auch auf die Versicherung gegen Einbruchsdiebstahl auszudehnen und liegen diesbezügliche Anträge einer am 26. ds. Mts. abzuhaltenden Generalversammlung zur Beschlussfassung vor.

Vereine. Versammlungen.

Eine zahlreich besuchte Versammlung von Goldschmieden aus beinahe allen Kantonen der deutschen Schweiz fand am 2. d. M. in Luzern statt. Die Versammlung beschloss die Konstituierung eines engeren Verbandes von Fachgenossen. Nach Anhörung eines Referates von Savoie, Direktor des eidgenössischsn Amtes für Gold- und Silberwaren, sprach sich die Versammlung einstimmig für die Einführung der obligatorischen Kontrolle der Bijouteriewaren aus. Eine Eingabe an die Bundesversammlung zur Unterstützung eines bereits vorliegenden Entwurfes des eidgenössischen Departements zu einem Bundesgesetze wird in einer später abzuhaltenden Sitzung beschlossen.

Handwerk und Innung.

Berliner Zwangsinnung. Der Ober-Präsident der Provinz Brandenburg und des Stadtkreises Berlin hat, wie das Königliche Polizei-Präsidium mitteilt, unter dem 5. Oktober d. J. angeordnet, dass zum 1. Januar 1900 eine Zwangsinnung für das Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Handwerk in dem Bezirke der Stadtgemeinde Berlin mit dem Sitze in Berlin errichtet werde. Von dem genannten Zeitpunkte ab gehören alle Gewerbetreibenden, welche das Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Handwerk betreiben, dieser Innung an. Zugleich ist die Schliessung der gegenwärtig hier bestehenden Goldschmiede-Innung zum 1. Januar 1900 angeordnet.

Goldschmiede-Innung zu Dresden. In der am 19. Oktober im Restaurant Kneist unter Vorsitz des Obermeisters Herrn Hermann Eckhardt abgehaltenen Hauptversammlung der GoldschmiedeInnung (Zwangsinnung) wurden zwei neue Mitglieder vorgestellt und verpflichtet. Hierauf teilte der Vorsitzende mit, dass die nene Lehrlingsordnung nur nach Genehmigung der Handwerkerkammern in Kraft treten kann, bis dahin müsse noch die alte Lehrlingsordnung benutzt werden. Von zwei eingegangenen Schreiben des Rates wurde Kenntnis genommen; in diesen wird der Innung bekannt gegeben, dass Ausländer deutsche Arbeitsbücher führen müssen und dass bei allen Bekanntmachungen der Innung der Zusatz Zwangsinnung zu gebrauchen ist. Eine Petition des Deutschen Handwerkerbundes an den Reichstag zum Schutze der Arbeitswilligen wurde von den Vorstandsmitgliedern unter

zeichnet.

Kunstgewerbliches. Schulwesen.

Das Kunstgewerbe-Museum zu Leipzig feierte am 25. Oktober d. J. das Fest seines 25jährigen Bestehens. In Anwesenheit eines gewählten Kreises von Vertretern der städtischen Behörden, der Kunst- und Wissenschaft und des Buchhandels und der mit dem Kunstgewerbe verknüpften Berufszweige fand im Vortragssaale des Grassi-Museums ein Festactus statt. Herr Dr. Gensel, der Mitbegründer und erste Vorsitzende des Museums, hielt die Festrede. Herr Direktor Dr. Graul folgte mit einem Hinweise auf die Aufgabe und Ziele des Museums. Prof. Treu, Direktor des Kunstgewerbe-Museums in Dresden, überbrachte Grüsse und Glückwünsche,

worauf Herr Oberbürgermeister Dr. Tröndlin das freundliche Verhältnis zwischen Stadt und Museum hervorhob. Im Namen des Vereins Kunstgewerbe-Museum feierte Herr Stadtrat, Baurat Dr. A. Rossbach Herrn Dr. Gensel und verkündete die Ernennung des Herrn Dr. Gensel zum Ehrenmitglied des Vereins. Gesang des Thomanerchors, der den feierlichen Akt eingeleitet, beschloss ihn auch wieder.

Juwelier Karl Erhart in München bringt seit kurzem eine interessante und hübsche kunstindustrielle Neuheit in den Handel. Glasgefässe verschiedener Art, schreibt die Allgem. Ztg., ebenso Porzellantassen, Schalen etc. präsentieren sich im Schaufenster der Firma als mit reizenden Silberornamenten belegt oder mit schmalen Streifen von Edelmetall, jeder Biegung folgend, eingefasst. Auf elektro-galvanischem Wege werden diese zierlichen, naturalistischer und stilisierten Blätter, Blüten u. s. w. durch ein eigenes, selbstredend geheim gehaltenes Verfahren, kaum in Kartenblattdicke niedergeschlagen und fest mit dem Glase verbunden. Wenn dies nun auch zweifellos ein zur Massenerzeugung geeignetes mechanisches Verfahren ist, so leiht doch auch andrerseits wieder die nachhelfende Hand des Ziseleurs, die den Blattrippen und Schraffierungen, wo nötig, die erforderliche Schärfe giebt, den einzelnen Stücken einen intimeren Reiz, wie er den kunstgewerblichen Arbeiten eigen ist. Insbesondere von dunkelfarbigem Glasgrund heben sich diese mattweissen Verzierungen aussergewöhnlich hübsch ab.

Ein silberner Tafelschmuck ist in letzter Zeit im Auftrage der Firma Hofjuwelier J. H. Heimerdinger in Wiesbaden von dem Direktor der Frankfurter Kunstgewerbeschule, Prof. Luthmer, entworfen worden, bestimmt, das Schloss eines bekannten GrossIndustriellen zu schmücken. Das bedeutende Werk, wohl eine der grössten Silberarbeiten, die neuerdings in Deutschland ausgeführt sind, ist von dem Leiter der Ciselierklasse der Kunstgewerbeschule, Bildhauer E. Staniek, modelliert worden; derselbe Künstler hat auch mit einem Stabe tüchtiger Ciseleure, denen seine Schüler helfend zur Seite stehen, die Ausführung in Silber unter den Händen. Die Montierungs- sowie sonstigen technischen Silberarbeiten werden in den Werkstätten der Frankfurter Firma Breidenstein und Renaud ausgeführt. Der Tafelschmuck setzt sich aus fünf Hauptstücken zusammen: ein Mittelstück von anderthalb Meter Länge, besteht aus einer in Form eines Schiffs gehaltenen Blumenschale, aus deren Mitte auf schlankem Sockel sich eine weibliche Figur erhebt, die Gastlichkeit darstellend. Zwei rechts und links angebrachte Gruppen versinnbildlichen auf der einen Seite die ernste Lebensführung: Wissenschaft und industrielle Arbeit - auf der andern den Schmuck des Lebens durch Dichtkunst, Musik und bildende Künste. Ein Reigen von jugendlichen Gestalten und Kinderputten umschlingt das Ganze mit Blumengewinden. Zwei grosse Kerzenlüster für je sechzehn Flammen bauen sich über einem, ebenfalls von einem Kinderkranz umgebenen Sockel kandelaberartig auf; die Kerzenarme werden von einem durchbrochenen Ring zusammengehalten, den drei schlanke, im Tanze sich um den Kandelaber schwingende Mädchengestalten mit erhobenen Armen berühren. Ein ähnlches Motiv wiederholt sich bei den beiden Fruchtschalen aus Kristallglas; diese ruhen auf einem von männlichen Hermen gestützten Dreifuss, deren bärtige Faunköpfe wohlgefällig auf den lustigen Reigen blicken, der von jugendlichen Bachantinnen und kleinen bockbeinigen Satyr-Putten um den Fuss der Schalen aufgeführt wird. Der Kunstsinn des Bestellers ermöglicht es, dieses grosse Werk, dessen Vollendung im Ganzen etwa zwei Jahre beanspruchen wird, bis ins kleinste Detail in einer den höchsten Anforderungen entsprechenden Weise durchzuführen.

Handel und Verkehr.

Arbeitermangel. Die Pforzheimer Gold- und Silberwaren Industrie ist gegenwärtig derart mit Aufträgen überhäuft, wie kaum je zuvor. Viele Geschäfte können die vorgeschriebenen Lieferungstermine nicht einhalten, auch der Versuch durch Einstellen weiterer Arbeitskräfte dem Verlangen zu entsprechen, misslingt, da sowohl in Pforzheim wie auch in Hanau und Schwäb. Gmünd grosser Arbeiter- und Arbeiterinnenmangel sich fühlbar macht. In einzelnen Spezialartikeln können teilweise keine neuen Aufträge vor 2 Monaten erledigt werden, was die betr. Fabrikanten mittelst Rundschreiben ihren Auftraggebern kundgeben. Es ist nur zu wünschen, dass die sonst so ruhige Zeit nach Neujahr von diesem flotten Geschäftsgang profitiert. (Vergl. uns. Pforzh. Brief. Red.)

Der 1000. Motor wurde nach einer Mitteilung des Städtischen Elektrizitätswerks in Pforzheim dieser Tage an das Werk an

geschlossen. Am 15. Mai waren 941 Motore für Kraftbetrieb angeschlossen, davon allein 818 für die Bijouterie und verwandte Industrien mit 343 Kw. Kraftbedarf. Wie man ausserdem hört, glaubt man nach dem Mehrbedarf an Gas, dass bis Ende des Jahres das Gaswerk an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist, während man bisher annahm, dass die heutigen Einrichtungen noch länger genügen würden. Es sind das alles die Folgen des Aufschwungs, den ein Teil der Pforzheimer Bijouteriefabrikation, speziell der Doublébranche, seit einigen Jahren nimmt.

Einen Eingangszoll auf goldene und silberne Kultas-Geräte (Kirchengeräte) befürwortet die Handelskammer für das LenneGebiet des Kreises Altena in ihrem letzten Jahresbericht. Durch diesen Zoll soll die französische Konkurrenz, welche sich in diesem Artikel recht fühlbar macht, bekämpft werden.

Im

Eidgenössische Kontrolle für Gold- und Silberwaren. Eidg. Kontrollamt für Gold- und Silberwaren in Schaffhausen sind während des verflossenen Quartales zusammen 44074 Gegenstände kontrolliert worden, und zwar 21 619 silberne Uhrgehäuse, 3787 silberne Bügelringe, 18668 Bijouterien, Orfèverien und Argenterien.

Anwachsen der Konkurrenz in Hamburg. Wie die Hamburgische Gewerbekammer in ihrem Jahresbericht für 1898 mitteilt, sind in diesem Jahre als selbständige Gewerbetreibende u. a. neu zugezogen: 4 Goldarbeiter, 1 Gürtler, 7 Elektrotechniker, 1 Feinmechaniker, 2 Optiker und 18 Uhrmacher. Ausserdem haben folgende Gewerbetreibende, die schon die hamburgische Staatsangehörigkeit besassen, ein selbständiges Gewerbe angemeldet: 8 Klempner und Mechaniker, 1 Silberpolierer, 4 Elektrotechniker, 3 Feinmechaniker, 1 Mechaniker, 1 Musik-Instrumentenmacher, 1 Optiker, 1 Uhrgehäusemacher und 9 Uhrmacher.

Stellennachweis in Hamburg. Bei der Korporation der Goldschmiede in Hamburg haben im verflossenen Jahre 104 Gehilfen um Arbeit nachgefragt, am meisten in den Monaten Februar und Juni, nämlich je 14, am wenigsten in den Monaten Juli und Dezember, je 6. Die Mehrzahl der Nachfragenden waren Zugereiste, im Juni 12 und im Februar 10. Die wenigsten Zugereisten verzeichnet der April mit 3. Dem dritten Teil der Nachfragenden, 34, sind Stellen nachgewiesen worden. Bei der Korporation der Graveure und Ciseleure hat der Stellennachweis ganz versagt, insofern zwar 25 Nachfragen vorlagen, aber keinem einzigen der Nachfragenden eine Stelle nachgewiesen ist. Die sämtlichen um Arbeit nachfragenden Graveure und Ciseleure sind übrigens Zugereiste.

Technisches.

Reinigen der Perlen. Die Perlen werden mit der Zeit gelblich und zwar durch den Schweiss beim Tragen auf dem Arm, dem Halse oder im Haar. Es giebt verschiedene Mittel, ihre weisse Farbe wieder herzustellen. Man behauptet, dass der beste Prozess der sei, die Perlen in einen Sack mit Weizenkleie zu thun und sie darin unter beständigem Umdrehen über Kohlenfeuer zu erwärmen; oder auch 8 Gramm gut calcinierter, fein gepulverter Lindenkohle, die durch ein Gazesieb getrieben worden ist, mit 11⁄2 Liter reinen Regenwassers in einem Topf aufzukochen und die zu reinigenden Perlschnüre in den Dampf zu halten, bis sie durch und durch warm geworden sind und sie dann in die Flüssigkeit zu tauchen und 5 Minuten unter beständigem Umdrehen kochen zu lassen. Man lasse sie auch in derselben abkühlen, nehme sie dann heraus und spüle sie mit reinem Wasser ab, oder man lege die Perlen in ein Leinensäckchen mit Salz, schwenke sie in lauwarmem Wasser und lasse sie dann bei gewöhnlicher Temperatur trocknen. Man kann die Perlen auch / Stunde in Milch kochen, in die etwas Käse oder Seife geschabt wurde, man spüle sie dann ab und trockne sie mit einem sauberen Tuch. Ferner kann man sie auch ein paar Minuten in erhitzten guten Weinessig legen oder auch in eine dünne Schwefelsäurelösung, worauf sie in Wasser abgespült und getrocknet werden; bei diesem Verfahren darf man die Perlen aber nicht zu lange in dem Essig oder der Säure lassen, da sie dadurch leiden.

Neues Härteverfahren. Der zu härtende Stahlgegenstand wird nach Invention" zuerst in einem Holzkohlenfeuer erhitzt, sodann mit ordinärer Waschseife sorgfältig abgerieben und dann in lebhafte Rotglut gebracht. In diesem Zustande taucht man den Gegenstand rasch in Petroleum ein. Insofern nicht eine offene Flamme mit dem Oel in Konflikt kommt, ist eine Entzündung des Petroleums durch dieses Eintauchen des glühenden Körpers nicht zu befürchten. Auf diese Art gehärtete Stahlwaren zeigen keinerlei

Risse, werfen oder verziehen sich nicht und bleiben rein weiss, so dass selbe ohne weitere Reinigung oder ohne Polieren fertiggestellt werden können.

Vermischtes.

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Die Entstehung der Farbe von Edelsteinen und anderen Mineralien behandelt ein Aufsatz von Wöhler und v. Kraatz in Tschermak's Petrographischen Mitteilungen". Die „Umschau“ berichtet darüber: Die schöne Färbung, die uns an so manchen Mineralien und besonders an den meisten Edelsteinen erfreut, ist in der Mehrzahl der Fälle nicht leicht zu erklären. Der in ihnen enthaltene Farbstoff kann sowohl einer organischen als einer unorganischen Verbindung angehören, fast immer aber ist seine Menge so klein, dass sie für eine chemische Untersuchung nicht ausreicht. In dem vielfach (besonders unter dem Namen Hyacinth) als Edelstein benutzten Mineral Zirkon ist die gelbe, grüne, rote oder braune Farbe der Gegenwart von Stickstoff zuzuschreiben, und ein Gleiches ist für den bekannten Rauchquarz nachgewiesen, der so oft fälschlich als Rauchtopas bezeichnet wird. Die Färbung des Coelestin, der in der Hauptsache aus schwefelsaurer Strontiumerde besteht und in blauweissen bis tiefblauen, selten in rötlichen oder gelblichen Farben vorkommt, ist von verschiedenen Doppelsalzen des Metalls Platin bedingt. Die Färbung des Amethyst ist ihrem Ursprunge nach noch nicht festgestellt, jedoch haben die beiden genannten Forscher die Ansicht, sie sei die Folge eines Gehaltes von einer Schwefelcyanverbindung mit Eisen, als irrtümlich nachgewiesen. In vielen Mineralien wird die Färbung durch einen Gehalt an Chrom hervorgerufen. Bekannt ist dies seit Langem von gewissen Spielarten des Granat, Spinell und Diopsid (einer Spielart des Augit), die darnach auch den Namen Chromgranat, Chromspinell und Chromdiopsid erhalten haben. Aber auch andere geschätzte Edelsteine verdanken ihre Färbung dem Chrom, so der rote und violette Spinell, der Rubin, der Saphir, der orientalische Amethyst, der grüne Zirkon und der Topas von Villarica in Brasilien. Im Rubin und Saphir konnte das Chrom allerdings nicht direkt entdeckt werden, aber es wurde auf umgekehrtem Wege festgestellt, dass die Zusammensetzung von den die beiden genannten Edelsteine bildenden Elementen und dem doppeltchromsauren Kali einerseits freilich farblose, andererseits aber rote, blaue, gelbe und grüne Kristalle erzeugt Das Mineral Rutil, das zur Herstellung einer gelben Farbe für die Bemalung von Porzellan benutzt wird, ist gewöhnlich durch die Gegenwart von Eisen rötlich gefärbt. Der Chrysopras endlich, eine als Halbedelstein benutzte grüne Spielart des Chalcedon, verdankt seine Färbung einer organischen Nickelverbindung.

Den Silberschatz des Hamburger Senates haben Herr Bürgermeister Dr. Mönckeberg und Herr Senator Möring durch zwei kunstvoll ausgeführte silberne Fruchtschalen, die die beiden genannten Herren gestiftet haben, vermehrt. Die beiden Schalen sind in der Ausführung fast gleich. Aus vergoldetem Fusse erhebt sich ein massiv silberner Stiel, der ein Ornament in der Form einer Sonnenblume trägt, in der sich die in Emaille ausgeführten Wappen der beiden Geschenkgeber befinden. Auf der Blume ruht eine goldene Schale, an deren Rand zierlich gearbeitete, aus getriebenem Silber bestehende Maiglöckchensträusse angebracht sind.

Dle Medaille für diamantene Ehejubiläen, welche vom Kaiser gestiftet worden ist, ist nun fertiggestellt. Sie hat ovale Form, ist aus Silber geprägt mit goldenen Zierraten und trägt auf der Vorderseite zwei verbundene Ringe, die von einem Myrthenkranz umgeben sind, und die Zahl „60“. Das erste Exemplar hat ein Hamburger Ehepaar erhalten.

Kostbare Zunft becher. Die Berner Zunftgesellschaft zum „Affen“ hat ein verlockendes, auf 100 000 Frcs. lautendes Angebot der Firma J. und S. Goldschmidt in Frankfurt a. M. für ihre zwei schönsten Zunftbecher abgelehnt. Das Frankfurter Haus gab sich mit der ablehnenden Antwort nicht zufrieden, sondern schrieb neuerdings an die Zunft und liess durchblicken, dass es unter Umständen sein Angebot erhöhe, wenn die Ablehnung nicht eine prinzipielle sei.

Perlenfischerei in Schweden. In der schwarzen Au in Ostergotland fand dieser Tage ein Arbeiter einige Muscheln mit Perlen von mittlerem Werte. Daraufhin wurde der Fluss weiter auf Perlen abgesucht, was der infolge des heissen Sommers eingetretene niedrige Wasserstand erleichterte. Man fand dabei eine ziemlich reiche Ausbeute, so dass sich hauptsächlich die Juweliere der Umgegend mit der Entdeckung beschäftigten.

Smaragdenlager. Wie die Uralskaja Shisn" zu melden weiss, sind unweit der Station Bashenow der Uralsker Eisenbahn neue Smaragdenlager im Besitztum eines dortigen Einwohners entdeckt worden.

Wer heiratet auf altes Silber? In einem bayrischen HeiratsJournal stand vor kurzem folgendes Angebot: Heiratsgesuch. Dame, 43 J. alt, 1,64 m gross, schlank, hübsch, von jugendlichem, intelligenten vornehmen Aussehen, elastisch, guter, gesunder, sorgsamer wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bildung, mit Vermögen und hübscher Ausstattung, namentlich in altem, echtem Silber aus der Spätrenaissance, wünscht mit einem gesunden, kräftigen, braven und liebevollen Mann zwecks Heirat in Korrespondenz zu treten; Offerten befördert die Expedition des Heirats-Journals. Dies dürfte wohl der erste Fall sein, dass man bei Erwerb von Silberwaren noch eine Dame, dazu mit 13 lobenden Attributen gratis erhält.

nun

Einbruchsdiebstähle etc.

Der Fälschungsprozess, in dem sich Frau Witwe Dora Senner in Pforzheim, wie wir in vorvoriger No. berichteten, zu verantworten hatte, erreichte am 29. September nach zweiwöchiger Dauer sein Ende. Die Witwe Senner wurde von den Geschworenen als schuldig erklärt und zu einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren verurteilt. Dem Prozess lag kurz folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Witwe Dora Senner betrieb seit 1892 erst in Pforzheim und dann in Hanau eine Gold- und Silberwarenfabrik. Sie wurde nun von der Anklage beschuldigt, seit mehreren Jahren die zum Stempeln der nach Oesterreich-Ungarn bestimmten Goldund Silberwaren dienende Feingehaltspunze gefälscht und zum Zwecke der Täuschung davon Gebrauch gemacht zu haben. Nebenher lief noch eine aus diesem vorstehenden Verbrechen resultierende Anklage wegen Anstiftung zum Meineide. In Oesterreich-Ungarn müssen nämlich alle Goldwaren, wenn sie an der Zollstation nicht angehalten werden sollen, einen Feingehalt, bei Goldwaren 585/00g und bei Silberwaren 750 000 haben. Geschieht es was in Oesterreich-Ungarn sehr oft vorkommen soll dass Waren einer Fabrik beanstandet werden, so wird der Name der betreffenden Firma in eine sogenannte schwarze Liste eingetragen und diese wird in regelmässigen Zwischenräumen allen Zollämtern bekannt gemacht. Die Firma Senner kam schon vor Jahren wiederholt auf diese Liste. Vor länger denn drei Jahren fasste der Wiener Grossist Cohn Verdacht gegen Goldwaren, die von der Angeklagten geliefert waren, obschon sie einen richtigen Feingehaltsstempel trugen, und die Feststellung auf dem Punzierungsamte ergab, dass die Goldwaren ganz minderwertig waren, der Feingehaltsstempel also gefälscht sein musste. weitere grössere Sendung erwies sich als gefälscht, worauf eine Revision in zahlreichen Geschäften Wiens vorgenommen wurde, welche das Ergebnis hatte, dass in elf Geschäften die von Frau Senner bezogenen Waren als wertloser Schund mit falschen Stempeln gedeckt ermittelt wurden. Die eingeleitete, nach Lage der Sache ungemein schwierige und zeitraubende Untersuchung erbrachte ferner, dass ein Graveur Metz in Pforzheim bezeugte, für die Firma Senuer im Jahre 1895 einen dem österreichischen Feingehaltsstempel ähnlichen Stempel angefertigt zu haben. Die Angeklagte bestritt dieses und alles andere sie belastende. Die beanstandeten Goldwaren lagen in vielen tausend Stück dem Gerichtshofe vor und wurden von österreichischen und deutschen Fabrikanten und Sachverständigen eingehend geprüft. Die Angeklagte Dora Senner ist ferner dringend verdächtig, dass sie bei ihren häufigen Reisen nach Oesterreich und Wien etc. diese gefälschten Gold- und Silberwaren eingeschmuggelt hat, sonst Wiren sie auf dem Zollamte jedenfalls angehalten worden. Es Furden über hundert Zeugen vernommen. Das Ergebnis war, lass die Angeklagte in der Meineidsanklage freigesprochen, im übrigen wie oben angegeben verurteilt wurde.

Auch eine

Wegen Hehlerei und fortgesetzten Diebstahls angeklagt standen am 30. v. M. vor den Schranken der Strafkammer zu Karlsruhe Andreas Rein und Genossen von Pforzheim. Der Staatsanwalt beantragte die Verurteilung sämtlicher Angeklagten wegen Diebstahls bezw. gewerbsmässiger Hehlerei. Er führte aus, die Verhandlung habe nur einen kleinen Einblick gegeben in das Treiben einer ganzen Menschenklasse in Pforzheim, die von Golddiebstählen lebe. Die Angeklagten hätten teilweise Vertrauensstellungen inne gehabt. Es sei nicht auf Leichtsinn der Fabrikanten zurükzuführen, wenn sie bestohlen würden. Sie müssten Leute haben, die zuverlässig sind. Ohne Hehler gebe es keine Diebe. Die Untersuchung habe ergeben, dass gewisse kleine Fabrikanten von der Vermittelung an die Scheideanstalt lebten.

Rein wurde wegen einfacher Hehlerei und Diebstahls mit 10 Monaten Gefängnis bestraft. Seine Konsorten erhielten: Hintermann wegen gewerbsmässiger Hehlerei 2 Jahre Zuchthaus, Blindt 2 Jahre Zuchthaus, Becker 10 Monate, Rothfuss 10 Monate, Panitz 6 Monate, Vetter 5 Monate, Fuess 5 Monate, Gropp 5 Monate, Rupp 3 Monate Gefängnis. Hintermann und Blindt wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf je 5 Jahre, den wegen Hehlerei verurteilten Angeklagten auf je 3 Jahre aberkannt. Das Gericht nahm als erwiesen an, dass Becker einen Vorteil von 100 Mk., Panitz einen solchen von 50 Mk., Gropp einen solchen von etwa 30 Mk gehabt habe. Sämtliche Angeklagten nahmen die Strafen Die Goldschnipfelei wird nun wohl für die nächste Zeit ruhen. Über Goldschnipfeleien in Schwäb. Gmünd schreibt die ,Frankf. Ztg.": Nachdem erst vor nicht langer Zeit ein sogenannter Goldschnipfel"-Prozess hier spielte, wurden in den letzten Tagen neuerdings verschiedene Verhaftungen von Arbeitern vorgenommen, die in Goldwarenfabriken beschäftigt sind. Die Untersuchung scheint sich auf weitere Kreise zu erstrecken. Der Wert der entwendeten Goldabfälle soll ein ganz bedeutender sein.

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Wegen Hehlerei stand kürzlich ein in Pforzheim wohnhafter Fabrikant vor der Karlsruher Strafkammer. Er hatte in der Zeit von März 1896 bis Juni 1899 in fortgesetzter That Goldschnipfel im Wert von etwa 2700 Mk., die ihm von einem nunmehr verstorbenen Goldarbeiter übergeben worden waren und von denen er wusste, dass sie seinem Lieferanten von Golddieben eingehändigt waren, bei einer Scheideanstalt verkauft, wofür er sich von diesem jeweils 20-30 Mk. Belohnung geben liess. Die Strafkammer erkannte auf eine Zuchthausstrafe von einem Jahr drei Monaten und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren.

Leblanc, der unredliche Silberbewahrer der Königin von Holland, ist in einem Café mit Damenbedienung in Amsterdam verhaftet worden. Leblanc wurde nach dem Haag transportiert und in Untersuchungshaft genommen. Von dem gestohlenen Gut wurde nichts bei Leblanc gefunden.

1000 Francs Belohnung setzt das Luzerner Polizeikommando aus auf die Ermittelung eines Juwelendiebes beziehungsweise Beibringung der gestohlenen Schmucksachen, die in Luzern am 27. Septbr. aus einem unverschlossenen Fremdenzimmer entwendet wurden. Die Gegenstände haben einen Gesamtwert von über 15000 Mark und sind folgende: ein goldener Ring mit Rubin, letzterer mit Brillanten umgeben (Wert 5000 Francs), ein goldener Ring mit Saphir und Brillanten (Wert 2500 Francs), zwei goldene Ringe mit in Griff gefassten Brillanten und Emeraudes besetzt (Wert je 1000 Francs), ein mit Brillanten besetzter Croissant (Wert 5000 Francs), und eine goldene Brosche respektive Medaillon (Wert 800 Francs). Des Diebstahls verdächtig ist eine 22 bis 24 Jahre alte, mittelgrosse Frauensperson, anscheinend Ladnerin.

Ein,,schwerer Junge" ist dieser Tage der Polizei in Kreuznach in die Hände gefallen. Durch einen bayerischen und einen dortigen Polizeibeamten wurde der von der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern steckbrieflich verfolgte 25jährige Pflasterer Peter Senn aus Feilbingert festgenommen, der im Verdachte steht, in der Nacht zum 18. September in die katholische Kirche zu Ebernburg eingebrochen zu sein. Man fand bei ihm zwei scharfgeladene Revolver, 50 Patronen und einen scharfgeschliffenen Dolch; ferner entdeckte man in seinen Taschen ausser einer grossen Barsumme eine grosse Anzahl goldener Ringe und Schmucksachen.

Der sog. Thomass-Dieb, namens Allen aus England, dessen verwegene Einbruchsdiebstähle, besonders der bei dem Juwelier Thomass in München, seinerzeit so grosses Aufsehen erregten, wurde am 28. September nach Verbüssung einer 10jährigen Zuchthausstrafe aus dem Zuchthaus Plassenburg bei Kulmbach in seine Heimat, nach England, entlassen.

Eisenbahnraub. Die reiche Gräfin Sumarokow ist dieser Tage während der Fahrt auf der Moskau-Kursker Eisenbahn in einem Waggon erster Klasse durch Einschläferungsmittel betäubt und ihrer Reisetasche, in welcher sich Juwelen im Werte von fünfzig tausend Rubel und fünftausend Rubel in Creditbriefen befanden beraubt worden. Der That verdächtig sind zwei elegant gekleidete Frauen, angebliche Gutsbesitzerinnen, welche in demselben Waggon fuhren und vor dem Erwachen der Gräfin verschwanden.

Das Dunkel der in Rheinland-Westfalen verübten Uhrendiebstähle gelichtet. In Bochum ist vor ungefähr drei Wochen ein ganz gefahrlicher und verwegener Uhrendieb verhaftet worden. Bei einer in Elberfeld, seinem Wohnorte, vorgenommenen Haussuchung fand man in seiner Wohnung, die als Absteigequartier

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