Page images
PDF
EPUB

Wir erinnern nur an die Bethätigung derselben in folgenden Punkten: Herbeiführung einer Besteck-Konvention, Mitwirkung im Centralausschuss kaufmännischer und industrieller Vereine, Warnung vor Aenderung des Stempelgesetzes, Versicherung gegen Einbruchsdiebstahl, Petition an den Reichstag, das Hausieren mit Juwelen betreffend, die Frage betr. den Einkauf von altem Gold, das Leihhauswesen, Schwarze Liste, Weltausstellung 1900, Kaufmännische Ausbildung der Gehilfen, Schmuck und Mode, Warenhausfrage.

[ocr errors]

Auf der anderen Seite erinnern wir an die Vorträge von Dr. Jessen: Ueber Gold; weitere Vorträge über Legitimation, Was ist unter Goldwert angekauft? Musterschutz-Gesetz, Verhalten der Röntgenstrahlen zu den Edelsteinen; ferner die fachlichen Vorträge von Schaper, Hertel etc.

Unter den aufgeführten sind besonders drei als Glanzthemata herauszugreifen: Versicherung gegen Einbruchsdiebstahl, welche auf die Initiative der Freien Vereinigung ins Leben trat, kaufmännische Ausbildung der Gehilfen, welche so notwendige zeitgemässe Massnahme von der Freien Vereinigung für die Branche ergriffen wurde und die Mitbegründung der Centralstelle ,,Schmuck und Mode".

Das Verdienst einer so segensreichen Schaffensthätigkeit kommt nun in erster Linie dem 1. Vorsitzenden der Fr. V. zu, der mit selbstloser Hingabe und grossem Eifer ohne die geringste persönliche Ursache dazu zu haben sich der nicht geringen Arbeit unterzogen hat. Diese gemeinnützige Thätigkeit Hugo Schapers ist der gesamten Branche zu gute gekommen und die Gesamtheit, besonders aber die Berliner Goldschmiede schulden ihm Dank dafür.

Mit kurzen Worten gesagt, es geht ein frischer thatenfroher Zug durch die Freie Vereinigung, der die bedeutendsten Vertreter der Branche als Mitglieder angehören, und das Konto im Hauptbuche der Interessenvertretung des Faches schliesst mit einem bedeutenden Guthaben der Fr. V. ab, dass im letzten Jahre durch die Centralstelle Schmuck und Mode noch um ein erhebliches erhöht wurde.

Das Gros der Goldschmiede hat diese letzterwähnte Thätigkeit auch als die wichtigste für das Erwerbsleben der Branche anerkannt. Trotz ihrer Wichtigkeit wäre die schon früher von anderer Seite und seit zwei Jahren von unserer Redaktion aufgenommene Thätigkeit wohl kaum auf den Standpunkt gekommen, auf dem sie heute steht, wenn nicht die Fr. V. in so thatkräftiger Weise die Aufgabe erfasst und unsere Thätigkeit unterstützt hätte. Wer nicht direkt in der Bewegung steht, vermag sich in der That keinen Begriff von der Arbeit zu machen, die hier geleistet worden ist und hätte die Fr. V. kein anderes Ruhmesblatt auf ihrer Folie zu verzeichnen, das eine allein genügt, um ihr als massgebendem Faktor in der Branche Geltung zu erhalten.

Die

Wir haben so das Gefühl, als ob die Innung seit der flotten Entwickelung der Freien Vereinigung schmollend beiseite gestanden hätte auch uns gegenüber ist dies der Fall; denn der Vorstand hat uns augenscheinlich geflissentlich ignoriert und zwar wahrscheinlich deshalb, weil wir bereits mit der Freien Vereinigung hantierten. Versuche einer Annäherung, die wir bereits vor Jahresfrist machten, zur Mitwirkung für Schmuck und Mode" einzuladen, sind von Seiten des Vorstandes unbeachtet gelassen worden. Wenn wir recht unterrichtet sind, hat es von Seiten der Freien Vereinigung auch an persönlichen Bemühungen ihrerseits nicht gefehlt, aber man zeigte eine

unangebrachte Hartköpfigkeit vielleicht gegen die bessere Überzeugung, trotzdem es bekannt sein musste, dass unsere Stellungnahme in der Innungsfrage auf absolut neutralem Standpunkt sich hielt.

Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir annehmen, dass die Schuld daran, dass es zu einem gemeinsamen Wirken nicht kam, auf Seiten des seitherigen Vorstandes lag; denn die Gelegenheit war gegeben, durch die Freie Vereinigung wie auch durch uns, und ein Beweis von Lebensklugheit wäre es gewesen, dem bekannten Erfahrungssatz,,gleiches Missgeschick macht Freunde" seine Berechtigung zu lassen, also daran zu denken, dass man sich bei allen Zerwürfnissen im Leben durch eine gemeinsame Arbeit am besten wieder zusammenfinden kann, und diejenigen, die als Bundesgenossen im Kampfe der letzten Jahre gerade da eingriffen, wo es am nötigsten that, nicht als Gegner zu betrachten.

[ocr errors]

Wir möchten aber durchaus bezweifeln, dass es böse Absicht des Vorstandes war, und dass er vorhatte, sich erst dann der Arbeit annehmen zu wollen, wenn erst die Innung das Heft in der Hand hielt. Formell ist ihr nunmehr das gelungen, obgleich uns der Sieg nicht gerade ehrenvoll dünkt, weil wir annehmen müssen, wie wir es in einem Falle hörten, dass die einzelnen Stimmen geradezu herbeigeschleppt wurden und die Agitation es an Beeinflussung selbst auf dreimaligem Bittgange bei den Einzelnen nicht hat fehlen lassen. Die formelle Herrschaft bedeutet aber unseres Erachtens nur dann auch eine faktische, besonders bei Innungen, wenn sie es verstehen, die Herzen zu gewinnen; denn auch goldene Fesseln drücken.

-

Dem bisherigen Vorstande der Innung ist diese Aufgabe nicht gelungen, hoffen wir von der Zukunft besseres! Möge die Zwangsinnung aus der Haltung der feindlichen Brüder heraustreten und nicht persönliche und private Interessen sich zur Richtschnur dienen lassen, sondern, das Gemeinwohl im Auge behaltend, auf das hohe Ziel zumarschieren.

Bei dem gegenwärtigen Status rückt die Thätigkeit der Freien Vereinigung in ein noch schärferes Licht und nimmt an Wichtigkeit um ein Bedeutendes zu. Auch jetzt hat sie die geistige Führung der Branche noch in der Hand, es ist auch angesichts der allzu energischen Stimmensammlung und des Umstandes, dass trotzdem kaum eine grosse Mehrheit erzielt wurde, die Frage, ob die Zwangsinnung Bestand haben wird. Nur ein Missgriff des Vorstandes, und sie kann leicht auseinander gehen. Mehr als je ist deshalb die Freie Vereinigung am Platze, besonders auch schon mit Rücksicht darauf, dass es der durch die Behörden bevormundeten Zwangsinnung" nimmermehr möglich sein wird, die Interessen des Faches in einer so unbeschränkten Weise wahrzunehmen und zu vertreten, wie es der an keine Rücksichten gebundenen Freien Vereinigung möglich sein wird.

Die Innung aber hat sich eine nicht leichte Aufgabe gestellt, wir hoffen aber, dass diejenigen Männer, die die Einsicht hatten auf dem falschen Wege Kehrt zu machen, auch Selbstbeherrschung genug haben werden, wo es not thut, ihre eigene Ansicht einer anderen unterzuordnen, und dann sind wir überzeugt, dass der Zusammenarbeit der demselben Ziele zusteuernden beiden Korporationen die besten Erfolge beschieden sein werden.

Die Zukunft wird dann zu zeigen haben, welcher der beiden Korporationen die Führung zukommen wird.

[graphic]

Moderne Gürtelschnalle.

Die Bijouterie im Orient.

er Monatsbericht

De der französi

schen Handelskammer in Konstantinopel enthält über den Schmuck im Orient folgenden interessanten Bericht, der auch für die deutsche Industrie lehrreich ist und unseren Lesern willkommen sein wird.

Die Levantiner*) und besonders die Christen unter ihnen lieben den Luxus; die grösste Sorge der besser gestellten Leute im

Orient besteht darin, gut gekleidet

zu sein bei den Spaziergängen und gut eingerichtete Salons zum Empfang der Bekannten zu haben. Um zu scheinen, um zu verblüffen, opfert man ohne Bedenken jede Bequemlichkeit des Lebens, und die elegante Dame, die man auf der Strasse in seidenem Kleide, mit einem Hut zu 80 Franken und Brillantohrringen sieht, kocht das magere

Essen nur einen Tag um den anderen und kauft nur Sonntags Fleisch für den Mittagstisch. Der Schmuck spielt also eine grosse Rolle in den Bedürfnissen des Landes. Die Männer tragen je nach der Gesellschaftsklasse, der sie angehören, dicke Uhrketten in Gold oder Silber, Kravattennadeln mit mehr oder weniger echten Steinen, Manchettenknöpfe und mehrere Ringe, zum Teil mit Edelsteinen, zum Teil von kolossalen Dimensionen. Nach unseren Begriffen ist der mit Schmuck

*) Levantiner nennt man die halb europäischen, halb orientalischen Familien des Orients, die meist Abkömmlinge westeuropäischer Einwanderer sind und sich den orientalischen Sitten angepasst haben.

überladene Mann der Inbegriff des überladenen Protzentums: bei uns soll sein einziger Schmuck die Waffe des Soldaten sein.

Die levantinischen Frauen schwärmen alle für Brillanten: schöne Brillanten in den Ohren und ein dicker Brillant auf dem Fingerring sind unerlässlich. Dann folgen Armbänder, Halsketten, Broschen, Diademe, andere Ringe u. s. w. Diese Damen legen mehr Wert auf das Ansehen des Schmuckes, als auf seine künstlerische Ausführung. Sobald sie in den Besitz eines Schmuckgegenstandes gelangen, lassen sie ihn sofort taxieren und ihre Freude ist gross, wenn der Juwelier ihnen bestätigt, dass derselbe einen hohen Wert repräsentiert. Die zarten, geschmackvollen Schmucksachen, deren Wert

hauptsächlich in der künstlerischen Arbeit beruht, haben also wenig Aussichten im Orient.

Beim Durchsehen der Statistik der türkischen Zollämter muss man sich nur wundern, welch geringer Betrag für Bijouterie eingeht. Die Tabellen des Jahres 1310 (13. März 1894 bis 12. März 1895) weisen nur einen Import in die ganze Türkei nach von:

407 Schmuckstücken im Werte von 1 033 097 Piastern oder 227281 Franken.

Es müssen dies also sehr umfangreiche Stücke sein:

[graphic]

Alle Edelsteine und fast alle Schmucksachen werden geschmuggelt; der türkische Fiskus hat dadurch den grössten Nachteil, denn wenn er statt der tarifmässigen 8% nur 1/2, des Wertes erhöbe, würde er eine hübsche Einnahme haben, während er jetzt garnichts erhält, denn um den Zoll von 8% zu umgehen, greifen die Händler zum Schmuggel.

Was nun das Bijouterie-Geschäft speziell in Konstantinopel betrifft, so liegt es fast ganz in den Händen der Armenier, schon seit den Zeiten der Eroberung von Byzanz durch die Türken; einige Griechen und Juden beschäftigen sich ausserdem damit. Die weitaus grösste Zahl der Juweliere findet sich im Grossen Bazar von Stambul, wo sie ein Quartier von 7-8 Gassen inne haben. Ihre Läden haben jeweils einen Umfang von etwa einem Quadratmeter und die bedeutendsten bringen es nicht über vier Quadratmeter. Viele reiche und kapitalkräftige Juweliere mit grossem Warenlager hausen ihre ganze Lebenszeit in diesen winzigen Gelassen, wie schon Generationen ihrer Vorfahren. Ausserdem giebt es noch Juweliere in den ,,besestins" von Galata und Pera. Elegante Läden sind sehr selten, darunter etwa 4 in

Pera und 2 oder 3 in Galata, meist von Franzosen oder Deutschen gehalten.

Im Ganzen zählt die Konstantinopeler GoldschmiedeInnung 7-800 Mitglieder, wovon etwa 200 Prinzipale und 5-600 Gehilfen; letztere wohnen in der Nachbarschaft des Bazars, um stets zur Hand zu sein, falls eine Arbeit zu machen ist.

Die Innung hat einen Kehaya oder Obermeister an ihrer Spitze; derselbe wird von der Regierung auf Vorschlag der städtischen Behörden ernannt, er hat die Aufgabe, die Interessen der Innung bei den Behörden zu wahren, die Beiträge zu erheben und den Vorsitz im „,Londja" zu führen. Dieser Londja" ist eine Art Vorstand der Innung und

besteht aus 10-12 der hervorragendsten Juweliere, die von ihren Genossen dazu gewählt werden; sie üben das Schiedsrichteramt bei Streitigkeiten zwischen den Einzelnen aus, ihre Entscheidungen sind auch massgebend, wenn die Parteien an die Gerichte appellieren würden.

Die Mitglieder des „Londja" wählen aus ihrer Mitte einen Muhammin". Dieser ist ein vereideter Sachverständiger, welcher die vom Publikum gekauften Gegenstände taxiert und die von Behörden vorgenommenen Verkäufe von Schmucksachen leitet, wie sie bei verfallenen Pfändern aus dem Leihhause oder bei Zwangsvollstreckungen vorkommen können. (Fortsetzung folgt.)

Schmuck und Mode.

Den nachstehenden Artiket haben wir, unserm Programm gemäss, wiederum an eine Reihe von Tageszeitungen zum Ábdruck gesandt. Mitglieder der Centralstelle resp. Abonnenten unserer Zeitung, welche denselben nicht in einem ihnen erwünschten Blatt finden, bitten wir um Mitteilung resp. Vorschläge, damit wir eine nochmalige Übersendung an die Redaktion bewirken können. Centralstelle,,Schmuck und Mode".

Wie schmücken wir uns?

Von Anna Behnisch.

Nachdruck verboten!

Die Launen der Modegöttin wechseln, und immer wieder hört man in den Salons, den Frauenzeitungen, den Ateliers der Modistinnen die Frage aufwerfen, ob es chic" und geschmackvoll sei, bei diesen oder jenen Gelegenheiten und überhaupt viel oder wenig Schmuck zu tragen, ob diese oder jene Steine zu wählen, ob die eine oder die andere Fassung zu bevorzugen ist. Und die Sorge ist verständlich ein Kleid, ein Hut werden in mehr oder minder kurzer Frist vertragen, - ein Schmuckstück ist ein Gegenstand von bleibendem Wert, und seine einmalige Anschaffung erfordert einen tieferen Griff in die Börse, als es ein schnell vergänglicher Putzartikel thut.

[ocr errors]

Auf keinem anderen Gebiete der Toilette wird von den Frauen, auch von den eleganten Frauen, soviel gesündigt als beim Anlegen des Schmuckes. Und warum? Weil sie immer wieder die Bedeutung des Begriffs ,,Schmuck" vergessen. Schmuck soll schmücken. Nicht selten aber sieht das Gold an Hals und Armen eines jungen Mädchens aus, als sollte es nur den Prozentsatz der zukünftigen Mitgift repräsentieren, und die Brillanten an der Brust einer Frau erscheinen oft wie ein Aushängeschild für das Einkommen ihres Mannes. Aller Schmuck muss diskret verwendet werden. Ein einzelnes Schmuckstück kann nie zu kostbar sein, aber es darf sich nicht aufdrängen. Derselbe Schmuckgegenstand, der sich der einen Erscheinung harmonisch anpasst, kann bei der andern gleichsam „aus dem Rahmen fallen." In dem Erkennen dieser Unterschiede besteht das ganze Geheimnis, wie man sich wirklich ,,schmückt“.

Eine feinsinnige Frau wird wie ihr ganzes Wesen so auch ihre Umgebung und nicht zuletzt ihre Gewandung durchgeistigen. Die Blumen, die sie trägt und pflegt, die Farben, die ihre Toilette und ihre Wohnung beherrschen, werden sie in ihrer Art charakterisieren. Auch die Wahl von Elelsteinen und Edelmetallen charakterisiert und symbolisiert. Die Sprache der Formen und der Farben in dem kleinen Kunstwerk, wie es ein Kleinod doch ist, sollte die Frau nicht überhören; sie besitzt ja als Naturanlage ein

feines Ohr für die leisen Stimmen, mit denen die Dinge zum Menschen reden.

Wenn die Frau dieses ihr vorzüglich eigene Talent mehr entwickelte und, was sie den Dingen ablauscht an Stimmungen und Schwingungen, verbände mit einem künstlerisch ausgebildeten persönlichen Geschmack, so könnte durch sie der Goldschmiedekunst manche originelle und zarte Anregung gegeben werden. Denn die Industrie schafft, was das Publikum verlangt. Wenn jede Frau, die die Mittel besitzt, ihre Toilette zu wählen, nur tragen wollte, was harmonisch zu ihrem Wesen stimmt, statt desjenigen, was just ,,modern" ist, kuz gesagt: wenn jede Frau nur trüge, was sie kleidet, so würden auf dem Industriemarkt schnell die engen Schranken durchbrochen sein, die die Mode zicht, und eine bunte und erfreuliche Abwechselung an Motiven, Formen und Farben würde Raum gewinnen.

„Ein leuchtend Farb- und Glanzgestein erhöht
Die Schönheit wie die Majestät,“

[ocr errors]

Es

sagt Mephistopheles im zweiten Teil des Faust, und der Geist, der stets verneint, aber unter seiner teuflischen Ironie gewöhnlich den Nagel auf den Kopf trifft, giebt in diesen zwei Zeilen den Extrakt einer ganzen Reihe von Regeln über die Kunst des Schmückens. Man übersehe dabei nicht das Wörtchen,, erhöht". Es heisst nicht, ein leuchtendes Gestein verleiht Schönheit oder Majestät, wie leider nur zu oft angenommen wird. Es erhöht, es krönt sie nur. giebt eben königliche Steine, die nur von vollendeten, von hoheitsvollen Gestalten getragen werden dürfen, wie es Blumen giebt, die nur ein jugendliches Haupt kränzen sollten, und wer das nicht beachtet, thut leicht den bekannten einen Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen. Wer, wenn nicht die Majestät, so doch die Vornehmheit mit seiner ganzen Lebensführung zu vereinigen nicht versteht, soll lieber, auch wenn er's,,dazu hat", das Tragen von Diamanten unterlassen weil er sich dadurch mit seinem eigenen Wesen in Widerspruch setzen und so unrettbar dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen würde. Eine Frau, die fürchten muss, durch den Glanz ihrer Rubinen oder Saphire den Schein ihrer Augen und die Farbe ihres Antlitzes zu verdunkeln, soll blasse Steine, Perlen oder nur kunstvoll gestalteten Goldschmuck

[graphic][merged small][ocr errors]
[ocr errors]

tragen; denn leuchtendes Gestein erhöht die Schönheit. Wo aber keine vorhanden ist, lässt es die Hässlichheit durch den Kontrast seines eigenen Reichtums nur deutlicher hervortreten. Frauen pflegen sich selten über ihre eigene Schönheit oder Hässlichkeit zu täuschen, eben weil sie eitel sind und schön sein wollen; nur dass ein Schönheitsmangel an ihnen von anderen konstatiert wird, vertragen sie nicht. Doch jede Frau, die sich als hässlich erkennt und sich darnach zu kleiden weiss, wird schöner erscheinen als sie ist. Auch mit dem Temperament ist die Wahl des Schmuckes in Einklang zu bringen. Für bewegliche Gestalten mit pikanten Zigeunerinnengesichtchen und feurigem Blut passt ein blitzender, funkelnder, sprühender Rahmen, ein Durcheinander von roten, grünen, regenbogenfarbenen Juwelen, daraus es Blitze schiesst. Für Frauen, deren ganzes Wesen harmonisches Ebenmass und Ruhe ist, ist es angemessen, nur eine Gattung von Steinen in ihrem jeweiligen Schmuck zu tragen, grosse Steine in schlichter, gediegenster Fassung. Perlen auf weissem Halse, deren Schmelz sich durch die Hautwärme erhöht, sind die anmutigste Zier für ins Leben tretende Mädchenblüten, die noch nicht prunken dürfen mit den Reichtümern ihres Kleinodienschränkchens. Perlen, durch schwarze Locken geflochten, geben biegsamen, schlanken Erscheinungen und bleichen Gesichtern etwas Nixenhaftes. Der blasse Amethyst verhilft, obgleich er nicht zu den kostbaren Steinen gerechnet wird, einer mattfarbigen Toilette besonders bei blonden oder grauen Haaren, zu einem vornehmen, aparten Reiz; doch haftet ihm nichts Festliches, Sonniges an wie etwa dem gleichfalls matten und doch so warmen, vergissmeinnichtblauen Türkis, der jungen, goldhaarigen Menschenkindern ein unaufdringlicher, unvergleichlich kleidsamer Schmuck ist. Der Amethyst stimmt zu ernsten Gesichtern und verschleierten Blicken. Es ist erfreulich, dass man den einst so beliebten Korallen jetzt auch wieder mehr Aufmerksamkeit zuwendet. Eine schöne lichtrosa Korallenschnur kann an den Schimmer der derselben Heimat entstammenden Perle erinnern, und eine erdbeerrote Korallenkette auf dunkelm Sammetkleide oder in schwarzen Locken ist für ein gesundes, rosiges Gesicht von dankbarster Wirkung. Damen von krankhafter Blässe oder zu frischen Farben sollten jedoch Korallen vermeiden.

Natürlich gilt es den Schmuck auch den Gelegenheiten anzupassen, zu denen man ihn anlegt. Es ist eine Geschmacklosigkeit, sich bei kirchlichen Feiern mit prunkenden Juwelen zu überladen, und es kann als eine Beleidigung aufgefasst werden, wenn eine besitzende Frau ungeschmückt in ein weniger reiches oder weniger vornehmes Haus zur Gesellschaft geht, man könnte annehmen, sie halte es nicht für der Mühe wert, sich zu schmücken. Man wird zu Besuchen nicht nur weniger, sondern auch einfacheren Schmuck anlegen als zu Festlichkeiten, und wenn man in Häuser geht, in denen Krankheit oder Sorge herrscht, nicht durch bunte, funkelnde Zierde verletzen.

Ebenso vornehm als die reichste Seidenrobe, die nicht zu übersehende Perlenreihen oder Brillantensterne bedecken, kann ein schlichtes Tuchkleid wirken, dessen Spitzengewirr am Halse ganz zufällig von einer kunstvoll ausgeführten Nadel gehalten scheint, dessen Gürtel von einer silbernen oder goldenen Schnalle geschlossen und hinten am Rock mit einer feinen, kleinen, edelsteinbesetzten Agraffe befestigt ist. Und wenn solch ein Kostüm durch ein Hütchen vervollständigt wird, dessen Nadel einen zierlichen Brillantenkopf oder eine schimmernde, birnenförmige Perle aufweist, so werden beide Toiletten einander nichts nachgeben an Gediegenheit; aber der weniger auffallenden wird man den Vorzug ja

ja

wohl

einräumen müssen. Auch junge Mädchen, denen der gute Ton vielen oder sehr kostbaren Schmuck zu tragen verbietet, vermögen durch den Reichtum notwendiger Toilettengegenstände das Bedürfnis, sich zu schmücken, befriedigen, ohne prahlen zu müssen. Jugendlich und doch höchst wertvoll kann der Anzug sein, wenn beim Tanzfest den Hals auch nur ein farbiges Sammet bändchen umwindet, mit einer hübschen Reglette, einem anhängenden Medaillon und das Haar ein Tuff frischer Blumen krönt sobald etwa zwischen dem Gazeüberzug der Taille, halb versteckt, nur hin und wieder aufblitzend, vereinzelt hier und dort ein Edelstein an goldener Nadel angebracht ist, als unentbehrlich zum Raffen der Garnierung sobald der Fächer an einer Schnur aus feingemaschtem Golde hängt und zwischen dem Blumenstrauss ein buntes Käferchen glüht, dessen Flügeldecken aus Rubinen oder Smaragden bestehen.

die unerschöpfliche

Käfer, Schmetterlinge, Blüten Natur bietet eine Fülle von Motiven für den künstlichen Schmuck der Menschen, die man nicht übersehen sollte; denn alles Menschenwerk, so selbständig und eigenartig es erscheinen mag, kann doch immer wieder nur vorhandene Formen benutzen, ausbauen, neu beleben. Allerdings nehme man sich bei der Nachahmung der Natur vor Geschmacksverit rungen in acht, wie sie sich in der Herstellung von Spinnen, Ratten und ähnlichen unangenehmen Tieren kennzeichnen. Die moderne Kunst, die auf allen Gebieten oft bis zur Unverständlichkeit vom Symbolismus beherrscht zu werden beginnt, darf die Symbolik am wenigsten da vergessen, wo es sich um den Schmuck des Menschen selbst handelt. Die grösste Vorsicht ist geboten bei Gegenständen, deren Anlegen an sich schon das Symbol einer Handlung ist, also zuförderst bei Ringen. Neuerdings taucht von vielen Seiten das Bestreben auf, dem glatten goldenen Ehering zu einer reicheren Form zu verhelfen; man hat verschlungene Hände, zwei sich küssende Engelsköpfchen und manches andere zu seiner Krönung verarbeitet, manche sinnige Idee ist dabei zur Geltung gekommen. Und dennoch ist das Sinnigste, das Edelste an diesem Ringe eben seine Schmucklosigkeit. Sie birgt eine tiefe Symbolik in sich. Das Wahrzeichen des geheiligten Liebesbundes soll ein glatter Reif von lauterem Golde sein, das in Feuersglut gestählt wird. Auch die Liebe soll im Feuer des Lebens erprobt und rein und lauter sein wie echtes Gold, soll treu sein wie Gold, das sich nimmer verändert. Ein glatter Reif ohne Perlen und Steine zum Zeichen, dass die Liebe sich selbst genug ist und nichts von den bunten Freuden der Welt zu ihrem Glück nötig hat. Ein glatter Reif, den auch kein Zierat, keine kunstvolle Ausarbeitung unterbricht, ein runder Ring, ein Kreis das Symbol der Ewigkeit, die ohne Anfang, ohne Ende ist, gleichwie die Liebe, deren Geheimnis niemand erforscht, die getreu ist bis in den Tod. Nur die Innenseite zweier Eheringe trägt die Namen ihrer Besitzer und das Datum des Tages, der sie verbunden hat wieder eine Symbolik, dass die tiefsten Offenbarungen der Menschenseele, zu denen die Liebe rechnet, nicht vor die laute Welt gehören, sondern in die Stille, wie man in die Kirche geht zum Beten und nicht auf den Markt. Ein glatter Reif umschliesst den Finger am engsten, dass sich nichts Fremdes dazwischendrängen kann, wie denn auch Herz und Herz sich in Lust und Leid so fest aneinanderschliessen sollen, dass nichts sie zu trennen vermag. Und nur ein glatter, schlichter, ernster Reif, den kein zerbrechlicher Zierrat schmückt, kann Tag um Tag, jahraus, jahrein, bei der niedrigsten Arbeit wie in den höchsten Feierstunden unversehrt getragen werden. Das aber soll der Ehering, wenn er ein rechtes Symbol ist.

-

« PreviousContinue »