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Aeusserst billige Ketten wurden in letzter Zeit den Gold- und Silberwarengeschäften in Frankfurt a. M. angeboten. Auch ein Goldarbeiter in der Heiligenkreuzgasse war Käufer solcher Ketten. Dieser wollte nun seine Muster ergänzen und begab sich zu diesem Zweck zu einer Engroshandlung. Dort wurden ihm jedoch höhere Preise abverlangt, als er für die nämliche Ware aus zweiter Hand bezahlt hatte. Die Inhaber der Engroshandlung schöpften auf die Beschwerde des Kunden hin Argwohn, und als sie hierauf eine Revision ihres Lagers vornahmen, stellte es sich heraus, dass nicht weniger als 60 Ko. silberne Ketten im annähernden Wert von 6000 Mark abhanden gekommen waren. Der Dieb wurde alsbald

in einem Lehrling des Geschäfts ermittelt.

Goldarbeiter Buch in Enzberg erhängte sich. Momentane Geistesumnachtung soll der Grund sein.

Der Einbrecher Wunderlich, dem der Einbruch bei dem Grafen Eulenburg in Berlin zur Last fällt und von der Schweiz an Deutschland ausgeliefert wurde, ist auf dem Rücktransport in Nordhausen entwichen. Es gelang ihm aus der Zelle durch den Schornstein auf das Dach zu kommen und von dort das Freie zu erreichen.

Vermischtes.

Den Wert des Zeichnens für die Edelschmiedekunst und wie man vor hundert Jahren darüber in Gmünd dachte, illustriert eine Aufzeichnung vom 9. Nov. 1777 in Gmünder Urkunden des Inhaltes: „Nachdem schon etwelche von den ehrsamen Silberarbeitsgesellen Lust bezeugt, die zu ihrer Profession ungemein nützliche Zeichnungskunst zu erlernen, hiervon aber dadurch abgehalten worden seien, dass die Zeichenschule bisher meist nur an solchen Tagen offen gewesen sei, an welchen sie ihrer Arbeit in den Geschäften abwarten müssen, so habe eine löbliche Ratsdeputation beschlossen, dass künftighin an allen Sonn- und Feiertagen, ohne Unterschied, ob solche abgeschafft sind oder noch gefeiert werden, mit Ausnahme der höchsten Festtage, Zeichenunterricht von 2-4 Uhr gegeben werde, zu dem sowohl den Gesellen der ehrsamen Goldschmieds- als anderer Professionen Zutritt gestattet werde. Zur Bestreitung der Kosten haben dieselben jährlich 4 Gulden beizutragen. Wenn 15 bis 20 beisammen seien, werde der Unterricht eröffnet. Wenn ein solcher Geselle später einen eigenen Hausstand gründen wolle, so werde bei Erteilung der Heiratserlaubnis auch das empfehlend ins Gewicht fallen, wenn er den Zeichenunterricht besucht und etwas im Zeichnen geleistet habe".

Die Goldschmiedekunst als Gefängnisindustrie in Japan. Die japanischen Gefängnisse bieten an sich ein ganz anderes Bild wie bei uns zu Lande. Die dortigen Gefangenen verbringen die Schlafzeit in einem vergitterten Holzkäfig, tagsüber werden sie in zahlreichen Werkstätten und Schuppen zur produktiven Thätigkeit angehalten. Man erfährt, dass in einer Hauptwerkstätte 100 bis 300 Mann Gefangene unter Anleitung eines Konstrukteurs und unter Aufsicht von Kerkerwärtern Maschinen und Dampfkessel bauen, während in einer anderen Abteilung wieder ihrer Hundert mit Holzarbeiten, Schnitzerei u. dergl. beschäftigt werden und alle erdenklichen Gegenstände herstellen, von den einfachsten Servierbrettern bis zu reichen Kunstgegenständen. Es werden in den Gefängnissen Papier, Sandalen, Fächer, Laternen, Körbe, Schirme und Schirmgriffe, Matten, Netze, Fuhrwerke und Töpferwaren und manches andere hergestellt. Auch eine Buchdruckerei ist im Hauptgefängnis in Tokio, und überraschend ist die Thatsache, dass dort eine Gefangenenabteilung, eine grosse Anzahl gemeiner Verbrecher, die prächtigsten Cloisonné-Arbeiten, also das bekannte Zellenemail, ausführen, ohne vor ihrer Gefangensetzung von diesem schwierigen Kunstzweig eine Ahnung gehabt zu haben.

Uhrketten mit Juwelen für den Gesellschaftsanzug kommen in England in Mode. Die korrekte Uhrkette für den Abendanzug ist eine solche, die viel feiner ist als irgend eine, die am Tage getragen wird. Bis dato verlangte die Mode, dass zur Frackweste überhaupt keine Ketten getragen werden, und die Uhren selbst waren besonders für die Weste gebaut und ausserordentlich flach, so dass sie die Symmetrie des Kleidungsstückes in keiner Weise störten. Diese Uhren sind immer noch de rigueur, aber zu ihnen gehören jetzt die feinen Uhrketten.

Einen Brillantschmuck im Werte von 130 000 Mk. in einem Berliner Strassenbahnwagen vergessen hat dieser Tage der Kammerherr v. Bachmeyer aus Potsdam. Er hatte nach der Rückkehr von der Sommerreise den in einem Bankhause deponierten kost

baren Schmuck, der aus einem Diadem nebst Aigrette sowie aus einem Collier mit Brosche bestand, und ferner ein Packet Aktien in Höhe von 14000 Mk. von dem Bankhause wieder abgeholt und zur Fahrt nach dem Potsdamer Bahnhof einen Strassenbahnwagen benutzt. Beim Verlassen des letzteren hatte er jedoch sowohl die Aktien wie auch das Etuis mit dem Schmuck in dem Wagen liegen lassen, dessen Schaffner dann die beiden Fundobjekte der Strassenbahn-Verwaltung ablieferte. Hier stellte sich der Kammerherr dann ein und nahm Schmuck und Aktien wieder in Empfang.

Der Ehrenbecher, in welchem dieser Tage dem Kaiser der Ehrentrunk der Stadt Dortmund gereicht wurde, ist nach dem Entwurf des Professors Rud. Meier in Karlsruhe in vergoldetem Silber ausgeführt. Die Kosten für den Becher, 5000 Mark, brachten die unbesoldeten Magistratsmitglieder auf. Der Becher steht auf einer von acht Türmen flankierten Kredenzplatte, in welcher die Namen der Stifter eingraviert sind; in das Gefäss sind Bilder der Städte Dortmund und Emden, ein Hansaschiff, eine Fortuna und mehrere Wappen eingetrieben.

Das berühmt gewordene goldene Dachl in Innsbruck ist, nachdem es wegen Restaurationsarbeiten nahezu drei Vierteljahre den Blicken entzogen war, kürzlich von der Schutzhülle wieder freigemacht worden. Der Kostenaufwand für die Wiederherstellung des nun bald vierhundertjährigen Erkers erbaut von Friedrich mit der leeren Tasche" beträgt 35 000 bis 40 000 fl., wovon allein 8000 fl. auf das goldene Dach entfallen. Dasselbe besteht aus 3450, darunter 300 neuen Schindeln aus Kupfer, die gut vergoldet sind. Zur Vergoldung wurden 500 Dukaten verwendet; die Arbeit wurde in Schwaz ausgeführt.

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Metallüberzüge auf Aluminium. Gleich zahllos wie die Versuche, das Aluminium zu löten, sind die Mittel, welche man probiert und angegeben hat, dieses widerspenstige Material mit anderen Metallen zu überziehen, welche die Eigenschaft der schlechten Haltbarkeit mit dem Aluminium nicht teilen. Beide Probleme sind sogar mit einander insofern verknüpft, als ein wirklich haltbarer Metallüberzug gleichzeitig auch eine haltbare Lötung erlauben würde. Von den Aluminium-Loten ist es etwas stiller geworden; die Lötung lässt sich in der That durch verschiedene Verfahren bewirken, aber früher oder später löst sich die Lotnaht vermutlich weil die metallische Verbindung zwischen Metall und Lot durch Oxydation des Aluminiums zerstört wird. Das darf nicht befremden, nachdem z. B. durch einwandfreie Versuche der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt nachgewiesen worden ist, dass Aluminium sich auch im Inneren oxydieren kann. So steht denn zu fürchten, dass auch Metallüberzüge auf Aluminium sich über Jahr und Tag lösen werden. Nur unter Vorbehalt dieser Möglichkeit mögen im nachfolgenden einige Rezepte mitgeteilt werden, welche die „Centralzeitung für Optik und Mechanik" brachte. Zur galvanischen Vernickelung des Aluminiums wird folgendes Bad empfohlen: Die Lösung von 500 g Nickelchlorid in 100 Liter Wasser wird mit käuflichem Ammoniak etwa 1 Liter setzt, bis sich der entstandene Niederschlag löst. Nach Zusatz von je 500 g Salmiak und Cyankalium ist das Bad gebrauchsfertig. Die Beimengung von 2 kg Schwefelkalium soll einen tief schwarzen Niederschlag ergeben. Sehr gerühmt wird ferner ein Silberbad. Es besteht aus fast gleichen Teilen Silbernitrat und Cyankalium. Man giebt nur so viel Überschuss an Cyankalium, als zur vollständigen Lösung des Silbersalzes nötig ist. Damit jedoch das Aluminium von der kaustischen Lösung nicht zu stark angegriffen wird, neutralisiert man das Bad noch mit Ammoniumphosphat. Für beide Bäder muss das Aluminium durch Kalilauge vorgebeizt werden.

ver

Neue Legierung. In dem internationalen Büreau der Masse und Gewichte zu Paris hat man bei einer Nickel-Stahl-Legierung

von 36 Proc. Nickel und 64 Proc. Stahl eine neue Eigenschaft entdeckt, nämlich einen Ausdehnungs-Coefficienten, welcher fünfzigmal kleiner als beim gewöhnlichen Stahl ist.

Frage- und Antwortkasten.

Frage 76. Welcher Fabrikant liefert 8- oder 10 kar. GoldLorgnon-Ketten? Selbe sind, wie ich gesehen, vergoldet. R. O. in K.

Frage 77. Wer fabriziert das seit einiger Zeit in den Handel gekommene neue Metall, welches den Namen Triumphgold oder Astigmatik führt, aus dem Uhrgehäuse sowie Brillengestelle fabriziert werden? O. D. in R.

Frage 78. Mit was für Lot lötet man Trauringe, welche einen Feingehalt von 900 Tausendteile haben, ohne dass der Feingehalt wesentlich dadurch verringert wird, oder giebt es ein sogeranntes Voll-Lot, welches 900 Tausendteile Feingold enthält? P. W. in M.

Frage 79. Ich sah vor kurzem einen Stein, den ich nicht kenne; der Stein war in einem Armband gefasst und mit Rosen karmoisiert; die Grundfarbe dieses Steines war grau und nur in der Mitte schimmerte er ein wenig blau, der Schliff war in Form einer Halbkugel. L. H. in W. Frage 80. Welche Firma liefert billige Alfénide-Tafelaufsätze, Fruchtschalen, Fruchtkörbe, die mit einigem Nutzen für 11 bis 14 Mk zu verkaufen sind? W. L. in G. Zu Frage 75. Gewünschte Seiden- und Kartonpapiere liefern Ihnen die Firmen S. Jourdan in Mainz und Carl Schleicher & Schüll in Düren.

Ausfuhrhandel.

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Über den Silbermarkt im Jahre 1898 berichtet die Firma Gehe & Co. in Dresden: Der Durchschnittspreis des Silbers war im vergangenen Jahre 261518 d. pro Unze, gegen 27 d. im Jahre 1897 und 30%, d. im Jahre 1896. Ende 1897 wurde Silber mit 26 d. bewertet, im März 1898 mit 25 d. Im Mai fing Spanien an zu kaufen, was eine wesentliche Preiserhöhung zur Folge hatte. Vom Mai bis Dezember bewegten sich die Preise zwischen 27 und 28 d.; am Ende des Jahres wurden 275/16 d. notiert. Die Silberverschiffungen nach Indien, China und den Straits waren im vergangenen Jahre geringer als 1897. Es gingen nach Indien 4312 057 £, gegen 5805 056 £ in 1897, nach China 764 750 £, gegen 559 236 in 1897, nach den Straits 405 105 L, gegen 739 203 £ in 1897, im ganzen 5 481 912 £, gegen 7 103 495 £ in 1897. Daraus ist ersichtlich, dass nur China im vergangenen Jahre mehr Silber als in 1897 bezogen hat; wie lange das dauern wird, ist jedoch unsicher, da nicht ausgeschlossen ist, dass ebenso wie Japan auch China zur Goldwährung übergeht. Der schwerste Schlag, der gegen das weisse Metall geführt wurde, war die Schliessung der indischen Münzen im Juni 1893, aus welchem Grunde von bimetallistischer Seite der nahe Ruin dieser wichtigsten aller Kronkolonien prophezeit wurde. Von alledem ist jedoch nichts eingetroffen; im Gegenteil meldet man von dort, dass die Ausfuhr aus Indien eine so enorme sei und dass die Verhältnisse des Handels so günstig lägen, wie seit Jahren nicht, wodurch wieder einmal den Hoffnungen der Apostel des weissen Metalls ein Strich durch die Rechnung gemacht wird.

Internationaler Patentschutz. Das britische Handelsamt erwägt gegenwärtig Vorschläge der deutschen Regierung, das deutsche Patentamt in gemeinsame Aktion mit dem Englands und der Vereinigten Staaten zu bringen. Im englischen Patentamt kann jedermann nach Zahlung einer Gebühr ein Patent einschreiben lassen. Während Deutschland und Amerika die weitestgehende Sorgfalt in der Erteilung eines Patentes ausüben, wird in England alles patentiert, aber geschützt ist nichts. Auf der diesjährigen Versammlung der Vertreter der sämtlichen Handelskammern des Vereinigten Königreichs ist nunmehr der Antrag des Vertreters der Kammer zu Sheffield M. Hughes angenommen, nach welchem die Einführung einer Vorprüfung von Patentanmeldungen auf die Neuheit des angemeldeten Gegenstandes geboten erscheint.

Ein grosser Prozess, bei dem es sich um mehr als eine halbe Million Mark handelt und der seinen Ausgangspunkt in Berlin nimmt, wird demnächst vor dem Schatzgerichtshof von Kanada verhandelt werden. Ein Berliner Exporthaus hatte an eine bekannte Firma in Kanada Waren gesandt, die angeblich in den Zollfakturen zu niedrig bewertet waren. Die Anklage wird, wie der,,Konfektionär" meldet, erhoben, weil diese Firma vom Mai

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Gebrauchsmuster-Eintragungen.

44. 118 414. Schmuck in Monogrammform aus Edelmetall, W. Behrens, Hanau. 8. 6. 99. — B. 12 924.

44. 118 448. Befestigungsvorrichtung für Broschen u. dgl., bei welcher Zangen durch Ränder eines in einem schwingbaren Hebel vorgeschenen Schlitzes geschlossen und geöffnet werden. Hans Neumayer, Pforzheim. 23. 6. 99. - N. 2409.

44. 118 702. Berlock, bei welchem ein Kompass, eine Linse, ein Thermometer und eine Briefwage auf einer Platte vereinigt sind. C. Ch. Reichardt, Leipzig-Stötteritz. 27. 6. 99. R. 6993.

44. 118 824. Schmuckstein, dessen Fassung aus einer mit Lappen im Stein befestigten Grundplatte besteht, welche mit Haken in Oesen einer Deckplatte eingreift. Oskar Schirmann, Stuttgart, Hauptstätterstr. 144. 28. 6. 99. Sch. 9663.

Briefkasten.

Contra Herm. Schlag Nachfolger, Leipzig.

Das Journal der Goldschmiedekunst versuchte in einer Briefkasten-Notiz vom 15. Aug. unsere Zurechtweisung, die wir an seiner Handlungsweise ausübten und die es verdient hatte, durch allerlei nichtige Redensarten abzuschwächen und den Schein zu erwecken, als ob der Grund unserer Kritik so gar nicht der Rede wert wäre. Auch bläst es sich mit der verbrauchten und hier durchaus unangebrachten Redensart auf: Obgleich uns der Raum unseres Blattes zu wertvoll ist, um uns in eine Polemik einzulassen, wollen wir nicht anstehen etc." Wir erwidern darauf, dass wir dem Journal in mehreren Fällen, wo es in einem Angriff auf uns eine Polemik herausfordert, die Antwort versagten. Wir haben also abgelehnt, weil uns die Qualität des Angriffes seitens des Genannten nicht reizen konnte. Die obige Bemerkung ist also doch etwas zu plump. Zum andern bleibt bestehen, dass das Journal viele Artikel von uns abgedruckt hat und wir es untersagten, als uns die Sache zu bunt wurde; ferner, dass es auch das von uns erworbene und bezahlte Manuskript Schmuck“ nachgedruckt hat und zwar unberechtigt, sogar durch Aenderung von Ein- und Ausgang die Herkunft verschleierte. Dazu sagt das Journal der Goldschmiedekunst „dass Sie den Artikel vorher hatten (soll wohl heissen, dass der Artikel Ihr Eigentum ist) ist wohl Pech." Ja, für wen denn Pech, doch für das Journal! Anstatt sich zu entschuldigen, versucht nun dasselbe durch eine sophistische Wendung die Darstellung, als ob gar nichts passiert sei. Das Journal sollte doch wissen, dass auch Schriftsteller für ihre Arbeit bezahlt werden, wir glauben indes, dass ihm die Nachforschung nach Autoren wenig geläufig ist. Das genannte Blatt konnte sich nur aus der Affaire ziehen, wenn es sich entschuldigte und die Zahlung eines Honorars nachholte; im übrigen aber den Mund hielt, auch von der Vorführung der Existenz eines Scheineinsenders, den es nebenbei noch diskreditiert, abgesehen hätte. Wir sehen also der Einsendung des Nachdruck-Honorars zu Gunsten unseres Autors mit Vergnügen entgegen.

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Der heutigen Nummer unserer Zeitung sind beigelegt: Schmuck und Mode" und: Bericht über: Die Thätigkeit und die Bedeutung der Centralstelle ,,Schmuck und Mode",,,Die Uhr".

Wir empfehlen besonders den letztgenannten Bericht eingehender Beachtung unserer Leser und Abonnenten.

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Inhalt: Ein halbes Jahrhundert deutschen Gold- und Silberwaren gewerbes III. Zwangsinnung und Freie Vereinigung, die beiden Interessen vertretungen des Goldschmiedefaches in Berlin. Die Bijouterie im Orient. Schmuck und Mode. - Firmen. Personal. Vereine. Versammlungen. - Handel und Verkehr. Unglücksfälle. Verbrechen. Verurteilungen. Vermischtes. Technisches. Büchertisch. Frage- und Antwortkasten. Patente.- Ausfuhrhandel.

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Konkurse und Insolvenzen. Sil berkurs.

Arbeitsmarkt.

Inserate.

Ein halbes Jahrhundert deutschen

D

Gold- und Silberwaren-Gewerbes.

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as letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts begann für unsere Geschäftszweige unter wenig günstigen Auspicien ; es

herrschte sowohl in Deutschland wie im Auslande eine gewisse Lahmheit und Beklommenheit, die keinen rechten Schwung und keine rechte Freude am Geschäft aufkommen liessen, dazu kam die Einführung der Mac Kinley-Bill in den Vereinigten Staaten, die viele deutsche Industriezweige schwer schädigte und dadurch auch auf unsere Luxusindustrie sehr nachteilig einwirkte. Mit dem Abschluss neuer wichtiger Handelsverträge seit dem Anfang der neunziger Jahre hat sich jedoch der deutsche Export erfreulicherweise ganz bedeutend gehoben und scheint auch ein stetiger bleiben zu wollen, besonders nach Russland hat sich wieder ein nennenswerter Absatz deutschen Schmuckes bemerkbar gemacht und selbst Frankreich, das klassische Land der Schmuckindustrie, beginnen wir uns nach und nach zu erobern. In die ersten neunziger Jahre (1894) fällt auch die Begründung des Kreditorenvereins für die deutsche Gold-, Silberwaren und Uhrenindustrie, welcher Verein sehr segensreich wirkt, wie in diesen Blättern des öfteren ausführlich berichtet worden ist. Die Ausstellung in Chicago 1894 beschickte Deutschland auch in Schmuckwaren in durchaus zufriedenstellender Weise und machte damit die Niederlage von 1876 in Philadelphia mehr als wett; allerdings konnte auch diese Ausstellung unseren Absatz nach Nord

III.

amerika nicht merklich beleben, da in diesem Lande selbst für den eigenen Bedarf sehr viel fabriziert und die Einfuhr durch ganz erhebliche Zollsätze auf das geringste Mass beschränkt wird. 1893 fand in Pforzheim eine Bijouterie-Ausstellung statt, aus der das Pforzheimer Museum hervorging; bedeutsam war diese Ausstellung hauptsächlich dadurch, dass auf ihr zuerst elektrische, eigens für die Bijouteriefabrikation gebaute Maschinen erschienen, die sich seitdem rasch eingebürgert haben und dem Kleinbetrieb einen wirksameren Wettbewerb gegen den Grossbetrieb gestatten. Der letztere hat jedoch auch durch Einführung anderer maschineller Verbesserungen einen ungeahnten Aufschwung gewonnen, ja selbst die Bildung von Aktiengesellschaften gezeitigt, eine Erscheinung, die vor fünfzig Jahren gewiss niemand für möglich gehalten hätte.

Nicht vergessen dürfen wir den Erlass des Stempelgesetzes, welches am 1. Januar 1888 inkraft trat und die langersehnte Regelung des Feingehaltes von Goldund Silberwaren endlich herbeiführte. Durch die Einführung dieses Gesetzes wurden dem in unserem Geschäftszweige so nahe liegenden Wunsche, auf Kosten des Materials billig zu sein, Grenzen gezogen und der Schmuck ist seitdem in den Augen des Publikums, welches leicht das Vertrauen zu seiner Reellität hätte verlieren können, wieder gehoben worden. Nicht wenig haben zur Hebung des Geschmackes in der Fabrikation in letzter Zeit auch die Stiftungen hervorragender

Firmen der Branche beigetragen, wie die Erfolge der durch sie veranlassten Wettbewerbe beweisen.

Schädlich auf die Entwickelung des Gold- und Silberwarenhandels hat in letzter Zeit die Aufnahme der Schmuckwaren durch die Bazare und Warenhäuser gewirkt, die namentlich in kuranten Artikeln dem kleineren Geschäftsmann bedeutende Konkurrenz und ihm das Leben recht schwer machen, ein Thema, das an dieser Stelle mehrfach eingehend erörtert worden ist. Demgegenüber machen sich Bestrebungen neuerdings geltend, dem deutschen Goldschmiede durch Bildung von Zwangsinnungen wieder aufzuhelfen; über den Nutzen derartiger Einrichtungen sind die Meinungen noch sehr geteilt und die Zeit muss lehren, ob die bereits gegründeten und noch zu gründenden Zwangsinnungen die auf sie gesetzten Hoffnungen erfüllen werden.

Wir stehen nun am Schlusse des Jahrhunderts, wie der Wanderer auf jenem hohen Berge, den er eben erklommen hat, zurückblickend auf den zurückgelegten Weg mit seinem Licht und Schatten, seinen Freuden und Leiden. Vor uns liegt die ungewisse Zukunft, auch sie wird uns das mit dem Geschäftsleben untrennbar verbundene Auf und Nieder bringen: augenblicklich scheint es ja wieder aufwärts gehen zu sollen. An allen Ecken und Enden regt es sich in fleissiger Thätigkeit, ein neuer Stil will sich Bahn brechen und nicht nur der Industrie, auch dem einzelnen Goldschmiede zeigen sich neue Wege durch das wiedererwachte Interesse des Publikums an künstlerischem Schmuck,

das ihm Gelegenheit giebt, zu zeigen, was er kann, wenn er sich nicht nur auf den Vertrieb der Fabrikware und die Besorgung der Reparaturen beschränken will. Keine Zeit wäre für den Goldschmied, der etwas gelernt hat, günstiger wie die gegenwärtige, um der künstlerischen Handarbeit auch in unserer Branche wieder zu Ehre und Ansehen zu verhelfen, denn der Boden beim Publikum ist durch die Thätigkeit anderer Industriezweige bereits vorbereitet und wird durch unser Beiblatt,,Schmuck und Mode" zweckentsprechend weiter gepflegt. Wir sind der festen Ueberzeugung, dass mit der nächstjährigen Pariser Ausstellung, die auch unsere Industrie zahlreich und künstlerisch beschicken wird, ganz neue Anregungen und ein ganz anderes Verständnis des Publikums für besseren geschmackvollen Schmuck auch bei uns sich bemerkbar machen werden, so dass wir hoffentlich die ersten Jahre des kommenden Jahrhunderts als geschäftlich gute werden verzeichnen können.

Das goldene Zeitalter des mühelosen Erwerbes und sorgenlosen Geniessens wird allerdings auch im kommenden Jahrhundert noch nicht anbrechen, wir werden auch ferner fleissig arbeiten müssen, wie bisher, denn das Leben ist stets Mühe und Arbeit gewesen, auch wenn es köstlich war. Und der fleissige Mann, der seine Zeit zu verstehen und sich ihr anzupassen versucht, wird auch künftig in der Arbeit und dem Vorwärtsstreben seine schönste Befriedigung und auch sein Auskommen finden.

Zwangsinnung und Freie Vereinigung,

die beiden Interessenvertretungen des Goldschmiedefaches in Berlin.

I

m vergangenen Herbste wurde von Seiten der Berliner Goldschmiede-Innung und zwar durch 43 derselben angehörige Goldschmiede bei der Regierung der Antrag gestellt auf Umgestaltung der bereits seit langen Jahren bestehenden Innung in eine Zwangsinnung. Die Befürworter dieser Zwangsinnung hatten aber einen Misserfolg zu verzeichnen insofern, als ihre Stimmenzahl nicht hinreichte, ihren Bestrebungen Erfolg zu sichern. Bei einem zweiten, mit Volldampf in Scene gesetzten Anlauf, unterstützt durch eine vorhergegangene ausgedehnte Agitation, fanden sie nun am 28. v. Mts. die Genugthuung, die Errichtung einer Zwangsinnung mit 150 Stimmen durchzusetzen. (Die Zahl der stimmberechtigten Goldschmiede beträgt 246!)

Seit mehreren Hundert Jahren besteht in Berlin eine Innung der Juweliere, Gold- und Silberarbeiter und aus ihr heraus bildete sich im Jahre 1894 die Freie Vereinigung des Gold- und Silberwarengewerbes. Was die Veranlassung zu dieser „,,Abzweigung" war, sei dahingestellt, jedenfalls muss aber als Thatsache betrachtet werden, dass dem ausscheidenden Teil der Mitglieder der alten Innung die Form und Verfassung derselben nicht genügen, wahrscheinlich aber das Marschtempo nicht zusagen konnte; wenn auch, was uns nicht unbekannt ist, die Entstehung der Freien Vereinigung hauptsächlich dem

Umstande entsprang, dass ein anfangs der 90er Jahre gemachter Versuch die Aufnahmebedingungen, welche die das Fach kaufmännisch betreibenden sog. Juweliere für nicht aufnahmefähig hielt zu erweitern, nicht von Erfolg waren, trotzdem es angebracht gewesen wäre, auch die nicht praktischen Goldschmiede, die sich durch Sachkenntnis, Fleiss und Tüchtigkeit ausgezeichnet und so dem Fache Nutzen gebracht hatten, aufzunehmen auch den weiteren ausschlaggebenden Umstand wollen wir unerwähnt lassen, dass aber die eine wie die andere Korporation für sich in Anspruch nimmt, die Förderung des Wohles und der Vorteile des Gesamtgewerbes als Daseinszweck zu erklären, ist unseres Erachtens eine logische Schlussfolgerung. Unter Berufung auf das alte Sprichwort: Doppelt genäht hält gut!" musste man also der Überzeugung leben, dass die Reichshauptstadt, weil sie eine doppelte, also intensivste Interessenvertretung für das Edelmetallgewerbe hatte, in der die Thätigkeit der einen Korporation die der andern ergänzen könnte, die Interessen der Gesamtheit aufs höchste fördern und so ein Paradies der Edelschmiedebranche sein müsse.

Unwillkürlich wird sich nun der unparteiische Beobachter fragen müssen: haben die beiden Verbände ihre Aufgabe erfüllt, haben sie überhaupt etwas geleistet und

was? Aber auch, wie kommt es, dass die Innung es erst geschehen liess, dass die Freie Vereinigung sich seiner Zeit abzweigte und was ja offenkundig ist als Ergänzung der Innung von dieser in keiner Weise angefeindet, segensreich neben ihr wirkend einherschreiten konnte. Weshalb will sie dieselbe nunmehr wieder zwangsweise zu sich heranziehen? oder korrekter gesagt, welche Veranlassung hatte die Innung, nicht in ihrer alten Verfassung zu verharren, sondern durch ihre Umgestaltung zu bewirken, dass die Mitglieder der Freien Vereinigung neben ihrer Zugehörigkeit zu dieser auch der Innung sich anzuschliessen gezwungen" sind. Ist sie nicht im Stande gewesen, mit dem bisherigen Bestande an Mitgliedern, mit dem geistigen und materiellen Fond derselben zu Thaten zu schreiten und den Kampf für das Wohl ihrer Angehörigen aufzunehmen? Ist sie doch eine so grosse gegenüber den Innungen resp. Vereinigungen anderer Städte, dass sich wohl mit derselben etwas hätte erreichen lassen können.

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Wir können kaum annehmen, dass das Vorgehen der Innung in der Erkenntnis ihres absoluten Unvermögens begründet ist, vermögen aber auch nicht zu begreifen, welch anderer Grund sie dazu führt, die ,,Secessionisten" in so energischer Weise wieder an sich heranzuziehen.

Wir haben nur eine Erklärung für das Beginnen der Innung und sollte diese die richtige sein, so begrüssen wir mit Freuden die erfolgte Konstituierung der Zwangsinnung und stehen keinen Augenblick an, in ihr einen bedeutsamen Fortschritt in der Entfaltung einer zweckmässigen Fürsorge für die Interessen der Berufsgenossen zu erkennen und sie gutzuheissen.

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Wenn wir die Thätigkeit der Innung nach den Sitzungsberichten der letzten fünf Jahre, soweit uns diese vorliegen, an unseren Augen vorüberziehen lassen, so haben wir das Gefühl, als ob mit der Abzweigung auch die Energie aus der Innung geschieden wäre. Sie trägt den Stempel einer braven Verwaltungsbehörde, das vorgelegte Pensum wird streng regelmässig und ordnungsgemäss erledigt, eine ausser dem. Rahmen des Abteilungsplanes liegende Energie wird nicht entwickelt, wie dies ja auch bei den Behörden der Brauch ist, wollen sie nicht in den Ruf des Übereifers kommen und es wäre ungerecht, ihnen daraus einen Vorwurf machen zu wollen. So ist auch die Berliner Innung ein Musterinstitut. Sie hat eine vorzüglich verwaltete Krankenkasse, einen ebensogut geleiteten Arbeitsnachweis, sie liess es sich angelegen sein, verschiedenen Momenten in der Fürsorge für die Branche näher zu treten und drohenden Missgeschicken ein Halt! zuzurufen. Wir erwähnen von den durch sie ventilierten und in der erwähnten Periode durchgeführten Thematen: Vorschläge, den Einkauf von Bruchgold betreffend, Schutz vor minderwertiger Ware, den Acht - Uhr - Ladenschluss, die Führung einer Schwarzliste, die Einsetzung von Kommissionen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes etc. etc.

Auch die Pflege des geselligen Lebens steht auf dem Programm der Innung, ein Punkt, der ebenfalls geeignet ist in unverkennbarer Weise die Interessen der Branche, wenn auch nur indirekt, zu fördern. Wieweit es ihr aber hierin gelungen ist, ihre Mitglieder und Berufsgenossen privatim einander näher zu bringen, vermögen wir nicht zu beurteilen; sollen wir aber aus einer Wahrnehmung, die sich uns in Berliner Goldschmiedekreisen aufdrängte, einen diesfallsigen Schluss ziehen, so kann das nicht sonderlich weit her sein wir wollen dies aber nicht von der Innung allein sagen; denn die in Berlin sterotype Redewendung,,,dass von den dortigen Goldschmieden der eine des andern Teufel sei", lässt der Phantasie weiten Spielraum. Nun mögen aber die

in Berlin besonders zugespitzten Erwerbs-Verhältnisse, ferner auch die grosse Verschiedenheit in der gesellschaftlichen Stellung, der verschiedene Grad der Bildung, der Unterschied zwischen Friedrich-, Leipziger Strasse, Linden etc. bis herab zu den Vorortsstrassen, mit einem Wort „,Feingold und Doublé“, die Ursache sein, dass man dort bezügl. der Konkurrenz gehässiger ist als anderswo und auch über die Privat-Annäherung anders denkt; denn wir kennen Vereine und Innungen genug, deren Mitglieder auch privat angenehmen Verkehr pflegen. Eine weitere Bethätigung der Innung wendet sich gegen das Schleuderunwesen. Aus den Berichten geht jedoch nicht hervor, ob auf diesem hervor, ob auf diesem Gebiete Erspriessliches erreicht worden ist. Nicht unerwähnt lassen wollen wir das Bestreben des jetzigen Vorstandes den Eintritt in die Innung durch Entgegenkommen in finanzieller Hinsicht erleichtert zu haben, ein Umstand, der der Innung zum Segen der Branche eine nicht unerhebliche Mitgliederzahl zuführte.

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Werfen wir nun die Gesamtleistung in den Schmelztiegel zur kritischen Probe und treiben gut ab, so bleibt uns ein verhältnismässig kleiner König. Gern hätten wir eine grössere Ausbeute konstatiert, vor allem an Massnahmen seitens der Innung, die angethan waren, dem schrittweisen Niedergange unseres Kunsthandwerkes Einhalt zu thun; gern liessen wir der Innung auch den Ruhm, Wege geschaffen zu haben, auf denen uns ein Stamm tüchtiger Gehilfen entgegenzog, deren wir in unserem Kunstgewerbe zur Erfüllung seiner nationalen Aufgabe so dringend benötigen; leider ist uns auch dies versagt.

Die derzeitigen Verhältnisse erfordern besonders auch eine wohlgeleitete kaufmännische Ausbildung des jungen Nachwuchses unserer Fachgenossen, auch hier vermögen wir nicht zu konstatieren, dass die Innung Hervorragendes oder überhaupt etwas in der Unterweisung derselben geleistet hätte.

Dass die Innungsleitung sich also nicht auf dem richtigen Wege befand, ist somit erwiesen und dadurch besiegelt, dass sie die Abzweigung von vorherigen Innungsmännern und die Vereinigung mit den nicht fachtechnisch gebildeten Juwelieren zuliess und andererseits es nicht vermochte, ohne dieselben das erspriessliche Ziel zu erreichen. Dass sie dies nunmehr einsieht und wieder gut machen will, was sie versäumt, das ist unseres Erachtens der Grund, der sie zur Errichtung der Zwangsinnung führte, und unter diesem Gesichtspunkte begrüssen wir die eingeleitete und beschlossene Transaktion mit Freuden und stehen nicht an, denjenigen, denen sich diese Erkenntnis aufdrängte und die durch ihre Agitation bekannten, dass sie sich auf falschem Wege befanden, unsere Anerkennung und Bewunderung auszudrücken und gleichzeitig den Wunsch zu äussern, diese Männer möchten auch für die Zukunft die Führung der Zwangsinnung übernehmen, dann wird dieselbe an dem wieder herübergezogenen Abtrünnigen Freude erleben und der Freien Vereinigung gerne zugestehen, dass ihre Existenz auch jetzt noch berechtigt und ihr Wirken segensreich sei.

Es ist entschieden nicht zu leugnen, dass die Freie Vereinigung eine ungleich günstigere, segensreichere Laufbahn hinter sich hat. Auch in ihrer Geschichte sind wunde Stellen und tote Punkte, sie hat sich aber durch ihre Thätigkeit und Energie den Ruf einer massgebenden Interessenvertretung in den wenigen Jahren ihrer Existenz erworben und steht heute als solche hoch, sowohl in der Bethätigung wirtschaftlicher, wie auch kunstgewerblicher Fragen. Ueberall da, wo sich verwickelte Fragen aufwarfen, wo sich Hemmnisse zeigten, hat man sie in der Freien Vereinigung aufgegriffen und durchgeführt, soweit es die Verhältnisse zuliessen,

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