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3. Vom Disputiren,

4. Vom Friedemachen,

gebracht, und sie gleichsam zu einem bunten Fabels Teppich gewebet. Sadi, der Perser, spricht 1. Von der Könige Sitten;;

2. Von der Derwische Sitten;

3. Von der Vortreflichkeit der Mäßigung;
4. Von den Vortheilen des Stillschweigens.
5. Von Liebe und Jugend.

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6. Von Schwachheit und Alter.

7. Vom Unterricht in den Wissenschaften.
8. Vom guten Umgange;

über welches Alles er Fabeln und Geschichten in Prose, untermischt in Versen, beibringt a).

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Ueppige Zeiten entwürdigen Alles; so ward auch nach und nach aus der großen Naturlehrerinn und Menschen Erzieherinn, der Fabel, eine galante Schwäßerinn, oder ein Kindermährchen. Auszeichneud gab hiezu, wie wohl sehr unschuldiger Weise, la Fontaine Gelegenheit; Er selbst ein naives Kind der Natur, das in mehreren Dingen die Welt ohne Wissen und Willen zu årgern das Schicksal hatte. Dem Aesop und andern erzählte er Fabeln auf seine

a) Sadi Rosarium politicum c. notis Georg. Gentli, Amstelod. 1656. fol. Das Persianische Rosenthal von Schich Sadi, übers sezt von Adam Olearius. Hamb. 1696. Fol.

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Weise nach, und da diese Weise lustig, aber auch so naiv hinlässig war, als es seine Art mit sich brachte; so glaubte fortan Jeder Fabulist, die Fabel nach La Fontaine's Manier erzählen zu müssen. Gleich viel was er erzähle; wenn das Mährchen nur amüsire. So ward die Fabel ihrem Zwecke sowohl als ihrer eigenthümlichen Natur und Welt allmählich entrückt; aus der überzeugenden Ansicht der großen Naturordnung trat sie in das Gebiet seiner Spe= kulationen, in Visitenzimmer voll Pro und Contra's ein; die Namen der Thiere und Bäume wurden ihr hie und da nur angelogen. Denn wie in manchen neueren Fabelu spräche das Thier nicht, wenn es spräche! um solche Dinge würde sich die Dryas des Baums nicht bekümmern. Wenn man die feinen und über feinen Fabeln la Motte's, Richer's, le Jay's, le Noble's u. a. lieset : weiß man oft nicht, woran man ist. Alles in ihnen ist so zierlich gesagt, und doch thut nichts seine oder nur eine der Fabel fremde Wirkung. Offenbar, weil die Fabel, ihrem Naturboden entrückt, in dieser neuen, sehr convens tionellen Zusammenstellung nur eine conventionelle Sprache reden kann, zu welcher weder Bäume noch Pflanzen, weder Götter noch Helden, am wenigstenAllegorieen, Schatten, Träume bemühet werden durften. Wir konnten sie hören aus Jedem Muns de. Ihrer Naturwelt entnommen, ist die Fabel eis ne feingeschnitte, todte Papierblume worden; in der

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lebendigen Naturwelt war sie ein wirkliches Gewächs voll Kraft und Schönheit.

Daher nun der ungeheure Unterschied zwischen der neuen und alten Fabel, im Vortrage, im Inhalt und in der Wirkung. Dem Vortrage nach will die neue Fabel selten mehr als zeitkürzen; und wie bald man dieses Fabel- Amusements satt und müde werde, darüber mögen in allen Journalen so viele Frans zösische, Englische, Deutsche Fabeln zeugen. Gross fentheils überschlägt man sie: „,da spricht wieder, denkt man, die Perücke mit der Fontange; mögen sie sprechen!" Die Zusammenstellung der Fabelwesen, jemehr sie in die künstliche Welt tritt, kann für das Gesellschaftszimmer auf einen Augenblick amusant gewesen seyn; außer diesem Kreise hat sie bald nicht mehr auf sich, als ein freundliches Gespräch zwischen dem Spiegel und Fächer, der Nadel und Schere. Die Wirkung endlich, da eine Darstellung des höchst Wahren (Fabula veri) blos amüsiren soll, ist traurig. Wie muß es mit Menschen stehen, denen die nothdringendsten Geseße und Verhältnisse der Natur ein Spielwerk, ein Zeitvertreib zum Gähnen sind, bei dem man etwa nur die spaßhaften Eingänge, die listernen Digressionen, oder gar nur die Versifica tion bewundert!

Läugnen können wir es nicht, daß unsre neuere Deutsche Fabel an diesem Becher der Circe Theil genommen habe. Unfre trefliche alte Fabulisten, die

Minnesinger, der Renner, Boner, Reineke, Burkard Waldis u. f. in ihrer einfachen Manier und Versart, dünkten der neuen Zeit zu einfach ; man folgte also mehr und minder des la Fontaine und seiner finnreichen Nachfolger amüsanten Erzählungsund Versart. In Einleitungen und Digressionen, denen meistens der Reim ihr curriculum vorzeich nete, schlenterte man spaßhaft - langweilig einher; und auch im Inhalt der Fabel erlaubte man sich, sprechen zu lassen, was auf dem Papier irgend sprechen konna te.. So ward die wahre, urkundliche Naturpoesie das abgegriffenste Ding, so amüsant, daß es fast nie: mand mehr amüsiret.

„Ob wir nicht noch zum Fabelgebiet der Natur zurückkehren könnten?". Warum nicht? In den Händen sowohl als im Reich der Natur leben wir, ihr unentwindbar. Wenn nicht Ceder und Cypresse. so wachsen Birke und Fichte vor unsern Augen; wenn › nicht Tiger, so kennen wir Wölfe, Båren und Füchs se. Ja, entgingen auch sie, die Naturordnung bestehet und wird bestehu; sie, der ewige Grund der Fabel. Aus gleicher Tiefe der Nothwendigkeit also, des Natur- und Vernunftbestandes, der ewigen Zusammenordnung der Dinge lasset uns schöpfen, wie die Alten, und die verachtete Schwäzzerinn wird wieder, was sie einzig seyn kann und seyn will, eine Lehrerinn der Menschheit, zumal der

Jugend und des Volks werden, außer welchem Kreise ihr Beruf dahin ist.

Wer von uns denkt nicht daran, wie in seinem Leben ihm manchmal zu seinem Schaden im Moment des Handels das Andenken nur Einer Fabel fehlte? Wenn der Fuchs den Bock in den tiefen Brunnen lud, und dann auf seinen Hörnern hinaussprang; weun den fliehenden Hirsch eben sein gepriesenes Gehörn zwischen den Sträuchen festhielt und seine verachteten leichten Füße ihm nicht mehr halfen'; wenn der Schwarzund Weißfärber zusammenwohnend sich so wenig frommten; wenn der Hund an Besih verlohr, was er im Schatten haschte; wenn das kleine Thier mit dem gewaltigen Löwen in Gesellschaft jagte u. f. wer erinnerte sich nicht oft nach Ausgange der Begebens heit, daß ihm unglücklich die Fabel entgangen war, als er sie spielte? Und bei großen Begebenheiten der Welt, auch unsrer neuen Geschichte Europa's mich düukt, die Fabel derer, die einen Gewinn theilen, ehe sie ihn erjagt hatten, die Fabel der Frösche, die mit dem Kloh unzufrieden sich einen neuen König erbaten, und wie viel andre stellet uns mit jedem neu umgewors fenen Blatt der Weltbegebenheiten dies große lebendis ge Fabelbuch selbst dar!

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