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wesentlichen störenden Beiwerkes das Wesentliche und und Ornamentale zugleich dar, wozu natürlich, außer der künstlerischen Schulung, biologisches Verständnis und naturwissenschaftliche Kenntnisse nötig sind.

Daher dürfen Biringers Ornamente (Abb. 3) als Naturund Kunstformen zugleich angesprochen werden. Welche Rolle spielt nun die Kamera bei Herstellung solcher ,,Natur- und Kunstformen"? Sie liefert das objektive, in allen Einzelheiten peinlich genaue Abbild des Naturobjekts: die erste Grundlage, aus welcher heraus der Zeichner das Ornament entwickelt. Begegnen uns nicht häufig in naturhistorischen Museen, in Privatbesitz, auf Wanderungen drauBen Organismen, deren bloßer Anblick das ihnen innewohnende Ornamentale deutlich und augenfällig zeigt? (Abb. 1-2.) Nicht immer ist es aber dann möglich, in einer raschen Skizze die oft komplizierten Details festzuhalten. Eine Aufnahme dagegen erlaubt uns in aller Ruhe auf dem Abzug den ornamentalen Möglichkeiten nachzuspüren.

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Abb. 1. Arm eines Seesterns; natürliche Größe

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Machen wir uns in der bekannten Weise ein Diapositiv und projizieren es mit einer einfachen Projektionsvorrichtung, die auch zugleich als Vergrößerungsvorrichtung dient, auf eine Zeichenfläche, oder stellen wir uns nur eine Bromsilbervergrößerung her, so können wir dieselbe leicht so überzeichnen, daß das gedachte Ornament herauskommt (Abb. S. 28*) Dann wird das Blatt in einen Bleicher gelegt, der das schwarze Silberbild wegnimmt und nur die Bleistift- oder Tuschezeichnung stehen läßt. Auf diese Weise sind z. B. die Abb. S. 27 entstanden. Zuerst wurden die betreffenden Tafeln aus Haeckels erwähntem Werke photographiert, wobei man sich vorteilhaft als Aufnahmematerial der Diapositiv- oder aber der photomechanischen Platten bedient. Von dem 9 X 12 cm Negativ wurden dann in dem in Abb. 6 skizzierten Apparat TeilVergrößerungen auf Bromsilber hergestellt, dieselben so überzeichnet, wie sie hier reproduziert sind, und dann das Silberbild im Bleicher verschwinden lassen.

Ein unbegrenzt haltbares Bleichbad ist zum Beispiel folgendes:

I. Wasser Kupfersulfat.

Bromkali

darzustellen sind. Wer immer aber sich auf den Pfaden des Ornamentikers befindet, wird, gleichgültig ob er mit dem Objektiv oder ohne Kamera sucht, seinem Streben den einen Satz voranstellen: Natura artis magistra,,Die Natur ist die beste Lehrmeisterin jeglicher Kunst".

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Denen, die sich mehr für die technische Seite der angeschnittenen Frage interessieren, sei noch eine genaue Beschreibung der Apparatur und der sonstigen Vorbedingungen gegeben:

Die Anordnung, die ich selbst benutze, war zunächst nur als Provisorium gedacht, hat sich jedoch gut bewährt. Wenn man über genügend Handfertigkeit verfügt, so ist Vervollkommnung durchaus möglich. Abb. 1 stellt den Apparat in Vertikalstellung dar. An einem Pendel P mit einer 150 NK Osram - Lampe L (besser sind noch die Halbwatt-Projektions-Lampen wie die A. E. G. und auch Ernemann sie auf den Markt gebracht haben) ist ein Kästchen K ungefähr 20×20×25 cm befestigt, welches in Nutenführungen die sehr feine Mattscheibe M, eine Glasscheibe mit dem Negativ N und den Kondensor C hält. Dieser letztere wird so vor die Lichtquelle gebracht, daß das Licht parallel oder schwach divergent das Negativ durchsetzt. Man stellt einfach durch Ausprobieren den günstigsten Abstand von Czu L fest. Hauptsache ist dabei, daß das Präparat auch möglichst gleichmäßig durchstrahlt wird. Die Kamera Ca ist auf einen 9x12 cm Ausschnitt der Kiste K' einfach aufgesetzt. Die Kiste hat bei meinem Apparat die inneren Abmessungen 50 × 70 × 35 cm. Deckel und 2/3 der einen (rechten) Seitenwand sind weggenommen und durch das lichtdicht ange

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Abb. 2. Nabel einer Schnecke (Buccinum harpa) in fünffacher Vergrößerung, direkt aufgenommen.

1000 ccm

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Chromsäure krist.

oder: II. Wasser 800 ccm

Kupfersulfat.

Kochsalz

10 g

30 g

*) Vgl. dazu: Sonderheft der Leonar-Mitteilungen Winter 1924 und Juni-Heft der Leonar-Mitteilungen über Vergrößerungs-Apparate.

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punkt des Objektivs / f, also 1 cm, vom Objektiv selbst also (bzw. dessen optischem Mittelpunkte) 10 cm. Die Bildweite, d. h. die Entfernung der Mattscheibe vom hinteren Brennpunkte der Linse ist 9xf+1f also 90 cm. Ich muß also die auf die 70 cm Kiste aufgesetzte Kamera durch Schraube Sch auf 20 cm Balgenlänge ausziehen, oder, wenn ich das nicht kann, durch unter die Kamera gesetzte Bücher usw. die noch notwendigen 20 cm erreichen.

Das vergrößerte Bild, Diapositiv oder Negativ, fällt nun auf die Mattscheibe bzw. Zeichenpapier, und ich kann, wenn ich will, direkt danach zeichnen oder auch mit Kassette und Bromsilberpapier Vergrößerungen machen. Dies ist ein Vorteil der Vertikal-Anordnung. Denn es ist viel ermüdender, auf einer senkrecht stehenden Fläche zu arbeiten, als auf einer wagerecht liegenden. Um der rechten Hand beim Zeichnen völlige Freiheit zu lassen, wurde, wie schon oben bemerkt, die eine (rechte) Seitenwand der Kiste weggenommen. Das Licht der 150 - NKLampe erwies sich bei stark lichtdurchlässigen Objekten als stark genug, um auch ohne Dunkeltuch gut nach dem Diapositiv zeichnen zu können.

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Gerade bei den ihrer ornamentalen Wirkung wegen anzufertigenden Kristall - Mikrophotogrammen oder bei solchen kleiner Organismen ist es in der Regel so, daß man, um das Hauptmotiv herausarbeiten zu können, siehe Abb. unten,

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Störendes und Belangloses unterdrücken, Wesentliches unterstreichen muß. Bei diesem Arbeiten mit Bleistift und Zeichenfeder finden Hand und Unterarm nun auf der wagerechten Zeichenfläche die notwendige Stütze, und das Zeichnen geht ruhig und sicher vonstatten. Außerdem kann man bei der Vertikalstellung des Apparates, also Horizontallage des Objektes, auch flüssige und halbfeuchte Präparate und Lösungen aufnehmen, was für gewisse Kristallisationsvorgänge wesentlich ist. Will man den ganzen Apparat wagerecht anordnen, also die das Bild auffangende Mattscheibe senkrecht haben, so macht das keine besonderen Schwierigkeiten. DerHalter H trägt dann die Lampe, U und U' sind Untersätze für K, Ca und C. Benutzt man schließlich Tageslicht statt der künstlichen Lichtquelle, so läßt man den Kondensor C weg und stellt K mit Mattscheibe und Negativ an das Fensterbord. Auf den Tisch davor baut man dann Ca mit K' auf.

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Juwelenhandel im siebzehnten Jahrhundert

Jährend unter dem Volke im Laufe des dreißigjährigen Krieges eine furchtbare Verarmung eingetreten war, sammelten sich große Vermögen in den Händen derer an, die sich der Zeit anzupassen wußten, wie Heerführer, auch einige Fürsten, dann vor allen diejenigen, deren Bemühen darauf ausging, die Bedürfnisse der Heere und ihrer Führer zu befriedigen: Heereslieferanten und Verfertiger und Händler mit Luxusartikeln. Die damals zu hohem Ansehen, Rang und Titel gelangten Generäle waren bestrebt, ihren noch jungen Stammbaum mit recht vielen Juwelen und anderen Zieraten zu behängen, so daß die Welt zwar nicht vor dem Alter, wohl aber vor dem Glanze des Geschlechts Ehrfurcht fühlte. So fielen den Goldschmieden und besonders denen unter ihnen, die neben ihrer Werkstatt noch eine Handlung unterhielten, große Gewinne zu. Zwar wurden damals so ziemlich alle in den Klöstern und städtischen Gewölben aufbewahrten mittelalterlichen Kostbarkeiten von unbarmherzigen Soldaten und unter dem Zwange der Belagerung hervorgeholt, so daß eigentlich genügend Material vorhanden sein mußte. Trotzdem waren die Mengen von Edelmetall und Steinen, die aus den neu entdeckten Ländern eingeführt wurden, sehr begehrt und fanden gegen guten Preis Abnehmer, so daß der Handel damit reichen Gewinn abwarf.

An erster Stelle unter den erfolgreichen, wagemutigen Unternehmern standen drei aus den Niederlanden eingewanderte Juweliere. Fast das gesamte Handelsgeschäft war damals aus den Händen der Nachkommen der großen Handelsgeschäfte des 16. Jahrhunderts in die der aus ihrer niederländischen Heimat um ihres Glaubens willen vertriebenen gewerbeund handeltreibenden Reformierten übergegangen, während die Deutschen von dem Ertrage ihrer großen Vermögen ziemlich risikolos das Leben des Adels führten. An den großen Handelsplätzen wie Hamburg und Frankfurt und in den Residenzen einzelner reformierter Fürsten saßen diese Flüchtlinge mit niederländischen und wallonischen Namen und betrieben die Luxusgewerbe ihrer Heimat, die dort schon große Gewinne abgeworfen hatte, wie die Herstellung von seidenen Geweben, Samt und die Arbeit in Gold und Edelsteinen. Diese Artikel waren den vornehmen Deutschen sehr willkommen, da durch die Herrschaft Karls V. das Bedürfnis der Deutschen nach Schmuck und Zier zwar spät, dafür aber auch mächtig die Sinne gefangen genommen hatte.

Am erfolgreichsten arbeiteten drei Antwerpener, die sich Hamburg und Frankfurt als neue Wohnsitze gewählt hatten, und unter denen Daniel de Briers der Führer war. Er ließ sich nach der Heirat mit der Tochter des Hofjuweliers und -händlers des Kaisers Rudolf II., David von Brüssel, in Frankfurt nieder und betrieb neben seinem Gewerbe den Handel mit Goldwaren seit 1599. Schon die ersten Geschäfte zeigen seine internationalen Beziehungen, die nach der Heimat, nach London, und den deutschen Städten gingen. Später verbanden sich mit ihm sein Vetter Heusch in Hamburg und der kapitalstarke Ruland von Kassel, zuerst in zwei gesonderten Gesellschaften, die 1620 zu der Indischen Compagnie vereinigt wurden. Das Einzigartige dieser Gesellschaft war es nun, daß ihre Inhaber mit Umgehung des niederländischen Zwischenhandels es wagten, von einem Platze des deutschen Binnenlandes aus direkte Einkäufe an den Herkunftsplätzen der Edelsteine und des Goldes vorzunehmen. Das Gesellschaftskapital von 36000 Gulden (nach heutigem Werte etwa 500-600000 Mk.) war in der Weise verteilt, daß Briers die Hälfte in Juwelen, die beiden anderen Gesellschafter je ein Viertel in bar einzahlten. Als Buchhalter nahmen sie Briers' Schwiegersohn, da sie nichts von Büchern verstanden, und zahlten ihm 600 Reichstaler Gehalt. Seiner Verpflichtung, jede Messe in Frankfurt über das weitverzweigte Geschäft eine Bilanz vorzulegen, kam er öfters nicht nach.

Glückliche Umstände begünstigten das junge Unternehmen, so daß mit Gottes mildreichem Segen" außerordentliche Gewinne gebucht werden konnten. Die Fundorte ihrer Juwelen waren bei Visapur und Golconda im Bereich von Goa, der Hauptstadt von Portugiesisch-Ostindien. Hier waren 1621 in einem schwer zugänglichen Tale neue Minen von lauter großen Diamanten angeschlagen worden, so daß ein ungeheurer Preissturz, auf ein Viertel der bisherigen Preise, erfolgte, ,,dergleichen seit Menschengedenken nicht erhört worden war. Und da an diesem Ort fast niemand weiter Handel trieb außer ihnen, auch wegen der überaus großen Abgelegenheit der Orte und Gefahr niemand dahin zu handeln wagte, ist solches der Compagnie trefflich wohl zustatten gekommen", und zwar so sehr, daß ohne das eingelegte Geschäftskapital das Vermögen der Gesellschaft schon fünf Jahre später auf 253855 Reichstaler oder über 500000 Gulden angewachsen war (56 Mill. Mk.). Nach der Behauptung Rulands soll sich dieses Kapital bis 1636 nochmals verdoppelt haben, so daß sein Anteil 129 441 Reichstaler betragen hätte. Neben diesem ständigen Geschäfte betrieb jeder Teilhaber noch seine eigenen, meist waren es gelegentliche Unternehmungen in Juwelen und Wein. Einkauf und Verkauf machten oft Reisen notwendig, besonders nach Antwerpen und Wien, dann auch zu den Messen nach Leipzig und Prag.

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Die Einkäufe erforderten oft große Summen, so etwa 1621 in Antwerpen, wo für 1340 Karat kleinere Diamanten 7500 Reichstaler, für 34 größere im Gewicht von 60 Karat 1900 Taler, 4 kleinere zu 603/4 Karat 875 Taler, 9136 rauhe Rubine 1650 Taler, und eine Diamanttafel zu 14 Grain 1250 Taler bezahlt wurden. Zwei Wochen später wurden wieder für 5340 Taler Rubinen und Diamanten gekauft. Im nächsten Jahr nahmen sie Einkäufe für etwa die doppelte Summe vor. Jede Verbindung mit den sonst den Markt beherrschenden Niederländern wurde abgelehnt, denn das Gut, das die Holländer erhalten, ist mit dicken Ecken, so daß es viel verliert". Trotz des schlechten Eingangs des Geldes für verkaufte Waren, zahlte die Gesellschaft immer in bar; wenn sie über flüssige Mittel nicht verfügte, so schossen die Gesellschafter aus ihren Mitteln vor oder nahmen Geld auf ihren Kredit. Es ist erstaunlich, über wie große Mittel diese Händler in der geldarmen Zeit des großen Krieges geboten, jeder gab dem Geschäft als Anleihe 60- bis 90000 Gulden; waren doch in diesem bei einem Warenbestande von 215538 Reichstalern noch 154347 Taler Außenstände zu verzeichnen.

Durch die Einfuhr der „rauhen" (ungeschliffenen) Edelsteine brachte dieser Handel den zahlreichen Goldschmieden und Juwelieren in Frankfurt, die die Ringe und Uhrgehäuse mit den Steinen versehen mußten, reichliche Beschäftigung.

Für den Betrieb des Geschäfts war insofern gute Menschenkenntnis nötig, als man ehrliche Vertreter in den Hauptorten des europäischen Ostens einsetzen und ihnen ein großes Warenlager anvertrauen mußte. Hier konnten sehr große Verluste eintreten, wenn der Faktor sich des ihm erwiesenen Vertrauens nicht würdig zeigte. Ihnen waren fünf Prozent als Provision zugebilligt. Als Geschäftsunkosten sind die hohen Portospesen zu erwähnen, die jährlich tausend Gulden betrugen.

Als Absatzgebiet für ihre Waren kam vor allem der Osten in Betracht, wo sie den Markt beherrschten: die Länder der Habsburger, Polen und nach Süden hin der Sultanshof in Konstantinopel. Unter ihren Abnehmern befanden sich die höchsten Fürstlichkeiten, Vertreter des Hoch- und niederen Adels, besonders die Generalität Wallensteins, wie sie aus Schillers Drama bekannt ist, der Feldherr selbst, die protestantischen Heerführer sowohl als Tilly und seine Generäle. Sie waren alle wie „Graf Isolan schlechte Zahler“, welche es verstanden, neben der Ware auch noch Geld von der Firma zu Deutsche Goldschmiede-Zeitung Nr. 3 ·

erhalten, wenn es galt, Truppen zu werben oder Meuternde mit einer Soldzahlung wieder gefügig zu machen. In den Büchern werden Außenstände von kleinen Beträgen bis zu Beträgen von 24000 Talern aufgeführt. An Zahlungsstatt wurden öfters Waren geliefert, wie Wein, Ochsen für hohe Summen; bei dem Verkauf mußten natürlich große Verluste eintreten, da die Inhaber bei Geschäften, wie etwa dem Verkauf von über zwanzigtausend ungarischer Ochsen, wenig Erfahrung haben mochten. Auch die Veräußerung eines großen Landgutes brachte großen Verlust.

Aber bei den sonstigen guten Abschlüssen waren diese großen Ausfälle durchaus erträglich, und die Inhaber gehörten wohl zu den finanzkräftigsten Unternehmern in dem so geldarm gewordenen Deutschland. Ihr Einfluß reichte infolgedessen weit, ihr Ansehen war groß, und diesem entsprach auch ihr Hochmut. Ein Sohn Briers' wollte die Grafschaft Braunfels kaufen, um den Grafen spielen zu können, ein Schwiegersohn erwarb den Johannisberg, das beste Weingut am Rhein. Die Töchter waren an Männer in einflußreichen Stellungen am kaiserlichen Hofe verheiratet.

Die Geschäfte ließen erst nach, als der Schwede ins Land gekommen war und die Pest schrecklicher als alle Kriege hauste. Aber vielleicht war es auch der Wille Briers', der die Triebfeder des ganzen Geschäfts war. Um seinen Erben

Der

vielleicht Auseinandersetzungen mit den Teilhabern zu ersparen, wollte er diese vor seinem Tode auszahlen, zumal Ruland seinen Anteil zurückverlangte. Da aber alle Versuche, zu einer gütlichen Einigung zu gelangen, scheiterten, die Schiedsgerichte vergeblich angerufen wurden, kam es zu Prozessen, deren Ausmaße bis dahin in Deutschland unbekannt waren.

Dreißig Jahre waren nötig, bis dieser Streit der Teilhaber bzw. ihrer Erben durch einen Urteilsspruch seinen Abschluß fand. Das Frankfurter Reichskammer- und das Reichshofgericht in Wien waren in Anspruch genommen worden, der Kaiser hatte zwei besondere Kommissionen eingesetzt, um den Abschluß herbeizuführen, gewaltige Summen waren an gesetzmäßigen Unkosten und an „Handgeld", mit dem jede Partei gut zu „,salben" wußte, ausgegeben worden. Der Verlauf dieses Prozesses ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Mangelhaftigkeit der Rechtspflege im allgemeinen und der im damaligen Deutschland insbesondere. Am besten schnitten die Kinder Daniel Briers' ab, die unter der Hand sich die besten Stücke aus dem Lager aneignen konnten, so daß für die übrigen die unverkäuflichen Waren übrig blieben. Denn der Geschmack hatte sich in der langen Zeit geändert, und mancher Artikel von früher war nicht mehr begehrt. So brachte die Liquidierung des Geschäfts die größten Verluste.

Zu den Abbildungen

er vorliegende Kunstteil gewährt wiederum interessante Einblicke in das Schaffen der verschiedensten Kreise des Edelschmiedegewerbes. Auf der ersten Seite kommt einer der bewährtesten reifen Kräfte, Fritz Möhler-Schw. Gmünd, zum Wort, dessen Ehrentablett für den Direktor des Norddeutschen Lloyd sicher die verdiente Beachtung finden wird. Die Lösung der ihm damit von den Verkehrs- und Wirtschaftsministerien Deutschlands gestellten Aufgabe befriedigt sowohl in künstlerischer wie in technischer Beziehung und wird hoffentlich dazu beitragen, daß sich die öffentlichen Stellen auch künftig bei solchen Anlässen der deutschen Goldschmiedekunst erinnern.

Die Arbeiten der Zunft,,Turm" beweisen, mit welchem Ernst auch die kommende Generation am Werke ist. Wir haben es hier bereits mit reifen Lösungen zu tun, die erfreuliche Ausblicke in die Zukunft eröffnen.

Auf der vierten Seite zeigen wir verschiedene Ergebnisse der Werkstätte H. J. Wilm, Berlin, die die Reichshauptstadt in erfreulicher Weise vertritt. An erster Stelle wird die Abbildung des Ehrengeschenkes interessieren, das der AlteHerren - Verband und die junge Korona der Akademischen Verbindung Cellini - Hanau ihrem Ehrenvorsitzenden Erich Stumpf - Danzig an seinem 50. Geburtstage überreicht hat. Entwurf und Ausführung der prächtigen Kassette sind in

Der

K. W.

den Werkstätten der Firma Wilm, die unter der Leitung von Josef Lutz stehen, entstanden. Sie ist ganz in Silber handgeschlagen und zeigt in der Mitte den Namen,,Stumpf" in Treibarbeit, während am Rand die Widmung in moderner Schrift geschrotet ist. Die vier Ecken sind durch Ornamente stark betont, die in grüne Email-Lorbeerblätter auslaufen.

Die Truhe birgt die künstlerischen Widmungsblätter vieler Freunde des Empfängers, unter denen sich zahlreiche namhafte Künstler, Kunstgewerbler, Juweliere und Industrielle befinden, die auf diese Weise ihre guten Wünsche darbrachten. Viele Professoren der Hanauer Akademie, deren Schüler Stumpf einst war, hatten den Tag nicht vergessen und gleichfalls schöne Handzeichnungen gestiftet, auch von der Witwe des unvergessenen Akademie-Direktors Professor Max Wiese wurden 4 Bleistiftzeichnungen überreicht.

Die sinnige Gabe wurde am frühen Morgen des 14. November durch die Delegierten der A. V. Cellini, die Herren Richard Wilm und Josef Lutz, alte und langjährige Freunde des Hauses Stumpf, mit einer Ansprache persönlich überreicht. Sie bereitete dem völlig überraschten alten Cellinisten eine große Freude, da dieses ehrende Gedenken einen sinnigen und schönen Beweis bildet des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen den alten und jungen Mitgliedern der A. V. Cellini, für deren Interessen er stets warm eingetreten ist.

Die alte Hanauer Akademie

Von Dr. J. Fastenau

er lange gehegte Gedanke eines Neubaues der Staatl. Zeichenakademie ist kürzlich zum Beschluß erhoben worden, nach dessen Ausführung die Zeichenakademie ihr drittes Heim beziehen wird. Der geplante Neubau dürfte gegenüber dem jetzigen, 1880 errichteten, für den neuzeitlichen Werkunterricht wenig geeigneten Gebäude einen ebenso großen Fortschritt bedeuten wie dieses gegenüber dem Hause, in dem die Akademie seit ihrer Gründung über hundert Jahre lang ihren Sitz hatte. Wenn Steine reden könnten, so würden sie von den Schicksalen dieses ältesten Akademiegebäudes in der Gärtnerstraße (jetzt Städtische Hilfsschule) mancherlei zu erzählen wissen.

Die Hanauer Bürger, welche für die Jahre 1773 und 1774 Beiträge zum Unterhalt der neugegründeten Anstalt zeichneten, unterbreiteten dem Erbprinzen den Wunsch, „daß der bemeldeten Academie ein besonderer und zu den täglichen Zusammenkünften bequemer, auch sonst der Absicht gemäßen Ort angewiesen werden möge". Da der Landesherr jedoch seinerseits kein Gebäude zur Verfügung stellte oder die Mittel dafür hergab, mußte die Akademie sich selbst helfen. Der erste Lehrer, Professor Gallien, kaufte von den Erben des Obersten Schlatter am 17. März 1772 ein Haus der Neustadt in der Rebengasse,,neben dem Lazareth und dem Strumpffabricanten Henrich Arndt gelegen," das er am 11. Juni 1773

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