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wieder etwas, bis es aufs Neue durch den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges unterbrochen wurde. Mit diesem Jahre und nach ihm beginnt für die deutsche Industrie, besonders auch für die Gold- und Silberwaren-Industrie eine Periode ungeahnten Aufschwunges. Bismarck hatte die dreissig deutschen Vaterländer in den Schmelztiegel geworfen, sie im Feuer patriotischer Begeisterung und im Donner der Schlachten durchgeschmolzen und beim Ausgiessen erstand, geläutert und von Schlacken befreit, das geeinte ,,Deutsche Reich!" Die deutschen Arbeiter wurden aus Paris ausgewiesen und wandten sich naturgemäss dem siegreichen Vaterlande und seinen Kunstwerkstätten zu. Nach der Einschliessung von Paris sah sich der ausländische Edelmetallmarkt von seinem bisherigen Lieferanten abgeschlossen und auf Deutschland zur Deckung seines Bedarfes angewiesen. Dank den technischen Fortschritten, welche die aus Paris ausgewiesenen Arbeiter in die Heimat mitbrachten und mit Hilfe der inzwischen auch in Deutschland vervollkommneten technischen Hilfsmittel und Arbeitskräfte konnte unsere Industrie den an sie gestellten Forderungen des Auslandes in vollstem Masse gerecht werden. Vielfach brauchte sie nicht einmal die nötigen Muster zu erfinden, denn diese wurden ihr gern von den Ausländern zur Nachahmung der bisherigen französischen Ware zur Verfügung gestellt. Hierbei stellte es sich ferner heraus, dass die deutschen Fabrikanten bei gleich guter Ausführung der Ware billiger wie die Franzosen waren, dass sie auf die besonderen Wünsche der Kundschaft bereitwilliger eingingen, sich dem Geschmack der verschiedenen Länder leichter anpassten

und so sich die Kundschaft ihrer neuen Geschäftsfreunde zu erhalten wussten. Auch der deutsche, inländische Bedarf wuchs mehr und mehr und es herrschte schon während und mehr noch nach dem siegreichen Feldzuge in allen Betrieben lebhafteste Thätigkeit, die in einer bald eintretenden Erhöhung der Arbeitslöhne und in stellenweis sich bemerkbar machendem Mangel an geschulten Arbeitskräften ihren Ausdruck fand. Ausserdem wurde die deutsche Goldwarenfabrikation mit namhaften Aufträgen aus Oesterreich-Ungarn, den Donaufürstentümern und dem Orient bedacht; steigende Abschlüsse erfolgten nach Russland, England, Italien und Spanien; ferner gewann der südamerikanische Markt eine hohe Bedeutung, kurz, die deutsche Schmuckwaren-Industrie befand sich in einer seit den fünfziger Jahren nicht mehr dagewesenen Blütezeit.

Doch es ist dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen und der Rückschlag, der auf den allgemeinen Taumel auf allen Gebieten folgen musste, wirkte am empfindlichsten gerade auf unsere Luxus-Industrie, unseren Geschäftszweig, dessen Erzeugnisse bei wirtschaftlichen Kalamitäten stets am Ehesten entbehrlich erachtet werden und die Ungunst der Zeitverhältnisse stets zuerst empfinden müssen. Der äussere Anlass war dieses Mal der Wiener Börsenkrach von 1874, zu dem sich noch Krisen in den südamerikanischen Staaten gesellten. Das Geschäft wurde immer stiller, Arbeiterentlassungen mussten stattfinden und so ging man auf der ganzen Linie recht trüben Zeiten entgegen, die 1879 ihren tiefsten Stand erreichten. (Der Artikel hat eine Folge II.)

Eine moderne Pendule.

Die Gesellschaft zur Förderung der Kunst und Industrie" in Paris hat für den diesjährigen Wettbewerb als Preisobjekt die Pendule gewählt. Von jeher fand die Salonstutzuhr in Frankreich eine grosse Verbreitung, stets war sie das Ziel einer oft ansehnlichen künstlerischen Ausgestaltung des Gehäuses. Man erwartete also von den Zöglingen der Kunstschulen, für welche die Ausschreibung galt, dass sie mehr oder weniger Vollendetes bieten würden. Die vor kurzem eröffnete Ausstellung der eingelieferten Arbeiten in den Sälen der Kunstakademie brachte jedoch eine herbe Enttäuschung. Es erwies sich, dass auch die junge Künstlergeneration den Anforderungen nicht gewachsen ist, welche derzeit in diesem Genre des Kunstgewerbes gestellt werden müssen, um Deutschland, England und der Schweiz entgegentreten zu können, die Frankreich darin weit überholt haben. Die Pendule ist ein Luxusgegenstand zumeist des Salons, und in diesem herrscht der Stil und nicht das Kunterbunt des Boudoirs oder die Einfachheit des Arbeitskabinets. Es muss deshalb weniger auf die Komposition, wie auf das Material Rücksicht genommen werden, das zur Anwendung kommen soll. Ein Holzgehäuse passt einzig und allein für die Vorräume, Porzellan mit vergoldeter Bronze ist dem Boudoir oder Schlafzimmer vorbehalten; Marmor findet seinen Platz im Arbeitskabinet. Für den Salon ergiebt sich von selbst das Bronzegehäuse, patiniert oder vergoldet, in Verbindung mit Kristall, Email und Silber, auch für das Zifferblatt. Der gewöhnliche Standort der Pendule im Salon ist der Kamin, Hat

man aber keine andere Wahl, so dürfte dieses Möbel nichts sein als eine Konsole mit Marmorplatte. Der Hintergrund wie die Umgebung bedingen für die Pendule eine imposante Form, solide Architektur und gediegene Ausstattung, um von den Kandelabern und Vasen nicht erdrückt zu werden.

Der in unserm Bilde S. 179 vorgeführte Entwurf, dessen Schönheit gewiss jeden Beschauer fesseln wird, stammt von zwei Künstlern, die nicht unter die zünftigen PendulenZeichner, deren es in Paris eine grosse Anzahl giebt, ge rechnet werden können.

Das Modell dieser Abbildung wurde bei einem Preisausschreiben in Wien prämiiert und wird auf der Weltausstellung in Paris ausgestellt werden.

Als Motiv war für das Modell ,,das schwindende und das kommende Jahrhundert" gewählt. Es ist gerade bei dem vorliegenden Entwurf in glücklichster Weise zum Ausdruck gekommen. Das kommende Jahrhundert, eine zarte, jungfräuliche Gestalt, die in der Linken den Friedenszweig hält, während die Rechte wie zur Begrüssung erhoben ist, steht auf dem Schenkel des Zeitengottes Chronos, der sie mit der Linken stützt und mit der Rechten dem schwindenden Jahrhundert, dargestellt durch eine kauernde Frauengestalt, die abgelaufene Sanduhr entgegenhält. Fragend blickt das schwindende Jahrhundert auf zum kommenden, der Friedenszweig in der Hand des letzteren lässt es beruhigt scheiden, und gern bricht es den Lorbeer, um das Weltall, dargestellt durch eine Weltkugel, für seinen Einzug zu schmücken.

Kunstgewerbe-Verein Pforzheim.

Die Generalversammlung des Kunstgewerbevereins zu Pforzheim am 24. Juli abends wurde an Stelle des durch Krankheit am Erscheinen verhinderten 1. Vorsitzenden Herrn Direktor Waag vom 2. Vorsitzenden, Herrn Stöffler, mit einem warmen Nachruf an das verstorbene langjährige Vorstandsmitglied, Herrn Jakob Schnierle, eröffnet, dessen Andenken von der Versammlung durch Erheben von den Sitzen geehrt wurde.

Den Jahresbericht trug in gewohnter übersichtlicher Weise wieder Herr Stöffler vor, welcher mit dem Hinweis auf die Pariser Weltausstellung begann, welche ihrer Wichtigkeit für die hiesige Hauptindustrie entsprechend, mit Verhandlungen und Vorbereitungen neben den laufenden Geschäften die Vereinsleitung vorzugsweise in Anspruch nahm. Es gelang denn auch dem Vorstand, an entscheidender Stelle im grossen und ganzen alle seine zur Lösung dieser Aufgabe gestellten Vorbedingungen zur Geltung zu bringen. Von der deutschen Reichs- und badischen Staatsregierung beauftragt, das hiesige Edelmetallgewerbe zu einer Elite-Ausstellung zu veranlassen, in welcher nur Stücke Aufnahme finden, welche nach doppelter Kontrolle höchste künstlerische Konzeption mit vollendetster moderner Technik verbinden, stand der Verein vor der grössten aller Aufgaben. Die Pforzheimer Industrie hat in den letzten Jahren mehr nach der kommerziellen Seite hin eine gewaltige, noch nicht abgeschlossene Entwickelung erfahren und soll nun in Paris in Wettbewerb treten mit der Pariser Industrie, welche in neuerer Zeit ganz gewaltige Anstrengungen gemacht hat, unterstützt von ersten Künstlern, Hervorragendes und faktisch Bewundernswertes zu erreichen. Es gilt nun, gegenüber der französischen Kunst der nationalen Eigenart unseres Kunstgewerbes zum Sieg zu verhelfen. Hierzu bedarf es der energischsten künstlerischen Kraftentfaltung aller Fabrikanten, die hierzu beitragen können. Um die Teilnahme an der Kollektivausstellung jedem tüchtigen Fabrikanten ohne Unterschied zu ermöglichen, ist der Verein in der Lage, alle Kosten auf sich zu nehmen und glaubt er selbst eine Vergütung auf die Façon in Aussicht stellen zu können. Bis jetzt haben 18 Firmen der Goldund Silberwarenbranche und 5 aus der Doublébranche unter der Leitung des Vereinsvorsitzenden für die Ausstellung sich zu rüsten begonnen, Firmen, von deren Leistungsfähigkeit man hoffen darf, dass Mustergültiges zu Stande kommt.

Wenn bezüglich der Fachzeitschrift nicht allen Erwartungen entsprochen sein soll, wie hier und da verlautet, so liegt es an den engbegrenzten Mitteln, sowie auch daran, dass die Schriftleitung, welche als Neben- und Ehrenamt besorgt wird, zu wenig Unterstützung gefunden hat. Die Handels-Zeitung für die Gold und Silberwaren-Industrie, die als Ergänzung zu unserm illustrierten Organ zu betrachten wäre, verdient das anerkennende Zeugnis, dass ihr Herausgeber, Herr W. Diebener, bestrebt gewesen ist, sie nach Form und Inhalt so reichhaltig und brauchbar als möglich zu gestalten. Die Beilage „Schmuck und Mode" setzt mit Verständnis und Aufopferung von Mitteln die Bestrebungen des Vereins, für unsere Erzeugnisse Reklame zu machen, unermüdlich fort. Es besteht darum im Vorstand die Absicht, durch Zuwendung von Material und geeigneten Entwürfen dieselben noch mehr als bisher zu unterstützen. Herr Diebener dürfte dagegen unsere Bereitwilligkeit durch Zuwendung von Subsidien zum Ankauf guter Enwürfe unterstützen. Das Museum, für

welches eine Reihe von Schmuckgegentsänden angekauft werden konnte, und weitere Schmucksachen, die täglich eintreffen können, in Paris bestellt sind, hatte sich im Jahre 1898 des Besuches von 6203 Personen zu erfreuen (1897 nur 5340). Ausgeliehen wurden 68 Gegenstände. Die Sonntagsausstellungen, welche aus allen Zweigen künstlerischer und kunstgewerblicher Thätigkeit neues boten und jeweils auch die Neuanschaffungen der Schule und des Vereins, sowie die Konkurrenzentwürfe um den F. W. Müller-Preis den Besuchern vorführten, erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Eigene Konkurrenzen hatte der Verein im Berichtsjahr nicht veranstaltet. Die 33 Einsendungen zum F. W. Müller-Preis waren im allgemeinen befriedigend. Von Vorträgen sind nur zwei zu erwähnen, der des Herrn Jäger aus Gmünd über die ,,Photographie, deren Verwendung und Vervielfältigungsarten" und der des Herrn Redakteur Klemm hier über,,Ulm und dessen Sehenswürdigkeiten", beide von reichhaltigen Illustrationen begleitet. Der letztere bereitete auf den Vereinsausflug nach Ulm vor, an welchem 200 Personen teilnahmen. Die Bibliothek, in welcher 33 Journale für Technik, Kunst und Kunstgewerbe aufliegen, war von 3459 Besuchern frequentiert. Ausleihungen fanden 546 statt. Über die 400 Bände starke Bibliothek soll demnächst ein neuer Katalog ausgearbeitet werden. Auch im verflossenen Jahr hatte sich der Verein mancher wertvollen Zuwendung für seine Vorbildersammlung und Bibliothek zu erfreuen. Geber waren die Herren W. Frey & Co. hier, B. H. Mayer, Alb. Schanz, W. Stöffler und C. Hauck hier, ferner C. Marfels in Berlin und Alex. Koch in Darmstadt. Der Vorstand hielt ausser seinen 8 Vorstandssitzungen noch eine Reihe von Abteilungs- und Spezialsitzungen ab, in denen es an reichlicher Arbeit nicht fehlte. Schmerzlich wurde die Vakanz, welche durch die Abreise des Kustos eintrat, empfunden und die Lösung, wie der Ersatz dafür zu gestalten, sehr schwierig. Nachdem die Lücke in, wie zu hoffen, zweckdienlicher Weise jetzt ausgefüllt ist, darf auch darauf gerechnet werden, dass der Verein sich wie im Vorjahr so auch fernerhin auf der Höhe seiner Aufgabe halten wird. Die Mitgliederzahl ist annähernd beständig, die Finanzen dank der hochherzigen Beiträge der Grossh. Regierung geordnete, so dass der Verein auch fernerhin zu Nutz und Frommen seiner Mitglieder und der Pforzheimer Industrie überhaupt thätig sein kann mit Beherzigung des alten Spruches,,Nicht rasten und nicht rosten".

Lebhafter Beifall folgt diesen Ausführungen, worauf Herr Kassierer Fühner den Kassenbericht vortrug. Demselben ist zu entnehmen, dass Einnahmen und Ausgaben im wesentlichen im Rahmen des Voranschlags geblieben waren. Nur brachte der Ausflug nach Ulm in Folge der geringeren Teilnahme als sonst einen Ausfall von ca. 600 Mk. Das Vereinsvermögen hat die Höhe von 26 864 Mk. erreicht. Dem Vereinskassierer wurde unter Zustimmung der Versammlung für seine ausgezeichneten Dienste Dank ausgesprochen und Entlastung erteilt. Als Kassenrevisoren wurden wiederum Herr Theod. Fahrner und O. Wimmer bestellt. Nach dem Vortrag des Herrn Gesell wird für das laufende Jahr auf eine erhebliche Mehrunterstützung seitens der Grossh. Regierung gehofft, um mehr als bisher Mittel für die Anschaffung guter Modelle von dauerndem Wert aufwenden zu können. Herr Gesell glaubt auf 2000 Mk. rechnen zu dürfen. Angesichts der Zweifel,

welche Herr Stöffler hinsichtlich der Aufnahme der Fachzeitschrift bei den Mitgliedern zum Ausdruck gebracht, hofft Herr Hermann Stahl in der Diskussion, dass der bisherige Redakteur, Herr Stöffler, auch fernerhin sich der schwierigen Aufgabe widmen solle und spricht ihm unter lautem Beifall der Anwesenden seinen Dank dafür aus. Infolge einer Anregung desselben Herrn erklärt Herr Schmidt Namens des,, Schnörkels", dass zu dessen Diskussions- und Vortragsabenden die Mitglieder des Kunstgewerbevereins allezeit willkommen seien. Als nächsten Ausflugsort schlägt der Vorstand Speyer mit seinem Kaiserdom vor und findet dabei ungeteilte Billigung. Als Zeitpunkt ist ein Sonntag im August in Aussicht genommen. Nach weiterer unwesentlicher Debatte feiert Herr Oberbürgermeister Habermehl lebhaft und warm Herrn Stöffler, dessen Fleiss

und vorzügliche Leistung für den Verein er rühmend hervorhebt. In das Hoch auf den vortrefflichen Leiter der Fachzeitschrift und verdienten zweiten Vereinsvorstand stimmt die Versammlung jubelnd ein. Nachdem Herr Fabrikant Stöffler die Ehrung für den Gesamtvorstand angenommen, widmet Herr Kabinettmeister Stahl diesem sein Glas. Die Vorstandsergänzungwahl ergab folgendes Resultat: Die meisten Stimmen erhielten die Herren Wilhelm Fühner, Hermann Gesell, Herm. Stein sen., W. Fleiner, Emil Binder, A. Speck, die bisher schon dem Vorstand angehört haben, und die Herren Franz Wagner, Karl Saif, Fritz Falk, welche an die Stelle der ausgeschiedenen Herren Fieg, Keppler und Schnierle traten. Wie üblich, beschloss die Versammlung eine Gratis verlosung, aus welcher diesmal kleine Kollektionen von Künstlerpostkarten hervorgingen.

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Venetianische Gläser.

Von J. Gebeschus, Greifswald.

ie wiedererwachte Renaissance, die uns schon seit Jahren mit einer Fülle ihrer herrlichsten Erzeugnisse des Kunstgewerbes überschüttet, vermittelte

uns auch von neuem eine der reizvollsten Renaissancekünste: die Fabrikation der echten venetianischen Gläser nach alten, berühmten Vorlagen, die in dem Dogenpalast und in den Patrizierhäusern des reichen Venedig einst enthalten waren. Nach Tausenden zäh

len die verschiedenen Formen der Prachtgefässe, und die Färbung des Glases hat heute einen so hohen Grad der Technik

erreicht, dass auch die feinsten vorher bestimmten Farbentöne in den zartesten Nuancen getroffen werden. Die Società Italiana in Venedig, die auch in Berlin eine Filiale hat, sandte uns vier Originalgläser, deren Reproduktion diesem Artikel als Illustrationen beigegeben wurden.

Wohl findet sich in jedem wohlhabenden Hause schönes, blinkendes Krystallgerät, Schmuckkannen und -Vasen, ob aber die kostbaren venetianischen Gläser überall zu finden sind, wagen wir leise zu bezweifeln; die Kenntnis dieser herrlichen Kunstschöpfungen entzog sich bisher den meisten Hausfrauen und nur diejenigen Damen, welche selbst in Venedig die Prachtgefässe und ihre Herstellung sahen, haben einen Begriff von der Schönheit der venetianischen Gläser und von dem hohen Grad der Kunstfertigkeit bei der Herstellung derselben.

Die Erfindung des Glases reicht weit zurück ins Altertum und verliert sich in jener Dämmerung, welche der Ursprung einer ganzen Reihe unserer technischen Künste in sich schliesst. Die Technik war da und wurde mit Verständnis geübt; vielleicht wurde die Erfindung gelegentlich des Ausschmelzens des Erzes gemacht, denn Abbildungen von Glasbläsern bei der Arbeit zeigen schon die Wandmalereien von Beni Hassan (2500 vor Chr.). Die Egypter, Assyrer und Phönizier waren wohlbewandert im Anfertigen von Glasedelsteinen, Perlen, Salbenfläschchen, Glaspasten mit eingeschnittenen Siegeln, glasierten Thonziegeln, mit Glasfluss überzogenen Figuren und Amuletten. Im Mittelalter gewann Konstantinopel-Byzanz die Führung, dann Venedig.

Eigenartig ist es, dass der germanische, der romanische und slavische Volksstamm die Bezeichnung für „Glas" von ganz verschiedenen Wörtern ableiten. Während das slavische Stammwort für ,,Glas" etwas Geschmolzenes, Gegossenes bedeutet, entlehnten es die romanischen Völker von dem lateinischen vitrum, italienisch vetro, französisch verre. In Deutschland, wo schon frühzeitig Glas fabriziert wurde, nannte man das ,,Glas" althochdeutsch clas, altsächsisch gles, englisch glass, skandinavisch gler; es verbindet den Begriff von etwas Glänzendem, Glitzerndem.

Die wesentlichen Bestandteile der Glasmasse sind eine Verschmelzung von Kieselsäure, Kali oder Natron und Kalk; die Beimischung anderer Bestandteile wirkt auf die Farbe, den Glanz, den Klang und Lichtbrechung ein. Zur Einschmelzung der Bestandteile und Herstellung des flüssigen Glases in den Glasöfen ist eine Hitze von 1000-1200° C. erforderlich. Die Buntfärbung des Glases geschieht durch Metalloxyde oder sonstige mineralische Stoffe, und dieser Farbenzusatz vermindert die Durchsichtigkeit des Glases,

dem 15. Jahrhundert. In dem Sande der Lagunenstadt bot sich den Venetianern ein vorzügliches Material und an kalihaltigen Pflanzen war kein Mangel. Zahlreiche und strenge Gesetze suchten das Bekanntwerden der Technik der heimischen Industrie im Auslande zu verhindern, um jeden Wettbewerb auszuschliessen; Fremde durften nicht in einer Glasfabrik zugelassen werden und wenn die eignen Landeskinder den Lockungen fremder Fürsten erlagen und ins Ausland flüchteten, ihre Kunst dort zu üben, so verloren sie das Heimatsrecht, ihre Verwandten wurden eingekerkert, um dadurch den Flüchtling zur Rückkehr zu zwingen, oder der Dolch des ihm nachgesandten Meuchelmörders verhinderte den Flüchtigen, das Fabrikgeheimnis zu verraten. Andererseits genossen die Glasmacher bedeutende Vorrechte und hohes Ansehen; die Patriziersöhne durften sogar mit den Töchtern der Glasfabrikanten und Werkmeister Verbindungen eingehen. Die verschiedenen Zweige und Abteilungen der Glasmacherei wurden zunftgemäss geordnet, von denen einige Zunftordnungen noch jetzt erhalten sind. Die verieri oder fornafieri bereiteten die Glasmasse, die fioleri oder fialai, die vornehmste Zunft, waren die Gefässbildner, die cristallai fertigten optische Gläser, die specchiai hatten die prächtigen, venetianischen Spiegel zu fertigen, die margaritai waren die Schöpfer der kleinen und die perlai die Fertiger der grossen und hohlen Perlen; die Perlenfabrikanten wurden auch mit dem gemeinsamen Namen verixelli zusammengefasst. Die venditori und stazioneri waren die Glashändler. Anfangs waren die Glasfabriken sowohl innerhalb der Stadt wie auch in den Inselvorstädten, wurden aber später wegen der Feuersgefahr nach Murano verlegt und diese Inselvorstadt durfte dann eigene Münzen prägen und eigne städtische Verwaltung einsetzen.

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Unter den prachtvollen Glasgefässen älterer Arbeit fallen die kunstvollen Brautschalen, weite Pokale auf schwerem Fuss, auf; die Bildnisse des Brautpaares schmückten zwischen Perlen- und Bandornamenten die schön geformte Schale. Ähnliche Schalen mit verschiedenem Bildwerk: Jagdzügen, Triumphzug der Justitia, Triumphzug der Venus, befinden sich in Venedig, Trient, Bologna, Florenz, London. Kannen, Krüge, Teller, Pilger, Flaschen, Kelchgläser mit herrlichem Bildwerk befinden sich in verschiedenen Museen zerstreut, häufig schon finden sich Goldsprenkel und Goldblättchen aufgelegt, die durch erneutes Anwärmen des Glases diesem eingeschmolzen werden. Die Kunst der Hinterglasmalerei, das Einlegen der Familienwappen in Blau und Silber wurde. schon im 15. Jahrhundert ausgeführt; die Farben dieser kostbaren Gläser sind blau, grün, rot und milch weiss (Milchglas). Mit dem Beginn der höchsten Blüte, zu Ende des 15. Jahrhunderts, werden die Farben mehr eingeschränkt und die durchsichtigen, farblosen, dünnwandigen Gläser bekommen den Vorzug, verziert mit golddurchsprenkelten Stäben und bunten Fäden, welche oft durch Drehung des Glasgebläses zu Schrauben windungen geformt wurden; kreuzen sich diese eingeschmolzenen oder aufgeschmolzenen Fäden, so entstehen die gestrickten oder Netzgläser. (Schluss folgt.)

durch Beigabe von Zinn oder Knochenasche wird die Durchsichtigheit gänzlich aufgehoben und das Glas wird dann opak.

Kannten die Venezianer die Glasmosaik auch schon im frühen Mittelalter und fertigten sie auch schon vor der Blüte der venetianischen Gefässbildnerei die prächtigen, aus verschiedenfarbigen Glaspasten hergestellten Schmuckgegenstände, so ist die eigentliche Glasindustrie doch erst auf das 13. Jahrhundert zurückzuführen, die künstlerische Bedeutung gewinnt die venetianische Glasbildnerei aber erst mit

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